Protocol of the Session on February 13, 2019

Wenn Kinder bei Regen in einem Bauwagen für eine halbe Stunde Schutz suchen dürfen, warum soll es dann nicht auch möglich sein, für ein oder zwei Stunden oder einen noch längeren Zeitraum Spiele oder Bastelarbeiten durchzuführen oder einfach nur über das draußen in der Natur Erlebte in vertrauter Runde zu sprechen? Hier sehen wir noch Verbesserungspotenzial. Ich würde mich freuen, wenn wir die Gelegenheit bekommen, darüber im Sozialausschuss weiter sprechen zu können.

(Beifall AfD)

Zum Schluss möchte ich mit der gebotenen Kürze auf die Beschlussempfehlung des Sozialausschusses zur Einführung einer verpflichtenden Kita-Datenbank eingehen. Dieser Beschlussempfehlung können wir als AfD-Fraktion voll und ganz folgen. Wir halten die Einführung einer verpflichtenden Kita-Datenbank für ein zukunftweisendes Projekt, welches für mehr Transparenz und damit für eine bessere Vergleichbarkeit der einzelnen Träger der Kinderbetreuung sorgt. Das Projekt ermöglicht nicht nur eine bessere Planung der Kinderbetreuung, sondern kommt gerade auch den Eltern zugute, die für ihre Kinder die bestmögliche Betreuung suchen.

Wir halten es für besonders wichtig, dass verpflichtend aufgenommen wird, dass die pädagogischen Konzepte ausführlich vorgestellt werden, aber zusätzlich auch aufgenommen wird, wie viele Kinder von einer Fachkraft betreut werden. So kamen nach den Zahlen der Bertelsmann Stiftung im Jahr 2017 auf eine Fachkraft 3,7 ganztagsbetreute Krippenkinder und in den Kindergärten sogar 8,4 Kinder. Die Bertelsmann Stiftung sieht trotz der Fortschritte bei der pädagogischen Personalausstattung in Schleswig-Holstein weiter Ausbaubedarf. Auch dem schließen wir uns an.

Daher halten wir es im Interesse der Eltern für wichtig, dass die individuelle Personalsituation der jeweiligen Kitas aufgenommen wird, um auch in diesem Punkt eine Betrachtung der Vergleichbarkeit anstellen zu können. Natürlich muss nicht nur über die Höhe der Kosten der Hort- oder Kindergartenplätze ausführlich informiert werden, wichtig sind nach unserer Auffassung auch Informationen über die Höhe der Entgeltermäßigungen oder zum Sozialtarif für einkommensschwache Familien.

Es ist noch viel Gesprächsstoff da. Wir schließen uns dem gern an. - Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD - Anhaltende Unruhe)

Das Wort hat für die Abgeordneten des SSW der Abgeordnete Flemming Meyer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Viele Kinder verbringen den Großteil des Tages zu Hause oder im Auto auf dem Weg vom oder zum Kindergarten, sehr oft mit einem iPad oder einem Handy vor der Nase. Gleichgewichtssinn, räumliche Orientierung und kommunikative Fertigkeiten werden auf diese Weise kaum oder wenig trainiert, mit schlimmen Folgen für die Kleinsten: Einige werden überängstlich oder verschließen sich einer Gruppe, andere entwickeln Sprach- und Haltungsstörungen. Das sind natürlich nicht die besten Startbedingungen ins Leben.

Diese Entwicklungen haben übrigens nichts mit dem Bildungsstand oder dem Einkommen der Eltern zu tun, sondern lassen sich in allen Schichten unserer Gesellschaft finden. Entwicklungsdefizite sind nicht zwangsläufig die Folge von Vernachlässigung, sondern lassen sich oftmals mit anderen Faktoren erklären, wie zum Beispiel langen Arbeitstagen der Eltern. Darum ist es besonders wichtig, dass die Kinder diese Defizite in Kindergarten oder Krippe kompensieren können. In Naturkindergärten können die Kleinsten mit Hand und Nase ihre eigenen kognitiven Erfahrungen machen. Sie riechen und schmecken die Natur, machen ihr eigenes Spielzeug und lernen, aufeinander aufzupassen. Schleswig-Holstein ist für Naturkindergärten optimal.

Ich möchte jetzt keinen Rückblick anstellen, sondern ich möchte einfach die Gelegenheit nutzen, mich bei allen drei Ministerien und allen anderen für ihren Einsatz zu bedanken, der dazu geführt hat, dass wir unsere Naturkindergärten erhalten können.

