Protocol of the Session on February 22, 2018

Diese Zahl mag auf den ersten Blick hoch erscheinen. Tatsächlich sind das jedoch weniger als 4 % aller Schusswaffen, die derzeit in Deutschland registriert sind. Zugleich entspricht dieser Anteil in

(Ministerpräsident Daniel Günther)

etwa dem Bevölkerungsanteil Schleswig-Holsteins, den auch der Königsteiner Schlüssel wiedergibt.

Die Landesregierung ist sich bewusst, dass jede Schusswaffe ein potentielles Sicherheitsrisiko mit sich bringt. Wir erinnern uns noch sehr genau an die tragischen Ereignisse in Winnenden und in Wendlingen im Jahre 2009. Als Reaktion darauf hat der Gesetzgeber die Aufbewahrungsvorschriften nachhaltig verschärft. Die Waffenbehörden haben seitdem das Recht, auch verdachtsunabhängig die sichere Aufbewahrung von Schusswaffen und Munition zu kontrollieren. Bekanntlich lag eine der Ursachen des furchtbaren Amoklaufes von Winnenden und Wendlingen darin, dass Waffen nicht ordnungsgemäß verwahrt worden sind.

Erst vor wenigen Tagen erschütterte ein weiterer Amoklauf in den USA die Medien und uns alle. Allerdings liegen die Verhältnisse bei uns - das kann man wirklich sagen - völlig anders. Zudem hat der Gesetzgeber nach Winnenden reagiert und die Regularien für Waffenbesitz verschärft, sowohl hinsichtlich ihres Erwerbs als auch hinsichtlich der Lagerung.

Ein wirksamer Schutz vor Waffenmissbrauch kann nur unter bestimmten Bedingungen erreicht werden. Daher müssen sich die Waffenbesitzerinnen und Waffenbesitzer jederzeit dessen bewusst sein, dass eine sichere Aufbewahrung notwendig ist, um Missbrauch mit diesen Waffen zu verhindern. Dazu bedarf es einer verdachtsunabhängigen Aufbewahrungskontrolle. Der Sinn und Zweck der damaligen Gesetzesänderung war es schließlich, die Einhaltung der geltenden Aufbewahrungsvorschriften stichprobenartig überprüfen zu können. Der Bericht zeigt eindeutig - die Zahlen liegen Ihnen vor -: Hier müssen einige Waffenbehörden deutlich mehr tun.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und vereinzelt SPD)

Fallzahlen im einstelligen Bereich bei verdachtsunabhängigen Kontrollen reichen als Stichproben definitiv nicht aus, meine Damen und Herren.

Gleichzeitig geht es nicht darum, alle Waffenbesitzer lückenlos kontrollieren zu wollen oder kontrollieren zu müssen. Das hatte der Bundesgesetzgeber nicht im Blick. Die Waffenbehörden haben ein Kontrollrecht, wohlgemerkt keine Kontrollpflicht; denn vollständige Sicherheit können auch mehr Kontrollen nicht gewährleisten, sie sind aber aus unserer Sicht dringend erforderlich.

Fallzahlen aus 2017 reichen allerdings für Rückschlüsse derzeit nicht aus; denn einer der Gründe

für diesen Mangel an Zahlen ist die Umstellung des nationalen Waffenregisters auf die digitale Form und auf einen einheitlichen Standard, der sich neudeutsch XWaffe nennt. Um die Zahlen per Knopfdruck auswerfen zu können, haben die Behörden, das muss man konstatieren, in den letzten Jahren massiv in Zeit, in Technik und in Personal investiert, um auch diese Daten speichern zu können.

Das war, wie ich finde, eine lohnende Investition, denn nun können Sicherheits- und Polizeibehörden Personenabfragen deutlich zuverlässiger, deutlich genauer durchführen. Damit sind sowohl die Erfassung als auch die Nachprüfbarkeit verbessert worden.

