Protocol of the Session on December 12, 2018

Ein allgemein verbindlicher Tarifvertrag könnte sich am Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes für die Pflege, dem TVöD-P, mit seinem durchaus attraktiven Vergütungsmodell orientieren. Der Alternativantrag der SPD geht hier tatsächlich schon in die richtige Richtung, greift aber nach unserer Auffassung immer noch zu kurz. Wir sehen hier tatsächlich eher den Bund in der Pflicht.

(Unruhe)

Herr Kollege Schaffer, warten Sie bitte kurz. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ganz egal ob auf den Abgeordnetenreihen oder auf der Regierungsbank, Herr Kollege Buchholz, es wäre nett, wenn Sie Ihre Gespräche einstellen könnten und dem Redner hier vorn zuhören würden.

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, ein solcher Tarifvertrag wäre dann tatsächlich ein echter Mehrwert für die Beschäftigten in der Pflegebranche und würde die Pflegeberufe auch langfristig attraktiv machen. Die Pflegeberufe können dann in Konkurrenz mit anderen Berufen tatsächlich bestehen. Ein weiterer Grundstein zur Verbesserung der Nachwuchsgewinnung wäre gelegt.

(Dennys Bornhöft)

Erste Schritte sind also gemacht. Es sind Schritte, die wir von der AfD-Fraktion gern mitgehen, aber es müssen noch viele weitere Schritte folgen, um der Pflege die ihr zustehende Wertschätzung zukommen zu lassen. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Das Wort hat für die Abgeordneten des SSW der Abgeordnete Flemming Meyer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich will nicht so weit gehen zu behaupten, dass wir uns bei Pflegefragen im Kreis drehen. Bei den Stichworten „Imagekampagne“ oder „Attraktivitätssteigerung“ kann man schon fast auf diese Idee kommen. Aber das täuscht natürlich; denn wir bohren hier verdammt dicke Bretter. Es macht allerdings auch deutlich, dass wir gemeinsam noch entschlossener handeln müssen. Wir wissen, dass die Versorgungslage im Pflegebereich längt nicht überall im Land die Gleiche ist. In manchen Regionen droht tatsächlich ein gravierender Mangel an Fachkräften. Damit ist völlig klar, dass wir dringend mehr Menschen brauchen, die sich in der Altenpflege engagieren. Dieses Ziel erreichen wir nur, indem wir den Beruf deutlich attraktiver machen

Wenn wir ehrlich sind, dann liegen große Teile der Lösung längst auf dem Tisch. Aber wenn wir heute wieder über bessere Bezahlung, weniger Arbeitsverdichtung, flexiblere Rahmenbedingungen und über eine verbesserte Vereinbarkeit von Pflegeberuf und Familie reden, muss eins klar: Reden allein reicht nicht. Wir brauchen weitere Initiativen. Auch wenn wir auf dem richtigen Weg sind, steht weder bei Berufsanfängern noch bei Umschülern der Pflegeberuf besonders hoch im Kurs. Hier ist bis heute noch keine Trendwende erkennbar.

Sehr wahrscheinlich wird auch durch die Zusammenführung der Pflegeausbildungen nicht schlagartig alles besser. Nicht nur die Ursachen für die Probleme im Pflegebereich sind vielschichtig, sondern auch die Lösungsansätze. Wir brauchen also einen sehr langen Atem. Aber der Schritt in die Richtung einer generalistischen Ausbildung ist und bleibt sinnvoll. Es gibt nun mal erhebliche Aufgabenüberschneidungen zwischen den einzelnen Pflegeberufen. Diese Reform sichert die Qualität und erhöht gleichzeitig die Durchlässigkeit zwischen den Berufsfeldern. Wir erwarten deshalb, dass sich dieser Schritt über kurz oder lang auch positiv auf die Ar

beitssituation der professionell Pflegenden auswirkt.

Natürlich brauchen wir vor allem deutlich mehr Menschen, die sich für den Pflegeberuf interessieren und diesen Beruf dann auch lange ausüben. Aber wir brauchen auch eine Pflege von unverändert hoher Qualität. Zu beidem kann das Pflegeberufgesetz einen Beitrag leisten; denn trotz der gemeinsamen Ausbildung der Kranken-, Alten- und Kinderkrankenpflege wird nicht auf Praxisbezug und Spezialisierung verzichtet. Nach unserem Verständnis ist zumindest nicht geplant, eine „Pflegeausbildung light“ zu schaffen. Es soll auch und gerade in die Ausbildungsqualität investiert werden. Genau das ist aus meiner Sicht gut angelegtes Geld; denn hiervon profitieren Pflegebedürftige und Pflegekräfte gleichermaßen. Wer gut gerüstet in seinen Beruf startet, hat noch dazu eine eindeutig höhere Arbeitszufriedenheit und bleibt länger in seinem Job. Deshalb ist die Qualität der Ausbildung so immens wichtig.

