Protocol of the Session on December 14, 2017

Daniel Günther, ich zitiere, Herr Kollege Dr. Stegner, hat im „Schleswig-Holstein-Magazin“ auf die Frage des Moderators, ob das Land dann einspringen würde, ganz klar und eindeutig geantwortet: Das Land würde nicht einspringen.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wo ist da die Wählertäuschung, wenn man das vor breitem Publikum vor der Landtagswahl verkündet? Es gilt das, was wir mit der Verfassungsklage gegen das Finanzausgleichsgesetz in der letzten Wahlperiode erreichen wollten und was jetzt im

Koalitionsvertrag vereinbar worden ist: Mit der Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs werden wir nämlich die Kommunen in die Lage versetzen, ihrer Verpflichtung zum Ausbau kommunaler Straßen nachzukommen. Bis dahin muss keine Kommune Nachteile bei der Genehmigung des Kommunalhaushaltes oder bei der Gewährung von Fehlbetrags- oder Sonderbedarfszuweisungen befürchten, wenn sie auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verzichtet.

Meine Damen und Herren, die Abschaffung der Pflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen ist der richtige Schritt. Geben Sie den Gemeinden die Entscheidungsfreiheit zurück, und stimmen Sie diesem Gesetzentwurf zu. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Beate Raudies.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute wird also politische Zechprellerei in Gesetzesform gegossen. Großartig, Jamaika!

(Beifall SPD)

Ja, Herr Koch, Ihr Gesetzentwurf führt landauf, landab zu Verdruss bei den Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern, und zwar nicht nur bei denen der SPD, sondern auch bei denen aus der CDU, aus der FDP, bei den Grünen, den Wählergemeinschaften. Ich bekomme jeden Tage Anrufe von den CDU-Kommunalpolitikern, die zu mir sagen: Bitte verhindert doch den Quatsch!

(Heiterkeit CDU und SSW - Zurufe)

Landauf, landab beschließen Gemeindevertretungen -

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, die Anrufsituation der Abgeordneten jetzt nicht weiter zu kommentieren, sondern sie ausreden zu lassen.

Landauf, landab beschließen Gemeindevertretungen Resolutionen mit einer Aufforderung an das Land, die ausfallenden Beiträge zu kompensieren Plön, Schleswig, Tornesch, um nur ein paar zu nen

(Tobias Koch)

nen. Und was machen Sie, Herr Koch? Großartig, Ihr Zitat in den „Kieler Nachrichten“: Die können ja warten bis 2021. - Na, herzlichen Glückwunsch! Also wirklich!

(Beifall SPD)

Ich will mich zuerst einmal mit den handwerklichen Fehlern in Ihrem Gesetz beschäftigen. Die haben Sie nämlich in keiner Weise ausgeräumt. Nach wie vor ist es schwierig mit der Gemeindeordnung, dem KAG und den Zusammenhängen. Das ist nicht leicht. Schon in der Plenardebatte im September wurde das deutlich. Ich habe es Ihnen gesagt. Herr Dolgner hat es Ihnen gesagt. Vielleicht hätten Sie Ihrem Innenminister glauben sollen. Der hat es Ihnen nämlich auch gesagt. Aber nein, keine Änderung! Zusammenhang von KAG und Gemeindeordnung, Nachbesserungen - Fehlanzeige.

Sie haben uns immer vorgeworfen, die Erhebungspflicht führe zu gravierenden Ungerechtigkeiten. Aber Ihr Gesetzentwurf macht es kein Stück besser.

(Beifall SPD)

In der Anhörung haben uns die Verfassungsrechtler erläutert, warum der abrupte Systemwechsel zu neuen Ungerechtigkeiten führt. Ausdrücklich wurde auf die Überleitungsregeln § 8 a KAG für die wiederkehrenden Beiträge und die Gefahr einer Doppelbelastung hingewiesen. Was sagt die Regierungskoalition? - Ein Systemwechsel führe nun einmal zu Sollbruchstellen, das sei halt so, das habe man hinzunehmen. Ich finde, Sie machen es sich ganz schön einfach, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD)

Ich benenne die Sollbruchstellen gern noch einmal: Rückzahlung von Beiträgen - für welchen Zeitraum? -, Ablöseverträge in den Kommunen, die bereits laufen, laufende Ratenvereinbarungen, wiederkehrende Beiträge und, um noch eines zu toppen -: Was ist mit den Anliegern in städtebaulichen Sanierungsgebieten, wo nach Bundesrecht auch weiterhin Beiträge erhoben werden? All die kleinen praktischen Probleme überlassen Sie jetzt ganz großzügig den Kommunen und der kommunalen Selbstverwaltung. Sie tragen den Streit in die kommunale Familie, zu den ehrenamtlichen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern vor Ort, und das nennen Sie dann Stärkung der Selbstverwaltung und Förderung des kommunalen Ehrenamtes. Na ja.