Ein weiterer Schritt zu mehr Sicherheit ist, illegale Waffen, die wir derzeit noch im Umlauf haben, mittels einer Waffenamnestie einzuziehen. Noch bis zum 1. Juli dieses Jahres gibt es in SchleswigHolstein die Möglichkeit, illegale Waffen und erstmals auch Munition abzugeben. Nach bisherigem Stand sind so schon mehrere hundert Waffen aus dem Verkehr gezogen oder abgegeben worden.

Meine Damen und Herren, die allermeisten Waffenbesitzer kommen ihren Pflichten nach dem Waffengesetz ordnungsgemäß nach. Jäger, Sportschützen und auch Waffensammler sollten nicht unter Generalverdacht gestellt werden.

(Beifall CDU, FDP und Jette Waldinger- Thiering [SSW])

Die lebhafte Diskussion hat eindeutig gezeigt: Es geht nie um die Diskriminierung, darum, jemanden in eine bestimmte Ecke zu stellen, sondern darum, gemeinsam eine Lösung für unser Land zu finden. Insofern finde ich die Diskussion, die wir führen, äußerst konstruktiv.

Man kann zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen, wenn man sich die Frage betrachtet, was eigentlich vermeintliche Schreckschusswaffen sind. Was sind Reizstoff- oder Signalwaffen? - Auch diese sogenannten SRS-Waffen stellen eine erhebliche Gefährdung dar, die wir derzeit mit Kontrollen durch die Waffenbehörden nicht erreichen können. Insofern sollten wir uns durchaus die Frage stellen, wie wir demnächst mit dem Führen von SRS-Waffen umgehen wollen. Daher sollten wir in aller Ruhe auch über die Möglichkeit diskutieren, die Berechtigung des Führens dieser Waffen momentan bequem online von zu Hause aus zu beantragen. Ich möchte dabei nicht an der Frage der Beantragung etwas ändern, aber wir sollten dieses bei der Überprüfung der Zuverlässigkeit mit prüfen.

(Minister Hans-Joachim Grote)

Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Der Bericht liegt Ihnen allen vor. Ich freue mich auf eine weiterhin konstruktive Beratung.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und vereinzelt SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Der Minister hat die vereinbarte Redezeit um 1 Minute und 53 Sekunden überschritten. Diese Redezeit steht natürlich zusätzlich zu den vereinbarten 5 Minuten den Rednern der Fraktionen zur Verfügung.

Zunächst erteile ich für die Antragsteller dem Abgeordneten Lars Harms vom SSW das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Deutschland liegt das Gewaltmonopol in Bezug auf Waffen beim Staat. Diese Tatsache finden wir als SSW ausdrücklich unterstützenswert. Auch vor dem Hintergrund dessen, was gerade in Amerika diskutiert wird, ist es wichtig festzustellen, dass wir in einem Staat leben, in dem solche Dinge vernünftig geregelt sind.

Vor diesem Hintergrund ist es völlig richtig, auch bei uns im Land regelmäßige Kontrollen durchzuführen. Die Verantwortung liegt dabei beim Bund, der den gesetzlichen Rahmen vorgibt, beim Land, das sozusagen die Aufsichtsbehörde oder Koordinationsbehörde darstellt, und bei den Kreisen und kreisfreien Städten, die für die Durchführung der Kontrollen über Sicherung und Nutzung der Waffen stehen.

Dieser Verantwortung gilt es, gerecht zu werden. Dabei geht es überhaupt nicht darum, Waffenbesitzer grundsätzlich zu tadeln. Die meisten machen das alles vernünftig und sind keine schießwütigen Wilden, sondern ganz normale Jäger, Sportschützen oder Waffensammler. Da ist es überhaupt gar kein Problem. Es geht vor allem darum, unsere gesetzlichen Regelungen, die ihren Grund haben, voll und ganz zur Wirkung kommen zu lassen. Vor allem geht es auch darum, Missbrauch von Waffen zu verhindern. Dieser Missbrauch geschieht nicht unbedingt durch die Waffenbesitzer selbst, sondern möglicherweise durch Personen, die unbefugt an diese Waffen herankommen können.

