leginnen und Kollegen! Auch ich bedanke mich zunächst für den Bericht und darf an meine beiden Vorrednerinnen und -redner anknüpfen, die deutlich darauf hingewiesen haben, dass wir es wieder mit einer Situation zu tun haben, auf die man von zwei Seiten schauen kann. Zum einen können wir sagen, dass es ein Erfolg für den Natur- und Artenschutz ist, dass wir wieder über mehr und zahlreiche Gänse und tatsächlich vor allem diejenigen Gänse verfügen, die unter besonderer Bedrohung standen. Das ist zur Freude nicht nur der Naturliebhaberinnen und Naturliebhaber und des Artenschutzes zu vermelden, sondern das kann man auch für den Tourismus sagen. Die Ringelgänse sind eben nicht genannt worden. Deswegen möchte ich sie hier gern erwähnen. Wir alle wissen, dass auf der Biosphäre Halligen mit den Ringelgans-Tagen geworben wird. Dafür kommen jede Menge Menschen in die Region. Davon profitieren der Tourismus und die Menschen vor Ort.
Auf der anderen Seite haben wir eine riesige Herausforderung für die Landwirtschaft. Klaus Jensen hat in diesem Zusammenhang zu Recht den Wolf erwähnt. Wir haben es mit zwei Situationen zu tun, die nicht statisch sind. Wir haben auf der einen Seite im Artenschutz eine Entwicklung, die, betrachtet man sie vom Artenschutz her, durchaus erfolgreich ist und auf die wir alle stolz sein können. Das sollten wir auch gemeinsam sagen. Auf der anderen Seite bedeutet das eine Herausforderung für alle diejenigen, die Land nutzen, sowohl für die Tierhalter, was den Wolf betrifft, als auch für die Schäferinnen und Schäfer, was die Gänse betrifft. Da das nicht statisch ist und die Situation uns in jedem Jahr neue Herausforderungen bringt, müssen wir dieses Management immer wieder entwickeln und anpassen, damit wir für beide Seiten gute Lösungen finden.
Wir Grüne haben uns immer dafür ausgesprochen, die Landwirte zu unterstützen. Wir wollen auch weiterhin passgenaue Angebote machen. Der Vertragsnaturschutz war aus unserer Sicht bislang das Mittel der Wahl. Vergrämungen sind angesprochen worden. Wir wissen, dass sie weitgehend wirkungslos sind, weil die Gänse auffliegen und sie, wenn sie herunterkommen, noch hungriger sind. Wir kennen das alle aus der Situation, wenn wir einmal im Fitnessstudio waren und dann noch mehr zu uns nehmen. Die Gänse verursachen dann noch mehr Fraßschäden. Insofern glaube ich, Vergrämungen sind nicht das Mittel der Wahl. Es werden auch die
Tiere aufgeschreckt, die ihre Population nicht in großer Zahl gestärkt haben. Wir müssen auch darauf achten und sagen, dass wir nicht nur über Grauund Nonnengänse sprechen, über die wir uns im Moment artenschutzrechtlich keine so großen Sorgen machen müssen, sondern dass wir auch eine ganze Menge Gänse haben, die in ihrem Bestand nach wie vor bedroht sind.
Der Druck ist also entsprechend hoch. Der Druck ist - das betone ich - sowohl für die Landwirtschaft als auch für den Artenschutz hoch, zu Lösungen zu kommen, die sich möglicherweise immer wieder verändern, die aber rechtskonform sein müssen.
Es ist darauf hingewiesen worden, dass wir einen hohen Status im Artenschutzrecht haben. Es ist auch darauf hingewiesen worden, dass Forderungen nach Entschädigungszahlungen nach dem geltenden Recht nicht möglich sind. Darüber können wir nicht hinwegsehen. Deshalb ist es gut, wenn geguckt wird, ob wir das ändern können. Ich habe gerade gesagt: Es sollen passgenaue Angebote sein. Wir sollten gemeinsam über diese Angebote nachdenken.
