Protocol of the Session on January 24, 2019

Ich bitte CDU und FDP, noch einmal in sich zu gehen und sich von dem Schreckgespenst loszulösen, sich einmal umzudrehen und mit uns gemeinsam in der Anhörung zu gucken, ob wir nicht zu einer Lösung kommen für die Bediensteten in unserem Land.

Kollege Kalinka, ganz ehrlich: Ihr Eingangssatz war, jedes System enthält Ungerechtigkeit, damit muss man halt leben. Mein Verständnis von Politik ist das nicht. Wenn ich die Ungerechtigkeiten erkenne, dann mache ich mich daran, sie zu beseitigen.

(Beifall SPD und SSW)

Wenn die Beschäftigten mich ansprechen, mit mir reden und sagen, sie finden es ungerecht, dann nehme ich das auf und bringe es hier ein. Ich habe schon 2017 gesagt, dass ich den Vorstoß aus Hamburg gut finde. Da ist der Gesetzgebungsprozess jetzt durchlaufen. Von daher haben wir jetzt ein Modell, auf das wir gucken können.

Sie haben selbst gesagt, 2019 will die Regierung den großen Wurf im öffentlichen Dienst machen, das große Öffentlichen-Dienst-Attraktivitätssteigerungs-, besoldungs-, verbesserungs- oder was auch immer -gesetz. Wie auch immer es heißen wird, nehmen Sie das mit hinein. Gucken Sie sich zusam

(Claus Schaffer)

men an, was Sie da anbieten. Vielleicht kommen wir dann einmal weg von der Politik der kleinen Schritte für den öffentlichen Dienst, und es gibt einmal etwas richtig Positives für den öffentlichen Dienst in diesem Land. Dem ist die Jamaika-Koalition bisher noch so richtig etwas schuldig geblieben.

Frau Kollegin, bitte entschuldigen Sie. Bevor Sie das Rednerpult verlassen, wollte ich fragen, ob Sie eine Zwischenbemerkung oder eine Frage der Kollegin Krämer gestatten.

Sehr gern.

Ich hatte während meines Redebeitrags das Gefühl, dass Sie nicht ganz einverstanden waren mit meinem Verdacht, den Einstieg in eine Einheitsversicherung zu wollen. Könnten Sie mir dies gegebenenfalls erklären? Ich darf zitieren aus der Rede aus der Dezember-Tagung zu diesem Thema: Das ist auch ein erster wichtiger Schritt hin zu einer gerechten und solidarischen Bürgerversicherung. Was war damit gemeint?

- Sehr geehrte Frau Kollegin Krämer, ich mache keinen Hehl daraus: Ich bin eine Sozialdemokratin, und meine Vorstellung von einem Gesundheitssystem ist anders als das Gesundheitssystem, das wir jetzt haben. Das ist ganz klar.

(Beifall SPD und SSW)

Ich wünsche mir ein Gesundheitssystem mit einer Versicherung für alle, das ist so. Da beißt die Maus keinen Faden ab.

Fakt aber ist, die Beamtinnen und Beamten haben bei dem von Ihnen viel gelobten System der Wahlmöglichkeiten derzeit keine Wahlmöglichkeiten, und mit dem, was wir hier vorlegen, wollen wir das zumindest ermöglichen.

Ich glaube, es war der Kollege Kalinka, der oft gesagt hat, wir sollten einmal die Beschäftigten oder die Bediensteten oder die Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer befragen. Ich weiß zumindest den DGB auf meiner Seite in dieser Frage. Wir werden im Rahmen der Anhörung hören, was die Bediensteten dazu zu sagen haben.

(Zuruf Lukas Kilian [CDU])

- Herr Kilian, Sie haben heute Morgen sehr deutlich gemacht, was Sie vom DGB halten. Diese Haltung

teile ich ausdrücklich nicht. Wie Sie hier über den DGB und die Arbeitnehmervertreter geredet haben, fand ich schon an der Grenze des Zulässigen.

(Beifall SPD und SSW - Zuruf Lukas Kilian [CDU])

- Das klären Sie mal selber mit dem DGB. Ich fand, das, was Sie hier gemacht haben, ging gar nicht.

(Lukas Kilian [CDU]: Was hat das mit dem Gesetz zu tun?)