Seit dem Jahr 2009 müssen deshalb Waffen sicher verwahrt werden. Dabei soll vor allem der Zugang durch Dritte unterbunden werden. So hat es die da

malige Bundesregierung beschlossen, und diese Regelung beinhaltet eben auch die entsprechenden Kontrollen - in der Tat aber nur das Recht zur Kontrolle, nicht die Pflicht. Vor allem die verdachtsunabhängigen Kontrollen standen damals wie heute im Fokus der politischen Debatte. Die vorliegenden gesetzlichen Regelungen nützen wenig, wenn ihre Einhaltung nicht wirklich überprüft wird.

Ich glaube nicht, dass es in diesem Zusammenhang grundlegende Änderungen des Gesetzes braucht. Darüber kann man natürlich diskutieren, aber eigentlich haben wir die Grundlagen. Vielmehr ist es unsere Aufgabe und vor allem die des zuständigen Ministeriums, dafür Sorge zu tragen, dass es in Schleswig-Holstein zu einem angemessenen Maß an Kontrollen kommt. Dies meine ich ganz losgelöst von der formalen Zuständigkeit. Das Land hat in meinen Augen eine Verantwortung dafür, die Überprüfung der Verwahrung und des sicheren Umgangs im Blick zu haben.

Wenn man die Zahlen in dem von uns angeforderten Bericht analysiert, wird sehr schnell klar, dass vor allem in Bezug auf die verdachtsunabhängigen Kontrollen der Waffenbesitzer erhebliche Unterschiede bestehen. Im Kreis Ostholstein wurden beispielsweise vom Dezember 2016 bis Dezember 2017 335 verdachtsunabhängige Kontrollen durchgeführt. Das ist fast an jedem Tag eine. Im Kreis Rendsburg-Eckernförde wurde im gleichen Zeitraum nur eine einzige Kontrolle durchgeführt. Im Kreis Rendsburg-Eckernförde leben aber nahezu doppelt so viele Waffenbesitzer wie im Kreis Ostholstein.

Eine solche Situation sollte sich das Land und eigentlich auch der Innenminister nicht leisten. Von daher erwarten wir, dass der Minister nochmals das Gespräch mit Landräten und Oberbürgermeistern sucht. Das Ziel dabei sollte ein ausgewogenes Maß an verdachtsunabhängigen Kontrollen in allen Regionen des Landes sein.

Herr Kollege Harms, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Göttsch?

Selbstverständlich, gern.

Herr Harms, ist Ihnen bekannt, dass bei einer Waffenkontrolle bisher eine Gebühr von circa 50 € entstand, die der Kontrolleur beim entsprechenden

(Minister Hans-Joachim Grote)

Waffenbesitzer erheben musste? Daraufhin hat unser Minister kurzfristig diesen Erlass geändert. Jetzt kann von 0 € bis X € etwas genommen werden, sodass es kostenlos sein kann. Wenn jemand seine Waffen ordnungsgemäß verwahrt, ist es mehr als recht und billig, dass der Landrat entscheiden kann, die Kontrolle kostenlos zu machen. Deswegen sind wohl auch im Kreis Rendsburg-Eckernförde so wenige Kontrollen durchgeführt worden.

- Ich glaube nicht, dass es daran gelegen hat. Bisher waren es zwischen 50 € und 120 €. Der Minister hat jetzt veranlasst, dass es Gebühren von 0 € bis 120 € geben kann. Das ist eine richtige Entscheidung. Es ist in Ordnung, dass die Möglichkeit eröffnet wird, es gebührenfrei zu machen, weil andere Kontrollen auch gebührenfrei sind. Wenn ich mit dem Auto kontrolliert werde, so ist das gebührenfrei. Das ist überhaupt keine Frage.