Oft kommen Überlegungen und Abwägungen in der Pflegepolitik eher theoretisch daher. Gerade deshalb ist mir ein Punkt besonders wichtig: Im Alltag wird zwischen den Menschen, die auf Pflege angewiesen, und den Menschen, die beruflich pflegen, unheimlich wichtige Arbeit geleistet.

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt CDU)

Völlig unabhängig davon, ob es um die Arbeit mit Kindern, kranken oder alten Menschen geht, in allen Bereichen fördern die Pflegekräfte die Selbstständigkeit und das Wohlbefinden der Pflegebedürftigen. Ihr Einsatz bedeutet also ganz konkret ein Plus an Lebensqualität für die Betroffenen, und zwar jeden Tag aufs Neue. Diesen Wert der Pflegetätigkeit sollten wir uns alle immer wieder bewusst machen. Deshalb darf und muss uns diese Arbeit noch deutlich mehr wert sein.

Das bedeutet vor allem eins: Wir sollten auch dazu bereit sein, über neue Finanzierungsstrukturen, zum Beispiel in der Altenpflege, nachzudenken; denn mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen führen notwendigerweise zu höheren Preisen für die Pflegeleistungen. Wir wollen nicht, dass diese Preissteigerungen zulasten der pflegebedürftigen Menschen oder ihrer Angehörigen gehen. Ohne neue Finanzierungsstrukturen wird das wahrscheinlich nicht funktionieren. - Jo tak.

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

(Claus Schaffer)

Vielen Dank, Herr Kollege. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen nun zur Abstimmung zu a), dem Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 19/1003. Ich lasse über den Gesetzentwurf der Landesregierung in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sieht nach Einstimmigkeit aus. Dann ist der Gesetzentwurf so beschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung zu b): Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/1102, und Alternativantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/1132. Es ist beantragt worden, über die Anträge in der Sache abzustimmen. Ich lasse zunächst über den Alternativantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/1132, abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dann ist dieser Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und AfD sowie der Abgeordneten von Sayn-Wittgenstein gegen die Stimmen der Fraktion der SPD und der Abgeordneten des SSW abgelehnt.

Ich lasse nun abstimmen über den Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/1102. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dann ist dieser Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, der Abgeordneten des SSW und der AfD-Fraktion sowie der Abgeordneten von Sayn-Wittgenstein bei Stimmenthaltung der SPD-Fraktion so angenommen.

Wir kommen dann zur Abstimmung zu c), dem Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/437, und dem Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/479. Im Einvernehmen mit der antragstellenden Fraktion der SPD empfiehlt der Sozialausschuss dem Landtag, den Antrag Drucksache 19/437 für erledigt zu erklären. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig der Fall.

Weiterhin empfiehlt der Sozialausschuss dem Landtag einstimmig den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/479, mit dem Titel „Gesundheitsfachberufe fördern“ in der vom Ausschuss empfoh

lenen Fassung zur Annahme. Wer dem so folgen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Auch das sieht nach Einstimmigkeit aus. Dann ist das so beschlossen.

Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, begrüßen Sie mit mir ganz herzlich Neumitglieder der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf der Besuchertribüne. - Herzlich willkommen hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 13 auf:

Ausbildungssituation beim Land Schleswig-Holstein

Große Anfrage der Fraktion der SPD Drucksache 19/736

Antwort der Landesregierung Drucksache 19/1007

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Zur Beantwortung der Großen Anfrage erteile ich dem Ministerpräsidenten Daniel Günther das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst danke ich ganz herzlich meinen Kolleginnen und Kollegen in der Staatskanzlei für diese umfassende Bestandsaufnahme. Dank ihrer akribischen Arbeit haben wir eine fundierte Analyse vorlegen können, die zunächst nur einen Schluss zulässt: Das Land ist ein vielfältiger und durchaus attraktiver Ausbilder. Wir behaupten uns im Wettbewerb um die Nachwuchskräfte.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das hat mehrere Gründe, und es gibt auch mehrere Mütter und Väter des Erfolgs. Bereits die Vorgängerregierung hat eine Nachwuchskräftekampagne gestartet, die jetzt Früchte trägt. Diese Kampagne ist bei einem bundesweiten Wettbewerb vor Kurzem auf das Siegertreppchen gelangt. Andere Länder fragen inzwischen bei uns Details zu dieser Kampagne ab. Vor allem hat sie das Land bei den jungen Leuten in Schleswig-Holstein bekannter gemacht. Wir werden als Ausbilder und Arbeitgeber besser wahrgenommen.

