Protocol of the Session on April 25, 2018

dem Bundesmindestlohn. Jetzt haben Sie die Gelegenheit, das im Bund zu machen. Machen Sie es bitte, und jammern Sie nicht in vier Jahren, dass Sie die Gelegenheit dazu verpasst haben.

Leider konnten wir die Reduzierung auf einen Mindestlohn in den Koalitionsverhandlungen nicht erreichen - jetzt kann ich mich für die Profilbildung durch Rasmus Andresen revanchieren -, denn das war mit unserem grünen Koalitionspartner nicht hinzubekommen.

(Demonstrativer Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Aminata Touré [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aber ich freue mich heute darüber, was wir als Jamaika zusammen erreichen konnten, nämlich die Entbürokratisierung, die wir zusammen voranbringen. Gute Arbeit muss man nicht nur als Worthülse vor sich hertragen, gute Arbeit sollten wir hier ableisten. Der Landesmindestlohn hilft niemandem mehr. Er ist ein Klotz am Bein und gehört deshalb abgeschafft. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Ich will nicht verschweigen, dass auch innerhalb der AfD lebhafte Diskussionen zum Thema Mindestlohn geführt worden sind. Aber am Ende zählt bekanntermaßen das Ergebnis. Dazu ist zu sagen: Die AfD befürwortet grundsätzlich gesetzliche Mindestlöhne, um die Position von Niedriglohnempfängern als schwächeren Marktteilnehmern gegenüber den Arbeitgebern zu schützen. Das haben wir von der AfD vor genau zwei Jahren in unserem Grundsatzprogramm so beschlossen.

Gerade vor dem Hintergrund unkontrollierter Masseneinwanderungen stellt der Mindestlohn übrigens auch ein wirksames Instrument gegen möglichen Lohndruck dar, Stichwort: Lohndumping.

Im vorliegenden Gesetzentwurf geht es jedoch um die Aufhebung des Landesmindestlohns und um die Frage, ob dieser Landesmindestlohn überhaupt noch erforderlich ist, nachdem mit Beginn des Jah

(Kay Richert)

res 2015 der bundesgesetzliche Mindestlohn wirksam geworden ist.

Durch den in Schleswig-Holstein seit Ende 2013 geltenden Landesmindestlohn werden die Arbeitnehmer des Landes in öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen sowie Zuwendungsempfänger wirtschaftlich abgesichert, und zwar auf der Basis von 9,18 € pro Stunde.

Es handelt sich aber hier nur um einen Teilbereich der abhängigen Beschäftigungsverhältnisse, für die ansonsten der bundesweit geltende Mindestlohn zu berücksichtigen ist. Mit der turnusmäßigen Anhebung des bundesgesetzlichen Mindestlohns zum 1. Januar 2019 wird die Notwendigkeit eines zusätzlichen Landesmindestlohns für Schleswig-Holstein nicht mehr bestehen; denn der gesetzliche Mindestlohn wird dann voraussichtlich ab 2019 auf die Marke jenseits der 9 € steigen. In der „FAZ“ stand die Prognose von 9,19 €, das wurde hier auch schon erwähnt. Mit entscheidend für diese Prognose ist der kräftige Anstieg bei den Tariflöhnen in den Jahren 2016 und 2017. Nach Auskunft des Statistischen Bundesamtes erhöhte sich der Tarifindex während dieses Zeitraums von 2015 bis 2017 um 4,8 %.

Das ist erfreulich, und insofern ist eine Anhebung des Mindestlohns die logische Konsequenz. Die Mindestlohnkommission wird im Sommer eine konkrete Empfehlung an die Bundesregierung abgeben, der Herr Wirtschaftsminister hat bereits darauf hingewiesen. Mit der dann für das Jahr 2019 zu erwartenden Anhebung wird ein gesonderter Landesmindestlohn für Schleswig-Holstein tatsächlich überflüssig. Zugleich sind damit auch die rechtlichen Nebenbestimmungen in bereits bestandskräftigen Zuwendungsbescheiden mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, so wie es der Gesetzentwurf der Landesregierung vorsieht. Wir befürworten daher den Gesetzentwurf und freuen uns auf die Beratung im Wirtschaftsausschuss.

