Tobias von Pein

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Last Statements

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Wer seiner Überzeugung Ausdruck verleihen und sich zu einer Meinung bekennen will, der zeigt Flagge. Das besagt schon eine Redewendung. Man kann das auf verschiedenen Ebenen machen. Man kann die rote Fahne herausholen, man kann die Nationalflagge herausholen, man kann im Fußball heute auch bestimmte andere Farben herausholen. Für mich ist es heute die braun-weiße.
- Danke schön, Herr Vogt, wir sind nicht allein.
Schwarz-Weiß-Rot - um das soll es heute gehen hat eine lange Geschichte. Wer die Farben trägt, sollte wissen, was er oder sie tut, und darf sich nicht beschweren, mit Nazis, Nationalisten und Ewiggestrigen gleichgesetzt zu werden.
Am 29. August 2020 versuchten Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Kundgebung von Coronal
eugnern, das Reichstagsgebäude - wie Sie selbst gesagt haben - zu stürmen. Das ging bekanntlich schief. Gut so. Bezeichnenderweise trugen diese Leute verschiedene schwarz-weiß-rote Flaggen. Können und dürfen wir das ignorieren? - Nein!
Die Verwendung nationalsozialistischer Symbole ist schon durch die Befreiungsgesetze der Alliierten verboten worden, übernommen in Artikel 139 Grundgesetz, also Teil unserer Rechtsordnung. Wenn man also die Demokratie und das Grundgesetz bekämpfen will, ohne gleich ein Strafverfahren zu riskieren, nutzt man heute andere Symbole. Da haben sich diese Leute recht erfinderisch gezeigt. Da kommen Hoheitszeichen vergangener Zeiten gerade recht. Völlig klar ist: Das vordemokratische absolutistische Kaiserreich ist nicht mit der Terrorherrschaft der Nazis gleichzusetzen. Aber es spricht Bände, dass sich diejenigen, die den Regierungen vorwerfen, sie würden ihnen alle Grundrechte rauben, der Symbole von Systemen bedienen, die garantiert sehr viel weniger Meinungsfreiheit und Grundrechtsschutz gewährt haben als unser Staat heute. Hier wird direkt ein Konflikt aus der Weimarer Republik wiederaufgenommen, die mit der schwarz-rot-goldenen Trikolore an die bürgerliche Revolution von 1848 anknüpfte. Die Gegner, soweit sie loyal zum gestürzten kaiserlichen Regime standen, zeigten weiterhin die schwarz-weiß-rote Flagge.
1926 zerbrach die Regierung Hans Luther, nachdem sie angeordnet hatte, an Auslandsvertretungen des Deutschen Reiches die schwarz-rot-goldene Staatsflagge neben einer schwarz-weiß-roten Handelsflagge mit schwarz-rot-goldenem Obereck zu hissen.
Reichskriegsflaggen und schwarz-weiß-rot: Nicht nur in der breiten Öffentlichkeit werden diese Flaggen gezeigt. Sie hängen auch bei uns auf Balkonen, in Schrebergärten, an Fahnenmästen in privaten Gärten. Auf dem Landeshaus, das Gebäude der alten kaiserlichen Marineschule, wehen schon lange keine Reichskriegsflaggen mehr. Unser Staat ist heute ein anderer, ein demokratischer, ein liberaler, ein sozialer. Und deshalb wehen hier heute Fahnen der Demokratie.
Innensenator Mäurer aus Bremen ließ vor Kurzem dem Ganzen einen Erlass folgen, der das öffentliche Zeigen der verschiedenen Versionen der Reichskriegsflaggen seit dem 21. September 2020 als Ordnungswidrigkeit einstufte. Dann hat aber das Oberverwaltungsgericht Bremen - und das haben wir in unserem aktuellen Antrag berücksichtigt - diese Regelung gekippt, weil das Verbot die Meinungsfrei
heit einschränke. In Mecklenburg-Vorpommern hat Herr Caffier - von der CDU übrigens - am Dienstag einen ähnlichen Erlass wie die Bremer herausgegeben. Heute ist es zeitgleich im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern auch Thema.
Das Verbot von Reichskriegsflaggen wird in allen Bundesländern diskutiert, wobei es kaum noch um das Ob geht, sondern rechtlich um das Wie. Deshalb verwundert mich ein wenig die Kehrtwende, die Jamaika hier machen möchte. Wir haben in unserem Antrag zunächst Abstand genommen von der Idee einer landesrechtlichen Regelung per Erlass, um auf dieses OVG-Urteil in Bremen zu reagieren. Wir begrüßen, dass sich Frau Ministerin SütterlinWaack bereits zu einer bundeseinheitlichen Lösung bekannt hat, und wollen ihr mit dem Antrag den Rücken stärken. Wir hoffen, dass auch der Landtag das heute tun wird.
Das Thema soll im Dezember auf der Innenministerkonferenz in Weimar in Thüringen behandelt werden. Thüringen ist dafür wahrscheinlich eine gute Location, die kennen sich leider nur zu gut mit Rechtsextremisten aus. Deshalb ist der Zeitpunkt für eine Positionierung auch aus Schleswig-Holstein heraus mehr als günstig.
Wir bitten Sie, unsere Initiative zu unterstützen und heute ein starkes Signal zu setzen, ähnlich wie es zum Beispiel der Landtag in Nordrhein-Westfalen überparteilich getan hat. Schwarz-Weiß-Rot gehört in die Mottenkiste der Geschichte. Wir wollen dieses Symbol eines vordemokratischen Deutschland nicht auf unseren Straßen sehen. Wir bitten Sie daher, unserem Antrag zuzustimmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gern auf einen, zwei Punkte eingehen und bedanke mich für die faire, offene Debatte.
Reichsflagge oder Reichskriegsflagge - im Grunde genommen hat der Kollege Petersdotter schon die Antwort gegeben: Es geht im Kern um die Provokation. Wenn damit eine Provokation hergestellt und sich auf vergangene, ewiggestrige, vordemokratische Zeiten bezogen werden soll, sollten wir das nicht tolerieren.
Deswegen der Ansatz, den wir in großer Einigkeit mit vielen anderen im Bundesgebiet verfolgen. Ich habe den CDU-Innenminister und andere genannt. Es ist nicht abwegig, darüber nachzudenken, im Strafgesetzbuch die Schärfe des Rechts zu nutzen. Da zieht für mich nicht unbedingt das Argument eines Eingriffs in die Meinungs- und Versammlungsfreiheit.
Wir können das gern weiter diskutieren. Ich kann nicht erkennen, an welcher Stelle Sie rechtlich eingreifen wollen, Herr Rossa. Denn beim Versammlungsfreiheitsgesetz Schleswig-Holstein haben wir über drei Jahre darüber diskutiert, wie wir mit Neonazi-Demonstrationen umgehen. Wir haben das vor dem Hintergrund der Erfahrungen in Lübeck und anderer Demonstrationen getan und haben klar herausgeschält, welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt, um abzuwägen zwischen der Verhältnismäßigkeit und einer angemessenen Einschränkung von Aktionen, die wir nicht wollen, die die nationalsozialistische Terrorherrschaft verherrlichen. Da haben wir eine gute Lösung gefunden. Was Sie gesagt haben, wäre nach dem Informationsfreiheitsgesetz Schleswig-Holstein nach meiner Interpretation heute schon möglich. Daher geht Ihr Antrag keinen Schritt nach vorn.
Wir sind weiter dafür, das im Strafgesetzbuch strafbar zu machen, weil wir davon überzeugt sind, dass das eine Sache ist, die heute nicht mehr nur historisch betrachtet werden soll. Heutige Neonazis und Geschichtsklitterer benutzen das jeden Tag, um unsere Demokratie zu unterhöhlen.
Deswegen halten wir daran fest. Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss und finde gut, dass darüber eine Diskussion im Ausschuss stattfindet.
Das ist ja bei Anträgen zu diesem Thema nicht immer der Fall. Ich freue mich sehr darauf und warte ab, was bei der Innenministerkonferenz herauskommt und was die Ministerin hierzu sagen wird. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Der diesjährige Verfassungsschutzbericht ist nicht geeignet, diejenigen zu beruhigen, die sich jeden Tag für eine starke Demokratie einsetzen. Das ist auch gar nicht seine Aufgabe. Die Zahl der politisch motivierten Straftaten ist leicht nach oben gegangen. Die Zahl der Gewalttaten, das hat die Ministerin ausgeführt, hat sich dabei um mehr als 40 % erhöht. Die größte Gefahr geht dabei weiter ganz klar von rechts aus.
Das Gewaltmonopol des Staates gilt. Auch aus der vermeintlich besten Motivation heraus hat niemand - wirklich niemand! - das Recht, Ankläger, Richter und Henker in einer Person zu sein.
Auch rechtsextreme oder rechtspopulistische Aussagen von Politikerinnen und Politikern legitimieren nicht zur Selbstjustiz. Es ist viel wichtiger und auch effektiver, sie für ihr Reden und Handeln in der Öffentlichkeit zu stellen und Kontra zu geben im politischen Raum. Wir haben es heute leider auch gesehen: Brandanschläge haben nur zur Folge, diesen Leuten eine Bestätigung ihrer Selbstinszenierung als Opfer zu geben. Sie sind nicht dazu geeignet, ihren Einfluss in der Öffentlichkeit zu begrenzen.
