Protocol of the Session on February 22, 2018

An dieser Stelle frage ich Sie: Wie viel Wasserstoffgas erhoffen Sie sich denn zu erzeugen, um am Ende Schiffe, Züge, Millionen von Pkw anzutreiben? Als Land zwischen den Meeren fehlt es uns zwar nicht am Wasser, welches wir spalten müssen, um für Elektrolyse am Ende H2 zu bekommen, aber es ist doch klar, dass wir erst einmal eine Unmenge an Strom produzieren müssen, um eine nennenswerte Menge an Wasserstoff zu produzieren. Selbst bei dezentraler Nutzung von Wasserstoff in Brennstoffzellenfahrzeugen zeigen sogenannte Well-toWheel-Untersuchungen, dass der Gesamtwirkungsgrad doch sehr zu wünschen übrig lässt.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns die Kirche im Dorf lassen. Wer sich die Mechanismen des Emissionsrechtehandels an den Börsen in Amsterdam und Chicago einmal anschaut, erkennt die Unstimmigkeiten dieses Strafsystems. In diesem System müssen Hersteller von Brandkalk für die Emissionen von CO2 bezahlen, obwohl sie dasselbe CO2 später für das Abbinden des entstandenen Kalkhydrats verwenden.

Meine Damen und Herren, die Planwirtschaftlichkeit des CO2-Zertifikatesystems trägt nicht zu einer besseren Welt bei. Daher sollten wir vorsichtig sein, der Wasserstofftechnik den Rang einer grünen Wundertechnologie einzuräumen. Einen Traumpfad beschreitet auch derjenige, der die hier auftretenden enormen Umwandlungsverluste von einer Energieform in die andere betrachtet. Die Umformung von Wasser in Wasserstoffgas mittels Windstrom und dann zurück von Wasserstoffgas in Antriebsstrom erzeugt bei jedem Physiker Haareraufen. Wegen ähnlicher Anwandlungen hat vermutlich auch Al

bert Einstein damals seine Haare verloren. Zu seiner Zeit müssen ähnlich viele Traumwandler unterwegs gewesen sein. Grünideologische Heilswaffen haben wir in den letzten zwei Jahrzehnten zur Genüge kennenlernen dürfen: die grüne Gentechnik, die grüne Biotechnologie, das grüne Biogas, und nun soll es die grüne Wasserstofftechnik richten.

Bei so viel grünem Heilsgeist muss auch einmal gesagt werden: Grün plus Vernunft ergibt Blau, oder mit anderen Worten: Blau ist das neue Grün.

(Zurufe)

Wir wollen mit dem Blauen - der Entwicklung einer Wasserstofftechnologie - in der Tat den Wissenschafts- und Technologiestandort SchleswigHolstein voranbringen. Wir sagen daher Ja zur Weiterentwicklung von Wasserstofftechnologien und halten die Schaffung von Kompetenzzentren in Schleswig-Holstein für eine gute Idee.

Wir sagen aber auch ganz klar Nein zu einer ideologischen Verhexung konventioneller Energieverwertungsmethoden. Vor allem sagen wir Nein zum CO2-Zertifikatehandel. Wir stimmen aber gern einer Überweisung in den Ausschuss zur Diskussion zu. - Vielen Dank.

(Beifall AfD - Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Flemming Meyer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe grüne Ritterinnen, liebe grüne Ritter!

(Heiterkeit SPD)

Bereits in der Debatte zur Elektromobilität wurde deutlich, dass in diesem Bereich noch viel getan werden muss. Wir sind uns einig, dass die Sektorenkopplung ein wichtiger Bestandteil der Energiewende ist, zu der auch die Mobilität gehört. Den überschüssigen Strom aus erneuerbarer Energie umzuwandeln und ihn für die Fortbewegung nutzbar zu machen, ist eine der großen Herausforderungen, vor denen wir heute stehen.

Die Debatte hat gezeigt, dass noch viele Hausaufgaben zu erledigen sind, bis sich ein vorzeigbarer Erfolg einstellt. Das gilt für die Elektromobilität genauso wie für die Wasserstoffmobilität. Für beide Antriebsformen gilt: Technisch sind sie bereits heu

(Jörg Nobis)

te machbar, und das beweisen sie im täglichen Gebrauch. Es lässt sich derzeit jedoch nicht vorhersagen, ob sich eine der beiden Antriebsformen durchsetzen wird oder wie sich ein Mix aus beiden Formen ausgestalten wird. Die Tendenz scheint sich dahin gehend zu entwickeln, dass die Wasserstofftechnologie gerade für Unternehmen der Transportund Logistikbranche sowie im ÖPNV- und SPNVBereich interessant ist.

