Protocol of the Session on July 19, 2017

(Lars Harms)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Christopher Vogt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Stegner hat es provoziert, dass ich mich im Rahmen meiner Restredezeit doch noch einmal zu Wort gemeldet habe. Herr Dr. Stegner, Sie hätten sich wirklich einmal die Mühe machen sollen, den Bericht, den Herr Conradt letzte Woche im Wirtschaftsausschuss abgegeben hat, zu verfolgen. Es ist ja interessant, dass Sie eine Sache heute nicht wiederholt haben, die Herr Vogel letzte Woche in seiner Pressemitteilung mitgeteilt hat. Da hat er nämlich gesagt, schuld habe weder der ehemalige Minister noch der ehemalige Staatssekretär, also Ihre beiden Parteifreunde. Schuld sei der LBV-Direktor Conradt. Das haben Sie ja gerade angedeutet, nach dem Motto: Es gab keine Anweisung - er hat das quasi von allein gemacht -, dass nur Kartierungsarbeiten vorgenommen werden.

Sie haben relativ deutlich gesagt, dass Minister Buchholz ihn jetzt einmal entlassen sollte, übrigens ein bekanntes Verfahren, das wir von Ihnen kennen. Immer wenn Fehler passiert sind, sind nie Ihre Minister, nie Ihre Staatssekretäre, nie Ihre Parteigenossen schuldig gewesen, sondern es sind immer die Mitarbeiter gewesen, und die soll man dafür dann zur Rechenschaft ziehen. Herr Dr. Stegner, das Thema „arme Seele“ haben wir hier ja schon oft gehabt. Ich halte es nicht für sachgerecht, was Sie an der Stelle machen.

Ich möchte Ihnen eine Sache zeigen. Das ist jetzt im Internet nicht mehr verfügbar, weil Minister Bernd Buchholz sehr schnell die Fake News von der Seite des Ministeriums genommen hat. Ich gebe Ihnen das noch einmal. Da ist nämlich dargestellt worden Stand Mai 2017 -, wann welcher Streckenabschnitt planfestgestellt werden soll. Planungsabschnitt 3 2017, Nummer 4 2017, Nummer 5 2018 - das sind die Abschnitte westlich der A 7 und Nummer 6 2018. Wenn dort gar nicht geplant wurde, warum hat man dann auf die Website einen Planungsstand gestellt, der besagte, das ist nächstes Jahr fertig? - Das passt doch nicht zusammen.

(Wortmeldung Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Ich glaube, Zwischenfragen sind in Aktuellen Stunden nicht üblich. - Ich will Ihnen noch eines sagen, Herr Dr. Stegner: Lesen Sie doch heute ein

mal die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“; das möchte ich Ihnen wirklich ans Herz legen.

(Martin Habersaat [SPD]: Für die hatte Ku- bicki Zeit! - Zuruf Bernd Heinemann [SPD])

- Die zitieren aus dpa-Meldungen, glaube ich. - Da wird gefragt: Warum hat er - gemeint ist der ehemalige Verkehrsstaatssekretär Nägele - die Öffentlichkeit nicht darüber informiert? Zitat:

„Es gab für uns keine Notwendigkeit, sagte Nägele der ‚HAZ‘. Aufgabe einer Landesregierung ist es nicht zu sagen, da sind Zwergschwäne. Die Aufgabe ist es, eine Lösung zu finden.“

Außerdem sei er nicht gefragt worden, meine Damen und Herren.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Herr Dr. Stegner, da sehen Sie es: Nach wie vor Fake News von Ihrer Seite. So wird es nichts mit Ihnen. Insofern wünsche ich Ihnen noch viel Spaß die nächsten fünf Jahre und darüber hinaus in der Opposition. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und CDU)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Hans-Jörn Arp.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Stegner, Sie haben mich ja aufgefordert, den Beweis zu liefern. Den liefere ich Ihnen. Wenn Sie das Protokoll des Wirtschaftsausschusses lesen,

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Nein, nein! - Weite- re Zurufe)

werden Sie mitkriegen, das hat Herr Conradt deutlich im Wirtschaftsausschuss erzählt. Sonst wären wir nicht auf die Idee gekommen. Das haben wir uns nicht irgendwie ausgedacht, sondern das war die Aussage des Chefs des Landesbetriebs für Straßenbau, der gesagt hat, an den zwei Abschnitten ist nicht mehr geplant worden.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Nichts da! Anwei- sung der Hausspitze! Belegen Sie das!)