Gewaltkriminalität ist nicht nur strafbar, sondern auch kontraproduktiv. Dass der Verfassungsschutzbericht auch in diesem Jahr über einen weiteren Verfall der NPD im Bund und im Land berichtet über die NPD haben wir in der Vergangenheit viel mehr gesprochen -, kann dabei keine Beruhigung sein, denn wer nach Rechtsaußen offen ist, wird seine Stimme nicht mehr an den bedeutungslosen und bankrotten Kleinverein NPD geben. Er wird sich unter den Flügel eines Herrn Höcke flüchten, der schon übt, wie man Regierende ins Amt bringt. Dass das Ganze nach all dem wichtigen und richtigen Protest nur eine Halbwertzeit von drei Tagen hatte, lässt hoffen. Trotzdem ist die Gefahr nicht gering.
Es waren Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die in diesem Land entscheidend daran mitgewirkt haben, dass es einen antifaschistischen Grundkonsens gibt, einen Grundkonsens, der Konsequenzen aus den Verbrechen des NS-Regimes gezogen hat. Ich bin stolz darauf, dass es in unserer Gesellschaft eine bunte Vielfalt an Organisationen, Initiativen und Einzelpersonen gibt, die sich gegen
Faschismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeiten in jeder Form engagieren.
Antifaschismus ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Stigmatisierung des Labels „Antifa“ durch rechte Agitatoren, aber auch durch Liberale und Konservative hilft dem Antifaschismus ebenso wenig wie die Gewalt einiger Gruppierungen, die die Straßenkämpfe vergangener Zeiten kopieren wollen. Unser Antifaschismus ist friedliebend und sollte auf dem Banner einer jeden demokratischen Partei stehen.
Was mir besonders Sorge bereitet, ist, dass sich die Zahl der antisemitischen Straftaten beinahe verdoppelt hat. Es blieb nicht bei Volksverhetzung und Schmierereien, sondern es kam auch zu Gewalt. Festzuhalten ist, dass 62 der 64 antisemitischen Straftaten auf das Konto rechter Täter gingen. Leider ist zu vermuten, dass es im nächsten Bericht einen erneuten Anstieg antisemitischer Straftaten zu verzeichnen geben wird. Der Antisemitismus, den wir im Zusammenhang mit Verschwörungserzählungen rund um Corona beobachten, ist beunruhigend und lässt Böses ahnen. Deshalb sage ich ganz deutlich: Jede antisemitische Straftat muss als solche erkannt und konsequent verfolgt werden.
Die AfD will sich mit ihrem Antrag mal wieder als unschuldige Märtyrerin der Demokratie darstellen, die der Landtag in seine schützenden Arme nehmen soll. Das werden wir nicht tun. Wer profaschistische Denktraditionen wie die „Konservative Revolution“ und Rechtsextreme in seiner Partei duldet oder sogar hofiert, gehört selbst in den Blick des Verfassungsschutzes.
Das, was ich eingangs zum Gewaltmonopol des Staates gesagt habe, ist für uns alle hier eine Selbstverständlichkeit. Da, wo kriminelle Akte, Gewalt oder Militanz begangen werden, muss der Staat eingreifen. Und ich hoffe, das tut er auch.
Wir werden diesen Antrag deshalb aus vollster Überzeugung ablehnen.
Den Verfassungsschutzbericht werden wir zur Kenntnis nehmen und sicher noch weiter diskutieren müssen. Die Diskussion wird nicht zu Ende sein, auch nicht nach dieser Debatte heute. Genau wie die Monitorings, die es gibt, sind unsere Beratungsstellen, die wir im Land haben, mindestens ge
nauso wichtig, um ein Gesamtbild über das Themenfeld zu bekommen, über das wir heute sprechend.
Ich möchte mit einem Zitat von Kurt Schumacher schließen:
„Die ganze nationalsozialistische Agitation ist ein dauernder Appell an den inneren Schweinehund im Menschen …; Wenn wir irgendetwas beim Nationalsozialismus anerkennen, dann ist es die Tatsache, dass ihm zum ersten Mal in der deutschen Politik die restlose Mobilisierung der menschlichen Dummheit gelungen ist.“
Wir haben es jeden Tag in der Hand, dass das auch wirklich das letzte Mal war. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Meine Damen und Herren! 2020 ist für Europa wahrscheinlich das ungewöhnlichste Jahr nach dem Zweiten Weltkrieg. Es hat noch nie eine Situation in der BRD gegeben, in der der Staat so weitgehend in das persönliche Leben jedes Einzelnen eingegriffen hat.
Die meisten Menschen haben diese Einschränkungen akzeptiert und vertrauen darauf, dass es zeitweilige Eingriffe in unser aller Rechte sind, die mit dem Ende der Pandemie wieder aufgehoben werden. Aber auch ich habe erst einmal Respekt vor denjenigen Bürgerinnen und Bürgern, die Sorgen haben und das staatliche Handeln in Bezug auf den Umgang mit der Pandemie hinterfragen, die vielleicht auch die Befürchtung äußern, Grundrechte würden nicht richtig abgewogen.
Vieles, was geäußert wird, kann ich nach intensiver Beschäftigung damit aber nicht nachvollziehen. Aber sie sind nun einmal Teil einer demokratischen Diskussion um das richtige Vorgehen. Was ich aber von denjenigen erwarte, die sich ernsthaft um Rechtsstaatlichkeit und Demokratie sorgen, ist, dass sie sich nicht einer ganz anderen Agenda unterordnen. An den sogenannten Hygiene-Demonstrationen nehmen nicht nur die Menschen teil, die schwer zu erreichen und die mitunter für Fakten oder politische Bewertungen nicht mehr zugänglich sind. Es gibt auch die Versuche rechtsextremer Kräfte, diese Bewegung vor ihren Karren zu spannen. Das ist nicht immer erfolgreich, aber es gibt schon Fälle, bei denen der angebliche Widerstand gegen das Merkel-System zum gemeinsamen Nenner zwischen Coronaskeptikern und Rechtsextremisten wird.
Verschwörungserzählungen sind gefährlich, vor allem, wenn sie zur Grundlage des Denkens und Handelns von Menschen werden, die für sich die Berechtigung annehmen, sich gegen Juden, Freimaurer, Tempelritter, Synarchen oder wen auch immer bewaffnet zu verteidigen. Durch die Auseinandersetzung mit Verschwörungserzählungen wird deutlich, dass diese einer offenen und freien Gesellschaft entgegenstehen und unsere Demokratie gefährden. Hier gilt es, bei den noch für Argumente offenen Menschen Vertrauen zurückzugewinnen.
Wenn Menschen aus Existenzängsten, Überforderung, Marginalisierung oder aufgrund autoritärer Erziehung hörig werden für Verschwörungserzählungen, dann müssen wir die soziale und ökonomische Absicherung, Umverteilung und die Schaffung
von Aufstiegsmöglichkeiten wieder stärker in den Mittelpunkt der politischen Arbeit stellen. Wenn die technischen Grundlagen in unserer digitalen Welt dazu führen, dass Menschen sich in parallelen Glaubenssystemen verlieren, dann ist das nicht nur ein Hinweis auf die Notwendigkeit einer besseren Medienkompetenz, sondern auch Ausgangspukt einer Debatte über die Verantwortung von Internetkonzernen und -anbietern. Dort, wo Verschwörungserzählungen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit propagieren, wo Rassismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus um sich greifen, stellen wir uns dem aber entschlossen entgegen. Die überwiegende Mehrheit in unserem Land steht zu unserer Demokratie und ihren Institutionen.
Die aktuellen Entwicklungen sind jedoch keine Sache von ein paar Spinnern, die man nicht ernst nehmen muss. Vielmehr müssen wir nach den stark gestiegenen rechten Tendenzen bis hin zu neuem Rechtsterror in den vergangenen Monaten besonders aufmerksam sein. Das ist auch der Grund dafür, dass wir diese Debatte heute hier führen. Der Ausbau von Prävention und Beratung, eine flächendeckende Erhöhung der finanziellen Mittel im Kampf gegen Rechts und ein Demokratiefördergesetz gehören genauso dazu wie die konsequente Verfolgung von Straftaten.
Ich danke der Landesregierung für ihren Bericht über die Hygiene-Demonstrationen, der im Bildungsausschuss noch vertieft werden kann.
Es sollte aber nach unserer Überzeugung nicht dabei bleiben. Wir haben Ihnen deshalb zu den Verschwörungserzählungen einen Antrag mit drei Forderungen vorgelegt, die der politischen Bildung in den Schulen und außerhalb der klassischen Bildungseinrichtungen zugutekommen und auch dazu aufrufen sollen, die weitere Entwicklung unter die Lupe zu nehmen. Das gilt nicht nur für staatliche Strukturen wie den Verfassungsschutz, sondern auch für die Gesellschaft im Ganzen.
Deshalb freue ich mich auf die weitere Diskussion im Ausschuss. Wenn Teile der Bevölkerung offen sind für menschenfeindliche Verschwörungserzählungen, dann muss uns das wirklich Sorge machen. Wir müssen entschlossen für Wahrheit und Aufklärung eintreten. Deshalb freue ich mich auch, wenn wir heute aus diesem Haus hier ein klares Signal gegen Verschwörungsideologien setzen und den Bericht zusammen mit dem Antrag im Bildungsausschuss weiter diskutieren können. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Sie haben gerade gesagt, der Staat bewerte nicht, was auf Demonstrationen formuliert werde. Sie sind vielleicht doch mit mir einig, dass wir als Fraktionen nicht nur Verwaltungseinheit sind, sondern dass wir auch politische Bewertungen vornehmen. Unser Antrag ist ein politischer Antrag. Wir sind politisch der Meinung, dass, wenn auf diesen Demonstrationen Rechtsextremismus, Rassismus und so weiter propagiert werden, das falsch ist und ein Landtag das feststellen kann.
