Deshalb war es richtig, dass sich die Landesregierung geweigert hat, am Pilotprojekt der Bundesregierung teilzunehmen. Dafür danken wir.
Zudem ist die Idee von größeren Aufnahmezentren in Schleswig-Holstein überhaupt nicht neu. Auch in Schleswig-Holstein haben wir Erfahrungen mit solchen großen Aufnahmeeinrichtungen gemacht, in denen schon heute Asylsuchende aufgenommen werden, wo sie wohnen, registriert und über ihre Fluchtgründe befragt werden. In diesen Einrichtungen werden die Flüchtlinge betreut. Sie stellen ihren Asylantrag und bleiben dort, bis über ihren Antrag entschieden worden ist. Wird ein Asylantrag abgelehnt und besteht auch aus sonstigen Gründen kein Aufenthaltsrecht in Deutschland, wird aus den Erstaufnahmeeinrichtungen heraus die Ausreise und Abschiebung durchgeführt. Nichts anderes soll in den Ankerzentren geschehen.
Nicht neu ist auch die Idee, dass in den Erstaufnahmeeinrichtungen verschiedene Behörden und Institutionen eng zusammenarbeiten. Auch das ist schon heute gelebte Praxis in Schleswig-Holstein, und das werden wir auch weiterentwickeln. Wo ist also der Vorteil der Ankerzentren, die Sie hier fordern?
Der Hauptunterschied zwischen Bundesregierung und Landesregierung scheint zu sein, dass wir in Schleswig-Holstein auf einen plakativen neuen Begriff für die Aufnahmeeinrichtungen verzichten können. In der Diskussion um Ankerzentren wird
zudem viel zu wenig berücksichtigt, wie problematisch Aufnahmeeinrichtungen sind, in denen Migranten in großer Zahl über viele Monate hinweg untergebracht und im besten Fall verwahrt werden. Die Bedingungen in diesen Einrichtungen schaffen schon heute ein erhebliches Konfliktpotenzial. Meine Kollegen haben hier auch schon angesprochen, dass wir mit diesem Konfliktpotenzial vernünftig umgehen müssen. Repression hilft hier sicherlich nicht. Hier bleiben sowohl Sie als auch die Bundesregierung klare Antworten schuldig.
Ich halte es vor diesem Hintergrund für richtig, dass wir in Schleswig-Holstein weiterhin auf Ankerzentren verzichten und uns gegen dieses Modellprojekt ausgesprochen haben. Der Koalitionsvertrag im Bund kann für uns kein Vorbild in der Flüchtlingspolitik sein. Nicht zu Unrecht - das muss hier gesagt werden - ist in der „ZEIT“ der Koalition im Bund vorgeworfen worden, dass ihr Koalitionsvertrag bei der Flüchtlingspolitik die Sprache - ich zitiere wörtlich - „der Rechtspopulisten übernommen“ habe.
Auch deshalb ist es richtig, wenn wir hier in Schleswig-Holstein an der Flüchtlingspolitik festhalten, auf die wir uns in der Jamaika-Koalition verständigt haben. Wir haben schon in den Koalitionsverhandlungen im letzten Jahr erkannt, dass wir die Erstaufnahmeeinrichtungen zu Landeskompetenzzentren weiterentwickeln müssen. Wir haben uns bewusst gegen ein bloßes Verwahren der Flüchtlinge in solchen Einrichtungen entschieden. Wir werden das in Schleswig-Holstein eingeführte Rückführungsmanagement evaluieren und auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse weiterentwickeln. Wir haben uns entschieden, in SchleswigHolstein eine den europarechtlichen und verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechende Abschiebehafteinrichtung zu schaffen und werden noch in diesem Jahr die Grundlage dafür schaffen.
Vielen Dank. Wie erklären Sie sich denn, dass Ihr FDP-Chef, Herr Lindner, im Fernsehen bei „Maybritt Illner“
- Herr Kollege, dazu muss ich nichts sagen. Ich habe hier in Schleswig-Holstein einen Koalitionsvertrag mitverhandelt und abgeschlossen. Der ist für mich bindend.