Lassen Sie mich noch kurz einige Worte zu den Anträgen von SPD und SSW zur Anpassung des vergaberechtlichen Mindestlohns sagen. Wir haben darüber bereits im Wirtschaftsausschuss diskutiert. Die für den vergaberechtlichen Mindestlohn maßgeblichen Regelungen im Tariftreue- und Vergabegesetz sehen in § 4 vor, dass die Höhe des Mindeststundenentgeltes durch Rechtsverordnung des für Arbeit zuständigen Ministeriums angepasst werden kann - ich wiederhole: „kann“. Auch § 20 des Tariftreue- und Vergabegesetzes benennt das Grundentgelt der untersten im Landesdienst besetzten Entgeltgruppe ausdrücklich als Orientierungsrah

men für die Höhe des Mindeststundenlohnes. Eine Anpassung in festen zeitlichen Intervallen ist hier nicht vorgesehen. Vielmehr soll der Ermessensspielraum der Exekutive ausdrücklich gewahrt bleiben. Diesen Spielraum will der Antrag von SPD und SSW nun auf unverhältnismäßige Weise einschränken. Dies lehnen wir als unnötigen regulativen Eingriff ab. Andere Elemente des Antrages sind durchaus diskussionswürdig, daher hatten wir uns im Ausschuss enthalten. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Richtig ist, dass vonseiten der Wirtschaft immer wieder kritisiert wurde, dass in Schleswig-Holstein drei Mindestlöhne gelten und dass deren Umsetzung und Durchführung zu kompliziert und bürokratisch seien. Die Komplexität in Bezug auf die Einhaltung des Bundesmindestlohns, des Landesmindestlohns und des vergaberechtlichen Mindestlohns sehe ich hier nicht. Tariflich vereinbarte Löhne werden auch in anderen Berufen gezahlt, und jeder Arbeitgeber weiß doch, ob er Landeszuschüsse bekommt oder nicht, und damit weiß er dann auch, welche Löhne er mindestens zu zahlen hat.

Aber sei es drum, diesen Aspekt der Wirtschaft haben CDU und FDP immer wieder aufgegriffen und ihr das Wort geredet. Daher überrascht es jetzt nicht wirklich, dass die Landesregierung nun den Gesetzentwurf zur Aufhebung des Landesmindestlohns vorlegt.

Mit der Ablehnung der tariflichen Anpassung des vergaberechtlichen Mindestlohns fand bereits die erste Zäsur an der Mindestlohnfront statt. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden die Zügel nun weiter angezogen, und Jamaika macht deutlich, was sie von fairen Löhnen im Niedriglohnsektor hält. Denn genau über diesen Bereich des Lohnsektors reden wir, wo keine Spitzengehälter gezahlt werden, sondern Gehälter der untersten Lohnstufen.

Als Küstenkoalition haben wir Ende 2013 unter anderem den Landesmindestlohn eingeführt. Es wurde seinerzeit festgelegt, dass er bei 9,18 € brutto je Zeitstunde liegen soll, mit dem Zusatz: „solange die

(Volker Schnurrbusch)

Landesregierung keinen höheren Mindestlohn nach Absatz 2 festlegt“.

Wie wir wissen, hat sich seitdem, also seit rund viereinhalb Jahren, an der Höhe des Landesmindestlohns nichts geändert. Nun kann man uns natürlich vorwerfen, dass wir es ja selbst in der Hand hatten, und diesen Vorwurf müssen wir uns gefallen lassen. Für den SSW kann ich sagen, dass wir es begrüßt hätten, wenn es gelungen wäre, den Landesmindestlohn regelmäßig zu erhöhen,

(Beifall SSW und Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

so wie wir es auch beim vergaberechtlichen Mindestlohn getan haben. Für uns macht es keinen Unterschied, ob das Land als Vergabestelle für einen öffentlichen Auftrag einen Mindestlohn vorschreibt oder ob der Mindestlohn an die Vergabe öffentlicher Mittel gekoppelt ist. Für beide gilt: Es sind öffentliche Gelder, die an Unternehmen oder Einrichtungen gehen, und damit hat das Land die Möglichkeit, entsprechende Bedingungen, auch an den Lohn, zu stellen.

Mit der geplanten Aufhebung des Landesmindestlohngesetzes vergibt das Land die Möglichkeit, sich weiterhin für faire und existenzsichernde Löhne einzusetzen.

(Beifall SSW und SPD)

In der Begründung des Entwurfs wird darauf verwiesen, dass der Bundesmindestlohn zum 1. Januar 2019 voraussichtlich seine nächste Anpassung erfährt. Darüber hat die Mindestlohnkommission aber noch zu entscheiden. Jedoch wird derzeit davon ausgegangen, dass es eine Erhöhung von 8,84 € auf 9,19 € geben wird.