Diese Kampagne werden wir weiter ausbauen. Wir gehen neue Wege im Personalmarketing und haben dieses auch organisatorisch auf eigene Füße gestellt. Wir setzen in der Ansprache der jungen Men

schen auf die sozialen Medien. Wir wollen uns zeigen bei Instagram und YouTube, und wir wollen mit Instawalk digitale Besuche ermöglichen und einen künftigen Arbeitsplatz anbieten; denn wir müssen in Zukunft noch bekannter machen, welche Vorzüge das Land als Arbeitgeber auszeichnen.

Man könnte auch sagen: Attraktiv sind wir bereits. Jetzt müssen es auch alle anderen merken. Daran arbeiten wir. Die erfreulichen Erkenntnisse aus der Großen Anfrage der SPD-Fraktion sind aus meiner Sicht: Wir bilden mehr aus - in über 30 verschiedenen Ausbildungsberufen. Wir übernehmen die allermeisten im Anschluss. Wir beobachten bei Menschen mit Migrationshintergrund einen ansteigenden Trend, und wir haben - verglichen mit anderen Ausbildungsberufen - eine beeindruckend niedrige Abbrecherquote. Der Landtag, die Vorgängerregierung und diese Landesregierung haben den öffentlichen Dienst in den vergangenen Jahren attraktiver gemacht. Dank einer Reihe von Maßnahmen gehen wir heute mit attraktiveren Rahmenbedingungen auf Nachwuchssuche.

Wir bezahlen die Einstiegsämter besser. Wir sind führend bei den flexiblen Arbeitsformen und sorgen dafür, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf kein leeres Versprechen ist. Aber - diese Schlussfolgerung ist mir genauso wichtig - wir ruhen uns nicht auf aktuellen Erfolgen aus. Der Wettbewerb um die klügsten Köpfe bleibt. Deshalb müssen wir noch besser werden.

Gerade bei den technischen Berufen ist der Wettbewerb hart, und wir haben dort nicht immer die besten Angebote für potenzielle Bewerber. Zugleich ist der Bedarf des Landes nirgends dringender als etwa bei Bauingenieuren, Vermessungstechnikern, Umwelttechnikern und anderen. Deshalb legt die Landesregierung auch einen weiteren Schwerpunkt auf die technischen Berufe. Dort wollen wir die Attraktivität erhöhen. Hier wollen wir stärker und erfolgreicher um Nachwuchs werben. Dass wir einen Studiengang für Bauingenieure eingerichtet haben, ist ein erster wichtiger Meilenstein gewesen. Jetzt wollen wir im Haushalt 2019 5 Millionen € einstellen. Wir haben fünf Handlungsfelder identifiziert, in denen wir damit die Attraktivität steigern wollen.

Erstens. Wir werden in der Nachwuchswerbung die technischen Berufe beim Land bekannter machen. Wir werden die vielen beruflichen Möglichkeiten zeigen und mit einem möglicherweise angestaubten Image aufräumen.

Zweitens. Unsere Stärke ist Jobsicherheit. Wir werden daher stärker auf Angebote zur Verbeamtung setzen, und wir wollen Einstiege im ersten Beförderungsamt ermöglichen; denn klar ist: In vielen Bereichen zahlen Private besser. Diese Lücke können wir jedoch verringern.

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD])

Drittens. Wir werden gezielt Spielräume im Tarifvertrag der Länder nutzen und Zuschläge prüfen.

(Zuruf SPD)

Viertens werden wir aktiv Fachkräfte anwerben und bessere Einstiegsangebote machen müssen. Das heißt: Wir müssen uns bezahlte Praktika für Bauingenieure, besondere Ausbildungsvereinbarungen und Stipendien leisten. Wir werden direkt an die Fachhochschulen gehen und uns dort als Arbeitgeber mit allen Vorteilen präsentieren: Jobsicherheit, Familienfreundlichkeit, vielfältiges Aufgabenspektrum.

Fünftens werden wir einen Perspektivwechsel vornehmen. Bewerbungsverfahren werden wir aus dem Blickwinkel des Arbeitnehmers überprüfen und verbessern. Wir wollen unser Außenbild und unser Image optimieren. Das Bewerbungsverfahren ist die Visitenkarte für den Arbeitgeber Land.

(Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Meine Damen und Herren, das Kabinett hat dazu ein Konzept beschlossen, in dem alle diese Punkte zur Attraktivitätssteigerung der technischen Berufe in der Landesverwaltung ausgeführt werden. Denn für uns steht fest: Heute als Arbeitgeber attraktiv zu sein - das ist für die Zukunft zu wenig. Die Ergebnisse der Großen Anfrage sind erfreulich, doch sie sind für uns auch Auftrag zum Weitermachen und zum Besserwerden. Wer das Land erfolgreich verwalten und gestalten will, der muss beim Ringen um die besten Nachwuchskräfte erfolgreich bleiben. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Jette Waldinger-Thiering [SSW])