Ich komme zu dem Schluss, sehr verehrte Kollegen der AfD, dass es nicht nötig ist, uns auf der Grundlage von Koalitionsverträgen anderer Parteien zu erklären, wie Flüchtlingspolitik zu gestalten ist. Das steht einmal fest. Dazu sind wir durchaus ohne Ihre plagiierten Vorschläge in der Lage. Wir verzichten dankend, und ich bitte die Abgeordneten der übrigen Fraktionen, den Antrag der AfD abzulehnen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Titel des Antrags ist insgesamt schon irreführend. Titel und Antragstext stimmen nämlich nicht überein. Es geht der antragstellenden Fraktion nicht um effiziente Asylverfahren, sondern um effiziente Abschiebe- und Ausreiseverfahren. Das ist natürlich eine Einengung, die wir total ablehnen.
Der SSW ist gegen die sogenannten Ankerzentren, wie sie derzeit geplant werden. Wir haben schon vor der Zunahme der Asylverfahren im Zuge der Bürgerkriege festgestellt, dass es nicht zumutbar ist, Menschen über eine längere Zeit - oft über Monate und Jahre, darüber reden wir, wir reden nicht über ein paar Wochen, sondern über Monate und Jahre kann sich das hinziehen - in Asylzentren unterzubringen, weil es dann so kommt, wie es bei allen Menschen wäre, wenn zu viele Menschen auf engstem Raum eingepfercht werden: Dann entstehen Konflikte. Das ist wieder nur Wasser auf die Mühlen derjenigen, die sowieso darauf warten, dass irgendjemand irgendein Problem verursacht. Es ist wirklich wichtig, noch einmal darauf hinzuweisen, dass genau solche Zentren der falsche Weg sind.
Aber die antragstellende Fraktion will ja genau das. Es handelt sich um eine massive Einschränkung auch für die Betroffenen. Auch das muss man sehen. Das sind Menschen, die nichts getan haben, aber die in ihrer freien Beweglichkeit eingeschränkt werden sollen. Wenn man dann im Punkt 3 von einer Bleibeverpflichtung der Asylbewerber liest, weiß man, was gemeint ist: Bleibeverpflichtung bedeutet, die müssen da drin bleiben, haben keinerlei Außenkontakte und haben eben auch keine Möglichkeit, überhaupt die deutsche Gesellschaft kennenzulernen. Wir lehnen diese Einschränkung der Freiheit der Asylbewerber natürlich grundsätzlich ab, weil sie faktisch eben ein Integrationsverbot darstellt: Ohne Kontakt mit der deutschen Gesellschaft, ohne Berufstätigkeit oder Schulbesuch und auch ohne Kindergarten für die Kleinen kann es keine Integration geben. Darum schafft eine Bleibeverpflichtung - in welcher Einrichtung auch immer - keine Chance auf die Wahrung einer erfolgreichen Integration, wie es der Text in einem Halbsatz vorher glauben machen möchte, sondern es ist eben genau das Gegenteil: Es ist Integrationsverhinderung. Das ist genau das, was wir nicht wollen. Wir wollen Integration haben. Die, die jetzt schon da sind, werden auch bleiben. Das hat auch die AfD zu akzeptieren.
Deswegen ist unsere Aufgabe, den Leuten dabei zu helfen, dass sie sich integrieren können, und nicht, dass wir sie einpferchen.
Ich kann eigentlich gar nicht alle Widersprüche ansprechen, die der Antrag beinhaltet. Man kann es sowohl in dem Koalitionsvertrag auf Bundesebene, als auch noch einmal in dem Antrag nachlesen. Die antragstellende Fraktion schreibt zum Beispiel, es sollten Schutzbedürftige unterstützt werden. Da sagt ja jeder Mensch erst einmal: Das ist ja wunderbar. Sie sollen sogar eine Rechtsberatung bekommen!
Das ist ja für AfD-Verhältnisse auch sehr ungewöhnlich. Es ist also alles gut. Aber dann kommt es: Der Status der Asylbewerber soll regelmäßig überprüft werden, und zwar alle drei Jahre. Was bedeutet das für die Menschen? - Sie sind drei Jahre hier, haben vielleicht ein bisschen Deutsch gelernt, die Kinder gehen inzwischen in die Schule, man hat vielleicht auch schon irgendeinen Kurs besucht.
