Sie vergessen immer wieder, dass Sie über Ihre Beteiligung an der Bundesregierung Verantwortung tragen, die Sie hier leugnen.
Regieren heißt, Verantwortung zu übernehmen, und Jamaika ist sich dieser Verantwortung in Schleswig-Holstein durchaus bewusst.
Keinem von uns in der Jamaika-Koalition, das mögen Sie glauben oder nicht, fällt es leicht, eine Abschiebungshaftanstalt zu errichten und die dafür notwendigen Regelungen zu schaffen. Auch wir wünschen uns, dass Menschen, die kein Recht haben, hier in Deutschland zu bleiben, freiwillig unser Land verlassen. Deshalb geht selbstverständlich immer die freiwillige Rückkehr einer Abschiebungshaft oder sonstigen Zwangsmaßnahme vor.
Das hat in der Vergangenheit auch die SPD so gesehen, als sie selbst noch regieren durfte, und sie sieht es im Bund bis heute so. Denn auch in Ihrer Regierungszeit, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wurden Menschen, die sich beharrlich weigerten, ihrer Ausreisepflicht nachzukommen, in Haft genommen. Und dabei haben Sie sich keines
wegs mit Ruhm bekleckert, denn zum einen verstießen die Haftbedingungen in Rendsburg bis 2014 gegen internationales Recht, zum anderen wurden die Ausreisepflichtigen nach Schließung der Hafteinrichtung in Rendsburg durch die Bundesrepublik geschickt und zum Beispiel in Eisenhüttenstadt untergebracht und dort inhaftiert.
Abschiebungshaft gab es sehr wohl unter den Ministerpräsidenten Albig und Simonis. Schade, dass Sie sich heute daran nicht mehr erinnern mögen. Wir helfen Ihnen dabei, dass das nicht in Vergessenheit gerät.
Um es einmal ganz deutlich zu sagen: Auch wir, die Freien Demokraten, würden uns wünschen, dass wir auf das Abschiebungshaftgesetz verzichten könnten, weil die Menschen, die hier kein Aufenthaltsrecht haben, Deutschland freiwillig verlassen würden. Das tun aber einige Menschen nicht, und deshalb wird der Staat gezwungen, wenn er geltendes Recht durchsetzen will, auch zu Zwangsmitteln zu greifen.
Wir haben in Deutschland ein Vollzugsproblem. Darüber ist heute mehrfach gesprochen worden. Gestern im Innen- und Rechtsausschuss berichtete die Landespolizeiführung, dass von vier Abschiebeversuchen im Durchschnitt nur einer gelinge. Das ist eine Quote, die wir verbessern müssen. Es kann auch nicht richtig sein, wenn ein ehemaliger Bundesinnenminister und heutiger Bundestagspräsident in einem Interview in der „Welt am Sonntag“ beklagt, dass das Aufenthalts- und Abschieberecht in Deutschland so komplex geworden sei, und dann den Schluss daraus zieht, dass die Politik nicht allzu stark die Hoffnung schüren dürfe, dass wir die Großzahl dieser Menschen zurückführen könnten. Mit Verlaub: Eine solche Haltung des Gesetzgebers ist den Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr vermittelbar.
Wir sind es doch, die die Rahmenbedingungen für Zuwanderung, Asyl und Flüchtlingsschutz treffen. Wir sind es aber auch, die die Pflicht haben, die Rückführung so zu gestalten, dass ein Vollzug geltenden Rechts möglich bleibt. Die Äußerungen von Wolfgang Schäuble weisen da in eine völlig falsche Richtung.
Wir, die Parlamentarier in Deutschland, sind aufgefordert, Lösungen zu entwickeln, und dazu gehört neben vielen anderen Maßnahmen - eben auch, dass wir ein Abschiebungshaftvollzugsgesetz hier in Schleswig-Holstein haben. Es ist völlig richtig, dass wir in Schleswig-Holstein eine eigene Abschiebungshaftvollzugseinrichtung haben werden und nicht auf Abschiebungshafteinrichtungen anderer Bundesländer angewiesen sind, bei denen wir auf die Haftbedingungen keinen Einfluss nehmen und nicht sicherstellen können, dass diese menschenwürdig gestaltet werden.
