Protocol of the Session on February 22, 2018

Meine Damen und Herren, zum Glück haben wir in Schleswig-Holstein mit Dr. Uli Hase einen Landesbeauftragten, der die Sache nicht bevormundend, sondern pragmatisch angeht. Auch das spiegelt sich in seinem Bericht wider. So führt er bezüglich des Elternwahlrechts unmissverständlich aus, dass - ich zitiere - „die Förderzentren wieder eine Stärkung erfahren sollen und die Betroffenen eine Wahlfreiheit zwischen Förderzentrum und dem allgemeinen Schulsystem erhalten sollen.“ Klare Worte, die aber leider angesichts der eben zitierten Aussage nicht für alle eine Selbstverständlichkeit sind.

Für uns als AfD-Fraktion kann ich aber festhalten, dass wir die Empfehlungen unseres Landesbeauftragten sehr ernst nehmen, und zwar aus gutem Grund; denn sowohl aus der alltäglichen Arbeit von Uli Hase selbst, als auch aus Empfehlungen geht klar hervor, dass es ihm immer wieder um den einzelnen und dessen Teilhabemöglichkeiten geht.

Meine Damen und Herren, um auf die Belange von Menschen mit Behinderung aufmerksam zu machen, sind nicht nur der Bericht, sondern auch Aktionen wie der eben bereits angesprochene KrachMach-Tach hilfreich. Manchmal muss und soll man laut sein, um gehört zu werden. Aber lassen Sie mich in diesem und auch anderem Zusammenhang sagen, dass ich es überaus bedenklich finde, wenn hier - wiederum gut gemeint, aber oft auch unbedacht - Slogans wie der von der bunten Vielfalt Einzug halten. Ich sehe hier die Gefahr, dass Behinderung dadurch relativiert und das Leid, das häufig damit einhergeht, letztlich bagatellisiert wird. Lassen Sie uns hier sensibel bleiben und immer wieder fragen, ob den Interessen der Betroffenen hierbei noch angemessen Rechnung getragen wird.

In wenigen Wochen beginnen in Kiel die Special Olympics, die Sportwettkämpfe der geistig und mehrfach behinderten Sportler. Gut, dass der Kieler Bürgermeister sich dafür eingesetzt hat; denn die Spiele werden zeigen, dass das Zusammenleben und Zusammenfeiern von Menschen mit und ohne Behinderung funktionieren kann. Hoffen wir also, dass von der Großveranstaltung ein weithin sichtbares Signal ausgeht, und vielleicht kann der Bericht des Landesbeauftragten künftig von Mal zu Mal

knapper ausfallen. Aber wie dem auch sei, wir verstehen den Bericht als Aufforderung, und ich möchte mich bei Herrn Dr. Hase, bei Dir, Uli, und Deinem Team ganz herzlich im Namen der AfDFraktion für Deine wichtige Arbeit bedanken. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Kollege Flemming Meyer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Natürlich sind Tätigkeitsberichte der Beauftragten weit mehr als reine Arbeitsnachweise, und doch bin ich immer wieder beeindruckt, wie viel unsere Beauftragten mit ihren vergleichsweise kleinen Teams leisten.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das wird auch durch den vorliegenden Tätigkeitsbericht von Herrn Dr. Hase deutlich. Allein mit Blick auf die Landesebene wurden unzählige Stellungnahmen abgegeben, Veranstaltungen durchgeführt und in unterschiedlichsten Gremien mitgearbeitet. Natürlich wurden auch im direkten Einsatz für Menschen mit Behinderung vielfältige Themen behandelt. Hierzu zählen unter anderem die Integration in den Arbeitsmarkt, der Abbau von Barrieren und der erleichterte Zugang zu Bildungsangeboten. - Für diese Arbeit und für diesen großen Einsatz möchte ich Dir, Uli Hase, und Deinem Team von ganzem Herzen danken. Ihr macht eine tolle Arbeit!

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Vermutlich ist niemandem entgangen, dass das Bundesteilhabegesetz und seine Ausführungen hier im Lande das bestimmende Thema der vergangenen Monate war. Hiermit sind leider bis heute viele Unsicherheiten und Ängste verbunden. Deshalb halte ich es für sinnvoll und absolut angemessen, diese Debatte separat und in der gebotenen Gründlichkeit zu führen. Für den SSW möchte ich hier aber noch einmal grundsätzlich betonen, dass dadurch kein Mensch mit Behinderung schlechter gestellt werden darf als vorher.