Danach darf man sich wieder vorstellen und muss wieder Angst haben, dass man abgeschoben wird und das alle drei Jahre. Das ist doch keine Integration, da ist Integrationsverhinderung.
Das wollen wir so nicht, sondern wir wollen uns wirklich um die Leute kümmern, die jetzt schon da sind, und auch um die, die noch kommen. Wir wollen, dass sie eine Chance haben, hier in der Gesellschaft Fuß zu fassen.
Dem SSW geht es darum, dass wir alle gut zusammenleben und nicht um die Frage, wie sich Schleswig-Holstein optimal gegen Geflüchtete abschottet, internationale Verabredungen missachtet und Schutzbedürfnisse ignoriert. Fakt ist, dass Deutschland nicht auf den erheblichen Anstieg der Asylverfahren vorbereitet war. Das ist völlig klar. Deswegen sind die Fehler im BAMF geschehen, und zwar nicht nur zugunsten der Asylbewerber, sondern vornehmlich zu deren Nachteil. Die zuständige Behörde war zu klein, das wissen wir auch, und wurde zwischenzeitlich nicht besonders fachgerecht aufgestockt - was auch nicht so einfach möglich war, weil es eben so viele Entscheider gar nicht gab. Das war und ist ein Problem, das gelöst werden muss und an dem man dran ist. In Berlin wird man sicherlich noch lange über die Aufarbeitung und die Konsequenzen beraten müssen, aber solange es überlange Asylverfahren bleiben, die sich über viele Jahre erstrecken, und solange es darum geht, dass wir eine mangelnde Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern haben, wenn tatsächlich jemand keine Bleibeberechtigung hat, dann sind das doch die eigentlichen Probleme, die wir haben und nicht die Asylbewerber an sich. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass auch die Bundesrepublik Deutschland in Verhandlungen mit den jeweiligen Ländern eintritt, um mit diesen Ländern eine Einigung zu erzielen, dass, wenn tatsächlich jemand gehen muss, er dann unter humanen und vernünftigen Bedingungen wieder in sein Heimatland zurückkehren kann.
Sie sehen, dass ich noch viel mehr hier stehen habe. Das kann man alles nachlesen. Aber eines kann man feststellen, das ist für mich ganz, ganz wichtig, und das war in der vergangenen Wahlperiode so, und das ist auch in dieser Wahlperiode so: Schleswig-Holstein steht für Humanität, für eine freiwillige Ausreise, für Integration von allen Menschen in der Fläche und vor allen Dingen auch für Hilfestellungen für die Menschen, die zu uns gekommen sind und auch bleiben werden. Darüber bin ich eigentlich ganz froh. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, um all diese verschiedenen Themen, die Sie hier auch in rechtlicher Hinsicht durcheinanderbringen, aufzuzählen.
Herr Harms, Sie sprechen schon wieder davon, dass alle Flüchtlinge hierbleiben müssen. Sie postulieren hier erneut eine Einwanderung über das Asylrecht. Das lehnen wir strikt ab. Das ist widerrechtlich.
(Martin Habersaat [SPD]: So einen Scheiß behaupten Sie doch immer nur völlig grund- los! - Volker Schnurrbusch [AfD]: Das wur- de doch gerade gesagt!)
Frau Ostmeier, Masse statt Klasse war Ihr Kritikpunkt unter anderem an meinem Vortrag und an dem Antrag.
(Martin Habersaat [SPD]: Nicht zu fassen! „Vogelschiss“! - Volker Schnurrbusch [AfD]: Die Frau Präsidentin schläft wieder! Das ist unerhört!)
Der Antrag zu den Ankerzentren stammt eins zu eins - wie hier schon festgestellt wurde - aus dem Koalitionsvertrag der Großen Koalition in Berlin, also dem gemeinsamen Werk von SPD und CDU.
Den habe ich nicht separat beleuchtet. In dem Antrag geht es explizit auch um das Erfassen und das Überprüfen eines Fluchtgrundes.