Protocol of the Session on June 14, 2018

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Nein!)

Aber es ist doch schon ein bisschen merkwürdig, dass man Expertenmeinungen missachtet, dass man die Expertise der GdP nicht mit einbezieht und sagt: „Ach, wir legen es einmal drauf an und pferchen diese Leute in solche Lager, egal, ob sie hierbleiben dürfen oder nicht. Und dann schauen wir mal, was dabei herauskommt.“ Von daher lehne ich auch diese Forderung entschieden ab.

Ich gehe auch nicht davon aus, dass es in der Republik eine breite Mehrheit dafür geben wird, diese Ankerzentren in den Ländern einzurichten, Frau

(Serpil Midyatli)

Kollegin Ostmeier. Denn ich glaube nicht, dass das, was uns der „Noch-Bundesinnminister“ - dies sagte ja vorhin Rasmus - vorlegen wird, mit dem konform gehen wird, was wir uns insoweit vorstellen.

Es tut mir wirklich sehr leid, weil die Zeit sehr knapp bemessen worden ist. Aber ich möchte zum Schluss gerne noch etwas sagen.

Einen letzten Satz.

Einen allerletzten Satz. - Wir alle führen Gespräche, ob das Gespräche in Sportvereinen sind, Gespräche in Schulen oder Gespräche innerhalb der Familie, Gespräche mit den Arbeitskolleginnen und -kollegen oder auch Gespräche mit Verwandten. Wir wissen deshalb, dass es eine enorme Kraftanstrengung war, was dieses Land in den Jahren 2015 und 2016 bei der Unterbringung der Geflüchteten geleistet hat.

Und jetzt geht es um die Integration. Ich wäre bereit, mit Ihnen über jede Herausforderung zu diskutieren, über alle Schwächen, über alle Stärken, auch über Dinge, bei denen wir hier vielleicht gemeinsam zu einem guten Ergebnis kommen könnten. Aber wir müssen wirklich dazu kommen, in der Sache miteinander darüber zu reden. In der Sache, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir bedienen damit nur die Kriegsschauplätze, und damit kommen wir nicht weiter. - Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich bitte die Abgeordneten, sich wieder ein bisschen strenger an die vereinbarte Redezeit zu halten. - Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat das Wort Frau Abgeordnete Aminata Touré.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Viele der Themen in Ihrem Antrag werden in unserem Koalitionsvertrag bereits aufgegriffen. Wir haben zum Glück aber andere Lösungsvorschläge. Ich gehe jetzt einmal konkret die einzelnen Punkte Ihres Antrags durch.

Zunächst zu den Ankerzentren. Ich verstehe zum Beispiel nicht, wie man auf die Idee kommt: „Hey,

lasst uns doch einfach einmal 2.000 Leute zusammenpferchen, dann haben wir keine Probleme mehr.“ Das funktioniert so nicht.

Deshalb bin ich auch sehr froh darüber, dass unser Innenminister Grote zu dem ganzen Bereich bereits gesagt hat: „Das machen wir als Land nicht mit.“

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Der Bundesinnenminister will bis zum Sommer einen Gesetzentwurf vorlegen, und ich kann nur hoffen, dass wir dadurch nicht verpflichtet werden, Ankerzentren einzurichten. Deshalb ist es gut, dass die meisten Länder bereits im Vorfeld signalisieren, dass sie das nicht mitmachen werden.

Damit lehnen wir auch den nächsten Punkt Ihres Antrags ab: Altersfeststellung bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Dazu haben wir übrigens schon im Februar einen Antrag eingebracht, in dem wir gesagt haben: Wir brauchen für SchleswigHolstein keine neue gesetzliche Regelung.

Der nächste Punkt betrifft die Widerrufsprüfungen. Sie schlucken Kapazitäten in Ländern, bei denen klar ist, dass dort nach wie vor Krieg herrscht, wie zum Beispiel in Syrien, und schaffen keine Schnelligkeit, die Sie doch eigentlich laut Ihrem Antragstitel fordern.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der nächste Punkt betrifft die freiwillige Ausreise. Wir haben in den letzten Haushaltsplan - in den hätten Sie auch hineinschauen können - viel Geld gesteckt und werden jetzt der Verantwortung gerecht, die Beratung auszubauen.

Der nächste Punkt betrifft die sicheren Herkunftsstaaten. Wir werden diesem Konzept als Grüne nicht zustimmen und haben die Enthaltung im Bundesrat im Koalitionsvertrag dokumentiert.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Fazit: Entweder wir machen bereits etwas, oder es gibt bereits gesetzliche Regelungen, oder wir lehnen es kategorisch ab.

Alle Parteien sind sich, glaube ich, einig darüber, dass die Verfahren schneller sein müssen, aber eben auch sorgfältig sein müssen. Aber - und das muss man sich ganz genau angucken - die Motivation dahinter könnte nicht unterschiedlicher sein. Die einen wollen das, damit nicht so lange Unsicherheit über die eigene Situation besteht, und die anderen wollen es, damit schneller abgeschoben werden kann.