Wir haben uns gar nicht missverstanden, ich stimme Ihnen in allen Punkten zu, bis auf einen Punkt. Unsere Fraktion geht über Ihre Bewertung hinaus. Ich bin der Meinung, dass man eine politische Bewertung treffen kann als politische Fraktion, als politisch denkender Mensch. Wir sind nicht nur Menschen, die Verwaltung
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Heute vor 75 Jahren endete für die Menschen in Europa der Zweite Weltkrieg. Die demokratischen Fraktionen haben hierzu eine gemeinsame Erklärung abgegeben. Sie haben sich dazu bekannt, dass der 8. Mai kein Schlusspunkt ist - auf dass dieser Tag den Zweiten Weltkrieg und Nationalsozialismus nicht allein zum Gegenstand historischer Forschung macht, sondern mit diesem Datum auch über die Generationen hinweg Herausforderungen für unsere gesamte Gesellschaft verbunden sind.
Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht Weimar. Mit gut 14 Jahren dauerte die Weimarer Republik so lange wie die Regierungszeit des ersten Bundeskanzlers. Aber das hohe Maß an politischer Stabilität im gesellschaftlichen Grundkonsens, auf das viele Menschen im Ausland mit unkritischer Bewunderung schauen, ist eben nicht in Stein gemeißelt, es ist auch immer wieder von neuen gesellschaftlichen Widersprüchen geprägt.
Die Geschichte der Bundesrepublik ist eine Geschichte innerer Konflikte und Proteste. Viele von Ihnen haben die Entwicklung dieses Landes maßgeblich beeinflusst. Was zunächst randständiger Protest war, hat sich irgendwann als Mainstream durchgesetzt, zum Beispiel die Anti-AKW-Bewegung.
Es hat aber auch immer einen nationalistischen, rechtsextremen Bodensatz gegeben. Nach zwölf Jahren NS-Herrschaft war dies nicht anders zu erwarten. Mit Kriegsende verschwanden nicht diejenigen, die in diesem System sozialisiert worden waren und es bis zum Schluss getragen hatten.
Zwei Generationen nach Kriegsende manifestiert sich der Rechtsextremismus nur noch in Ausnahmefällen als Neuauflage oder Kopie des klassischen Nationalsozialismus. Das macht das Ganze aber nicht minder gefährlich. Die neuen Nazis haben gelernt, getrennt zu marschieren und getrennt zuzuschlagen, nach dem Motto: „Man wird doch noch sagen dürfen...!“, wird der Boden beackert, auf dem andere säen.
Gerade gestern sagte Esther Bejarano dazu:
„Die wollen keine Demokratie. Ich weiß nicht, was werden soll, wenn es noch mehr werden, die so eine menschenverachtende Ideologie haben. Ich weiß nur, was ich gesehen habe. Und ich weiß, was dann kommen wird.“
Das sollte uns allen eine Mahnung sein.
Nicht jedes Mitglied und nicht jeder Wähler der AfD zum Beispiel ist ein Nazi. Aber: Jeder, der diese Partei wählt oder gar in ihr mitarbeitet, reißt Schranken ein, die in unserem Land über Jahrzehnte hinweg Bestand hatten. Es gibt heute ein fließendes Kontinuum, das von AfD über den „Flügel“ der ja nicht verschwunden ist, sondern seine Kontrolle über die Gesamtpartei gerade ausweitet -, über die NPD, die Rechte, die Neue Rechte, Kubitschek und sein sogenanntes Institut für Staatspolitik bis hin zu individuellen und organisierten Terroristen reicht, die infolge des NSU bei uns gemordet haben.
Die Koalition hat ein umfangreiches Paket vorgelegt, das an den richtigen Schwerpunkten - nämlich Bildung, Aktivierung der Zivilgesellschaft und Wachsamkeit - ansetzt.
Der weit überwiegende Teil schließt an das an, was wir als Sozialdemokraten vor einigen Jahren schon als Konsequenz auf die Verbrechen des NSU gemeinsam mit SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf den Weg gebracht haben. Sie haben sich bewährt. Der Ausbau der Beratung, Prävention, das erste eigene westdeutsche Landesprogramm gegen Rechtsextremismus - wo die CDU damals noch am Sinn und Zweck gezweifelt hat, begrüßt sie heute die erfolgreiche Arbeit und Umsetzung der Programme. Ich nehme das sehr wohlwollend zur Kenntnis; das finde ich gut, da haben Sie etwas gelernt.
Rassismus und Menschenfeindlichkeit entstehen nämlich nicht am Rand, sondern mitten unter uns. Deswegen gibt es auch nicht den einen Extremismus. Die größte Gefahr geht von rechts aus, und
deshalb führt jeder Versuch der Gleichsetzung oder Gleichbehandlung demokratiefeindlicher Phänomene in die Irre. Rechtsextremismus und Hass entstehen mitten unter uns. Das zeigen auch die aktuellen Verschwörungen rund um Corona.
Uns Sozialdemokraten ist der Kampf gegen Alltagsrassismus dabei ein wichtiges Anliegen.
Dazu gehört die Diskriminierung aufgrund vermeintlicher Unterschiede von Aussehen und Herkunft, bei Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte, Menschen mit - oder mit vermeintlich anderslautenden Vor- oder Nachnamen. - Wir wollen, dass das aufhört. Diese Gesellschaft lebt von ihrer Vielfalt und Breite. Jeder, der dagegen hetzt, wird unseren entschlossenen Widerspruch erfahren.
Ich danke den anderen demokratischen Fraktionen sehr für die Arbeit an der Einigung auf diesen gemeinsamen Antrag. Ich freue mich über die Umsetzung. Wir werden das als SPD auf unsere Art natürlich kritisch begleiten; Sie haben uns als Sozialdemokraten aber immer an Ihrer Seite, wenn es darum geht, Hass, Rechtsextremismus und Ausgrenzung zu bekämpfen.
Herr Präsident! Gerade in diesen Monaten wäre es ein großes und gutes Signal, wenn wir die Beteiligung von Jugendlichen konsequent ausbauten und damit auch Demokratie an sich stärkten. Heute reden wir erneut über den Antrag, den wir als SPD bereits vor zwei Jahren hier eingebracht haben. Wir wollen nach den Kommunal- und Landtagswahlen auch bei Bundestagswahlen das Wahlalter auf 16 senken! Was politische Bildung und die Steigerung bei Jugendlichen angeht, sind wie uns zuletzt im Ziel oft einig. Nur bleibt Jamaika oft auf halber Strecke stehen. Das haben wir beim Jahr der politischen Bildung gesehen, das erleben wir in anderen Bereichen. Und bei dieser Frage geht mit Jamaika gar nichts.
Demokratie lebt vom Mitmachen. Nur wer die Möglichkeit hat, sich einzubringen, wird auch selbst demokratisch. Deshalb ist die Wahlalterabsenkung der richtige Weg. Ich hatte gehofft, dass sie durch die Anhörung und viele Diskussionen mit Jugendverbänden, Jugend im Landtag oder zuletzt bei der Jugendaktionskonferenz ihre Skepsis besiegen können. Vor allem die CDU scheint ihr bei ihrer rückständigen Position zu bleiben. Dabei hat die Anhörung zu unserem Antrag noch mal deutlich gemacht, dass das politische Interesse bei Jugendlichen durch die Absenkung des Wahlalters gesteigert werden kann. Das ist zwar nicht immer sofort in einer hohen Wahlbeteiligung abzulesen, okay. Dies gilt aber für alle Altersgruppen. Verschiedene Untersuchungen haben aber gezeigt, dass sich der Anteil der politisch Interessierten von einem Drittel auf zwei Drittel erhöhen kann.
Andersrum wurde nachgewiesen, dass bei den 15Jährigen und 14-jährigen eine geringere Bereitschaft vorhanden ist, sich intensiv mit Wahlen zu beschäftigen, solange sie nicht selber daran teilnehmen können. Hier gibt es also eine richtige Kante, die man genau am Wahlalter festmachen kann. Für mich war das nur ein Beweis dafür, dass eine Absenkung des Wahlalters eben doch eine direkte Auswirkung auf die Steigerung der politischen Bildung bei Jugendlichen hat und damit auch einen direkten Beitrag zur Stärkung der Demokratie.
Nein, wir sollten viel eher darüber reden, noch weiterzugehen. Warum soll man in Zukunft nicht auch schon mit 14 Jahren wählen können? Bundesjugendring und andere diskutieren dies schon sehr ernsthaft. In Zeiten einer polarisierenden Gesell
schaft, einem besorgniserregenden Rechtsruck und der größten Jugendbewegung seit Jahrzehnten auf den Straßen mit Fridays für Future oder auch vor dem Hintergrund eines krassen Generationenwechsels und -bruches in ehrenamtlichen Institutionen, kann ein Mehr an Partizipation Demokratie und politische Bildung nur von Vorteil sein.
Wir Sozialdemokraten wollen mehr Demokratie und Mitbestimmung für junge Menschen, von Anfang an. Wir wollen der jungen Generation eine Stimme geben. Wenn wir es von hier aus heute nicht unterstützen, was ich sehr schade finde, dann kämpfen wir auf anderer Ebene weiter. Wir sind überzeugt, dass wir auf den guten Erfahrungen der Landtagswahl aufbauen können. Wir wollen den jungen Menschen eine Stimme geben. Die Wahlaltersenkung auf 16 ist richtig und zugleich eine große Chance. Wir lassen hier nicht locker!