- Wir haben über den DGB und die Arbeitnehmerinnen- und Arbeiternehmervertreter geredet.

Ein Punkt noch zu den Kosten: Es ist darauf hingewiesen worden, dass die Kosten noch nicht klar sind und dass wir in die Solidargemeinschaft der GKV verlagern wollen. Dazu sage ich nur: Das ist doch eine Milchmädchenrechnung. Der Kollege Harms hat vorgerechnet, was wir alles aufwenden und was wir in den letzten Jahren alles in das System gesteckt haben, damit es besser läuft. Das zahlen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Das ist die größte Solidargemeinschaft, die wir in diesem Land haben. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und SSW)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat der Kollege Kalinka aus der CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin, ein bisschen weniger Aufgeregtheit bei dem Thema tut es auch.

(Beate Raudies [SPD]: Dann kennen Sie mich nicht aufgeregt! - Weitere Zurufe - Hei- terkeit)

- Es ist doch schön, dass man gar kein Wort sagt und alle sind im Sturm. Das schafft hier auch nicht jeder.

(Beifall CDU, FDP, SSW und Volker Schnurrbusch [AfD])

Im Kern geht es doch darum: Wir sind der Auffassung, dass sich das System, das wir bisher haben, bewährt hat, dass es getragen wird und dass es okay ist. Sie sehen das offensichtlich anders. Ich habe nicht mehr sagen wollen, als dass es, wenn man sich am Anfang eines jungen Lebens endgültig entscheiden soll, bei jedem Weg später einen möglichen Nachteil gibt, den man nicht gesehen hat. Nicht mehr und nicht weniger. Ich könnte Ihnen vieles dazu sagen. Es kann eine neue Situation ge

(Beate Raudies)

ben, Krankheitsfälle und so weiter. Ich habe nicht mehr sagen wollen als diesen Punkt.

(Beate Raudies [SPD]: Dann bin ich beru- higt!)

Herr Kollege Kalinka, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Stegner?

Aber selbstverständlich.

Lieber Herr Kollege Kalinka, verstehe ich das richtig, dass Sie und auch die Frau Kollegin Krämer sich mehr am Wahlspruch der CDU von 1957 orientieren, nämlich keine Experimente, als dass Sie den Beamten zu viel Freiheit geben wollen, selbst zu entscheiden, was sie richtig finden? Habe ich das richtig verstanden?

- Nein, Herr Kollege Stegner, das sehen Sie falsch. Das waren die Zeiten, in denen mit der sozialen Marktwirtschaft und einem System, das allen Menschen Wohlstand und Fortschritt gebracht hat, Sozialgeschichte gemacht wurde.

(Beifall CDU, FDP und Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [fraktionslos])

Das war die Zeit, in der die Kräfte, die Deutschland aufgebaut haben, wirklich etwas geschaffen haben. Wenn ich mir vorstelle,

(Zuruf Serpil Midyatli [SPD])

dass eine solche Geschichte, die wir jetzt gehört haben, schon als Sozialgeschichte tituliert wird, muss ich sagen, etwas mehr Maßstab wäre besser.

(Beifall CDU und FDP)

Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Stegner?

Das kann gern so weitergehen. Bitte, Herr Kollege.

Das habe ich mir fast gedacht.

(Heiterkeit)

Sie hatten das Pech, mit einem Historiker zu reden. Wenn Sie solch gewagte Vergleiche anstellen, würde ich Sie gern darauf aufmerksam machen, dass die Sozialversicherung zu Bismarcks Zeiten eingeführt wurde,

und zwar gegen die gefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie. Die sind damals verboten worden. Deshalb hat man das gemacht. Es lag also nicht daran, dass die Konzepte schlecht gewesen wären, sondern dass andere der Meinung waren, bevor wir es den Sozialdemokraten überlassen, das durchzusetzen, was sie richtig finden, machen wir es in eingeschränkter Form. Das war die geschichtliche Situation, Herr Kollege Kalinka.

- Herr Kollege, ich werde einem Historiker nichts sagen können, was anders war. Aber ich glaube, wir sind uns beide darüber einig, dass sich manches zu dem Thema seit der Zeit von Bismarck geändert hat.

- Sogar seit 1957.

(Lachen und Beifall CDU)