Das Abschiebungshaftvollzugsgesetz, wie es heute vorliegt, trägt dieser Zielstellung, menschenwürdige Haftbedingungen zu schaffen, Rechnung, und es wird begleitet werden von einer Verordnung, die sicherstellt, dass die Abschiebungshaft, anders als es zu Ihrer Regierungszeit noch der Fall gewesen ist, eben keine Strafhaft sein wird, wie das Europarecht, aber auch unsere Verfassung es verlangen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Gäste! Gleich vorweg: Der Gesetzentwurf der Landesregierung zum Vollzug einer Abschiebungshaft findet grundsätzlich unsere Zustimmung. Wir werden uns sehr gern an der Beratung im Innen- und Rechtsausschuss beteiligen. Nur was soll da auf einmal vollzogen werden? Abschiebung ist ja bekanntlich nicht unbedingt eine Kernkompetenz dieser Landesregierung, aber, keine Sorge, ich werde die Aussage des Innenstaatssekretärs nicht erneut bemühen.
Tatsächlich werde ich aber erneut ein paar Zahlen bemühen müssen: Noch im Februar 2018 wurde veröffentlicht, dass derzeit 6.796 ausreisepflichtige Ausländer in Schleswig-Holstein aufhältig seien, davon 781 ausreisepflichtige Ausländer allein in Kiel, wie jüngst die Antwort auf eine Kleine Anfrage ergab. Der seinerzeit eigentlich zum geplanten Integrationsgesetz veröffentlichte Beitrag beinhalte
te auch eine bemerkenswerte Aussage des Innenminister, die ich hier mit Ihrer Erlaubnis zitiere: Wir müssen aufhören, darauf zu gucken, woher ein Mensch kommt, sondern alle teilhaben lassen und in einer großen Gemeinschaft leben.
Meine Damen und Herren, dabei ist es gerade die Frage: „Woher?“, die ganz maßgeblich über die Zulässigkeit und die Erfolgsaussichten eines Asylbegehrens entscheidet, denn die Antwort auf die Frage nach dem Woher ermöglicht den Rückschluss auf einen Schutzgrund ebenso wie die Antwort auf die Frage, ob die Einreise in unser Land möglicherweise über einen sicheren Drittstaat erfolgte und Deutschland im Zuge dessen gar nicht unbedingt Aufnahmestaat sein muss.
Aber eigentlich sind hier ja Abschiebungen das Thema. Auf 2016 mit 840 erfolgten Abschiebungen folgte ein massiver Einbruch im Jahr 2017 mit nur 338 Abschiebungen. Für dieses Jahr stehen Stand August nur 117 vollzogene Abschiebungen auf der Habenseite. Auch die freiwillige Rückkehr abgelehnter und daher ausweisepflichtiger Asylbewerber ist von 1.629 Fällen in 2017 auf gut ein Viertel in diesem Jahr zurückgegangen. Bis August haben nur 429 ausreisepflichtige Asylbewerber unser Land auch tatsächlich freiwillig verlassen.
In 2017 wurden noch etwa 700 Abschiebungen als nicht vollzogen beziehungsweise nicht vollziehbar veröffentlicht. Hinderungsgründe, und das haben wir heute schon mehrfach gehört, seien vor allem die fehlende Mitwirkung der Ausreisepflichtigen, das Untertauchen, das Sichverborgenhalten, aber auch fehlende Papiere und andere Gründe. Auch das Kirchenasyl, das hier über Gebühr ausgereizt ist, trägt seinen Anteil bei. Erst gestern räumte der Innenminister ein, dass auf eine vollzogene Abschiebung drei gescheiterte folgen. Kurzum: Abschiebungen in Schleswig-Holstein funktionieren nicht so richtig.
Die Frage nach der Abschiebungshaft drängt sich insofern auf. Sie ist auch nur konsequent, wenn es darum geht, aufenthaltsbeendende Maßnahmen in den Fällen, in denen nicht mit der Mitwirkung Ausreisepflichtiger oder der Freiwilligkeit der Ausreise zu rechnen ist, durchzuführen, und davon haben wir einige.