- Nein, nein. Das ist der Unterschied zu der Zeit vor Ihnen. Da hat man trotzdem weiter geplant, auch wenn die Graugänse oder der Seeadler da waren. Es wurde trotzdem weiter geplant. Bei Ihnen hat man

das Planen eingestellt. Sie sagen, Sie haben sich auf die wichtigeren Abschnitte konzentrieren.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das müssen Sie einmal belegen, Herr Kollege!)

- Die kriegen Sie auch. Machen Sie sich keine Sorgen. Machen Sie sich überhaupt keine Sorgen, die kriegen Sie. Dafür stehen wir nun einmal gerade und das kann ich Ihnen auch zusagen. Die kriegen Sie. Das lassen wir auch so nicht im Raum stehen.

Sie haben aber schon vorher gewusst, dass Sie nicht genügend Planungskapazitäten haben. Das haben wir Ihnen seit fünf Jahren immer wieder von dieser Stelle vorgehalten. Sie haben in den ersten drei oder vier Jahren, als es noch genügend Ingenieure am Markt gab, keine eingestellt, und danach haben Sie keine mehr bekommen. Warum haben Sie sich denn nicht schon vor Jahren externen Sachverstands geholt - Lars Harms hat es ja zu Recht angesprochen -, wenn Sie gewusst haben, es reicht nicht? Sie wissen doch genau, wie sensibel der Bereich ist. Sie haben uns hier vor fünf Jahren versprochen, dass 40 km der A 20 - bis zur A 7 - gebaut werden sollen. Das war Ihr Versprechen hier. Wer hat denn hier gelogen? Sie haben nicht einen Meter gebaut. Sie haben nicht einen Meter planfestgestellt. Sie haben in den fünf Jahren nicht einen Meter Baureife geschaffen. Das sind die Fakten.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Nichts davon ist richtig!)

- An welcher Stelle ist denn ein Meter gebaut worden oder im Bau? Nicht ein Meter ist gebaut worden. Sie haben hier gesagt, es würden 40 km gebaut werden. Das ist der Unterschied. Das haben Sie in fünf Jahren nicht geschafft. Daran sollten Sie sich messen lassen. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Abgeordnete Marlies Fritzen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gern auf das zurückkommen, was Lars Harms vorhin gesagt hat. Ich bin sehr dankbar für seinen Hinweis. Lars Harms hat davon gesprochen, dass es in anderen Ländern andere Planungsverfahren gibt. Dänemark ist ein Beispiel. Wir kennen noch andere Beispiele aus den Niederlanden und

Frankreich. Die sind nicht unbedingt immer gleich. Der Verweis zeigt auch: Wenn man verschiedenste Interessen und verschiedenste, nicht nur rechtliche, sondern tatsächlich inhaltlich wichtige Punkte vorab sehr ernsthaft und auf Augenhöhe betrachtet und mit den Menschen, die diese Interessen vertreten, auf Augenhöhe spricht - auf der Tribüne sitzt der Landesnaturschutzbeauftragte und ein Vertreter des BUND -, wenn man diese Menschen, was den Naturschutz anbelangt, rechtzeitig und auf Augenhöhe einbezieht, dann kann man, so glaube ich, zu guten Planungen auch von Infrastrukturprojekten kommen.

Ich möchte auch festhalten, dass es kein einziges Beispiel für ein durch den Naturschutz verhindertes Infrastrukturprojekt in der Bundesrepublik Deutschland gibt - kein einziges Beispiel! Es sind immer Lösungen gefunden worden, oft auf Kosten des Naturschutzes, aber es ist nie verhindert worden. Der Naturschutz hat diese Kraft nicht. Man kann darüber streiten, ob man „leider“ oder „Gott sei Dank“ dazu sagen soll. Das ist gar nicht meine Debatte. Die Naturschutzverbände - auch in Schleswig-Holstein - haben gezeigt, dass sie nicht nur dazu in der Lage, sondern auch bereit sind. Meine Debatte ist, dass wir vorher diese aus meiner Sicht wichtigen und existenziellen Fragen nicht nur diskutieren, sondern ernst nehmen, dass wir sie auf Augenhöhe diskutieren, dass wir die Verbände einbeziehen, damit sie nicht klagen müssen.