Mir ist wichtig zu betonen - Frau Redmann hat es eben auch angesprochen -, dass wir hier 2016 einen gemeinsamen Antrag formuliert haben, der sagt: Wir wollen die Gänsefraßschäden gezielter erfassen, wir wollen sie monetär bewerten, damit wir eine Datengrundlage haben, und wir wollen gucken, wo sich die Gänse wann aufhalten und wie sich ihr Bewegungsmuster verändert, sodass wir zu passgenaueren Lösungen kommen können. Wir haben uns gemeinsam darauf verständigt, dass die Landesregierung ein Handlungskonzept entwickeln soll, in dem es um Duldungsbereiche und Flächen, auf denen weniger geduldet wird, geht. Das hat die alte Landesregierung auf den Weg gebracht. Die neue setzt das fort. Ich finde das richtig.
Ich betone: Vor allem finde ich richtig, dass wir auch hier eine Art Runden Tisch haben. Den haben wir beim Wolfsmanagement auch - wenn ich diese Klammer schließen darf. Es gibt aus meiner Sicht nämlich überhaupt keinen Grund, in diesen Bereichen gegeneinander zu diskutieren. Ich glaube, wir müssen sie miteinander diskutieren. Wenn wir das in Einigkeit und im Schulterschluss tun, können wir zu vernünftigen und guten Regelungen kommen, die sowohl den Ansprüchen von Natur und Artenschutz gerecht werden als auch den ebenso berechtigten Ansprüchen der Landwirtschaft. Mir geht es darum, nicht gegenseitig die Rechtfertigung für die Ansprüche infrage zu stellen, sondern uns zu bekennen und zu sagen: Beide Seiten haben nicht nur
ein Recht, gehört und beachtet zu werden, sondern beide Seiten müssen mit uns gemeinsam an Lösungen arbeiten, die das Gegeneinander irgendwann einmal aufheben, sodass wir zu Recht sagen: Wir freuen uns über die Wildgänse an der Küste, wir freuen uns über die Schafhalter an der Küste, und wir gucken, dass wir Lösungen finden, dass beide gemeinsam existieren können und wir das Fass nicht - wie sagt man das? - voll auskippen, sondern gucken, dass wir -
- Jetzt wird es vollends krude. Ich höre einfach auf. Lassen Sie uns das einfach gemeinsam machen. Wenn wir das für den Natur- und Artenschutz schaffen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst auch meinen herzlichen Dank für Ihren Bericht und Ihr Engagement, Herr Minister. Das Gänsemanagement stellt uns jede Saison wieder vor die Herausforderung, ein konfliktarmes Nebeneinander von Artenschutz und dem Schutz der Interessen der Landwirtschaft zu erwirken. Durch das Dauerproblem Gänsefraß, besonders durch Grau- und Nonnengänse, wird die Landwirtschaft nun einmal massiv geschädigt. Das ist Fakt. Gerade Schleswig-Holstein als Drehscheibe des internationalen Gänsedurchzugs muss sich deutlich und verbindlich mit seiner Verantwortung gegenüber der Landwirtschaft auseinandersetzen.
Meine Damen und Herren, wenn wir berücksichtigen, dass die Population der beiden häufigsten Gansarten jährlich um 10 % ansteigt, kann dies
denklogisch nur zur Konsequenz haben, dass wir unter dem Gesichtspunkt des Artenschutzes das Gänsemanagement anpassen müssen, denn von Artenrückgang kann keine Rede sein.
Meine Damen und Herren, wie ich es schon sagte, wichtig ist: Wir dürfen die Landwirte mit den Folgen, die der Naturschutz nach sich zieht, nicht alleinlassen. Hier gilt es, ein geeignetes, erforderliches und angemessenes Regulativ zu finden, das ergänzend zu den bereits angewandten Mitteln wie dem umfassenden Monitoring hinzugezogen werden kann.
Es ist kaum vermittelbar, dass der konstante Populationsanstieg keine dynamische Neubewertung der internationalen Konventionen und der europäischen Vogelschutzrichtlinie nach sich zieht. Wenn die konsequente Umsetzung des Artenschutzes kausal für die steigenden Probleme und Zwangslagen der Landwirte durch Gänsefraß wird, verkennen wir die Schutzbedürfnisse der Landwirtschaft.