Daher begrüßen wir, dass die Koalition unseren Änderungsantrag zur Wasserstoffmobilität im Schienenverkehr aufgegriffen hat und sich im vorliegenden Antrag dafür ausspricht, dass die Landesregierung diesen vielversprechenden Ansatz künftig in den Ausschreibungen berücksichtigt.

(Beifall SSW)

Auch wenn es an einer Konkretisierung fehlt, sehen wir darin den guten Willen, die Wasserstofftechnologie in Schleswig-Holstein auf die Schiene zu bringen. Nach Auffassung des SSW sollte dies aus logistischen Gründen auf der Marschbahn passieren. Wir haben dort Windstrom und Schienenverkehr. Was wir dort brauchen, ist lediglich die Umwandlung des überschüssigen Stroms in Wasserstoff.

(Beifall SSW)

Grundsätzlich halten wir daran fest, dass es bei der Diskussion um die Antriebsformen keine Denkverbote und Einschränkungen geben darf. Wir als SSW begrüßen daher auch den vorliegenden Antrag der Koalition, der im Prinzip die Debatte über die Elektromobilität aus der letzten Tagung weiterführt. Die im Antrag gestellten Forderungen machen deutlich, wo noch politischer Handlungsbedarf besteht. Der Katalog ist sehr umfangreich. Neben einer Reihe konkreter Forderungen ist darin auch eine lange Liste von Prüfaufträgen an die Landesregierung enthalten.

Für sich genommen sind die aufgeführten Punkte gut und richtig. Deutlich wird dabei auch, dass insbesondere auf Bundesebene noch viel politische Arbeit geleistet werden muss. Generell geht es darum, die Voraussetzungen zu schaffen, um auch diese Technologieform zu fördern. Hier hat der Bund anscheinend wirklich Nachholbedarf. Es zeigt sich aber immer wieder, dass die Energiewende beim Bund politisch anders vorangetrieben wird als bei uns im Land.

Wir wissen um die Notwendigkeit der Sektorenkopplung. Es ist davon auszugehen, dass die Wasserstofftechnologie in diesem Bereich ein wichtiger

Player wird. Angesichts der zu erwartenden Bedeutung dieser Technologieform sind wir der Auffassung, dass es mehr als angebracht wäre, eine Strategie für das Land zu entwickeln. Wie und wo soll die Wasserstofftechnologie vorangebracht und eingesetzt werden?

Der Antrag ist eine gute Grundlage für die Erarbeitung einer landesweiten Strategie. Wir sehen hier die Landesregierung in der Verantwortung, die Sache rund zu machen und den vorliegenden Antrag mit Leben zu füllen.

Den Alternativantrag der SPD sehen wir als eine sehr konstruktive Erweiterung des vorliegenden Ursprungsantrags. Wir werden dem ganz klar auch zustimmen. - Jo tak.

(Beifall SSW, SPD und Oliver Kumbartzky [FDP])

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Jörg Nobis.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Eben fiel das Wort Kohleausstieg. Es ist ja die Idee der Grünen, hier in wenigen Jahren den kompletten Ausstieg aus der Kohle zu schaffen. Dazu will ich noch etwas sagen: In China werden beinahe wöchentlich neue Kohlekraftwerke in Betrieb genommen.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

Und dann meinen Sie, dass Sie hier mit ein bisschen Wasserstoff im Elektrolysehaus neben dem Windrad die Welt retten können? - Das wird nicht passieren.

(Zuruf Martin Habersaat [SPD])

Ihre Grünen-Kollegen in Hamburg sind so tief in dieser grünen CO2-Kohleausstiegsideologie verhaftet, dass die rot-grüne Regierung dort nicht einmal in Erwägung zieht, das neue Kohlekraftwerk Moorburg an das Fernwärmenetz in Hamburg anzuschließen, was ökonomisch und ökologisch sinnvoll wäre. Die Leitung liegt nur ein paar Kilometer entfernt. Sie wollen es aber nicht, weil Sie dieses neue Kraftwerk in 20 Jahren - oder am besten heute - abschalten wollen. Wenn es aber ans Fernwärmenetz gehen könnte, könnten wir vielleicht auch das alte Wedeler Kraftwerk viel früher als gedacht abschalten. Aber das wollen Sie nicht.

(Flemming Meyer)

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das ignorieren wir nicht mal, wirk- lich!)

- Ja, aber es stimmt doch! Moorburg ist mit einem Wirkungsgrad von 46,5 % eines der modernsten europäischen Kraftwerke überhaupt. Momentan geht die Abwärme, die trotzdem im Verbrennungsprozess entsteht, in die Elbe.

