Protocol of the Session on July 20, 2017

- Herr Kubicki, ich habe gedacht, dass Sie sich auf Ihrer Kreuzfahrt mehr erholt hätten und hier erholter erscheinen. Irgendwie scheint das nicht so richtig erfolgreich gewesen zu sein.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Lesen Sie mal die letzte Seite des Pressespiegels! Dann wissen Sie genau, was Fakt ist!)

- Ich habe im Gegensatz zu Ihnen mehr Redebeiträge geleistet und war nicht in der Lage, parallel den Pressespiegel zu lesen. Wenn Sie was sagen wollen, können Sie gern nach vorn kommen. Dann kann es das Hohe Haus zumindest auch mitnehmen.

Unsäglich ist die seit 1971 veränderte Quote der Erstattung von Planungskosten von 3 % vonseiten des Bundes, da die Planungen gerade wegen der begründenden Einwendungen zum Schutz von Mensch und Natur heute sehr viel umfangreicher sind als noch vor 20 Jahren.

Ich erwarte, dass sich die Länder im Bund dafür einsetzen. Wir sind uns mit dem SSW einig, dass wir Planungsverfahren und Planungsänderungsverfahren überarbeiten sollten. Nicht einig sind wir uns allerdings mit dem SSW in der Vorstellung, nach Abschluss der Beteiligung und Abwägung nur noch den Landtag beschließen zu lassen und damit Klagen von jedem einzelnen, von Bürgerinnen und Bürgern und den Vereinen und Verbänden nicht mehr zuzulassen, wenn der Planfeststellungsbeschluss und der Beschluss des Landtages vorliegen.

Die SPD-Fraktion war bei dem Beschluss zur festen Fehmarnbelt-Querung im dänischen Folketing anwesend. Ich gebe zu, das war schon sehr beeindruckend, wenn man dort mitbekommt, wie ein Parlament eine Klagewelle verhindern kann. Mein Anspruch von Demokratie ist es, sich nicht einer Mehrheit zu beugen, sondern zu versuchen, allen, aber auch allen, die sich an unserem Staat beteiligen, gerecht zu werden. Hätte es diesen Landtags

(Kai Vogel)

beschluss zur A 20 gegeben, wären Fledermäuse, Zwergschwäne, Seeadler und ganz, ganz viele Bürgerinteressen vermutlich auf der Strecke geblieben.

Können Sie dann bitte zum Ende Ihrer Rede kommen?

Wirklich nur noch einen Satz: Wir sind froh, dass dies nicht der Fall ist. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Andreas Tietze für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Vogt!

(Christopher Vogt [FDP]: Vogel!)

Ich will hier jetzt kein A-20-Pingpong machen, aber eines will ich doch sagen: Als wir im Ausschuss erfahren haben, dass die Planungen auf einigen Abschnitten tatsächlich eingestellt worden sind, sind mir doch die Gesichtszüge etwas entglitten, weil ich das noch nicht gehört hatte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielleicht hilft etwas Gelassenheit an dieser Stelle weiter. Ich will mit einem Zitat von Bert Brecht beginnen. Das kennen Sie vielleicht aus der „Ballade von der Unzulänglichkeit des menschlichen Planens“.

„Ja, mach nur einen Plan! Sei ein großes Licht! Und mach dann noch‘nen zweiten Plan. Geh‘n tun sie beide nicht.“

Das heißt, das Risiko von Plänen ist eben, dass man auch davon ausgehen muss, dass sie nicht funktionieren und dass sie verändert und immer wieder angepasst werden müssen. Das erleben wir nicht nur bei den Infrastrukturplanungen. Das erlebeben wir vielleicht auch bei persönlichen Planungen. Also, das Thema Planungssicherheit steht auf der Agenda. Aber ich bitte, das etwas nüchterner zu sehen.

Ich habe den Eindruck, dass wir das in der neuen Koalition mit einem neuen Realismus und einer wirklich großen Transparenz diskutiert haben. Das haben Sie auch im Koalitionsvertrag gelesen. Darin

steht nichts, was in den nächsten fünf Jahren nicht realistisch angepackt werden kann. Dass es Schwierigkeiten gibt, war vielen, die da verhandelt haben, bekannt. Aber es ist Aufgabe von Politik, Probleme zu lösen und nicht Teil des Problems zu sein, sondern ein Teil von Lösungen zu sein. Deshalb ist das, glaube ich, der zentrale Punkt.