Diese empfindliche Dynamik braucht eine ausgleichende Regulierung. Das ist eine große Herausforderung, doch konkret die Nonnengans ist eine europarechtlich geschützte Tierart. Das ist klar. Die effektive Bejagung ist juristisch gesperrt, und nur die Vergrämungsmethode ist möglich, um die Tiere auf bestimmte vorgesehene Flächen zu dirigieren. Das Vergrämen zeigt jedoch nur für die Flächen Erfolg, von denen die Gänse dadurch konsequent ferngehalten werden, nicht aber für umliegende Flächen, auf die die Vögel dann ausweichen. Es ist schon gesagt worden: Das Aufscheuchen steigert sogar den Energiebedarf. Je häufiger Gänse vertrieben werden, desto mehr müssen sie fressen. Es ist also ein klassischer Zirkelschluss.
Meine Damen und Herren, die richtige Mischung aus Lenkung, Duldung und Regulation der Gänsebestände muss also langfristig erklärtes Ziel eines guten Gänsemanagements sein. Mittelfristig sind die Entschädigungszahlungen zwar ein therapeutisches Instrument, aber auch hier ist zu berücksichtigen, dass zweckgerichtete Entschädigungen keinesfalls zu einer Befriedung führen können. Zum einen wollen die Landwirte ihre Flächen selbst bewirtschaften, statt zunehmend von staatlichen Zahlungen abhängig zu sein. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Zum anderen wird die unzureichende Höhe der Entschädigungszahlungen kritisiert. Hier könnte die Landesregierung kurzfristig ansetzen. Hier sind An
sätze erwähnt worden. Analog zur Entschädigung von Kormoranschäden wäre eine europäische Kofinanzierung denkbar. Dies ist erwähnt worden, das wäre ein guter Weg. Diese Finanzierungen müssen natürlich flankiert werden von effektiven Managementmaßnahmen, auch auf internationaler Ebene.
Der schon erwähnte „Gesprächskreis Wildgänse in der Landwirtschaft“ muss konstruktiv mit eingebunden werden. Es ist gut, dass es diesen Kreis gibt und dass er weiter tagt, denn nur gemeinsam können wir effektiv handeln. Es ist jetzt die Aufgabe der Landesregierung, mit sachlich angemessenen Instrumenten dafür zu sorgen, dass die Balance sich nicht weiter zu Ungunsten der Landwirtschaft verschiebt. Unsere Unterstützung haben Sie dabei, Herr Minister. - Ich danke Ihnen ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte verbliebene Gäste! Sehr geehrter Herr Minister Albrecht, vielen Dank für Ihren Bericht. - Ja, die Bauern haben es nicht leicht in diesem Jahr: Dauerregen, Dürre, dann noch die Schäden durch den Gänsefraß und verkotete Felder. Auf Eiderstedt oder auf Amrum sind Fraßschäden von 100 % zu verzeichnen, also ein Totalverlust. Auf Fehmarn sind diese Schäden auch zu einem Problem geworden. Zusätzlich belastet sind die Schaf- und Ziegenhalter, die nicht nur unter der Bedrohung durch den Wolf leiden, sondern auch unter den Fraßschäden, etwa weil sie Futter zukaufen oder auf andere Weideflächen ausweichen müssen.
Ausgleichzahlungen decken selten den Verlust und sind auch gar nicht das, was die Landwirte anstreben. Aus vielen Gesprächen mit betroffenen Landwirten weiß ich, dass sie lieber Erträge erwirtschaften wollen, als Transferleistungen zu beziehen. Die Landwirte haben mehr verdient, als Bittsteller zu sein.
Statt eines ausgewogenen Gleichgewichts in Flora und Fauna bringt der praktizierte ideologische Tierund Naturschutz unansehnliche und nur schwer zu bewirtschaftende Weiden und Wiesen hervor, auf denen Weidetiere kaum noch Nahrung finden. Heimische Brutvögel werden durch die invasiven afri
kanischen Gänse verdrängt und vertrieben. Wir müssen uns darüber klarwerden, was wir wollen: Rastplätze für durchziehende gefräßige Gänsescharen oder Weideland für Viehhalter, damit etwa Milchkühe nicht nur im Stall gehalten werden müssen, sondern auch raus auf die Weide können. Wollen wir saisonalen Gänsezirkus oder Landwirte, die uns verlässlich täglich Nahrung liefern?