Um Ihnen in Erinnerung zu rufen, dass dieses auch in Schleswig-Holstein in einem großen Projekt funktioniert, das viele, auch wir Grünen, für unsinnig halten - ich glaube, mittlerweile halten es auch viele Menschen ökonomisch für unsinnig -, verweise ich auf den Flughafen in Lübeck. Dort ist mit den Naturschutzverbänden, mit dem BUND und dem NABU vor vielen Jahren eine Vereinbarung über eine Ausgleichsmaßnahme in der Grönauer Heide getroffen worden. Das ist im Konsens gemacht worden, das ist zusammen gemacht worden. Ich würde mir wünschen, dass es gelingt, auch an dieser Stelle für diejenigen, die die A 20 bauen wollen und befürworten - das ist die Mehrheit hier im Land -, eine Planung hinzubekommen, die den Naturschutz auf Augenhöhe und rechtzeitig einbezieht. Dazu muss der Naturschutz, der im Großen und Ganzen ehrenamtlich unterwegs ist, genügend Zeit haben. Dass wir es ernst meinen, bedeutet dann eben auch, ihm diese Zeit zu geben. Ich wünsche mir, dass die neue Landesregierung an dieser Stelle diesen Schritt auf die Naturschutzverbände zugeht und ihnen auch diese Zeit gewährt, damit wir eine Planung bekommen, die dann auch naturschutz

(Hans-Jörn Arp)

fachliche Kriterien ausreichend, ernsthaft und auf Augenhöhe berücksichtigt. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt CDU)

Weitere Wortmeldungen seitens der Abgeordneten liegen mir nicht vor. Dann erteile ich dem Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus, Dr. Bernd Buchholz, für die Landesregierung das Wort.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Er hat das doch gar nicht versprochen! Jetzt muss der die Kohlen aus dem Feuer holen!)

- Herr Abgeordneter, vielleicht lassen wir ihn erst einmal anfangen zu reden.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich eins vorwegschicken: Diese Landesregierung hat den festen Willen, in aller Dynamik mit aller Anspannung und mit allen Beschleunigungsmöglichkeiten die A 20 zu bauen und zum Erfolg zu bringen.

(Beifall FDP, CDU, Jörg Nobis [AfD] und Lars Harms [SSW])

Das unterscheidet uns möglicherweise von der einen oder anderen Vorgängerregierung, Herr Stegner, aber in dieser Dynamik lassen wir uns nicht bremsen, auch wenn wir das, was wir jetzt vorgefunden haben, nicht nur schön finden.

(Zuruf Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Aber eines gehört auch zur Wahrheit: Seit dem Mauerfall vor 28 Jahren sind auf schleswig-holsteinischem Gebiet von dieser Ost-West-Magistrale gerade einmal 39 km gebaut worden. Es gab vor allem in den letzten zehn Jahren nahezu kein einziges Jahr, in dem die Zeitschiene für den Weiterbau der A 20 nicht massiv nach hinten korrigiert werden musste. Das ist - für alle Beteiligten hier im Saal kein Ruhmesblatt. Da hat sich keiner mit Ruhm bekleckert.

Frau von Kalben hat gesagt, fünf Jahre beobachte sie das Treiben um die A 20. Ich erzähle Ihnen die Anekdote des Bernd Buchholz aus seiner ersten Landtagsdebatte im Jahr 1992. Erster Punkt: Regierungserklärung des damaligen Ministerpräsidenten Björn Engholm. Wichtigster Punkt dieser Regie

rungserklärung: Trassenführung der A 20 westlich von Hamburg, Elbquerung, Linienführung.

(Christopher Vogt [FDP]: Da war ich in der zweiten Klasse! - Dennys Bornhöft [FDP]: Ich noch nicht eingeschult!)

1992, meine Damen und Herren! Das zeigt, dass hier alle Beteiligten - welcher Couleur auch immer - Grund haben, ein Stück weit in Demut zu sagen, was diese Planungen eigentlich bedeuten, denn wir haben es zweifellos auch mit einem enorm komplexen Projekt und, auch unter ökologischen Gesichtspunkten, bundesweit zweifellos mit einem der schwierigeren oder dem schwierigsten Vorhaben zu tun.

Trotzdem hat sich diese Landesregierung vorgenommen, dieses Projekt so schnell und so intensiv wie möglich anzupacken und umzusetzen. Dazu gehört es dann auch, verehrter Herr Stegner, dass man die Fakten dann aber bitte auch zur Kenntnis nimmt. Ich sehe wie Sie, dass über das Gebiet in den Planungsabschnitten 5 und 6 und das Thema Zwergschwäne schon eine geraume Zeit diskutiert worden ist.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Zehn Jahre!)

- Nein, nicht zehn Jahre. Nach meinem Erkenntnisstand ist auf der dortigen Torfabbaufläche der Wasserspiegel so angestiegen, dass sie zu einem Flachwasser wurde, was ungefähr im Jahr 2007, 2008 der Fall war. Das machte überhaupt erst die Ansiedlung der Zwergschwäne dort möglich.