Mehr als je zuvor ist es von zentraler Bedeutung, den Kindern das unmittelbare Erleben der Natur zu ermöglichen. Genau das passiert in Naturkindergärten. Die Kinder trainieren ihre Sinne nicht nur in der Turnhalle, sondern den ganzen Tag. Gut, dass das auch die nächsten Kindergenerationen erleben können.

Ob ein passender Naturkindergarten in der Nähe liegt, soll das Kita-Portal des Landes verraten.

(Claus Schaffer)

(Anhaltende Unruhe)

Herr Kollege, warten Sie bitte kurz. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es wäre sehr gut, wenn Sie Ihre Aufmerksamkeit dem Kollegen Flemming Meyer schenkten und nicht bilaterale Gespräche führten. Jetzt hat der Kollege Meyer das Wort. Wir hören ihm alle zu. Wer etwas Dringendes miteinander zu klären hat, kann das vielleicht auch an einer anderen Stelle tun.

Jo tak. - Das Kita-Portal ist ein Angebot für alle Eltern und soll das Finden freier Plätze ermöglichen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Kinder unter 3 Jahre alt, im Kindergarten- oder Schulalter sind. Das Portal umfasst Krippen-, Kita- und Hortplätze. Die Bedienung der Seite und die Anmeldung beziehungsweise Anfrage sind relativ einfach. Leider steht eine barrierefreie Variante noch nicht zur Verfügung. Das ist mindestens genauso ärgerlich wie die lückenhafte Datenlage. Weder ist die Liste der Einrichtungen komplett, noch sind die Informationen vollständig. Die Eltern müssen sich nach dem Besuch des Portals entweder selbst mit den Einrichtungen in Verbindung setzen oder weiter recherchieren. Eine Datenbank ist das Kita-Portal also nicht. Dazu fehlen zu viele Informationen.

Das führt dazu, den Eindruck einer Mangel- oder Notsituation zu verstärken. Die Eltern meinen auch in Städten, in denen es nicht so schwierig ist, einen Wunschplatz für den Sohn oder die Tochter zu bekommen, dass kaum ein Platz zu kriegen sei. Sie nehmen darum oftmals das erstbeste Angebot an, obwohl sie eigentlich lieber einem anderen pädagogischen Konzept den Vorzug gegeben hätten.

Sie tragen sich manchmal auch in mehrere Wartelisten ein. Das ist eine klassische Informationsproblematik, die einer sinnvollen Planung entgegensteht. Die neue Kita-Datenbank soll dagegen alle notwendigen Informationen anbieten, ausdrücklich auch das Sprachangebot der Kitas für Dänisch, Friesisch und Plattdeutsch.

Das Projekt kann aber nur gelingen, wenn wirklich alle Einrichtungen ihre Daten ins System einpflegen. Wer schon einmal ein Gastgeberverzeichnis in der Tourismusbranche angelegt hat, kennt die Probleme und Widerstände, wenn man solche Daten sammeln will. Viele Pensionen wollen sich nicht in die Karten gucken lassen. Genauso verhält es sich mit einigen Trägern, die sich durch eine Datenbank eingeschränkt fühlen. Die Datenbank ist aber kein

Eingriff in die Autonomie. Andere Träger wenden ein, dass die aktualisierte Meldung der Daten durchaus mit Mehrarbeit verbunden ist. Darum ist es wichtig, dass man entsprechende Bedenken ernst nimmt und alle Einrichtungen zum Mitmachen motiviert beziehungsweise irgendwann dazu verpflichtet. Dann steht einer Kita-Datenbank, die die Eltern gut unterstützt, nichts mehr im Wege. Das wäre für uns alle sehr gut. - Jo tak.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Ich stelle zunächst fest, dass der Berichtsantrag zu a), Drucksache 19/1164, durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat.

Wir kommen somit zur Abstimmung zu b), Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/1018. Ich lasse über den Antrag in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung abstimmen. Wer der Ausschussempfehlung folgen und so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sieht nach Einstimmigkeit aus. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Zeugnisse für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf

Antrag der Fraktion der SPD und der Abgeordneten des SSW Drucksache 19/1207

Notenzeugnisse für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf

Alternativantrag der Fraktion der AfD Drucksache 19/1256

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die SPDFraktion hat der Abgeordnete Kai Vogel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Im Juni 2018 ist eine Neufassung der Zeugnisverordnung in Kraft getreten. Bei der Anhörung, die das Ministerium durchgeführt hat, sind den Beteiligten offenbar wichtige Änderungen entgangen. Den betroffenen Schulen

(Flemming Meyer)

und den Verbänden ist mittlerweile aufgefallen, dass die neue Verordnung zu einer Stigmatisierung einzelner Schülerinnen und Schüler führen wird. Es geht um die neue Vorschrift, dass Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die gar nicht oder nicht in allen Fächern lehrplankonform unterrichtet werden, unabhängig von der Schulart obligatorisch ein Berichtszeugnis erhalten sollen und kein Notenzeugnis erhalten dürfen. Das heißt, dass die bisher vorgesehene Möglichkeit, Notenzeugnisse zu erteilen, gestrichen wurde.