Sehr geehrte Frau Präsidenten! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete!
„Kinder werden mit allen sozialen und menschlichen Eigenschaften geboren. Um diese weiterzuentwickeln, brauchen sie nichts als die Gegenwart von Erwachsenen, die sich menschlich und sozial verhalten.“
Das kommt von Jesper Juul, einem populären Erziehungsratgeber. Wer Eltern kennt oder selber Kinder hat, kennt den auf jeden Fall. Wir reden heute
über ein weiteres trauriges Kapitel kollektiven Versagens, wenn man das als Überschrift nimmt.
Wieder sind Kinder betroffen, wieder waren Erwachsene willentlich und wissentlich an Missbrauch und Demütigung beteiligt, und Kinder waren schutzlos ausgeliefert, mussten Dinge erleben, die sie bis ins hohe Alter und bis ins Hier und Jetzt mit sich herumtragen. Es ist nicht einfach, sich dieser Vergangenheit zu stellen - erst recht, wenn man selbst davon betroffen ist -, aber es befreit auch. Deshalb ziehe ich erst einmal meinen Hut vor denjenigen, die sich im November auf Sylt beim ersten bundesweiten Vernetzungstreffen zusammengetan haben.
Die Verschickungskinder haben sich organisiert. Sie fordern die Aufarbeitung der Geschehnisse in den Kurheimen und die Übernahme von Verantwortung. Der Minister hat es schon ausgeführt, es gab Hunderte sogenannter Kurheime, es gab in den 60erJahren um die 840 in Deutschland, viele davon in Schleswig-Holstein, die meisten davon an der Westküste - wieder einmal, wenn wir über Jugendhilfe sprechen - dort, weit weg von zu Hause, wo frische Luft weht und vermeintlich alles schön ist, wo viele Ferien machen.
Nach Berechnungen der Initiative reden wir über eine zeitweilige Bettenkapazität von 56.000 Betten deutschlandweit. Die wurden circa alle sieben Wochen neu belegt. Wenn man das überschlägt, reden wir also über Millionen von Kindern, die betroffen sein können, laut „Report Mainz“ um die 1,6 Millionen Kinder.
Da unser Land auch hier viele Einrichtungen hatte, in denen Kinder aus dem ganzen Bundesgebiet waren, müssen wir uns zuvorderst darum kümmern, wir müssen vorne mit dabei sein. Herr Minister Garg, deswegen begrüße ich, dass Sie sich an vorderster Spitze mit einbringen, wenn es um die Aufarbeitung geht. Ich erwarte, dass wir dieses Signal heute als Landtag an die Betroffenen senden, und freue mich, dass die anderen Fraktionen an dieser Stelle mitziehen.
Kinder und Jugendliche müssen bestmöglich unterstützt und geschützt werden, vor Gewalt, vor Erniedrigung und allem, was ihre Entwicklung einschränkt. Die Kinderkuren, zeitweise auch Verschickung genannt, sollten eigentlich zur Gesundheit der Kinder beitragen. Heute wissen wir, dass diese Aufenthalte meistens nicht gesund gemacht haben, sondern krank. Machtgehabe, Böswilligkeit, falsche Erziehung, schwarze Pädagogik. Die Zeugenberich
te der Betroffenen sind erschreckend: Redeverbote, Kälte, Morddrohungen, Esszwang - Kinder mussten ihr Erbrochenes essen -, Toilettenverbot, körperliche Strafen, Demütigung und Erniedrigung.
Es sind die Seelen der Kinder, die verletzt wurden und bis heute verletzt sind. Der Verlust des Urvertrauens ist das eine, was Folgen hatte, das andere ist, dass sie als unsichere Menschen durchs Leben gehen müssen. Die lebensrettende Funktion der Verdrängung in der Kindheit verwandelt sich später, beim Erwachsenwerden in eine lebenszerstörende Macht.
Umso wichtiger ist es, dass den Betroffenen geholfen wird. Aufklärung und Aufarbeitung sind eine konkrete Hilfe. Hören wir den Menschen zu! Das sind wir ihnen schuldig. Wir fragen auch: Wer waren die Verantwortlichen? Es wird schwierig sein, das herauszufinden. Wieso wurde den Kindern kein Gehör geschenkt? In welcher Form war SchleswigHolstein mit seinen Institutionen mitverantwortlich? Gab es Kontinuitäten zur NS-Zeit? - All dies sind Fragen, die es zu bearbeiten gilt.
Uns Sozialdemokraten ist die Stärkung der Kinderrechte ein zentrales Anliegen. Der Schutz vor Grenzüberschreitung, Hilfeangebote und mehr Beteiligung sind unsere Ziele, heute und auch schon in vergangener Zeit. Wir können Zuhören und Aufklärung auch dazu nutzen, dass das, was geschehen ist, in Zukunft nie wieder passieren kann, und viel daraus lernen. - Gehen wir es also an!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Kennen sie Carlos Fernando? Oder Dieter Manzke? - Nein? Aber sicher doch Mehmet Turgut? Amadeu Antonio? Das sind die Namen einiger Mordopfer rechtsextremer Gewalt. Sie stehen stellvertretend für die mindestens 196 Todesopfer rechtsextremer Gewalt, die die Amadeu-Antonio-Stiftung, benannt nach einem der Opfer, allein seit der Wiedervereinigung bei einer hohen Dunkelziffer gezählt hat.
Die meisten dieser Menschen wurden Opfer von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, von Rassismus, Ausländerfeindlichkeit, Homophobie, Verachtung von Obdachlosen und anderen. Andere wurden zu sogenannten Kollateralschäden wie etwa
5040 Schleswig-Holsteinischer Landtag (19. WP) - 66. Sitzung - Donnerstag, 29. August 2019
die Polizistin Michèle Kiesewetter, die 2007 vom NSU ermordet wurde. Was ich sagen will: Die Gefahr ist real, auch wenn man selbst vielleicht nicht in das klassische Beuteschema der Rechten passt.
Der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke ist nur das jüngste und prominenteste Beispiel, das im Juni in die kollektive Aufmerksamkeit der Bundesrepublik eingehämmert wurde. Er hat aber auch deutlich gemacht, dass wir die Drohungen in der Anonymität des Internets ernst nehmen müssen. Es gibt direkte und indirekte Bedrohungen von Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit engagieren. Viele von uns hier im Saal werden schon ihre Erfahrungen mit anonymen Briefen, E-Mails und Telefonanrufen gemacht haben. Das Ziel ist immer das gleiche: Den Betroffenen soll Angst gemacht werden. Sie sollen davon abgehalten werden, ihrer Arbeit nachzugehen.
Mord und die Drohung mit seiner Umsetzung ist die perfideste Form der politischen Kommunikation, die wir kennen. Aber das ist es, womit wir es zu tun haben: mit organisierten Rechtsextremisten, die vor nichts mehr zurückschrecken. Das Internet hat wie so vieles auch - ihre Organisation erleichtert. Sie vernetzen sich, und aus der Anonymität des Internets heraus ist es umso leichter, unentdeckt zu bleiben. Das gilt für die Reichsbürger, die hier im Hause bereits Thema waren, genauso wie für Prepper.
Das gilt aber ebenso für ihre bürgerlich anmutenden Wegbereiter einer bestimmten rechtspopulistischen Bewegung. Deren Flanke nach ganz rechts steht weit offen. Wenn sich etwa die schleswig-holsteinische Landesvorsitzende als widerständig sieht, sich für die Interessen von Volk und Vaterland engagiert und die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze für mehr als enttäuschend hält, ist ihr Engagement für einen Verein, in dem verurteilte Holocaust-Leugner Mitglieder sind, vielleicht doch kein Zufall. Die Neonazis in den Straßen von Chemnitz, die dort im vergangenen September regelrechte Hetzjagden betrieben, bezeichnete sie als Tausende deutsche Patrioten. Ihr damaliger, vielleicht auch heute weiter bestehender - wir wissen es nicht - Fraktionsvorsitzender sprang ihr bei: Die Berichterstattung entstammte einer Lügenpresse. - Darum ist ihr Parteiausschluss lediglich ein Feigenblatt für eine strukturell mit Rechtsextremen durchsetzte Partei.
Die Ermittlungen zu rechten Terrornetzwerken wie dem „Nordkreuz“ haben gezeigt, dass Prepper auch innerhalb der Sicherheitsbehörden aktiv sind und sich ganz konkret auf Bürgerkriegsszenarien vorbereiten. Dazu gehören neben dem Diebstahl von Waffen und Munition sowie der Bestellung von Löschkalk und Leichensäcken auch die Sammlung von Namen und Daten von Menschen, die für Demokratie und Menschenwürde eintreten, in diesem Fall flüchtlingsfreundliche Politiker und Politikerinnen, Künstler und Künstlerinnen, linke Aktivistinnen und Aktivisten und andere. In der Öffentlichkeit wurde diese auch als Todesliste bezeichnet. Auch Walter Lübcke stand auf einer solchen Liste.
Der Umgang mit diesen Daten ist schwierig, das weiß ich. Es gibt keinen Königsweg. Was jedoch grundfalsch ist, ist, die Angelegenheit zu verharmlosen. Das lässt die Bürgerinnen und Bürger nämlich erst recht das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden und letztlich den Staat verlieren.