(Beifall SSW und SPD)

Hier gibt es gerade mit Blick auf das Teilhabestärkungsgesetz noch erheblichen Nachbesserungsbe

(Dr. Frank Brodehl)

darf. Wenn ich mir die vielen unterschiedlichen Tätigkeitsfelder des Beauftragten anschaue, muss ich eines deutlich sagen: Wenn es um das Recht auf Selbstbestimmung und die gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen geht, gibt es noch sehr viele Baustellen. Theoretisch haben natürlich alle die gleichen Rechte. Aber ein Mensch mit Handicap kommt bei uns im Land längst nicht immer zu seinem Recht auf gute Bildung, zu seinem Recht auf Arbeit.

Deshalb ist es für den SSW so wichtig, dass niemand bevormundet wird. Deshalb ist es für uns so wichtig, dass keinem Betroffenen die Chance auf Teilhabe verbaut wird. Dies sicherzustellen, ist nicht nur eine wesentliche Aufgabe der Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik, sondern eine Aufgabe der Gesellschaft insgesamt. Es ist aber zum Glück so, dass wir hier nicht auf der Stelle treten. Uli Hase weist im Bericht mehrfach darauf hin, dass es klar erkennbare Fortschritte gibt. Das gilt zum Beispiel für die Barrierefreiheit mit all ihren Facetten. Hier stimmt mich nicht zuletzt der Fonds, den CDU, Grüne und FDP angeregt haben, sehr optimistisch, und auch in Sachen Weiterentwicklung des Landesaktionsplanes begrüßen wir die Verlagerung der Zuständigkeit in die Staatskanzlei.

Das Wichtigste bei all dem ist und bleibt aber, dass Menschen mit Behinderung und ihre Vertretung wirklich beteiligt werden. Das scheint längst nicht überall der Fall zu sein. Diese Tatsache ist im Übrigen auch der Grund dafür, dass wir die Unterstützung des Zentrums selbstbestimmtes Leben im Landeshaushalt beantragt haben.

Wenn es um Politik für und mit Menschen mit Behinderung geht, muss aus Sicht des SSW eines unmissverständlich klar sein. Übergeordnetes Ziel ist das völlig selbstverständliche Zusammenleben in Vielfalt. Deshalb müssen sich alle für einen angemessenen Lebensstandard und sozialen Schutz von Frauen und Männern mit Behinderung einsetzen.

(Beifall SSW und SPD)

Vor allem wir politisch Verantwortlichen müssen weiter daran arbeiten, möglichst viele Menschen zu erreichen und sie dazu bewegen, sich mit diesem Thema zu befassen. Nur so kommen wir zu dem Bewusstseinswandel, der für eine wirklich inklusive Gesellschaft nötig ist, eine Gesellschaft, in der Menschen mit Behinderung eben nicht assimiliert werden, sondern in ihrer Vielfältigkeit als Bereicherung gesehen werden. Dieser Prozess ist nicht immer einfach und wird auch noch eine ganze Weile

dauern. Aber nur so, meine Damen und Herren, kann Inklusion wirklich gelingen. - Jo tak.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Ich erteile nun für die Landesregierung dem Ministerpräsidenten Daniel Günther das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Lieber Uli Hase! Gleichberechtigte Teilhabe ist ein Menschenrecht. Doch gleiche Teilhabe aller Menschen an dieser Gesellschaft ist bei Weitem noch nicht selbstverständlich. Menschen mit Behinderung ist sie häufig noch verwehrt. Unsere Aufgabe ist es, ihr Recht auf Teilhabe umzusetzen, und das ist eine gemeinsame Aufgabe von Parlament und Regierung.

Die breite Zustimmung für den Fonds für Barrierefreiheit in diesem Landtag hat gezeigt: Wir stehen zu diesem Ziel.

Insgesamt 10 Millionen € soll das Land in den kommenden fünf Jahren mehr für Barrierefreiheit zur Verfügung stellen. Die volle und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben ist auch die Absicht der UN-Behindertenrechtskonvention. Die zentrale Leitidee der Konvention ist die Inklusion. Inklusion setzt eine Gesellschaft voraus, die sich für jeden Menschen öffnet, in der keine Grenze gezogen wird zwischen Menschen mit und ohne Behinderung, sondern die jedem Menschen ganz selbstverständlich Teilhabe am sozialen Leben ermöglicht, eine Gesellschaft, die Vielfalt anerkennt und wertschätzt. Bei vielen Terminen im Land konnte ich das bereits erleben, zum Beispiel beim inklusiven Karneval im Kieler Schloss in der letzten Woche. Die Freude dort kannte keine Barrieren. Genauso ist es bei dem Verein Marie-Christian-Heime. Auf deren Waldhof leben Menschen mit und ohne Behinderung, Seite an Seite in einem ganz selbstverständlichen Miteinander.

