Protocol of the Session on September 6, 2018

In Frankreich dürfen Supermärkte seit zwei Jahren gar keine Lebensmittel mehr wegwerfen. Große Supermärkte müssen sich hier sogar vertraglich zur Abgabe von Überbeständen an karitative Einrichtungen verpflichten. Die Aufgabe der Tafeln bei uns im Land ist dabei zentral, auch wenn die Gründe dafür, dass es diese Tafeln gibt und geben muss, ein trauriges Kapitel für sich sind.

Zu den Anträgen: Auf den ersten Blick wirken sie beide unterstützenswert. Allerdings schießt der SPD-Antrag aus unserer Sicht weit über das Ziel hinaus. Unternehmen sollen verbindlich verpflichtet und sogar das Vergaberecht geändert werden, und das alles auf sehr unsicherer Datenlage. Gestern haben wir mehrheitlich die Verschlankung des Vergaberechts begrüßt, mit gutem Grund. Das Thema Lebensmittelverschwendung hat hier aus unserer Sicht nichts zu suchen.

Dem Jamaika-Antrag können wir zustimmen, da er auf Aufklärung, Bildung und freiwillige Maßnahmen setzt. Wichtig ist das gemeinsame Ziel, dass Lebensmittel nicht mehr in diesem Maße verschwendet werden. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Kollege Flemming Meyer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir freuen uns, dass die Kollegin Kirsten Eickhoff-Weber für die SPD-Fraktion die Debatte um Lebensmittelverschwendung noch einmal angestoßen hat.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir haben dieses Thema hier im Plenum ja bereits früher diskutiert, und auch auf Bundesebene liegen hierzu Beschlüsse vor. Sowohl die SPD als auch die Regierungskoalition mit ihrem Alternativantrag stellen ganz richtig fest, dass Deutschland zwar Mitunterzeichner der SDG ist und sich verpflichtet hat, die Lebensmittelverschwendung bis zum Jahr 2030 zu halbieren, aber, obwohl der Beschluss dazu seit mehr als 2017 im Bundesrat vorliegt, dahin gehend noch nichts Nennenswertes passiert ist.

Wir finden für beide Anträge eine Überweisung in den Ausschuss sinnvoll, in dem wir dann gemeinsam diskutieren können, welche der Punkte der Anträge am zielführendsten sind und welche Punkte sich vielleicht ohnehin erledigt haben oder sehr ähnlich sind. Denn in der Sache sind sich die auf dem Tisch liegenden Anträge sehr einig. Beide haben die Entwicklung einer nachhaltigen Strategie gegen Lebensmittelverschwendung zum Ziel. Dies ist auch bitter nötig.

11 Millionen t Lebensmittel werden in Deutschland jedes Jahr in den Müll geworfen - durch die gesamte Produktionskette hinweg bei der Erzeugung, der Verarbeitung, im Großverbrauch, bis die Lebensmittel dann in den Handel gehen, und in den Privathaushalten. Wir verschwenden Ressourcen noch und nöcher.

Dabei könnte man vieles davon verhindern. Das fängt schon bei den Verlusten in der Landwirtschaft an, wenn Gemüse und Obst vom Aussehen her nicht den Anforderungen entsprechen oder bei der

(Volker Schnurrbusch)

Schlachtung von Tieren nur bestimmte Teile verwendet werden. Es geht weiter, wenn im Handel aussortiert wird, wenn in Kantinen und Restaurants zu viele Reste bleiben oder wenn im privaten Haushalt über die Maße viel weggeschmissen wird. Hier liegt mit 6,7 Millionen t verschwendeten Lebensmitteln im Jahr aus unserer Sicht der Faktor, den wir am einfachsten vermeiden könnten.

Dann sind wir natürlich auch schnell bei der Diskussion um das Mindeshaltbarkeits- und das Verfallsdatum. Während das Mindesthaltbarkeitsdatum Auskunft darüber gibt, bis zu welchem Tag ein Lebensmittel bei vorgesehener Aufbewahrung in jedem Fall und ohne jedwede Geschmacks- oder Qualitätseinschränkung sowie gesundheitliche Auswirkungen verzehrt werden kann, ist das Verfallsdatum der Tag, ab dem das Lebensmittel tatsächlich verderblich ist und gesundheitsgefährdend sein kann. Diese Produkte sollen dann auch nicht mehr verkauft oder verzehrt werden.

Ein Problem mit der Lebensmittelverschwendung haben wir dann, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum im Privathaushalt wie ein Verfallsdatum behandelt wird. Ich glaube, das kennen so einige von uns auch von zu Hause. Ich zumindest kenne das, denn ich weiß, wie meine dänische Leberpastete immer sehr schnell verschwindet.