(Zuruf Tobias Loose [CDU])

Statt die Abwärme für das Fernwärmenetz in Hamburg zu nutzen, sagen Sie: Nein, wir schließen Moorburg nicht ans Fernwärmenetz an.

Stattdessen - das haben wir im Ausschuss für die Zusammenarbeit der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg besprochen - wollen Sie mit teurer Wärmepumpentechnik Energie aus dem Abwasser holen und dann mit Gas nachheizen. Das ist völliger Irrsinn. Ökonomisch und ökologisch wäre es sinnvoll, Moorburg ans Fernwärmenetz zu nehmen. Dann könnten wir auch darüber reden, wann wir Wedel abschalten. - Vielen Dank.

(Beifall AfD - Zuruf Beate Raudies [SPD])

Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, Dr. Robert Habeck.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Vielleicht erlauben Sie mir einmal die Bemerkung: Wer den Klimawandel leugnet, hat natürlich kein Problem mit der Verbrennung von Kohle und Öl.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Jörg Nobis [AfD]: Wir leugnen ihn nicht!)

Alle anderen müssen sich der Aufgabe stellen, wie wir den Schritt zu einer fossilarmen, möglichst fossilfreien Gesellschaft vernünftig beschreiten können. Besonders absurd wird es, wenn man für den Klimawandel argumentiert und dann die Menschen, die wegen des Klimawandels ihre Heimat verlieren, noch nicht einmal sehen will. Dann sind in der Tat die Grenzen von Rationalität und Logik in politischer wie humaner Hinsicht erreicht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ich danke deswegen den Anträgen der Jamaika-Koalition sowie den Ergänzungen von SPD und SSW. Insgesamt ist das ein wirklich gutes Gerüst, um über die Aufgaben und Schwerpunkte zu beraten.

Andreas Hein hat darauf hingewiesen, dass dieser Antrag in einer Kontinuität mit anderen energiepolitischen Anträgen der letzten Plenardebatten steht. Wir sollten jetzt nicht Wasserstoff als Allheilmittel über alles gießen und dürfen nicht vergessen, dass wir zuvor über Speichertechniken und Mobilität gesprochen haben. Wasserstoff kann für bestimmte Bereiche ein Teil der Problemlösung hin zu einer fossilfreien Wirtschafts- und Mobilitätsform sein. Die Beispiele sind genannt: Lastverkehr, Schienenverkehr, Flugzeuge.

Das Gute ist, dass in all diesen Bereichen in Schleswig-Holstein eine Tradition besteht und daran geforscht und gearbeitet wird. Das Gefährliche kann sein - darauf ist hier mehrfach hingewiesen worden -, dass eine Ausweitung der Wasserstoffproduktion, ohne den Gedanken des Klimawandels ernst zu nehmen, erst einmal zu einem Anstieg der fossilen Stromproduktion führen kann und sich die CO2- oder Klimaschutzbilanz dadurch verschlechtern würde. Insofern ist es richtig, sowohl nach Schleswig-Holstein zu schauen, als auch zu gucken, wo der erneuerbare Strom herkommen kann, den wir für eine Elektrolyse von Wasserstoff nehmen können.

Deshalb ist es genau richtig, diese Anträge so einzubringen. Beides Mal rückt unser Bundesland in den Fokus: Wir sind eben das Land der Energiewende. Andreas Hein, ich habe mich über das Plädoyer für den Ausbau der Erneuerbaren sehr gefreut. Ich hoffe, dass dies auch so bleibt, wenn die Schwierigkeiten, die ohne Frage da sind, auf einmal wieder sichtbar werden. Es ist eben ein massiver Eingriff in Landschaft, Natur und Lebensumfeld, gleichwohl erfolgt er ja nicht nur zum Spaß, sondern dient einem höheren Gut und einem größeren Ziel.

Deswegen ist es aus Sicht der Landesregierung richtig, die Forschung zu intensivieren und voranzubringen. Das Helmig-Projekt, das in Karlsruhe ja durchgeführt wurde, hätten wir auch gut in Schleswig-Holstein haben können beziehungsweise möchten es gerne haben. Die Förderprogramme sowohl im Wirtschaftsministerium bei Bernd Buchholz wie auch unter Mitzeichnung in meinem Haus sind darauf ausgerichtet, solche Programme und solche Projekte an den Start zu bringen, sie voranzubringen. Sie wissen, dass wir uns wiederholt in der alten und auch in der neuen Legislaturperiode

(Jörg Nobis)