Seit Ende 2014 ist die Inklusion in unserer Landesverfassung verankert. Damit ist ein Anspruch formuliert. Das Ziel ist jedoch noch nicht überall erreicht. Die Inklusion ist ein langer Prozess, den müssen wir mit konkreten Projekten begleiten und den passenden Gesetzen koordinieren. Damit das gelingt, haben wir die zentrale Koordinierung für

(Flemming Meyer)

die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention bewusst in die Staatskanzlei geholt. In Schleswig-Holstein müssen wir jetzt die bestehenden Richtlinien und Gesetze sorgfältig umsetzen. Dabei ist es wichtig, die Ideen und Wünsche der Menschen mit Behinderung zu hören und gemeinsam zu entscheiden.

Deshalb bin ich froh, dass wir mit Uli Hase einen kompetenten Vertreter für Menschen mit Behinderung mit an Bord haben. Sein Tätigkeitsbericht zeigt seinen umfassenden Einsatz für eine inklusive Gesellschaft.

Erst in der letzten Woche, lieber Uli, haben wir zusammengesessen und miteinander gesprochen. Ich bin für Deine wichtige Arbeit, aber auch für die Deiner Kolleginnen und Kollegen, ausgesprochen dankbar. Vielen Dank, wir sind wirklich froh und glücklich, dass wir euch haben.

(Beifall)

Mit Ihrer und Deiner Hilfe werden wir den Landesaktionsplan umsetzen, evaluieren und fortschreiben. Denn dieser Landesaktionsplan ist unsere sozialpolitische Richtschnur für die Weiterentwicklung der Landespolitik von und für Menschen mit Behinderung und unsere Anleitung für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in SchleswigHolstein.

Mein Wunsch bei der Fortschreibung des Landesaktionsplans ist es, die Inklusionsschritte noch besser sichtbar zu machen und, wo es geht, auch besser messbar. Ich weiß, lieber Uli Hase, dass Du genau dieses Ziel mitverfolgst.

Auch das Bundesteilhabegesetz werden wir in Schleswig-Holstein vernünftig umsetzen; denn, meine Damen und Herren, 550.000 Menschen in Schleswig-Holstein sind darauf angewiesen, dass wir die Inklusion vernünftig hinbekommen.

Jeder fünfte Mensch in diesem Land zählt darauf, dass sich unsere Gesellschaft öffnet, dass wir die Grenzen in unseren Köpfen überwinden, dass wir über Inklusion nicht mehr reden müssen, weil sie selbstverständlich geworden ist. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg, doch wir unternehmen jetzt wichtige Schritte in die richtige Richtung. Gemeinsam machen wir Schleswig-Holstein zu einem Land des Miteinanders.

(Beifall)

Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Bericht Drucksache 19/423 in alle Ausschüsse zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Das ist dann einstimmig so beschlossen.

Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, habe ich einen Nachtrag bei den Erkrankungen zu machen. Auch der Abgeordnete Dr. Heiner Dunckel von der SPD-Fraktion ist erkrankt. Ich wünsche ihm natürlich ebenfalls gute Besserung.

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 36 auf:

Bericht über den Besitz und die Nutzung von Waffen in Schleswig-Holstein

Bericht der Landesregierung Drucksache 19/474

Ich erteile zur Berichterstattung dem Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration, Herrn Hans-Joachim Grote, das Wort.

(Minister Hans-Joachim Grote blättert in sei- nen Unterlagen)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, man muss das richtige Blatt gleich greifen.

Waffenbesitz ist in Deutschland die absolute Ausnahme. Wer erlaubnispflichtige Schusswaffen erwerben und besitzen möchte, muss das Vertrauen verdienen, damit zu jeder Zeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umzugehen.

Das Waffengesetz sieht eine umfassende Überprüfung der Personen vor, die Umgang mit Schusswaffen haben und haben wollen. Die 38.000 Waffenbesitzerinnen und Waffenbesitzer im Land haben dafür ihre Zuverlässigkeit und persönliche Eignung unter Beweis zu stellen und sich einer Überprüfung zu unterziehen. Aus dem vorliegenden Bericht der Landesregierung geht hervor, dass derzeit 186.000 Schusswaffen im Land registriert sind.

Diese Zahl mag auf den ersten Blick hoch erscheinen. Tatsächlich sind das jedoch weniger als 4 % aller Schusswaffen, die derzeit in Deutschland registriert sind. Zugleich entspricht dieser Anteil in