Nun könnte man geneigt sein zu sagen, dass Betroffene somit keine Schlechterstellung erfahren, oder Zyniker weisen sogar darauf hin, dass sie 1 ct mehr in der Stunde bekommen. Doch wie gesagt, bereits seit Ende 2013 liegt der Landesmindestlohn bei 9,18 €. Mit dem angestrebten Wechsel zum Bundesmindestlohn wären die in den Raum gestellten 9,19 € für zwei weitere Jahre festgelegt, also bis 2021. Sollte dies so eintreffen, würden die Betroffenen dann gut sieben Jahre lang einen Bruttostundenlohn von 9,18 € beziehungsweise 9,19 € erhalten. Das ist meiner Meinung nach unzumutbar,

(Beifall SSW und SPD)

weil es im Verhältnis zur allgemeinen Preisentwicklung eine Verschlechterung darstellt. Das sage ich auch vor dem Hintergrund der derzeitigen guten

konjunkturellen Entwicklung und der gerade vereinbarten Tarifabschlüsse beim öffentlichen Dienst. Mit dem vorliegendem Gesetzentwurf vergibt das Land die Möglichkeit für mehr Gerechtigkeit und Fairness im unteren Lohnsegment.

Sehr geehrter Herr Minister, ich rede hier nicht vom Untergang des Abendlandes. Ich finde es schlichtweg traurig, dass wir nicht in der Lage sind, für diese niedrigen Lohngruppen etwas mehr zu tun. - Jo tak.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für einen Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Wolfgang Baasch das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass der Mindestlohn wirkt und dass der Mindestlohn notwendig ist, ist nicht nur hier in der Diskussion ausreichend beschrieben worden, sondern das zeigt auch die gesellschaftliche Diskussion. Der Mindestlohn hat zu einem deutlichen Anstieg der Löhne im Niedriglohnsektor geführt, ein Ergebnis, das auch bei uns in Schleswig-Holstein ganz besonders wichtig ist. Denn der berühmte und viel beschriebene - aber nicht sehr vorteilhafte Begriff für ein Bundesland - „Lohnkeller“ ist nun hier. Dass nun ausgerechnet wir in diesem Bundesland, in dem wir beschriebenermaßen, nachvollziehbar und sogar vom Minister beschrieben im Lohnkeller sind, sagen, dass Erste, Beste und Schnellste, das uns einfällt, ist die Schleifung des Landesmindestlohns, ist nicht verständlich. Das macht deutlich, dass wir eigentlich andere Prioritäten zu setzen hätten.

(Beifall SPD und SSW)

Wir hätten zum Beispiel festzuhalten, dass sich trotz Bundesmindestlohn und Landesmindestlohn nach wie vor 190.000 Beschäftigte mit Vollzeitstelle als Aufstocker Transferleistungen dazuholen müssen. Diese Situation macht deutlich: Die Löhne, gerade im unteren Bereich, reichen nicht.

(Beifall SSW und Birte Pauls [SPD])

Daher ist es notwendig, deutlich zu machen, dass wir in diesem Bereich nicht so eine rückwärtsgewandte Diskussion führen müssen.

(Flemming Meyer)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Christopher Vogt?

Vielen Dank, lieber Kollege Baasch. Sie wissen, ich nehme immer sehr ernst, was Sie sagen. Wenn Sie selbst ernst nehmen, was Sie sagen, ist doch die spannende Frage - der Kollege Hölck wollte mir das leider nicht beantworten und hat es auch am Ende seiner Rede nicht beantwortet -, warum man den Landesmindestlohn bei 9,18 € eingefroren und angekündigt hat, dass man ihn abschafft. Warum haben Sie das gemacht, und wer war in der alten Koalition die Triebkraft dahinter? War es die SPDFraktion, war es die grüne Fraktion, vielleicht der Kollege Andresen, der in dem Bereich durchaus profiliert ist, oder war es die Gruppe des SSW? Wer von denen war das? Das möchte ich gern einmal wissen. Es macht langsam keinen Sinn mehr, dass Sie immer behaupten, was eigentlich passieren müsste. Sie selbst haben anders gehandelt, und niemand ist schuld daran. Das ist ein bisschen merkwürdig. Das ist für mich eine komische Situation.

- Herr Kollege Vogt, ich will versuchen, gleich auf Ihre Frage einzugehen.

(Zurufe FDP)

- Das Problem ist, ein Abgeordneter ist nicht nur autonom als Abgeordneter, sondern auch autonom im Denken. Ich kann mir auch einen Redebeitrag zurechtlegen. Ich komme noch darauf.

Nach dem Redebeitrag des Kollegen Andresen möchte ich gern von Ihnen hören: Warum verweigern Sie sich beim vergaberechtlichen Mindestlohn, warum machen Sie da solche Sperenzchen? Diese Frage haben Sie nicht beantwortet. Ganz im Gegenteil, Sie sind in dieser Frage genauso nebulös wie andere und machen keinerlei Aussage dazu, warum man überhaupt am Mindestlohn arbeiten will und welche Erfahrungen und Strukturen man mit dem Mindestlohn verändern will. Das geht Ihnen völlig ab. Sie sagen nur: Bürokratieabbau. Das ist ein bisschen dünn.

(Beifall SPD)