- Nein, nicht zehn Jahre. Nach meinem Erkenntnisstand ist auf der dortigen Torfabbaufläche der Wasserspiegel so angestiegen, dass sie zu einem Flachwasser wurde, was ungefähr im Jahr 2007, 2008 der Fall war. Das machte überhaupt erst die Ansiedlung der Zwergschwäne dort möglich.
Das bedeutet auch, dass dann den Beteiligten - und spätestens im Jahr 2012 der damaligen Landesregierung auch - klar gewesen und zwischen dem Umweltministerium und dem Wirtschaftsministerium darüber geredet worden ist, was man da machen kann. - Das ist Fakt, belegt im Herbst des Jahres 2012. Belege dafür, dass die Regierung vorher irgendwelche Kenntnisse oder Austausch darüber gehabt hätte, habe ich den Akten nicht entnehmen können.
- Sie haben keine Belege aus Regierungsakten geliefert, sondern aus Plenarprotokollen oder aus anderen Aussagen, die ich so nicht gefunden habe.
(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Da ist der Umwelt- minister anwesend, in Plenarsitzungen! - Kai Vogel [SPD]: Der Artenschutzbericht aus dem Jahr 2011!)
- Herr Stegner, richtig ist dann aber auch - das bitte ich, von Ihrer Seite genauso zur Kenntnis zu nehmen, wie alles andere zur Kenntnis zu nehmen ist -: Nach den Gesprächen im Jahr 2015 und auch nach der Einrichtung der Ad-hoc-Arbeitsgruppe Anfang 2016 ist dann - so hat es Herr Conradt, der Direktor des Landesbetriebes Straßenbau, im Wirtschaftsausschuss öffentlich erklärt - vonseiten der Landesregierung durch den Staatssekretär Dr. Nägele erklärt worden, dass man dort keine weitere Planungsarbeiten vornimmt, sondern dort Nachkartierungsarbeiten gemacht werden.
Herr Stegner, dieses hat Herr Nägele nach meinem Kenntnisstand öffentlich in die Kameras des Norddeutschen Rundfunks bestätigt. Ich brauche keine dienstliche Anweisung, um zu sehen, dass eines unmöglich war: Die veröffentlichte Terminleiste auf der Seite der Landesregierung mit dem Ablieferungsdatum 2018 für Planfeststellungsbeschlüsse auf den Streckenabschnitten 5 und 6 war unmöglich. Herr Stegner, dieser Fakt ist verschwiegen worden. Der ist öffentlich verschwiegen worden, das können Sie nicht leugnen. Das ist nun einmal Bestandteil dieses Themas.
Ich hätte mir deshalb an dieser Stelle auch ein bisschen gewünscht, dass in dieser Debatte nicht nur Vergangenheitsbewältigendes passiert, sondern vielleicht auch Konstruktives nach vorne gerückt wird.
Einzig Herr Harms hat in der Tat einen Punkt angesprochen, der bedenkenswert ist: Planungsverfahren in Deutschland dauern sehr lange.
- Wir kommen gleich noch auf andere zu sprechen. Sie dauern sehr lange. Wir müssen in der Tat darüber nachdenken, wie wir es gemeinsam unter Wahrung aller anderen, auch öffentlichen Interes
sen, auch der Bürgerrechte und auch der Interessen von Naturschutzverbänden, schaffen, diese Planungsverfahren zu beschleunigen.
Ich sage an dieser Stelle eines, das in Richtung des Abgeordneten Nobis gerichtet ist: Ich habe hier etwas von chinesischen Firmen gehört. Wer in China einmal erlebt hat, wie es da läuft, der weiß: Wir werden mit Sicherheit in Deutschland keine Planungsprozesse zulassen, bei denen Grundrechte von Menschen mit Füßen getreten und die Rechte der Bevölkerung eingeschränkt werden.
Werter Herr Kollege Harms, wir werden die deutsche Verfassungslage zur Kenntnis nehmen. Wir kommen an anderer Stelle im Laufe dieser Plenartagung noch einmal dazu. Planfeststellende Gesetze sind nach deutschem Recht nur in der Ausnahmesituation übergeordneter Interessen des Gemeinwohls möglich und dürfen nicht die Regel werden, weil sie eine Vermischung der legislativen mit der exekutiven Gewalt darstellen. Also Vorsicht an dieser Stelle!
Wir haben den Wunsch - das habe ich eingangs gesagt -, konstruktiv nach vorn zu denken. Diese Landesregierung will alles dafür tun, dass der Bau der A 20 tatsächlich auch realisiert wird. Deshalb fordere ich Sie alle freundlich dazu auf, mit mir nach vorne zu schauen und zu fragen, was an dieser Stelle möglich ist. Ich habe in der vergangenen Woche die weitere Arbeit beim Thema A 20 zur Chefsache erklärt. Das bedeutet: seit gestern Morgen wöchentliche Jours fixes mit dem Minister in Anwesenheit der Leitung des Landesbetriebes Straßenbau und der Fachabteilung - jede Woche -, um jede Woche immer wieder teilaspekteweise weiterzuarbeiten und abzuarbeiten, was im Einzelnen zu machen ist. Diese Form von Projektmanagement ist offenbar etwas, was die Beteiligten in dieser Form nicht gewohnt sind. Ich glaube, dass das notwendig ist.