Was braucht man für die Abschiebungshaft? - Richtig, eine Abschiebungshaftanstalt. Gott sei Dank hat man sich inzwischen dazu entschlossen, einen Neubau in Glückstadt aufzuziehen. Nun wird alles gut, sollte man meinen, denn Schleswig-Holstein wird nun konsequent abschieben. Sicher wird man das,
und mit sage und schreibe 20 Abschiebungshaftplätzen, die in Glückstadt für Schleswig-Holstein ab etwa 2020 zur Verfügung stehen, wird diese Landesregierung sich auf dem Gebiet der Abschiebungen in etwa so erfolgreich bewegen, wie sie es bisher schon tat.
Wir wissen doch inzwischen, dass Jamaika lieber nicht abschieben will und dieses in der Folge auch kaum tun wird. Das ist jedoch nach unserer Auffassung das Gebot der Stunde und ganz klar der Weg hin zu einer dringend notwendigen Neuausrichtung in der Asylpolitik.
Unterhalten wir uns also gern über einen an sich guten Gesetzentwurf, zu dessen Umsetzung es aber an politischem Willen ebenso mangeln dürfte wie derzeit an den Aufnahmekapazitäten. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist unzweifelhaft, dass man das, was heute als Gesetzentwurf vorgeschlagen wird, auch so machen kann.
In der Tat, die Kollegin Touré hat recht, natürlich gibt es die Grundlagen auf Bundesebene, die im Übrigen auch wir als Küstenkoalition seinerzeit, als wir die Leute in andere Bundesländer verschickt haben, genauso einhalten mussten und die den gleichen Restriktionen unterlagen. Ich denke, das bringt nicht viel, wenn wir uns darüber unterhalten.
Wir haben hierzu eine grundsätzliche politische, aber keine rechtliche Auffassung. Ich meine, in der letzten Diskussion zu diesem Thema habe ich auch schon deutlich gemacht, dass wir der Auffassung sind, dass Leute nur dann hinter Gitter gehören, wenn sie in irgendeiner Art und Weise Verbrechen begangen haben. Das ist unser Grundsatz.
da, wo von den Menschen eine Gefahr ausgeht wenn es sich möglicherweise um Gefährder handelt oder wo es sich um Menschen handelt, die gerade aus einer Strafhaft herausgekommen und schon in Freiheit sind, aber abgeschoben werden sollen, wobei man Angst hat, dass dabei noch etwas passieren könnte -, diese wenigen Menschen dergestalt in Abschiebungshaft genommen und in andere Bundesländer verschickt haben. Das war unser Grundsatz. An diesem Grundsatz würden wir als SSW immer noch festhalten.
Eins möchte ich deutlich machen. Wir können uns einmal die Zahlen anschauen, die man besonders gut der Bundestagsdrucksache 19/1488 entnehmen kann. Dort sind die entsprechenden Zahlen der gesamten Republik aufgeführt. Im Jahr 2012 fingen wir mit 304 Insassen an. Weil wir ja den Beschluss gefasst hatten, Rendsburg zu schließen, ist die Zahl der Insassen gesunken. Im Jahr 2015, nachdem die Abschiebungshaftanstalt geschlossen war, saß dann nur noch einer in Haft, und in den Folgejahren waren es auch nicht viel mehr.
Das ist für uns ein Beleg dafür, dass es mit Sicherheit so sein kann, dass man nicht so viele Menschen in Haft nehmen muss, wie man es in der Vergangenheit getan hat. Deswegen sind wir der Auffassung, dass kein Bedarf besteht. Das Rückkehrmanagement hat gefruchtet, und die Verwaltungsvereinbarung mit Brandenburg über die Haftplätze in Eisenhüttenstadt war von der Menge her auskömmlich. Insofern ist unser erster Punkt: Wir brauchen die neue Haftanstalt gar nicht, weil wir für diejenigen, die man wirklich hinter Gitter bringen muss, in Deutschland ausreichend Plätze haben.
Zweiter Punkt: Eine solche Abschiebungshaftanstalt ist natürlich auch eine teure Tasse Tee. Die letzte hat uns im Schnitt etwa 1,3 Millionen € jedes Jahr gekostet. Das war übrigens auch ein Grund dafür, diese abgeschafft zu haben. Da stellt sich schon die Frage, wenn wir jetzt wieder eine neue schaffen, was das bedeutet. - Das bedeutet erst einmal, dass wir wieder mehr Geld ausgeben müssen. Das kann man so tun, wenn man es will.