(Heiterkeit Birte Pauls [SPD])

Offensichtlich sind wir uns darüber einig, das Problem der Lebensmittelverschwendung ernsthaft angehen zu wollen. Nun haben wir sich unterscheidende Wege dahin präsentiert bekommen: Die SPD möchte gern einen Runden Tisch einrichten. Jamaika möchte lieber zur freiwilligen Teilnahme an aufklärerischen Projekten motivieren. Beide Anträge sehen die Vermittlung von Wissen über die Vermeidung von Lebensmittelabfällen und das Wertschätzen von Lebensmitteln in Schulen vor. Und dem SSW ist das Mindesthaltbarkeitsdatum - zumindest, wie es zurzeit gehandhabt wird - ein Dorn im Auge. Deshalb ist es wirklich das Beste, wenn beide Anträge in den Ausschuss überwiesen werden, damit wir dort besprechen können, wie wir gemeinsam sinnvolle Lösungen finden können. Denn wir haben hier ein Problem, das wir gemeinsam angehen können. - Jo tak.

(Beifall SSW, vereinzelt SPD und Beifall Aminata Touré [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Vielen Dank, Herr Kollege. Das Wort für die Landesregierung hat nun der Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, Jan Philipp Albrecht.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Es ist unbestritten: Die große Menge an Lebensmitteln, die wir ungenutzt wegwerfen, ist niemandem mehr zu erklären. Deshalb bin ich den antragstellenden Fraktionen sehr dankbar, dass sie dieses Thema aufgegriffen haben. Ich glaube auch, dass es ein wichtiges Signal an diejenigen Kreise ist, die sich schon jetzt darum bemühen, dass Lebensmittel sorgsam betrachtet und nicht weggeworfen werden, wenn eine weitere Nutzung möglich ist. Ich bin auch davon überzeugt, dass es tatsächlich viele solcher Projekte gibt, die derzeit unsere Unterstützung brauchen. Daran möchte auch ich mich gern beteiligen. Denn wir brauchen eine größere Aufmerksamkeit für das Problem, das wir ohne Zweifel - das haben die Vorrednerinnen und Vorredner gesagt - gemeinsam sehen.

Wichtig ist aber auch zu klären, was überhaupt die Ursachen von Lebensmittelabfällen sind. Das ist eine Frage, die unter der Federführung des Bundesernährungsministeriums und unter Beteiligung der Länder im Rahmen der nationalen Strategie zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen bearbeitet wird. Schleswig-Holstein beteiligt sich an diesen Arbeiten.

Einige Jahre hat der Bund auf Sensibilisierung der Öffentlichkeit gesetzt und dabei vor allem die privaten Haushalte im Blick gehabt. „Zu gut für die Tonne“ ist eine durchaus erfolgreiche Kampagne, die daraus hervorgegangen ist. Vor allem seitdem der Bundesrat eine nationale Strategie eingefordert hat, werden nun auch andere Abfallerzeuger wie Großküchen und Gastronomie, der Handel und die Ernährungswirtschaft sowie letztlich auch die Landwirtschaft betrachtet. Wirtschaft und Nichtregierungsorganisationen, die sich zu diesem Thema zahlreich verdient gemacht haben, arbeiten länderübergreifend an der Problematik. Das ist gut und richtig, und das sollten wir unterstützen.

Auf EU-Ebene wollen wir derzeit überhaupt erst einmal definieren, was Lebensmittelabfall ist - das wurde schon angesprochen -: Ist es nur das für den Verzehr Vorgesehene oder auch der Strunk und die Schale? Und sollen die Mitgliedstaaten eine Men

(Flemming Meyer)

generfassung durchführen, um so die Basis zu bestimmen, die auch eine wichtige Voraussetzung dafür ist, ein Reduktionsziel festzulegen? Minus 50 % auf Einzelhandels- und Verbraucherebene bis 2030 fordert das globale Nachhaltigkeitsziel.

Die Anträge der SPD und der Regierungsfraktionen sind aus meiner Sicht sinnvoll und gehen in die richtige Richtung. Mit den in Schleswig-Holstein vorhandenen Ressourcen und Strukturen können wir aber nur einen begrenzten Teil davon umsetzen. Dies gilt insbesondere auch für den Antrag der SPD-Fraktion, von dem ich inhaltlich jedes Wort mittragen kann. Zur Umsetzung bräuchten wir aber, wenn wir das ernst meinen, Personalkapazitäten aus sechs Ressorts. Viele davon sind aber im Rahmen anderer Herausforderungen, die wir heute schon angesprochen haben, bereits erheblich gebunden.

(Beate Raudies [SPD]: Das ist ja eine lahme Ausrede!)