Lassen Sie mich an dieser Stelle aber auch eines sagen: Ich finde es unangemessen, eine nachgeordnete Behörde wie den Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr pauschal so zu kritisieren, als seien die dort Tätigen irgendwelche Dummköpfe, die nicht in der Lage seien, die Dinge anzupacken. Tun wir das nicht, meine Damen und Herren! Dem LBV gehören in diesem Land immerhin über 1.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an, die in allen Lebenslagen versuchen, das Beste für dieses Land zu tun jedenfalls ganz viele von ihnen. Ich sage einmal: Es ist nicht nur die übergroße Mehrheit, sondern es
Ich danke diesen Menschen dafür, dass sie mit Vehemenz und Einsatz dabei sind, aber ich glaube, dass eine professionellere Steuerung des Projektes notwendig ist. Die versuchen wir jetzt.
Zweitens. Wir haben sämtliche Planungsprozesse jetzt in die erneute Überprüfung gegeben und werden bis zum Ende des Jahres einen neuen Zeitplan herausgeben, der dann hoffentlich nicht permanent korrigiert werden muss. Das heißt aber auch, dass wir uns seriös für die einzelnen Streckenabschnitte ansehen müssen, was möglich ist.
Da ist es ebenso wenig hilfreich, kurzfristig zu erklären, dass die Zwergschwäne nur „weggesiedelt“ werden müssten, wie zu erklären, dass das gar nicht möglich sei. Darüber wird man diskutieren müssen. Man wird dort um die beste Lösung ringen müssen. Dieses Ringen ist mit Vorfestlegungen ebenso falsch unterlegt wie mit unambitionierter Planung.
Die maximale Beschleunigung der Ressourcen durch den Landesbetrieb, aber auch durch die Fachabteilung im Ministerium ist insoweit veranlasst, als dass alle Beteiligten angewiesen sind, alle Möglichkeiten zu eruieren, die das Verfahren beschleunigen.
Drittens. Wir haben die professionelle Unterstützung der Bundesgesellschaft DEGES für die gesamte Strecke der A 20 angefragt. Das erste Treffen mit der DEGES-Spitze wird am kommenden Montag zwischen dem Chef der DEGES und mir stattfinden. Wir wissen noch nicht, ob wir es hinbekommen und in welchem Zeitrahmen es geht, aber ich glaube, dass wir jede Form der professionellen Unterstützung in dieser Frage gebrauchen können. Deswegen sind diese Gespräche richtig.
Viertens. Wir haben mit den Naturschutzverbänden Gesprächstermine vereinbart, weil wir - weil ich den Eindruck habe, dass hier Grabenkämpfe stattfinden, geradezu wie in Verdun. Man verbunkert sich auf beiden Seiten in bestimmten Positionen. Das gilt nicht nur für die Naturschutzverbände, sondern auch für die andere Seite.
Ich will einen Dialog, in dem man sagt: Ja, wir haben irgendwo und irgendwann diese Trassenfestlegung gehabt. Ja, das ist unglücklich, weil es schöner gewesen wäre, gemeinsam darüber zu reden, auf welcher Trasse wir denn am besten von A nach B kommen können. - Keine Frage! Ich glaube aber,
dass wir an dieser Stelle die Chance haben, in einem offenen Dialog gemeinsam mit den Verbänden zu fragen: Kriegen wir gemeinsam Lösungen für die ökologischen Probleme hin? - Gegen die Verbände werden wir jedenfalls keine Lösungen hinbekommen. Deshalb werden wir diesen Weg gehen.
Ich bin ausgesprochen dankbar dafür, dass das Umweltministerium unter Leitung von Robert Habeck dazu seine maximale Unterstützung zugesagt hat. Nicht nur für die Gespräche mit den Naturschutzverbänden, sondern auch bei allen Fragen, die wir im Wirtschaftsministerium an dieser Stelle zu klären haben, brauchen wir diese Gemeinsamkeit und Unterstützung durch das Umweltministerium. Wir haben sie und werden auf diese Art und Weise gemeinsam fortschreiten.
- Herr Stegner, das ist für Sie vielleicht überraschend, aus meiner Sicht ist es aber sehr zu unserer Freude und zu Ihrem Nachsehen: Wir werden dann sehr bald in der Lage sein zu sagen, wann die A 20 kommt und wie wir sie bauen werden. Ich bin ganz sicher, dass wir noch in dieser Legislaturperiode ganz viel sehen werden. - Positiv nach vorn, dafür jedenfalls arbeite ich. - Herzlichen Dank.