Nun sind wir die Letzten, die grundsätzlich etwas gegen Berichtszeugnisse einzuwenden hätten - ganz im Gegenteil. Nicht grundlos haben wir in der letzten Legislaturperiode in der Grundschule die Berichtszeugnisse deutlich gestärkt. Notenzeugnisse können nur Momentaufnahmen des Leistungsstandes sein, der sehr von der Tagesform abhängt. Berichte hingegen schaffen viel mehr Möglichkeiten, die Stärken und die Schwächen, vor allem die Entwicklung der Schülerin oder des Schülers in einem Halbjahr zu dokumentieren. Damit machen sie den jungen Menschen, ihren Eltern, aber auch, wenn es sich um Abschlusszeugnisse handelt, denjenigen, die über einen Ausbildungsplatz zu entscheiden haben, deutlich, wo die Schwächen, aber vor allem, wo die Potenziale liegen.

Nun haben wir aktuell eine Bildungsministerin, die den Notenfetisch anbetet.

(Widerspruch CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Bei den Grundschulen hat sie die Notenzeugnisse ab der 3. Klasse wieder verpflichtend eingeführt, und auch sonst lässt Frau Prien keine Gelegenheit aus, das Hohelied der Beurteilung in Ziffern zu singen.

(Beifall SPD und SSW)

Das ist nicht unsere Auffassung, aber das kann man natürlich vertreten. Wenn man das aber tut, dann muss man auch konsequent sein. Denn ansonsten stigmatisieren Sie diejenigen, die als einzige anders behandelt werden.

(Beifall SPD und SSW)

Man legt die Axt an die Wurzel der Inklusion, wenn man durch eine Ungleichbehandlung der Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf dafür sorgt, dass sie eine im Verständnis der Bildungsministerin Beurteilung zweiter Güteklasse erhalten. Nicht SPD und SSW sind es, die den logischen Bruch begehen, wie das Bildungsministerium in seiner Pressemitteilung vom 6. Februar 2019 unterstellt. Nein, das Mi

nisterium bricht mit seiner eigenen Philosophie und nimmt ohne jede Not eine Ungleichbehandlung zwischen Schülerinnen und Schülern mit und ohne Förderbedarf vor.

Ich habe an vielen Schulabschlussveranstaltungen teilgenommen. Es machte mich immer stolz, wenn ich an meiner alten Schule die Schülerinnen und Schüler, auch die mit Förderbedarf, sah, die ihr Zeugnis in der Hand hielten. Gerade für Schülerinnen und Schüler mit Inklusionsbedarf ist es immens wichtig, dass sie sich gleich behandelt fühlen.

(Beifall SPD und SSW)

Klar, es gab immer Zeugnisse mit Sternchennoten, doch die Jugendlichen erhielten ein für sie gleiches Zeugnis wie alle anderen. Dies haben Sie den Schülerinnen und Schülern genommen, weil sie jetzt Berichte und die anderen Noten erhalten. Das stigmatisiert genau diejenigen, die wir stärken sollen.

(Beifall SPD und SSW)

Die Leidtragenden sind diese Schülerinnen und Schüler und damit der gesamte Grundsatz der Inklusion, der in Schleswig-Holstein schon viel weiter gediehen war als in den meisten anderen Bundesländern.

Die Koalition wird sicherlich nicht den Weg mitgehen, das Bewertungssystem unserer Schulen grundsätzlich zu verändern und das Berichtszeugnis, ergänzt durch Noten, zum normalen Weg zu machen, wie es nach unserer Überzeugung pädagogisch sinnvoll wäre. Ich hoffe aber, dass die Koalition unser Angebot annimmt, unseren Antrag in den Bildungsausschuss zu überweisen. Dort sollten wir eine kleine Anhörung mit zuständigen Verbänden und Einrichtungen durchführen, um zu erfahren, wie sie diese neue Regelung bewerten.

Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass es gelingen kann, im Interesse der Kinder und Jugendlichen mit Förderbedarf zu einer Regelung zu kommen, die niemanden ausgrenzt. Genau das nämlich verlangt die UN-Behindertenrechtskonvention, hinter der wir sicherlich alle stehen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.