Ich finde es deshalb richtig, dass wir uns darauf konzentrieren, unsere Ressourcen zielgerichtet dort einzusetzen, wo das notwendig ist und die Prozesse in Gang sind, nämlich auf Bundes- und EU-Ebene, um eine zügige Findung von Definition und Reduktionsziel zu erreichen. Nach Verabschiedung der nationalen Strategie, auf die wir jetzt drängen müssen - das ist richtig -, muss dann eine Umsetzung die kann auch ambitioniert sein - derselben hier im Land in Angriff genommen werden.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

So kann es gelingen, in einer gemeinsamen Anstrengung, die wir offenbar alle für richtig halten, der Verschwendung unserer wertvollen Lebensmittel in Schleswig-Holstein und im gemeinsamen europäischen Markt endlich ein Ende zu setzen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag mit der Drucksachennummer 19/704 sowie den Alternativantrag mit der Drucksachennummer 19/826 in den Umwelt- und Agrarausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Vielen Dank. Die Gegenprobe! - Vielen Dank. Dann ist dies mit den Stimmen der CDU-Fraktion, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der

FDP-Fraktion sowie der AfD-Fraktion gegen die Stimmen der SPD-Fraktion und der Abgeordneten des SSW abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion der SPD mit der Drucksachennummer 19/704 abstimmen. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Vielen Dank. Dann die Gegenprobe! - Vielen Dank. Dann ist dieser Antrag mit den Stimmen der CDU-Fraktion, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP-Fraktion und der AfD-Fraktion gegen die Stimmen der SPDFraktion und der Abgeordneten des SSW abgelehnt.

Ich lasse dann über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/826, abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Vielen Dank. Die Gegenprobe! Enthaltungen? - Vielen Dank. Dann ist dieser Antrag einstimmig bei Enthaltung der SPD-Fraktion und der Abgeordneten des SSW so angenommen.

Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, den wir noch vor der Mittagspause aufrufen möchten, möchte ich Sie bitten, mit mir gemeinsam Besucherinnen und Besucher auf unserer Besucherinnen- und Besuchertribüne zu begrüßen. Das sind zum einen Menschen aus der Bundesagentur für Arbeit, Generaldirektion Nord, und zum anderen Menschen aus der Freiwilligen Feuerwehr aus Moorrege, darunter auch ehrenamtliche syrische Feuerwehrmänner. - Ihnen allen ein herzliches Willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag und einen guten Aufenthalt!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Informatikunterricht zukunftsweisend voranbringen

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/863

Alternativantrag der Fraktion der AfD Drucksache 19/920

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Für die CDU-Fraktion hat zunächst der Abgeordnete Tobias Loose das Wort.

(Minister Jan Philipp Albrecht)

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute geht es um das Thema Digitalisierung in der Schule; darüber haben wir hier schon häufiger diskutiert. Digitalisierung ist natürlich etwas, das vor der Schule nicht haltmacht. Wir wollen uns hier insbesondere um das Thema Informatik kümmern. Die Landesregierung hat insgesamt ein großes Bündel an Vorhaben - vielleicht komme ich nachher noch einmal darauf -, was wir an Digitalisierung in der Schule umsetzen wollen, aber heute bildet den Schwerpunkt der Informatikunterricht.

Ich muss selber feststellen, dass ich - wenn ich zwei, drei Jahre zurückblicke - nicht von Anfang an überzeugt war, dass man so ein Schulfach braucht und sich damit auseinandersetzen muss. Ich habe manchmal Sätze gesagt wie: Wenn man Latein recht gut kann, ist das so ähnlich wie eine Programmiersprache, und am Ende sind das Kompetenzen, die miteinander vergleichbar sind.

(Zurufe)

- Ich kann Fehler auch einmal zugeben. Ich habe sehr viele Gespräche geführt. Ich will insbesondere Herrn Professor Andreas Mühling vom Institut für Informatik hervorheben, an dem das Thema Didaktik der Informatik auch eine Rolle spielt. Ich weiß, dass die FDP gefordert hat, dass dieser Lehrstuhl entsprechend verstetigt wird. Das ist passiert. Herr Mühling und viele andere machen mit ihrer Arbeit deutlich, wie wichtig Informatik als echtes Schulfach ist.

Ich habe mir gerade das Strategiepapier der KMK mit dem Titel „Bildung in der digitalen Welt“ angeguckt. Liest man diese Hinweise, wird einem klar, wie breit die Digitalisierung auch in den Klassenraum wirkt. Ich will einige Themenfelder vorstellen.

Dort geht es zum Beispiel erstens um „Suchen, Verarbeiten und Aufbewahren“, also die Frage, wie ich relevante Informationen filtere. Wie gehe ich zum Beispiel mit Google um? Ich finde in dem Zusammenhang auch wichtig, dass man versteht: Wie funktioniert das eigentlich technologisch? Was ist eine Suchmaschine? Wie arbeite ich damit?

Zweitens haben wir das Thema „Kommunizieren und Kooperieren“: Wie kommuniziere ich richtig? Hat man früher vielleicht einmal ein Anschreiben als Standard in der Schule gelernt, wie das mit einem Briefkopf und Ähnlichem aussehen muss, ist es heute wichtig, auch darüber zu sprechen: Wie