Protocol of the Session on June 14, 2018

(Claus Schaffer)

Es hilft niemandem, unreflektiert Neues einzuführen und bestehende gute Initiativen mit gewachsenen Strukturen und Netzwerken über Bord zu werfen.

Auch die Frage der Finanzierung der sogenannten Ankerzentren muss weiter mit dem Bund geklärt werden. Als Vertreterin der Menschen in Schleswig-Holstein erwarte ich dabei schon, dass unsere Landesregierung nicht alles vorbehaltlos hinnimmt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Ich bin sicher, dass sich unser Innenminister in den aktuellen Gesprächsrunden aktiv einbringt und in einem konstruktiven, fachlich kompetenten Dialog deutlich macht, dass wir hier vieles schon vorhalten. Es ist die Frage, ob wir nicht gemeinsam mit dem Bund darauf aufbauen können, das in die Debatte einzubringen. Vielleicht sind wir sogar Impulsgeber auf dem Weg zur Konzeptionierung von Ankerzentren in Berlin.

(Jörg Nobis [AfD]: Das glauben Sie doch selbst nicht, was Sie da sagen!)

Insofern bin ich ganz auf der Seite von Daniel Günther, dass wir hier handeln müssen. Wir sind auf einem sehr guten Weg, das wissen Sie ganz genau.

(Zuruf Jörg Nobis [AfD])

Die Behauptung, die Sie hier aufstellen, dass all das in Schleswig-Holstein nicht existiere, stimmt nicht. Die Bürger merken es nur deshalb nicht, weil Sie hier ständig falsche Tatsachen in den Raum stellen.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Deswegen bin ich dankbar für die Debatte, weil ich Ihnen so gerade aufzählen konnte, was hier in Schleswig-Holstein bereits alles existiert. Allein durch Ankerzentren, Kollegen von der AfD, werden sich die Probleme nicht lösen. Auch wenn ich es ungern sage: Wir erleben an der Diskussion in Berlin, dass wir dringend europäische Absprachen brauchen,

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Die nicht funk- tionieren!)

die Überarbeitung der Dublin-Regelung -

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zum Ende.

Nur wenn wir das haben, werden nationale Lösungen gemeinsam mit europäischen Lösungen zu dem Ziel führen, das wir alle verfolgen.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Das ist doch Wunschdenken!)

Ansonsten ist es zu kurz gesprungen. Ihr Antrag ist überflüssig und überhaupt nicht geeignet, zeitnah Lösungen zu bringen. - Danke.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW - Jörg Nobis [AfD]: Sie verlieren noch die Bayern-Wahl!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich der Abgeordneten Serpil Midyatli das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bräuchte eigentlich 10 Minuten. Ich versuche mal, es ganz schnell zu machen.

(Zuruf CDU: Dann mal los!)

Beim Lesen des uns vorliegenden Antrags der AfD kam mir einiges sehr bekannt vor. Da habe ich gedacht: nicht schlecht und gar nicht einmal so doof, sondern vielleicht sogar ein bisschen schlau, verehrte Kollegin und Kollegen.

(Beifall Jörg Nobis [AfD])

Man hätte in dem Antrag auch einfach sagen können: Bitte schauen Sie in den Koalitionsvertrag der Großen Koalition, Seiten 103 bis 105. Der Antrag ist nämlich eins zu eins abgeschrieben, und man hatte hier den Koalitionsvertrag zur Beratung vorlegen können.

(Zuruf Tim Brockmann [CDU])

Das einzig Blöde daran ist, dass hier Serpil Midyatli spricht, die mehrfach öffentlich ganz klar und deutlich gesagt hat: Aufgrund dieser Passage im Koalitionsvertrag werde ich den Koalitionsvertrag in Gänze ablehnen. Von daher ist es für mich gar kein Problem, gegen diesen Antrag sprechen zu können. Das ist nicht der einzige Grund, dass ich Zweifel an diesem Koalitionsvertrag habe. Einmal davon abgesehen, dass ich finde, dass er das Asylrecht beschneidet, bin ich wirklich nicht überzeugt, dass ein Bundesinnenminister Seehofer - und ich verspreche Ihnen heilig: ich habe diese Rede schon Anfang dieser Woche geschrieben, ohne zu wissen,

(Barbara Ostmeier)

was da in Berlin abgeht - überhaupt in der Lage sein wird, eine humane Flüchtlingspolitik in der Republik zu gestalten.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Bundesinnenministerium ist sowieso im Moment komplett nicht in der Lage, effektive und rechtssichere Asylverfahren zu organisieren und zu gewährleisten.