Eine pauschale Veröffentlichung kommt ebenfalls nicht infrage, wenn auch die erste Reaktion der Sicherheitsbehörden war, die Information für sich zu behalten, weil die in diesen Listen Geführten aktuell nicht gefährdet seien. Das könnte sich noch bitter rächen - hoffentlich nicht. Aber wir wollen nicht hoffen, und wir wollen uns auch nicht daran gewöhnen, von Rechten bedroht zu werden.
Nach öffentlicher Kritik hat das LKA Hamburg inzwischen eine Hotline eingerichtet. Andere Länder haben alle betroffenen Personen per Post informiert. Wenn es bei diesen Maßnahmen bliebe und man die Betroffenen damit alleinließe, fände ich das schwierig, weil es die Betroffenen natürlich verstört. Die allermeisten Menschen werden es sich nicht leisten können, eine Handvoll Bodyguards einzustellen. Wir wissen aber auch, dass die Opfer von solchen Bedrohungen nicht proaktiv Angebote annehmen. Deswegen müssen sie unterstützt werden.
Wir wollen erstens, dass Menschen, die auf solchen Listen verzeichnet sind, informiert werden. Zweitens muss diese Information mit sachgerechter Beratung verbunden werden. Drittens müssen die Betroffenen schnell und problemlos eine Anlaufstelle erhalten. Diese Möglichkeiten der Beratung und des Schutzes müssen auch denjenigen offenstehen, die sich aktuell nicht auf den Listen befinden.
Lassen Sie uns die Fehler, die bei der Aufarbeitung des NSU begangen wurden, nicht wiederholen!
Schleswig-Holsteinischer Landtag (19. WP) - 66. Sitzung - Donnerstag, 29. August 2019 5041
Lassen Sie uns die Gefahr, die von rechtem Terror ausgeht, endlich ernst nehmen! Lassen Sie uns am fragilsten Ende der Kette beginnen, nämlich bei den Opfern! - Ich danke Ihnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Demokratie ist nichts Selbstverständliches, sondern muss jeden Tag neu erlebt, erkämpft und auch erstritten werden. Die große Mehrheit im Land weiß das auch, weiß auch, dass autoritäre Tendenzen am besten durch mehr und nicht durch weniger Demokratie bekämpft werden können. Das ist es auch, was Willy Brandt in seiner Regierungserklärung 1969 meinte: mehr Demokratie wagen. Ein Aufbrechen der alten, autoritären, zum Teil noch aus dem Reich stammenden Strukturen, die bis dahin noch bundesweit Realität waren. Seine Haltung: Offenheit, Demokratie, Kante gegen rechts und Menschenfeindlichkeit. - Das ist es, was er meinte, und eben nicht enthemmte nationalchauvinistische Hetze, wie sie die AfD zum Beispiel jetzt im brandenburgischen Wahlkampf betreibt.
Wir Sozialdemokraten wollen, dass Kinder und Jugendliche auf Augenhöhe an demokratischen Prozessen beteiligt werden. Deshalb haben wir den § 47 f der Gemeindeordnung - der Kollege von der Heide hat es erwähnt - eingeführt und verschärft, Altersgrenzen abgeschafft, die unsinnig waren zum Beispiel bei den Einwohnerfragestunden -, den Kinder- und Jugendaktionsplan aufgebaut und erweitert und das Wahlalter auf 16 abgesenkt.
Es müssen aber noch weitere Schritte gegangen werden. Deshalb begrüßen wir die Diskussion, die der SSW begonnen hat, ausdrücklich. Die Jugendhilfeausschüsse sind dazu da, Themen von jungen Leuten zu bearbeiten. Deshalb müssen sie dort auch mitreden können. Das leuchtet ein. Das tun sie heute weitestgehend durch Kinder- und Jugendverbände.
Ich finde es richtig gut, dass wir heute über den konkreten Wunsch des Jungen Rats Kiel diskutieren. Die frühe Kindheit ist die intensivste Lern- und Entwicklungszeit, wie wir wissen, auch in Sachen Demokratie lernen. Kinder brauchen früh die Erfahrung von Anerkennung, Teilhabe und Mitbestimmung, von ordentlicher demokratischer Streitkultur und von Erleben eines interkulturellen und toleranten Miteinanders. Je jünger die Kinder sind, desto mehr Unterstützung brauchen sie dabei aber auch.
Ein Jugendbeirat ist schon richtig gut, aber wir brauchen auch projektbezogene und kleinkindgerechte Formen der Beteiligung. Es geht also um die Gestaltung des Alltags, in dem Kinder und Jugendliche leben. Fast jede Angelegenheit kann einem in den Sinn kommen. Jedes Projekt aus dem Bauausschuss, dem Planungsausschuss oder einen Rat betrifft Kinder und Jugendliche in ihrem Alltag.
Es ist nicht nur der neue schicke Kinderspielplatz, wo man einmal eben ein Beteiligungsprojekt macht, sondern es sind auch Schulwege, Fußgängerampeln, Freiflächen im Neu- oder Altbaugebiet. Jeder sollte sich einmal in die Perspektive der Kleinsten begeben und sie fragen, was sie dazu meinen.
Es geht also um mehr als nur um einen Sitz in einem Jugendhilfeausschuss. Ich glaube, das ist auch so gemeint. Ich bin dem SSW dankbar, dass wir die Diskussion heute führen können und das Weiterdenken.
Anders als der Kollege von der Heide glaube ich schon, dass wir in Schleswig-Holstein Licht und Schatten haben. In vielen Bereichen gibt es richtig gute Beteiligungsprojekte. Wir haben toll arbeitende Kinder- und Jugendbeiräte. Es gibt viele gute Best-Practice-Beispiele, aber wir haben eben auch Schattenbereiche. Wir haben Bereiche, in denen in Gemeinderäten, in Verwaltungen Kinder- und Jugendbeteiligung nicht gelebt wird, in denen es keine Ansprechpartner für Kinder- und Jugendbeteiligung gibt. Das muss sich ganz entscheidend ändern. Kinder- und Jugendbeteiligung muss auf allen Ebenen verpflichtend durchgeführt werden, weil alles, was wir vor Ort machen, auch Kinder und Jugendliche betrifft. Die Kleinsten haben immer etwas mitzureden und sollen das auch tun. Sie haben vor allen Dingen auch ein Recht dazu. Von daher freue ich mich auf die weitere Beratung im Ausschuss. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Kinder und Jugendliche brauchen den bestmöglichen Support, um ihr Leben selbstständig zu gestalten. Heute stehen einmal wieder diejenigen im Fokus, die in Jugendhilfemaßnahmen sind und daher ganz besonderen Support brauchen und auch bekommen, aber - und das ist davon deutlich zu unterscheiden - keine überbordende Einschränkung oder Bevormundung brauchen.
Heute ist es so: Junge Leute verdienen ihr erstes eigenes Einkommen, machen eine Ausbildung, gehen in einem Supermarkt oder anderswo jobben, tragen Zeitung aus, nutzen die Ferienzeit, um ein paar Euro zu verdienen. Davon müssen sie einen Großteil abgeben, und zwar für die Kosten der stationären Jugendhilfe, die ihnen eigentlich helfen soll, ein eigenständiges Leben zu führen.
Das betrifft 142.000 Heimkinder und 90.000 Pflegekinder in Deutschland. Das demotiviert und hilft nicht dabei, am Ende finanzielle Selbstständigkeit zu erlernen und zu erlangen.
Zwar gibt es die Möglichkeit für Auszubildende, sich von dieser Regelung freistellen zu lassen. Doch davon wird kaum Gebrauch gemacht. Viele Pflegekinder müssen dazu erst einmal ermutigt werden. Das Problem ist, dass das Selbstwertgefühl oft nicht so groß und die Unsicherheit sehr groß sind. Vielleicht kann man dann ja verstehen, dass sie das Risiko einer Ablehnung nicht eingehen wollen. Mir ist nicht klar, warum bei Azubis nicht generell eine Ausnahme gemacht werden kann.
Was wollen wir mit unserem Antrag? Wir wollen eine spürbare Verbesserung für die betroffenen jungen Leute erreichen. Bisher müssen 75 % des Einkommens abgegeben werden. Diese Grenze wollen wir heruntersetzen.
Außerdem sollte es großzügige Freibeträge geben, zum Beispiel für Ferienjobs.
Es ist gut, dass es da auf Bundesebene Bewegung gibt. Das wollen wir mit Nachdruck aus diesem Landtag unterstützen. Wir erwarten, dass unsere Landesregierung im Bundesrat Druck macht - hin zu einer echten Verbesserung und Entlastung der jungen Leute. Wir fordern, dass Pflege- und Heimkinder nur noch höchstens 50 % ihres Einkommens als Kostenbeitrag für vollstationäre Jugendhilfe einsetzen müssen.
Außerdem wollen wir großzügige Freibeträge für Schülerjobs, Praktika, Ferienjobs und Ausbildungsvergütungen. Aus diesen Freibeträgen soll kein Kostenbeitrag mehr abgezogen werden. Deswegen muss das geändert werden.
Wichtig dabei: Egal, wie das jetzt angepasst werden soll, es darf keine faktischen Verschlechterungen geben. Da ist der Hinweis unserer Bürgerbeauftragten zur Frage der Betrachtung des Monats- und Durchschnittseinkommens sehr hilfreich. Ich hoffe, die Fachleute in unserem Ministerium haben sich das gleich notiert und Sie, Herr Dr. Garg, nehmen das dann auch mit.