Die Infrastruktur ist auch uns Grünen wichtig. Sie ist Motor der Wirtschaft, sie ist Motor für Gesellschaft. Deshalb ist gerade der Erhalt der Infrastruktur ein zentrales politisches Anliegen. Wir alle wissen, die Infrastruktur ist nicht nur auf der Straße, sondern auch auf der Schiene und beim Breitbandausbau nicht so vorangegangen, wie wir es uns erhofft haben und wie es einem so leistungsfähigen Land wie Schleswig-Holstein gebührt. Die Wirtschaft hat uns zu Recht daran erinnert. Wir haben jetzt vor, zu liefern, und seien Sie sicher, wir werden das tun und das übrigens auch nicht seit gestern.

Ich erinnere daran, dass mein Kollege Robert Habeck vorgemacht hat, wie es gehen kann. Erinnern Sie sich an die große Energiewende, die Debatte um die Stromleitung. Es ist Herrn Habeck gelungen, auch und gerade, weil er in Kiel eine andere Politik gemacht hat, weil er den Leuten zugehört hat, weil er dort einmal einen Haken geschlagen hat und auf die Interessen von Bewohnerinnen und Bewohnern, von Bürgerinnen und Bürgern, eingegangen ist. Er hat es zum Erfolg geführt. Diese Stromleitung ist fertig. Sie ist am Netz. Der Windstrom kann wieder fließen, und deshalb will ich einmal sagen, man kann Infrastruktur auch zeitgerecht planen.

Ich glaube, lieber Herr Minister Dr. Buchholz, dass Sie genau in diesem Stil, den Sie angekündigt haben, weiterfahren, dass Sie gerade beim Straßenbau auf die Naturschutzverbände zugehen wollen, dass Sie den offenen Dialog suchen und dass Sie genau wissen, dass es eben nur gemeinsam vorangeht. Das ist ein richtiger Ansatz. Den werden wir nach Kräften unterstützen, damit er auch in Schleswig-Holstein gelingen kann.

Wir Grüne legen großen Wert auf gute Infrastruktur. Wir sind eben keine Infrastrukturverweigerer.

(Vereinzelter Beifall CDU und Beifall Wolf- gang Kubicki [FDP])

Wie gesagt, bei der Planung ist vielfach nach dem Motto vorgegangen worden: Mach die Tür zu, ich komme durch die Wand. Viele Planungen haben deshalb dazu geführt, dass die Leute gesagt haben: Dann klage ich eben!

(Kai Vogel)

Ich will für meine Fraktion noch einmal festhalten: Das Verbandsklagerecht steht für uns nicht zur Disposition.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer, wenn nicht die Verbände, soll die Interessen wahrnehmen können? Ich glaube, dass wir jetzt tatsächlich eine kluge Klagevermeidungsstrategie brauchen, Herr Minister. Ich will vielleicht einige Punkte nennen, die mir und meiner Fraktion dabei wichtig sind: erstens - ich glaube, das ist der springende Punkt - Respekt füreinander und für die Positionen, die man dort vertritt. Es geht darum, dass die Diskussionen, die dann stattfinden, auf Augenhöhe stattfinden, dass es einen transparenten Datenaustausch gibt, keine Fake News, dass man sich offen und ehrlich auch über die möglichen rechtlichen Folgen unterhält. Da haben Sie schon gezeigt, Herr Minister, dass Sie die rechtlichen Perspektiven sehr gut im Blick haben, weil Sie als Jurist wissen, wovon Sie reden, wenn Sie gerade über solche rechtlichen Verfahren sprechen. Das finde ich sehr wohltuend.

Zweitens. Es gibt einen Ausgleich der Interessen als Ansatz zur Konfliktlösung. Auch da müssen wir das Rad nicht neu erfinden. Da gibt es eingeführte Verfahren wie eine Mediation. Diese ist, Herr Kollege Vogel, von Ihnen so abschlägig beurteilt worden. Machen Sie das mal nicht. Das hält eigentlich auf. Wissen Sie, eine vernünftige Mediation kann dazu führen, dass es eine Streitvermeidung gibt, dass eben nicht bis in alle Ewigkeit geklagt wird, sondern dass die Leute zufrieden sind, da Sie vorher das Gefühl haben, in ihren Interessen gehört worden zu sein. Das ist ein sehr konstruktiver Ansatz, und ich denke, wir sollten ihn unterstützen und in diesem Haus nicht diskreditieren.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Wolfgang Kubicki [FDP])

Drittens. Es geht Fachlichkeit vor Populismus. Das hatte ich schon gesagt. Es hilft, in die Rechtsvorschriften zu schauen und die gesetzlichen Grundlagen zu kennen.

