Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin fest davon überzeugt, dass es Richterinnen und Richter geben wird, die Ihnen genügend Haftbefehle ausstellen werden, um die 20 Haftplätze vollzukriegen.
Ich gebe Ihnen aber auch die Garantie, dass Sie keine Handvoll mehr Menschen durch dieses Gesetz abschieben, denn die Hindernisse und Gründe sind nicht ausgeräumt.
Ich freue mich auf die Ausschussberatungen. Wir sind mit unserer Meinung nicht allein: Die Nordkirche, der Flüchtlingsbeauftragte und der Flüchtlingsrat sind auch der Meinung, dass wir kein Abschiebegefängnis in diesem Land brauchen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Gäste auf der Tribüne! Vor zwei Wochen habe ich mit Verwunderung einen „Welt“-Artikel gelesen, in dem es heißt, die SPD sei entsetzt über die Grünen. Da war ich selbst erst einmal verwundert. In dem Artikel heißt es, dass die Grünen die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Inhaftierung von Familien, Kindern und Jugendlichen schafften. - So auch Frau Midyatli eben in der Debatte. Ganz schön krasser Tobak!
Wenn man sich die Punkte - abgesehen von der inszenierten Empörung - anguckt, bleibt nicht viel übrig.
Frau Midyatli, ich hoffe, dass Sie wissen, dass die Grundlage für die Inhaftierung von Kindern und Minderjährigen im Bundesgesetz, und zwar in § 62 Absatz 1 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes, geschaffen wurde.
Deshalb ist der Vorwurf, wir würden hier Grundlagen schaffen, an den Haaren herbeigezogen. Ich finde das unseriös.
Noch ein spannender Punkt: Unser Gesetz sei restriktiver als das in Sachsen. - Das ist mein Lieblingspunkt. Ich empfehle jedem und jeder, einfach einmal beide Gesetze nebeneinanderzulegen und sich das anzugucken. Dann merkt man relativ schnell, dass daran nichts wahr ist. Wir haben so ziemlich alle vorhandenen Gesetze zu Abschiebungshafteinrichtungen studiert und konnten - ehrlich gesagt - die wesentlich besseren Punkte nicht finden, die Sie immer betonen, es sei denn, die SPD findet es besser, dass in Sachsen von Zwangsmaßnahmen bei der medizinischen Versorgung die Rede ist, ein Punkt, den man bei uns nicht findet.
Liebe Kollegen und Kolleginnen, jetzt will ich zu den Punkten kommen, die sich auf das Gesetz beziehen. Das Bundesgesetz schließt die Inhaftierung von Minderjährigen - wie gesagt - nicht aus. Aber wir haben als Land die Möglichkeit, ein Korrektiv zu sein und können einen bestimmten Spielraum nutzen. Wir haben beispielsweise die Möglichkeit, Erlasse zu formulieren. Der Innenminister hat gerade angekündigt, dass Verordnungen auf den Weg gebracht werden sollen, um weitere Bestimmungen mit hinein zu formulieren. So sollen bei der Unterbringung von Kindern und Minderjährigen immer erst mildere Mittel geprüft werden; es soll in der Praxis möglichst nicht dazu kommen.
Für den Fall, dass auf richterliche Anordnung Kinder und Minderjährige inhaftiert werden, soll das Kindeswohl regelmäßig geprüft werden. All das und weitere Punkte sind Forderungen, die wir als Grüne formuliert haben.
Ich finde nicht - da bin ich ganz ehrlich, ich kann auch selbstkritisch sein -, dass wir uns als Grüne dafür abfeiern müssen, dass wir die maximalen
Verbesserungen rausverhandelt haben. Am Ende des Tages steht nämlich immer noch im Raum, dass Menschen, die nicht deutsch sind, dass Kinder, die nicht deutsch sind, als Menschen zweiter Klasse behandelt werden. Das ist nicht wegzudiskutieren. Darüber bin ich mir völlig im Klaren. Aber die Grundlagen haben nicht wir Grünen hier geschaffen, sondern die sind im Bund geschaffen worden. Das ist die Realität, der man ins Auge blicken muss.
Was mich an der ganzen Debatte am meisten nervt, ist, dass wir nicht über den Hauptpunkt reden: die Einrichtung an sich und die Tatsache, dass im Bundesgesetz nicht ausgeschlossen wird, dass Minderjährige inhaftiert werden können. Deshalb enttäuscht es mich dermaßen, dass ihr als SPD-Fraktion zu einer Verzerrung der Debatte beitragt und so tut, als wären es wir Grüne, obwohl ihr in Berlin mit am Regierungstisch sitzt.
Klar, ihr seid nicht für alles verantwortlich, was die Bundes-SPD tut, zumindest nicht in Gänze. Aber wenn ihr mutige Oppositionspolitik machtet, würdet ihr loslaufen und die komplette Abschaffung von Abschiebungshafteinrichtungen fordern
oder zumindest die Streichung von bestimmten Paragrafen im Bundesgesetz wie der zur Inhaftierung von Kindern und Minderjährigen.
Das tut ihr aber nicht. Ihr ruht euch darauf aus, dass die Grünen mal wieder die Bösen seien. Herzlichen Glückwunsch! Damit helft ihr keiner einzigen Person, die durch so eine Politik zu Schaden kommt.
Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, heißt es in dem Artikel, dass wir Grüne uns zukünftig nicht mehr zu Fragen der humanitären Flüchtlingspolitik äußern dürften.
Das ist ehrlich gesagt an Dreistigkeit nicht zu übertreffen. Ich möchte an der Stelle gern daran erinnern,
dass es in der Vorbereitung des Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht im Februar 2017 ein Treffen mit der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen gegeben hat. Dort hat man die Verschärfung der Abschiebung und die Erhöhung der Zahl von Abschiebungshaftplätzen verabredet mitgetragen von SPD-Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen, auch vom damaligen Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein.
Ihr werft uns vor, immer dann den Kompass zu verlieren, wenn wir nicht mit euch regieren. Ich stelle mir immer wieder die Frage, was die SPD wohl getan hätte, wenn es hier nicht zu Jamaika gekommen wäre, sondern zu einer Großen Koalition: Wir würden diese Debatte heute genauso führen, weil ihr bei eurer gesamten Kritik nicht erwähnt habt, wie ihr Bundesgesetze umgehen würdet. Ihr sagt lediglich: Wir würden Abschiebungshafteinrichtungen auf anderem Boden stattfinden lassen und sind dann raus aus der Nummer.
Ich finde Abschiebungshafteinrichtungen auch falsch. Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Aber auf Landesebene Verantwortung zu tragen, heißt auch, sich mit bundespolitischen Realitäten auseinanderzusetzen und das Beste daraus zu erkämpfen, und genau das haben wir getan. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass das Abschiebungshaftvollzugsgesetz eine würdigere Debatte verdient hätte als die, die Sie, liebe Frau Kollegin Midyatli von der SPD, hier angezettelt haben. Ich finde es außerordentlich bedenklich, wenn die SPD immer wieder versucht, den Eindruck zu erwecken, künftig werde jede Abschiebung in Schleswig-Holstein über die Abschiebungshafteinrichtung in Glückstadt vollzogen. Das ist schlicht unwahr.
Genauso verantwortungslos ist es aber auch, die Flüchtlingspolitik der Koalition als inhuman zu bezeichnen. Eine solche Behauptung ist schlicht unwahr. Solche Äußerungen sind nicht nur populistisch, sondern auch nicht geeignet, Lösungen aufzuzeigen.