Wenn wir hier weiterkommen und die jungen Leute wirklich spürbar entlasten könnten, wäre das ein echter Schritt nach vorn. Das ist unser Ziel. Deswegen haben wir diese Initiative als SPD gestartet hin zu mehr Selbstbestimmung, mehr Unterstützung, mehr Unabhängigkeit. Genau das sollte eben auch Ziel jeder Jugendhilfemaßnahme sein.
Kurzum: Wir wollen Kinder und Jugendliche für ein gutes, selbstständiges Leben bestmöglich unterstützen. Ich würde mich daher freuen, wenn wir an dieser Stelle zu Verbesserungen kämen und Sie unseren Antrag unterstützten. - Ich danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Meine Damen und Herren! 75 Jahre nach dem Ende der Nazi-Terrorherrschaft sollten Rassismus und Antisemitismus und andere Dinge im Land der Täter eigentlich nur noch Erinnerung sein. Sie sollten präsent sein, aber als Teil der Vergangenheit und nicht der Gegenwart.
Leider ist das Gegenteil der Fall. Rassismus ist bei einem großen Teil der Bevölkerung nach wie vor verfestigt. Die Mitte-Studie hat dies vor Kurzem wieder dargelegt: 54 % der Befragten - und damit eine steigende Anzahl - haben eine negative Haltung gegenüber Geflüchteten. Eine große Anzahl
von Bürgerinnen und Bürgern hat ein geschlossenes rechtes, rechtsextremes Weltbild. Jede fünfte befragte Person neigt deutlich zu rechtspopulistischen Einstellungen, bei 42 % gibt es eine Tendenz dazu.
Also, die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass jeder von uns mindestens einen oder zwei kennt. Diese Einstellungen haben sich in den letzten Jahren stabil verfestigt, und das heißt, sie sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Dazu gibt es eine steigende falsche Toleranz gegenüber rassistischen Bemerkungen; oft auch in der Öffentlichkeit, nicht erst nach dem fünften Bier. Oftmals gilt: Stumpf ist Trumpf, und das sind Dinge, die man nicht stehen lassen darf.
Menschen werden als fremd abgestempelt, nur weil sie anders aussehen oder sprechen. Schnell wird dabei die Gesellschaft aufgeteilt in wir und die, und das ist nicht neu. Neu ist aber, dass das Ganze immer offener ausgeübt wird - im Netz, auf der Straße, auch politisch scheinbar legitimiert von einer Partei, die selbst immer noch rassistisch und islamfeindlich auffällt. Das ist geistige Brandstiftung.
Menschenfeindliche, menschenverachtende Aussagen fallen inzwischen leider auch wieder in Parlamenten, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Abwertung, Verachtung von bestimmten Gruppen. Wir Demokraten stellen uns geschlossen dagegen.
Der Handlungsbedarf ist sehr groß. Die Antwort kann nur eine starke Prävention sein, die Förderung von Demokratie, Zivilgesellschaft und politischer Bildung in ihrer ganzen Breite. Wir haben in Schleswig-Holstein nach den schrecklichen Morden des NSU seinerzeit einen guten Weg eingeschlagen. Wir waren zusammen mit Nordrhein-Westfalen eines der ersten Bundesländer, die ein eigenes Landesprogramm gegen rechts auf den Weg gebracht habe. Mit diesem Landesprogramm wurden bereits viele Grundlagen gelegt. Ich finde es gut, dass die Landesregierung jetzt daran anknüpft.
Damals war es Konsens, dass hier etwas passieren muss. Heute sind wir gut aufgestellt. Aber es reicht noch nicht; das wissen wir. Die Opferberatung ZEBRA zeigt uns jedes Jahr die Opferperspektive auf; das hat eben auch der Minister genannt, das fand ich gut. Es muss noch einmal auf die Perspektive derjenigen geguckt werden, die direkt davon betroffen sind; sie sollten in ihrem Empowerment
gestärkt werden. Was in diesem Bereich passiert, sollte ernst genommen werden; das ist absolut richtig. Das muss fortgeführt werden.
Der Minister hat zum Aktionsplan ausgeführt. Dafür danke ich ihm sehr. Er hat auch auf die wichtigen Punkte der Geschichte verwiesen. Ich finde es gut, dass der Aktionsplan auf den Weg gebracht werden soll und an das Landesprogramm angeknüpft wird.
Wir werden ganz genau darauf achten, wie Zivilgesellschaft außerhalb des Landesdemokratiezentrums eingebunden wird. Wird es lediglich um Straftatenprävention gehen oder auch um die Grauzone? Um Alltagsphänomene, Stammtischparolen sowie um die neuen Phänomene wie Filterblasen, Bots und rechte Trolle? Wird es Werbekampagnen für diskriminierungsfreie Kommunikation geben? Vielleicht werden Wege über die neuen Medien beschritten, die über das, was man an Gefährderansprachen bislang tut, hinausgehen.
Wir haben heute erstmals etwas Konkreteres gehört. Selbstverständlich begrüßen wir den Aktionsplan, den wir hoffentlich bald in einer abgestimmteren Form zu sehen bekommen.
Der Erfolg von jeglichen Aktionsplänen wird immer davon abhängen, inwieweit es gelingt, sie im Alltag der Menschen in Schleswig-Holstein zu verankern. Das ist das, was wir alle als Aufgabe mitnehmen, wenn es so weit ist.
Ausgrenzung, Diskriminierung und Abwertung sind die Probleme. Die Mittel dagegen sind Begegnung, Reflexion, Konfrontation mit der eigenen Rolle, politische Bildung und vor allem der demokratische Diskurs. Es geht um mehr als um Kriminalitätsverhütung und eine Sicht aus der Statistik.
Für uns Sozialdemokraten ist klar: Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit muss mit all seinen Facetten bekämpft werden.
Auch ich möchte mit einem Zitat schließen:
„Niemand wird mit dem Hass auf andere Menschen wegen ihrer Hautfarbe, ethnischen Herkunft oder Religion geboren. Hass wird gelernt. Und wenn man Hass lernen kann, dann kann man auch lernen zu lieben. Denn Liebe ist ein viel natürlicheres Empfinden im Herzen eines Menschen als ihr Gegenteil.“
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt einen chinesischen Fluch, der da lautet:
„Möge er in interessanten Zeiten leben!“
Herr Minister, Sie haben ihn nicht ausgesprochen, auch niemand vor Ihnen, aber es gibt keinen Zweifel: Wir leben in interessanten Zeiten. Das findet seinen Ausdruck im jährlichen Verfassungsschutzbericht, der von Jahr zu Jahr umfangreicher wird.
Dieser Verfassungsschutzbericht ist kein Fluch, sondern eher ein Segen - zusammen mit den anderen Monitoring-Ergebnissen, Studienerkenntnissen
und Umfragen - zur Erhebung der Lage und Stimmung in unserem Land.
Von den sieben Schwerpunktthemen des Berichts beschäftigen die Öffentlichkeit zwei besonders stark, das sind der Islamismus und der Rechtsextremismus. Ich kann mir jetzt schon vorstellen, was kommt: Was ist denn mit dem Linksextremismus? Der beschäftigt uns jedenfalls längst nicht mehr so viel wie früher. Seit dem G-20-Gipfel in Hamburg 2017 hat nicht einmal mehr die militante autonome Szene von sich reden gemacht. Es ist kaum noch der Erwähnung wert, dass die DKP - man möchte schon fast sagen: seligen Angedenkens - es fertig bringt, in ihrer Europafeindlichkeit die AfD noch rechts zu überholen.
Beim radikalen Islamismus ist die Dynamik dagegen besonders hoch. Während in den letzten Jahren aus nahezu allen europäischen Ländern radikalisierte Männer und Frauen in das vom IS kontrollierte Territorium ausgewandert sind, hat sich die Bewegung nun umgekehrt. Der IS ist nach seiner militärischen Zerschlagung de facto kein Regime mehr, aber er bleibt eine gefährliche Terrormiliz.
Auf die Behörden kommt sehr viel Arbeit zu, da nichts daran vorbeiführt, Personen, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, wieder einreisen zu lassen. Es ist außerordentlich schwierig, in jedem Einzelfall zu recherchieren, ob der oder die Betreffende sich an den Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligt hat.
Nicht vergessen werden darf das Schicksal von Kindern, die in den letzten Jahren durch eine Erziehung im IS radikalisiert wurden und die sich jetzt einem gewaltigen Graben zwischen den Werten ausgesetzt sehen, die ihnen bisher vermittelt wurden und an denen möglicherweise ihre Eltern noch festhalten, und den Werten, die unsere Gesellschaft bestimmen.
Islamismus ist sozial ausgegrenzt. Die ganz große Mehrzahl der Musliminnen und Muslime, die in Deutschland leben, haben nichts als Hass und Verachtung für terroristische Anschläge über, ob sie nun in Mitteleuropa oder im Nahen und Mittleren Osten stattfinden.
Das ist offensichtlich anders mit dem Rechtsextremismus, der es geschafft hat, zumindest mit einzelnen Elementen eines geschlossenen rechten Weltbildes bis in die Mitte der Gesellschaft und in die Parlamente vorzudringen. Die deutsche Zivilgesellschaft steht aus historischen Gründen in einer noch höheren Verantwortung als die Zivilgesellschaft in unseren Nachbarländern, allergisch darauf zu rea
gieren, wenn mit der Floskel: „Das wird man ja noch sagen dürfen“ Aussagen aus der Mitte der Gesellschaft kommen, die noch vor wenigen Jahren politische Wege schneller beendet haben. Sätze, mit denen sich ein Martin Hohmann noch vor wenigen Jahren ins politische Aus geschossen hat, werden heute von Gauland und Höcke in den Parlamenten, aber auch in den Medien und bei Veranstaltungen geäußert, ohne dass dies Konsequenzen hat.