(Serpil Midyatli)

Wenn ich das Ganze im bundespolitischen Kontext und im Kontext mit der gesamten BAMF-Affäre betrachte, dann fände ich es auch spannend - Frau Midyatli hat es vorhin gesagt -, sich mit der Frage auseinanderzusetzen: Was bedeutet das eigentlich für die Leute, die im Verfahren sind, wenn sie tatsächlich mitbekommen, dass ihre Bescheide möglicherweise falsch sind? Diese Perspektive kommt mir deutlich zu kurz.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das BAMF braucht Unterstützung, moralische wie auch personelle. Menschen, die in der Hochphase gesagt haben, sie machen diesen Job, sollte man dafür danken, dass sie sich dieser Aufgabe angenommen haben.

Die Forderung der Bundestagsfraktion der Grünen nach einer Reform des BAMF, damit in einem rechtsstaatlichen und ordnungsgemäßen Verfahren Entscheidungen getroffen werden können, unterstützen wir.

Es kommt mir in dieser Debatte übrigens auch zu kurz, dass es nicht mehr nur um vermeintlich zu Unrecht positiv beschiedene Fälle geht, sondern auch um negative Bescheide, die eigentlich positiv hätten beschieden werden müssen.

Erst gestern hat mich der Kollege Tobias Loose zu einem Gespräch mit vielen Menschen mit Fluchthintergrund eingeladen. Da werden aus Zahlen schlichtweg Geschichten. Da wird aus den Begriffen „schlechte Bleibeperspektive“ der Afghane, der sich mit seinem Bauingenieursabschluss aus der Heimat um einen Studienplatz in Kiel bemüht, aber nicht weiß, ob er hierbleiben kann, während wir in Deutschland über einen Fachkräftemangel diskutieren. Das ist nur eines von sehr vielen und sehr reellen Problemen im Bereich Asyl und Integration, die man angehen muss.

Ich sehe die leidige Debatte in 20 Jahren auf uns zukommen. Dann wird es nicht mehr heißen, die Türkischstämmigen hätten sich nicht integriert, sondern die Afghaninnen und Afghanen hätten sich nicht integriert. Die Schlagzeile wird dann lauten: Misslungene Integration.

Kein Mensch will sich dann wieder daran erinnern, dass man es Menschen mit derzeit schlechter Bleibeperspektive eben nicht ermöglicht hat, an Deutschkursen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge teilzunehmen, und ihnen den Weg zum Arbeitsmarkt erschwert hat. Dann heißt es wahrscheinlich wieder: „Die Afghaninnen und Afghanen leben in einer Parallelgesellschaft.“

Es wird sich dann höchstwahrscheinlich auch keiner mehr daran erinnern, dass es in Afghanistan nicht sicher war, dass Menschen deshalb nicht dorthin zurückgehen konnten und deshalb hiergeblieben sind. Man hat sie zwar nicht abgeschoben, aber man hat sie eben auch nicht integriert.

Die Vorschläge des Bundesinnenministers sind leider größtenteils nicht hilfreich. Genau um die Probleme derer, die sich um Ausbildung, Studium, Arbeit und gesellschaftliche Teilhabe bemühen und dennoch Probleme bürokratischer oder aufenthaltsrechtlicher Natur haben, sollte sich meines Erachtens ein Bundesinnenminister kümmern, statt mit Vorschlägen zu kommen, die den Ländern das Leben zur Hölle machen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben viele gute Vorschläge in unserem Koalitionsvertrag. Davon haben wir bereits einiges umgesetzt, und an anderem arbeiten wir gerade konstruktiv zusammen.

Wir werden den Antrag natürlich ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Jan Marcus Rossa das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD möchte mit uns im Landtag über eine effizientere Gestaltung von Asylverfahren sprechen. Das ist grundsätzlich eine gute Idee, denn weder für die Migrantinnen und Migranten noch für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land ist es hinnehmbar, dass die Asylverfahren hier fast bis zu elf Monate dauern, um dann über einen Antrag entschieden zu haben.

Aber, liebe Kollegin und Kollegen von der AfD, diese Diskussion werden wir mit Sicherheit nicht auf der Grundlage des Koalitionsvertrags von Union und SPD in Berlin führen. Wir haben in Schleswig-Holstein unsere eigenen Vorstellungen, die wir in unserem Koalitionsvertrag klar zum Ausdruck gebracht haben und die wir viel überzeugender finden als das, was sich in Berlin Union und SPD überlegt haben.

(Beifall FDP)

(Aminata Touré)

Es ist an Fantasielosigkeit kaum noch zu überbieten, dass Sie, liebe AfD, uns hier einen Antrag servieren, der in weiten Teilen aus dem Koalitionsvertrag im Bund schlicht abgeschrieben worden ist.

(Jörg Nobis [AfD]: Dann können Sie doch auch zustimmen!)

- Wieso? Ich bin kein Koalitionspartner. Möge sich die AfD im Bundestag mit dem Koalitionsvertrag der Regierungsparteien auseinandersetzen. Wir hier in Kiel stehen für solche Stellvertreterdebatten nicht zur Verfügung.

(Beifall FDP, CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unabhängig davon ist Ihre Forderung nach Ankerzentren, die das Asylverfahren beschleunigen sollen, unsinnig. Wie diese Zentren ausgestaltet werden sollen und wie dort Verfahren effizienter gestaltet werden können, bleibt bei Ihnen genauso unklar wie bei der Bundesregierung.

Deshalb war es richtig, dass sich die Landesregierung geweigert hat, am Pilotprojekt der Bundesregierung teilzunehmen. Dafür danken wir.