(Beifall SPD)

Nach wie vor ist nicht sicher, wie sich der Beitragsverzicht bei Haushaltsgenehmigung in Konsolidie

rungskommunen oder Fehlbedarfskommunen auswirkt. Auch da haben wir lediglich die Begründung. Im Gesetzestext fehlt eine Regelung dazu. Herr Koch, ich habe Sie eben schon mit der Äußerung in den „Kieler Nachrichten“ zitiert. Ich fand, dass setzte dem Fass echt die Krone auf. Ganz ehrlich! Wie schräg ist das denn? Haben wir nicht nächstes Jahr Kommunalwahlen? Welche Gemeindevertretung kann es sich da erlauben, eine Aussage zum Thema Straßenausbau bis 2021 zurückzustellen? Die Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein sind doch nicht blöd. Die werden eine Abschaffung natürlich einfordern. Was erzählen Sie denn hier?

(Beifall SPD)

Umgekehrt frage ich Sie: Warum Ihre Eile, wenn Sie es so schön zusammenpacken wollen? Dann hätten Sie sich nach der Anhörung Zeit nehmen können, die bei diesen Ergebnissen für Sie wirklich keine große Aktion war.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Peinlich!)

Es war verheerend, was die Sachverständigen gesagt haben. Sie hätten sich Zeit nehmen können, Verbesserungsvorschläge einzuarbeiten, auszuarbeiten.

Die Gutachter haben viele Hinweise zur Beitragserhebung gebracht. Was wäre schlimm daran gewesen, da nachzubessern? Oder hat da der Schwanz mit dem Hund gewedelt, sprich die FDP mit dem Rest von Jamaika?

Haben Sie vielleicht auch darauf gehofft, dass die Bürgerinnen und Bürger im Land Ihre Wahlversprechen vergessen? - Keine Sorge, Herr Ministerpräsident, wir werden Sie daran erinnern.

Ich habe mit großer Freude das Zitat aus den „Uetersener Nachrichten“ vom 18. April 2017 herausgesucht, als der damalige Spitzenkandidat in Uetersen erklärte:

„Wir werden die Kommunen so unterstützen, dass sie sich das Geld nicht von den Bürgern holen müssen und sich den Straßenausbau wieder leisten können.“

80 bis 100 Millionen € wolle er in der nächsten Wahlperiode dafür zur Verfügung stellen.

Wenn das kein Versprechen ist, dann weiß ich nicht, was ein Versprechen ist.

(Beifall SPD und Jette Waldinger-Thiering [SSW] - Dr. Ralf Stegner [SPD]: So ist das!)

(Beate Raudies)

Frau Abgeordnete!

Wir bleiben dabei - mein letzter Satz, Herr Präsident! -: Die Beitragserhebung ohne finanziellen Ausgleich ist eine Mogelpackung. Unsere Zustimmung für diesen Murks bekommen Sie nicht.

(Beifall SPD)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Abgeordnete Ines Strehlau.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, beschließen wir heute ein Gesetz, das es den Kommunen ermöglicht, zukünftig auf Straßenausbaubeiträge zu verzichten. Es ist schon erstaunlich, wie die Debatte geführt wird. „In eigener Verantwortung“ - so steht es im Koalitionsvertrag. Jahrelang haben einzelne Kommunen auf den Matten gestanden, Klinken geputzt und ihr Mantra vorgetragen: Wir vor Ort wissen am besten, wie und ob wir Beiträge erheben; hört auf, uns zu bevormunden. - Genau das haben wir getan.

(Peter Lehnert [CDU]: Genau!)

Wir überlassen es mit unserem Gesetzentwurf nun den Kommunen, ob sie Beiträge erheben und wie sie dies gestalten.

Aber wenn man die Zeitung aufschlägt oder sich die Kommentierung hier anhört, hat man den Eindruck, wir hätten mit dieser Gesetzesänderung versprochen, dass ein Geldsegen auf die Kommunen herabregnet.

(Peter Lehnert [CDU]: Das stimmt ja nicht!)

Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. So steht das nicht im Koalitionsvertrag. Im Koalitionsvertrag steht: Durch den Verzicht sollen keine Nachteile bei der Genehmigung der Kommunalhaushalte entstehen. Auch die Mittelzuweisung durch das Land soll unberührt bleiben.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Dort steht auch: Über eine Unterstützung durch das Land reden wir - aber erst, wenn wir über die Finanzierung der Kommunen insgesamt reden, nämlich im Rahmen der Neuordnung des kommunalen

Finanzausgleichs. Das Datum dafür steht schon lange fest und ist auch kein Geheimnis.