Den Worten folgen leider auch Taten. Ich stelle nicht deswegen regelmäßig Fragen zur Entwicklung der politisch motivierten Kriminalität von rechts außen, weil ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Innenministeriums Mehrarbeit bereiten möchte, sondern weil dieses Datenmaterial ebenso wie die Antworten auf meine Kleinen Anfragen zur Soziokultur von rechts und Musikveranstaltungen Informationen sind, die für die Zivilgesellschaft von Bedeutung sind, die rechtsextremes Gedankengut nicht unwidersprochen stehenlassen wollen.
Mein Dank gilt nicht nur dem Innenminister und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Verfassungsschutzes, sondern in erster Linie den vielen Menschen in Schleswig-Holstein und im restlichen Land, die sich tagtäglich ehrenamtlich und hauptamtlich in unterschiedlichster Form gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Demokratiefeindlichkeit einsetzen.
Demokratie ist eben nichts Selbstverständliches. Sie muss jeden Tag neu gelebt, erkämpft und erstritten werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Mit seinen eigenen Händen das Leben meistern können, selbstständig, frei und emanzipiert - das ist zentral, wenn wir über Arbeit reden. Ein bekannter und kluger Ökonom und Philosoph sagte einmal:
„Die Arbeit ist die Quelle alles Reichtums … Sie ist dies - neben der Natur, die ihr den Stoff liefert, den sie in Reichtum verwandelt. Aber sie ist noch unendlich mehr als dies. Sie ist die erste Grundbedingung alles menschlichen Lebens, und zwar in einem solchen Grade, dass wir in gewissem Sinn sagen müssen: Sie hat den Menschen selbst geschaffen.“
Kurzum: Erwerbsarbeit hat eine zentrale Bedeutung für die soziale Integration von Individuen. Für uns Sozialdemokraten ist das seit unserer Gründung vollkommen klar. Wer arbeitet, muss davon leben können. Dies gilt auch für junge Menschen, die auf eigenen Beinen stehen wollen,
für Auszubildende, die sich vielleicht zum ersten Mal so richtig emanzipieren wollen. An finanziellen Problemen sollte eine Ausbildung nicht scheitern. Deshalb wollen wir Sozialdemokraten die Mindestvergütung für Auszubildende.
Es geht darum, Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen und eine neue Untergrenze und Haltelinie einzuführen. Wir wollen, dass die Mindestausbildungsvergütung bei 80 % der durchschnittlichen tariflichen Ausbildungsvergütung des jeweiligen Ausbildungsjahres liegt. Außerdem soll diese mit fortschreitender Berufsausbildung jährlich ansteigen. Eine höhere tarifliche Ausbildungsvergütung muss dabei natürlich weiter Vorrang haben.
Damit würden wir endlich erreichen, dass die Azubi-Gehälter - so sollte man das auch nennen - der einzelnen Branchen nicht immer weiter auseinanderklaffen. Natürlich bedeutet eine Tarifsteigerung in gewerkschaftlich gut organisierten Bereichen auch eine Steigerung der Mindestausbildungsvergütung insgesamt. Eine Mindestvergütung ist - wie auch der Mindestlohn - immer nur die absolute Untergrenze, die wir einhalten müssen. Damit stehen wir fest an der Seite der Gewerkschaften, die eine faire Entlohnung aller Azubis wollen.
Solange die Auszubildenden in vielen Bereichen noch nicht unter dem Schutz starker Tarifverträge stehen, stellt die Mindestvergütung für Azubis eine notwendige Brücke dar. Respekt und Anerkennung sind das eine, angesichts des Fachkräftemangels geht es aber auch um die Attraktivität von Ausbildungen. Wer eine Ausbildung macht, braucht Planbarkeit und Sicherheit beim Einstieg ins Berufsleben. Wer in der Ausbildung wenig Geld bekommt und darüber hinaus unzufrieden ist, schmeißt schneller hin.
Die Abbrecherquote liegt durchschnittlich bei 24 %, in schlecht bezahlten Berufen wie beispielsweise bei Friseuren, Fleischern oder Hotelkaufleuten steigt sie sogar auf 30 % an. Mit einer ordentlichen Bezahlung - davon bin ich überzeugt - wird die Abbrecherquote nach unten gehen, natürlich neben einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen, die weiter geboten ist.
Der Vorschlag der Bundesbildungsministerin Karliczek von 504 € im ersten Ausbildungsjahr und in
den Folgejahren 5, 10 und 15 % mehr reicht nicht aus, er verbessert für kaum einen Auszubildenden die Lage und birgt die Gefahr von faktischen Verschlechterungen für viele Auszubildende. Außerdem soll die von ihr vorgeschlagene Mindestvergütung an das Schüler-BAföG gekoppelt werden. Das muss man sich einmal vorstellen. Das geht gar nicht. Auszubildende sind keine Schüler, sondern Teil des Betriebspersonals. Sie arbeiten.
Eine angemessene Ausbildungsvergütung ist keine Sozialleistung.
Wir fordern die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene für eine echte Ausbildungsvergütung einzusetzen. Wir wollen, dass junge Menschen ein gutes Leben führen können - unabhängig, selbstbestimmt und abgesichert. Die Mindestvergütung sichert dieses Prinzip ab und stellt sicher, dass unsere duale Ausbildung für angehende Azubis attraktiv bleibt. Wir Sozialdemokraten stehen ohne Wenn und Aber zur dualen Ausbildung und an der Seite der vielen, vielen Azubis in unserem Land. Wir wollen echte Verbesserungen. Die Mindestvergütung für Auszubildende ist nach dem Mindestlohn ein weiterer Meilenstein für mehr Gerechtigkeit auf dem Ausbildungsmarkt. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Bei diesen Themen und den Debatten dazu habe ich immer die Zeilen von einem Lied im Kopf, aus dem ich gern zumindest teilweise zitieren möchte:
„Sind so kleine Seelen offen und ganz frei. Darf man niemals quälen gehn kaputt dabei.
Ist son kleines Rückgrat sieht man fast noch nicht. Darf man niemals beugen weil es sonst zerbricht.
Gerade, klare Menschen wärn ein schönes Ziel. Leute ohne Rückgrat hab‘n wir schon zu viel.“
Das ist übrigens von Rolf Zuckowski.
- Ja, und von Bettina Wegener.
Man mag es mir verzeihen, dass ich eher mit Rolf Zuckowski aufgewachsen bin. Das mag vielleicht einfach an meinem Alter liegen.
Kinder und Jugendliche müssen bestmöglich geschützt und unterstützt werden, da sind wir uns einig, vor Gewalt, vor Erniedrigung und allem, was ihre Entwicklung einschränkt. Wenn sie dann aus den verschiedensten Gründen in Heimen oder anderen Jugendhilfemaßnahmen untergebracht werden, dann haben sie noch einmal ein besonderes Schutzbedürfnis, und der Staat hat die Verantwortung und die Pflicht, hier genau hinzusehen.
Wir haben in Schleswig-Holstein in Teilen leider eine traurige Tradition. Hier wurde in der Vergangen
heit leider oft nicht genau hingesehen. Das reiht sich ein in Skandale über Gewalt, Missbrauch und sehr viele Grenzüberschreitungen, was die Rechte von Kindern und Jugendlichen auf ein unbeschwertes Leben angeht. Die Friesenhof-Vorfälle haben uns da in den letzten Jahren noch einmal richtig wachgerüttelt.
Ob aus Machtgehabe, Böswilligkeit, falscher Erziehungsmethode oder vielleicht sogar aus überzeugter schwarzer oder harter Pädagogik heraus, immer waren und sind es die Seelen der Kinder, die verletzt wurden und bei vielen bis heute verletzt bleiben. Für uns Sozialdemokraten ist die Stärkung der Kinder und Jugendlichen in ihren Rechten ein elementares Anliegen. Ihr Schutz vor Grenzüberschreitung, Hilfe, die man auch so nennen kann, und der Ausbau der Partizipation stehen ganz oben auf der Agenda.
An dieser Stelle noch einmal vielen Dank an Peter Eichstädt, der heute hier ist.
Der Runde Tisch Heimerziehung des Sozialausschusses, der in der vergangenen Legislaturperiode getagt hat, und die umfangreichen Beratungen und Empfehlungen aus dem Friesenhof-Untersuchungsausschuss haben bewiesen, dass wir uns ernsthaft mit den Problemen und Herausforderungen befassen. Als wir nach dem Friesenhof-Skandal die Beschwerdestelle bei der Bürgerbeauftragten eingerichtet haben, wussten wir aber auch, dass wir damit vielleicht in ein Wespennest stechen. Wir wussten, dass wir vielleicht noch viel mehr Missstände aufdecken werden oder Dinge ans Licht kommen, die wir bisher nicht auf dem Schirm haben und dass wir schnelle Hilfen für die Betroffenen organisieren müssen.
Heute können wir sagen: Das hat geklappt. Ich bin wirklich ein Fan und Anhänger der ombudschaftlichen Arbeit, denn es gibt viele Probleme und Konflikte, bei denen eigentlich noch keine Heimaufsicht oder ein Jugendamt eingreifen müssen oder können, trotzdem sind sie so hart, dass sie von den jungen Leuten als belastend empfunden werden. Hier ist eine schnelle pragmatische Lösung notwendig.