Ich kann die Aufregung sehr gut nachvollziehen, dass Asylverfahren zugunsten von Personen entschieden wurden, die nicht ein Recht darauf hatten, positiv beschieden zu werden. Es sind 1.200 Asylanträge, die positiv beschieden worden sind. Ich kann die Empörung verstehen, weil sich hier jemand ein Recht erschlichen hat. Dass man da Dinge einfordert, da gehe ich d‘accord. Wenn etwas unrecht ist, muss es auch Unrecht bleiben - egal, um wen es sich handelt.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Aber, Kollegin und Kollegen von der AfD: Wo war denn Ihre Empörung, als 31.000 Anträge gegen Flüchtlinge beschieden worden sind? 31.000 Anträge sind von den Gerichten einkassiert worden, weil es sich gegen die Flüchtlinge richtete, die hier zu Recht einen Aufenthaltsstatus hätten kriegen müssen. Von daher würde ich mich sehr freuen, wenn in dieser Debatte die ganze Wahrheit erzählt würde.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie hier das Ganze sehen.

(Zuruf AfD)

Dass der Masterplan von Seehofer bereits jetzt einkassiert worden ist, bevor ihn überhaupt irgendjemand kennt, spricht Bände.

Verehrte Kollegin und Kollegen, ich habe gerade gesagt: Das ist gar nicht so dumm, was Sie da gemacht haben, vielleicht sogar ein bisschen schlau.

(Zuruf CDU: Nicht übertreiben!)

Bei ganz genauem Lesen des Antrags habe ich dann gemerkt: So schlau sind die gar nicht. Im Gegenteil, es ist sogar sehr dumm, denn dieser Teil des Hauses kann diesen Antrag sehr gut ablehnen, denn die Passagen, die hier im Haus komplett mehrheitsfähig wären - da geht es zum Beispiel darum, dass wir die Genfer Flüchtlingskonvention anerkennen -, haben Sie weggelassen.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Das ist doch selbstverständlich!)

Weggelassen haben Sie auch die Passage, wo es darum geht, dass flächendeckend unabhängige Asylverfahren gewährleistet sein sollen - diese Passage haben Sie ausgelassen. Das heißt: Man sieht an diesem Antrag ganz genau, wes Geistes Kind Sie eigentlich sind.

(Dr. Frank Brodehl [AfD]: So ein Blödsinn!)

Es geht Ihnen nicht darum, in diesem Land gerechte oder rechtssichere Asylverfahren zu haben, sondern Sie sind insgesamt dagegen. Sonst hätten Sie diese Passage mit übernommen. Das war kein eigener Absatz, es sind Sätze, die aus dem Absatz herausgenommen worden sind.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt CDU)

Das ist es nämlich, was Sie wollen: gegen die Flüchtlinge hetzen und sich gegen die Genfer Flüchtlingskonvention stellen. Warum haben Sie diesen Satz denn herausgenommen?

Dann komme ich zu den Ankerzentren, die ja das Hauptstück Ihres Antrags sind. Bereits jetzt schon haben sich NGOs, aber auch zum Beispiel die GdP öffentlich gegen derartige Einrichtungen gestellt. Der Grund ist dieser: Sie haben große Sorge, dass es, wenn viele Menschen auf engem Raum leben, von denen einige gute und andere schlechte Bleibeperspektiven haben, zu Spannungen und sogar zu Auseinandersetzungen kommen wird. Ich möchte hier niemandem etwas unterstellen.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Nein!)

Aber wenn es dann Ärger gibt in diesen Ankerzentren, wenn es dort zu Auseinandersetzungen kommt, dann hat man ja wieder einen schönen Grund, um gegen die Flüchtlinge zu hetzen. Wie gesagt, ich will hier niemandem etwas unterstellen.

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Nein!)