Es geht aber doch darum, wo und wie oft kontrolliert wird. Die Tatsache, dass Gebühren erhoben werden konnten, ist eigentlich ein Indiz dafür, dass ein Kreis keine Sorge haben musste, dass er dafür über Gebühr etwas zu zahlen hat, weil er ja die Gebühren einnehmen kann. Dass wir sagen, jetzt könnt ihr es sogar umsonst machen, wäre eigentlich ein Grund für den Kreis zu sagen: Wenn ich es jetzt umsonst machen muss, lasse ich es mit den Kontrollen lieber, weil ich sonst meine Leute selbst bezahlen muss. - Ich finde die Entscheidung trotzdem gut. Sie ist aber keine Erklärung dafür, dass man keine Kontrollen gemacht hat, als es früher verpflichtende Gebühren gegeben hat.

Deswegen noch einmal: Es ist wichtig, dass einer Kommune klar ist, dass es auch eine Verantwortung gibt, diese Kontrollen durchzuführen. Wir machen es im Lebensmittelbereich bis ins Tiefste und Kleinste. Wenn man es als Ordnungsbehörde in dem Bereich macht, muss man auch in der Lage sein, Waffenkontrollen durchzuführen.

(Beifall SSW und Burkhard Peters [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Herr Harms, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Sehr gern, klar.

Nur eine Anmerkung dazu. Wir sind uns also einig, dass Waffenkontrollen kostenlos durchgeführt werden sollen? - Wenn die Kreise 50 € bis 120 € nehmen müssen, wird der Aufwand für die Behörde größer, nämlich mit Zahlungsanweisungen und Ähnlichem das Geld zu bekommen.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Um auch darauf zu antworten: Ich finde es in Ordnung, dass der Herr Minister es hinbekommen hat, dass es sowohl eine Null-Gebühr als auch eine Gebühr bis zu 120 € geben kann und die Kommunen die Freiheit haben, dort selbst zu entscheiden, ob, wie und unter welchen Bedingungen sie die Gebühren erheben.

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD] und Kathrin Wagner-Bockey [SPD])

Wichtig aber ist: Wir müssen flächendeckend und nach gleichen Kriterien Kontrollen haben.

(Beifall SPD und Dennys Bornhöft [FDP])

Um es dann auch abzuschließen: Wir brauchen diese Lösungswege. Ich glaube, dass es da hilft, wenn wir von Landesseite moderierend tätig werden, man die Kommunen einlädt und sagt: Wie kriegen wir es am besten hin? Welche Erfahrungen hat zum Beispiel der Kreis Ostholstein im Gegensatz zu dem, was in anderen Kreisen gelaufen ist, mit seinen Kontrollen gemacht? - Vielleicht kann man da voneinander lernen.

Denn Fakt ist: Die Kontrollen vor Ort sind unerlässlich. Nur so kann die Behörde auch tatsächlich nachweisen, dass die Regelungen eingehalten werden und dass eben nicht ein psychisch Kranker, ein Reichsbürger oder eine andere nicht geeignete Person in den Besitz einer Waffe kommen kann. Ein Foto der Rechnung vom Waffenschrank oder auch von den verstauten Waffen kann eben nicht das Maß an Sicherheit bieten, wie es die Vor-Ort-Überprüfung kann. Die verdachtsunabhängige Kontrolle ist und bleibt schlichtweg die wichtigste Aufgabe, und der Schutz für alle Menschen im Land sollte vor diesem Hintergrund auch in Zukunft die vornehmste Aufgabe der Ordnungsbehörden sein.

Für uns als SSW steht zudem weiterhin fest, dass auch das Land ein gewisses Maß an Mitverantwortung trägt, dafür Sorge zu tragen, die große Lücke bei den durchgeführten Kontrollen zu schließen. Um eine einheitliche Regelung hinzubekommen, müssen wir selbst handeln. So viel Koordination

(Lars Harms)