Bei rund 700 Eingaben und vielen konkreten Hilfegesuchen kann man ganz deutlich sagen: Die Beschwerdestelle ist notwendig. Sie wird gebraucht, und sie hilft ganz konkret.
Immer wieder ging es um Schwierigkeiten mit Jugendämtern, Einrichtungsleitungen und so weiter. Hier konnte viel geholfen werden. Sie arbeiten, so kann man das sagen, an vorderster Stelle und haben das Wohl und die Rechte der Kinder im Blick, und dafür kann man nur Danke sagen. Ich ziehe meinen Hut vor Ihrem Engagement. Vielen Dank!
Wir wollen heute aber auch über weitere Konsequenzen aus dem ersten Bericht reden und einige konkrete wichtige Punkte vorlegen. Das haben wir mit unserem Antrag getan. Sie sollen zur Verbesserung der Praxis dienen. Wir wollen, dass die Heimmitarbeiter, die eine sogenannte Tätigkeitsuntersagung bekommen haben, endlich bundesweit in einer Datenbank erfasst werden und dass die Jugendämter, wenn sie Kinder und Jugendliche aus anderen Bundesländern unterbringen wollen, diese öfter besuchen und dazu auch verpflichtet werden. Mit dem Prinzip: „Schön weit weg, an die frische Luft und an die Nordsee“, machen es sich manche zu einfach. Wir wollen, dass die jungen Menschen wohnortnah untergebracht und nicht quer durch Deutschland geschickt werden. Das muss der neue Grundsatz werden.
Außerdem haben wir uns nach langer und intensiver Beratung dazu entschieden, das Schulgesetz zu ändern. Wir haben Kinder und Jugendliche, die bisher keine Schulpflicht in Schleswig-Holstein haben, wenn ihr Wohnsitz in einem anderen Bundesland ist. Das betrifft fast 3.000 Kinder. Wir wollen, dass diese jungen Menschen im öffentlichen Schulsystem beschult werden. Nur so haben wir sie auch fest im Blick, nur so können sie nicht mehr irgendwo rausfallen. Es wurden schon richtige Schritte gemacht, doch glauben wir, dass eine Änderung des Schulgesetzes echte Klarheit schafft. Deswegen müssen wir das machen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir arbeiten Schritt für Schritt an der Verbesserung der Qualität und der Partizipation in der Heimerziehung. Es muss bei allem Formalen und Rechtlichen immer darum gehen. Die Stärkung der jungen Menschen ist besonderer Mittelpunkt unserer Arbeit. Von daher freue ich mich, dass die Koalition unseren Antrag in großen Teilen mittragen möchte.
Zum Abstimmungsverfahren möchte ich noch sagen, dass wir die ersten drei Punkte übernehmen. Wir möchten, dass über den Absatz: „Der Schleswig-Holsteinische Landtag begrüßt“, und so weiter, in dem es um die Schulpflicht geht, einzeln und getrennt abgestimmt wird. Den anderen Teil würden wir dann übernehmen. Wir haben hier dann zwei Abstimmungen. Ich würde mich freuen, wenn wir so verfahren. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Abgeordnete! Herr Brodehl, ich versuche es mal:
„Nichts ist klar Nichts scheint wahr Wir verlassen uns auf uns selbst Es bleibt beim Alten, außer wir verändern es“
Worum geht es eigentlich? - Ihr kläglicher Versuch ist gescheitert. Die Kolleginnen und Kollegen sind, finde ich, gut darauf eingegangen. Es geht nicht um die Wertneutralität. Es geht um den schulischen Auftrag. Das haben Sie nicht verstanden.
Auch die Antwort auf Ihre Kleine Anfrage haben Sie offensichtlich nicht ganz gelesen. Der Film „Wildes Herz“ gehört wie viele andere Dokus und Filme - es gibt zum Beispiel auch „Im Westen nichts Neues“ und „American History X“ - - Es gab vor Kurzem auch einen Film - der Titel fällt mir gerade nicht ein - über die Radikalisierung in der Rechtsrockszene.
Das ist alles so plakativ. Man muss die Musik in dem Film „Wildes Herz“ nicht mögen. Das ist Geschmackssache. Auch ich höre mir lieber Ska-P oder Rantanplan an, wenn ich mal wieder etwas Lautes auf die Ohren brauche. Ich mag die Musik in dem Film ehrlich gesagt nicht so sehr. Ich finde an Feine Sahne Fischfilet aber sehr beeindruckend, dass sie wie kaum eine andere Band das Lebensgefühl und die Erfahrung vieler jungen Menschen in Mecklenburg-Vorpommern widerspiegelt. Genau darum geht es in der Doku.
Auch ich kenne solche Anfeindungen von damals, als 15-Jähriger, 16-Jähriger, linksdenkender, auf dem Dorf lebender, aktiver Mensch, der sich engagieren möchte. Abiparty, Landgasthof, Schützenund Scheunenfeste - auch bei uns gab und gibt es sie noch immer: die Dorfnazis. Mal sind sie organisiert, mal nicht; mal sind sie gewalttätig, mal nicht. Auch ich habe schon Drohanrufe bekommen.
Auch wenn die Dimension in unserem Nachbarbundesland Mecklenburg-Vorpommern eine ganz anders ist, kann ich die Wut, die Angst und das Lebensgefühl absolut nachfühlen, weil mir das so nahe ging, weil ich es selbst erlebt habe. Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, was ich denke - als St.Pauli-Fan, links, Juso, Sozi.
- Das ist eine Linie, die ich jedem empfehle.
- Das klären wir dann. - Auch wenn es eine harte Sprache ist - Kunstfreiheit darf durch nichts und niemanden in diesem Land wieder eingeschränkt werden.
Nun nehme ich ein anderes Zitat aus einem Song von Feine Sahne Fischfilet:
„Wir bleiben jetzt stark Auch wenns machmal schwer ist Wir haben die Kraft Auch wenns manchmal schwer ist Wir halten zusamm' Auch wenns manchmal schwer ist Sie haben keine Chance!“
Ich verneige mich vor diesem Mut und der Ausdauer im Kampf für Toleranz, Weltoffenheit und eine klare Kante gegen Rechtsaußen. Es sind Menschen wie diese und andere - übrigens auch Lehrkräfte -, die mich dazu bewegt haben, mich nicht unterkriegen oder einschüchtern zu lassen. Es ist nicht zuletzt diese politische Bildung, die mich dazu bewegt hat, in die Sozialdemokratie einzutreten, die so standhaft steht gegen jede Form von altem und neuem Rechtsextremismus.
Sehr geehrter Kollege Kilian, würden Sie bitte zur Kenntnis neh
Es ist gut, wenn man zur Aufklärung beitragen kann. Würden Sie dann bitte auch zur Kenntnis nehmen, dass gerade bei der L 92, zum Beispiel auf
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Die sogenannten Reichsbürger sind in den letzten Jahren zu trauriger Berühmtheit gekommen, konkret 2016 - mein Kollege Petersdotter hat das gerade angesprochen - ein Mann, der in Bayern sein Land - wir nennen es sein Grundstück - gegen Angreifer - wir nennen das das Sondereinsatzkommando der Polizei - mit Waffengewalt verteidigen wollte und dabei einen Eindringling - wir nennen ihn einen Beamten - tödlich verletzte. Spätestens seitdem ist klar, dass es sich um Feinde unserer Demokratie handelt. Es sind alles andere als verwirrte Spinner.
Das sind Leute, die die Existenz der Bundesrepublik leugnen. Sie erklären ihren Austritt aus diesem Staat und fallen mit rechtsextremen Positionen und Waffenbesitz auf. Sie nutzen selbstgebastelte Personalausweise, Reisepässe und andere Urkunden. Sie wurden viel zu lang kleingeredet, abgetan und waren gar nicht erst auf dem Schirm. Es zeigt sich immer wieder, dass sich die Behörden nicht sicher sind, wie sie auf die Aktionen und Tricksereien von Reichsbürgern reagieren sollen. Das hat diesen Leuten leider immer wieder Freiräume verschafft,
sich selbst als Opfer von ihrer Meinung nach sinnloser Schikane in Konflikten mit Behörden zu stilisieren.
Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage macht deutlich, dass diese Szene heute wesentlich besser durchleuchtet ist. Das ist schon einmal gut so. 2015 hat der Verfassungsschutz nur 24 Reichsbürger in Schleswig-Holstein registriert. Die Antwort geht jetzt von 288 aus, der Minister hat gerade ausgeführt, dass es 307 sind. Wenn man das so zur Kenntnis nimmt, dann ist das eine Verzwölffachung in nur drei Jahren - von dem, was auf dem Schirm ist. Niedrig finde ich die Zahl von zwölf Szenemitgliedern, denen man ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild nachweisen kann. Ich befürchte, die Dunkelziffer ist deutlich größer. In Verbindung mit der hohen Affinität zu Waffen braut sich hier eine ungemütliche braune Suppe zusammen.
Neben Verschwörungsideologen und Menschenfängern sind auch einige Abgehängte in der Szene unterwegs. Sie glauben, durch das Lahmlegen von Behörden Steuern zu sparen oder Strafverfolgung entgehen zu können. Ihr Glaube an das alte Deutsche Reich ist geschichtsvergessen, revisionistisch und autoritär. Staat und Gesellschaft müssen klarmachen: Niemand kann sich von der Einhaltung der Gesetze entbinden, egal ob sie ihm passen oder nicht. Jeder, der steuerpflichtig ist, muss auch Steuern bezahlen. Es gibt kein Recht auf bewaffneten Widerstand gegen Polizei und Justiz.