Eben diese verfehlte Art der Willkommenskultur belastet landwirtschaftliche Erzeuger und Bürger, übrigens nicht nur durch Gänse, sondern auch durch den Wolf oder den Kormoran. All das sind Beispiele für verfehlten Naturschutz, und Gänse haben anscheinend eine starke Lobby. Die Frage ist: Brauchen wir sie überhaupt? Bei den Gänsen ist es doch mittlerweile so, dass nicht nur die Population zunimmt, sondern auch die Verweildauer auf den Grünflächen. Der Wildtierbeauftragte der Stadt Heilbronn - ich gebe zu, das liegt ein bisschen weiter weg -, Thilo Eberle, bringt es auf den Punkt, und ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin: „Das Töten von Tieren ist die Ultima Ratio.“
Schon 2014 wurde der Erhaltungszustand der Gänse als günstig eingeschätzt. Dies ist nachzulesen im Sprechzettel von Michael Kruse aus dem Landwirtschaftsministerium zur Umweltausschusssitzung vom 25. November 2014. Bei stabiler Bestandsentwicklung - und Entnahmen in größerem Umfang hat es ja seitdem nicht gegeben - müsste der Bestand heute mehr als günstig sein. Was ist also zu tun? - Denkbar wären etwa das Einfangen der Tiere in größerer Stückzahl mit Kanonennetzen und die Vermarktung des Fleisches, um der Lage endlich Herr zu werden und die Fraßschäden zu reduzieren.
Eines ist für mich nach den Gesprächen mit den Landwirten klar: Die Zahl der Gänse auf den Weideflächen muss reduziert werden, notfalls auch durch Vergrämung. Herr Minister, wenn das Monitoring, das Sie ansprachen, belastbare Zahlen ergibt, sollte dies der nächste Schritt dazu sein, denn sonst werden wir dieses Problems nicht Herr. Wir treten auch bei diesem Problem für eine Lösung ein, die die Interessen der Tierschützer und der Landwirte in Einklang bringt, und wir sind sehr gespannt auf die Ergebnisse des Gesprächskreises. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Bereits seit einigen Jahren ist zu verzeichnen, dass sowohl die stationären als auch die durchziehenden Bestände der Wildgänse und Enten sowie die Bestände der Schwäne größer werden. Grundsätzlich ist dies eine Entwicklung, die positiv zu bewerten ist. Anders herum wäre das schon sehr schlimm. Aber die Populationen sind je nach Art unterschiedlich stark angestiegen. Damit hat sich mittlerweile auch das Verbreitungsgebiet entsprechend geändert.
Mit dem Anstieg der Populationen wächst aber auch der Konflikt mit der Landwirtschaft. Dabei geht es nicht nur um die Fraßschäden, die entsprechend zugenommen haben. Auch durch die starke Verkotung auf den landwirtschaftlichen Flächen sind Ertragsverluste zu verzeichnen. Wie gesagt, diese Entwicklung ist nicht neu für uns. Darum hat der Landtag bereits 2016 einstimmig den Antrag für ein Gänsemonitoring und Gänsemangement in Schleswig-Holstein beschlossen. Dabei geht es unter anderem darum, die Zusammenarbeit im GänseMonitoring und -management mit Niedersachsen, Dänemark und den Niederlanden fortzusetzen und zu intensivieren, um gemeinsam eine Vorgehensweise zu entwickeln, die sowohl den Schutz der bedrohten Arten zum Ziel hat als auch darauf ausgelegt ist, die Populationen häufiger Arten angemessen zu begrenzen. Hierfür ist vorgesehen, ein landesweit abgestimmtes Handlungskonzept zu entwickeln, das in lokalen Kooperationen mit Landwirten, Jägern und Naturschützern mit dem Ziel erstellt wird, Duldungs- und Nicht-Duldungsgebiete herauszustellen, und zwar unter besonderer Berücksichtigung der Situation an der Westküste. In groben Zügen ist es das, was wir 2016 hier im Landtag verabschiedet haben.
Grundsätzlich gilt: Ohne die verstärkte Zusammenarbeit im Rahmen der Trilateralen Wattenmeerkonferenz können wir das Problem nicht bewältigen oder in den Griff bekommen. Das ist das große Rad, das gedreht werden muss. Aber vorher können wir schon einmal unsere Hausaufgaben machen. Dafür müssen wir genau wissen, wie sich die Populationen entwickeln und wo sie sich aufhalten. Sprich: Die Datenerfassung über die Bestände und Schäden bildet die Grundlage, um entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können.