Mir hat Bärbel Höhn einmal gesagt: Planungsrecht ist Königsrecht. Wer das versteht, der kann in diesem Land wirklich auch gestalten. - Deshalb hat es in grüner Hinsicht immer wieder auch Punkte gegeben, wo wir, weil wir gerade das Planungsrecht kennen, bestimmte Entscheidungen so getroffen haben, wie wir sie getroffen haben.

Herr Kollege, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.

Ja. - Ich möchte noch den letzten Punkt ansprechen, und zwar die Verkürzung der Instanzenwege. Auch das ist etwas, über das wir reden können. Ich bin sowieso der Auffassung, dass, wenn künftig alles an den Bund geht, wenn der Bund die großen Infrastrukturplanungen vornimmt, es eh nur noch eine Instanz, und zwar das Verwaltungsgericht in Leipzig, gibt. Deshalb gehe ich davon aus, dass wir bei diesen Infrastrukturplanungen schneller zum Ziel kommen. Das ist in unser aller Sinne. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Vielen Dank. - Für die FDP-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Christopher Vogt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat sich in den vergangenen Jahren in der Tat sehr häufig zu den Themen „Planungsrecht und Planungskapazitäten“ zu Wort gemeldet.

Herr Kollege Vogel, ich bin wirklich begeistert, welche Erwartungshaltung Sie an die FDP haben. Seit wenigen Wochen stellen wir den Verkehrsminister. Ich meine, es ist das erste Mal seit 1971. Das, was Sie in den vergangenen Jahrzehnten nicht geschafft haben, erwarten Sie jetzt von uns in kürzester Zeit. Das finde ich gut. Glauben Sie mir, wir werden da etwas voranbringen. Insofern finde ich es schön, dass der SSW diesen Antrag gestellt hat. Er enthält interessante Punkte. Der SSW scheint ja nach fünf Jahren Koalition geradezu befreit zu sein und sich gerade in der Wirtschafts- und Verkehrspolitik einzubringen.

(Beifall Lars Harms [SSW])

Der Kollege Kilian hatte es als „Nachspielzeit der Regierungszeit des SSW“ bezeichnet. Ich würde sagen, es ist eher ein bisschen Nachsitzen.

(Heiterkeit FDP)

Ich finde, es tut dem SSW gut, dass er in den Reihen der Koalitionsbänke sitzt. Man merkt, es geht voran.

(Dr. Andreas Tietze)

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Lars Harms [SSW])

Der Kollege Lars Harms hat gestern schon darauf verwiesen, dass man sich in Dänemark selbstverständlich an europäisches Recht halte, aber bessere Verfahren habe. Ich reagiere manchmal etwas allergisch darauf, was wir alles aus Dänemark übernehmen sollen. Der SSW schlägt das eigentlich in allen Politikbereichen vor und meint, wir sollten alles so machen wie in Dänemark.

(Zurufe SSW)

Während unseres Austausches mit den Kollegen im dänischen Folketing, dem dänischen Parlament, haben wir denen das deutsche Planfeststellungsverfahren erklärt. Sie schauten uns mitleidig an und sagten: Jetzt verstehen wir, warum bei euch nichts funktioniert. Wir machen das anders. - In der Tat, ich denke, Dänemark ist bei der Infrastrukturplanung für uns ein Vorbild. Daran sollte man sich bundesweit orientieren.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir haben in Deutschland ein sehr kompliziertes, wenn nicht sogar ein zu kompliziertes Planungsrecht. Hierzu gibt es sehr viel Gesetzgebung, wie es in Deutschland immer so üblich ist. Wir haben aber auch immer mehr Rechtsprechung hierzu, die das Ganze jedoch nicht leichter macht. Das kennen wir in Schleswig-Holstein zur Genüge. Minister Meyer hat in der Tat in der vergangenen Wahlperiode gleich zu Beginn und dann immer wieder in großen Interviews angekündigt, er werde einen bundesweiten Vorschlag für ein Verkehrswegebeschleunigungsgesetz unterbreiten. Wir hatten, Herr Kollege Vogel, beantragt, dass das der Landtag dann auch so beschließen möge. Das ist leider nicht geschehen, weil Sie nicht der Meinung waren, dass man dem Vorschlag des Ministers Meyer folgen sollte.