Protocol of the Session on September 12, 2014

Dazu gehört ein Zweckentfremdungsverbot, das Mindeststandards und deren Überprüfung regelt. Wir können uns auch Regelungen vorstellen, die es Mieterinnen und Mietern leichter machen, gegen Missstände vorzugehen.

Schließlich ist uns die Frage wichtig, was tatsächlich gesetzlich geregelt werden muss und wo untergesetzliche Regelungen ausreichen. Wir streben an, eine möglichst große Wirkung zu erzielen, dabei aber den bürokratischen Aufwand so gering wie möglich zu halten.

(Beifall SPD)

Schleswig-Holstein macht Wohnungspolitik aus einem Guss. Das ist gut so; denn die erhöhten Mittel für die Städtebauförderung - aktuell über 48 Millionen € - sollen gut und effizient eingesetzt werden. Dafür wollen wir die Rahmenbedingungen schaffen und im Land umsetzen.

Wie Sie wissen, wird das Innenministerium sehr zeitnah konkret festlegen, welche Kommunen in Schleswig-Holstein wie viel Geld für welches Projekt erhält.

Wir tun noch viel mehr. Mit der Küstenkoalition und Minister Breitner wollen wir unser Zweckvermögen Wohnraumförderung erhalten. Wir wollen die Wohnraumförderung fortsetzen, wenn möglich auf sehr hohem Niveau. Wir haben im Jahr 2013 eine Offensive für bezahlbares Wohnen gestartet. Diese werden wir fortsetzen.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Wir wollen die Baukosten senken und das Bauen in Schleswig-Holstein leichter und flexibler machen. Wir wollen genossenschaftliches Wohnen stärken.

Ich möchte noch einmal ganz deutlich sagen, dass wir viele Maßnahmen durchführen, die zum Ziel haben, gutes Wohnen in Schleswig-Holstein zu erhalten und weiter zu stärken. Auf die differenzierte Wohnraumsituation in Schleswig-Holstein ist mein Kollege Herr Lehnert schon eingegangen. Den Zwischenruf vom Kollegen Kubicki finde ich ebenfalls sehr wichtig. Es kann nicht angehen, dass bezahlbarer Wohnraum nur in Uninähe die einzige Möglichkeit für die Studierenden ist, zu wohnen. Kiel hat viel mehr Straßen als nur die Holtenauer Straße. Das kann man feststellen, wenn man sich den Plan von Kiel genauer anschaut. Das habe ich Ihnen hier bereits einmal mitgeteilt.

Natürlich wollen wir unsere Anstrengungen nicht darauf konzentrieren, neuen Wohnraum zu schaffen, wenn gleichzeitig bestehender Wohnraum zweckentfremdet wird oder gar verwahrlost. Die verschiedenen Maßnahmen müssen ineinandergreifen.

Ich möchte an dieser Stelle aber ganz deutlich sagen, dass gute gesetzliche Regelungen gegen Missbrauch immer nur die schwarzen Schafe treffen. Die weit überwiegende Zahl der Eigentümerinnen und Eigentümer ist sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst und geht verantwortungsvoll mit Wohnraum um.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Für den Umgang mit den wenigen anderen brauchen wir unbürokratische, wirksame Maßnahmen. Deshalb werden wir noch in dieser Wahlperiode ein Wohnraumsicherungsgesetz auf den Weg bringen, das die verschiedenen Aspekte verbindet. Einige davon habe ich Ihnen heute bereits vorgestellt.

Ich freue mich auf die Ausschussberatung. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Detlef Matthiessen das Wort.

(Serpil Midyatli)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Wohnung, ein Dach über dem Kopf, ist Menschenrecht. Wohnen, Schutz und Geborgenheit gehören zu den Grundbedürfnissen der Menschen. Auch wenn es keine abgeschlossene Definition darüber gibt, was Staatsaufgabe ist, wie weit ein staatlicher Paternalismus gehen soll und was der Eigenverantwortung der Bürger obliegt, so besteht in der Koalition doch weitgehend Einigkeit darüber, dass der Staat und die kommunalen Selbstverwaltungen den Wohnungsmarkt nicht sich selber überlassen dürfen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, Wohnen wird in einigen Teilen unseres Landes für größere Bevölkerungsschichten schlicht unbezahlbar. Schlagzeilen im „Hamburger Abendblatt“ lauten: „Untragbarer Zustand“. An anderer Stelle ist von einem Kampf gegen Schrottimmobilien die Rede. Innenminister Breitner spreche sich für ein landeseigenes Wohnungsaufsichtsgesetz aus. Land und Wohnungswirtschaft starteten die Offensive für bezahlbares Wohnen. Herr Minister Breitner, die grüne Fraktion unterstützt Sie dabei.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auf Sylt und den Inseln verdrängen Touristen und Ferienwohnungen die Einheimischen aufs Festland. Im Hamburger Rand rechnet sich Arbeiten in der Metropole und Wohnen in Schleswig-Holstein nicht mehr. In Kiel, Lübeck und Flensburg drängen viele Studierende auf den Wohnungsmarkt.

Das Mietengefüge in Schleswig-Holstein gehört zu den teuersten im ganzen Bundesgebiet. Das geht aus dem Wohngeld- und Mietenbericht hervor. Das Leistungsniveau der Wohngeldausgaben liegt in unserem Bundesland circa 21 % über dem Bundesdurchschnitt. Ich denke, das ist im Rahmen der Debatten, die hier bisher geführt wurden, kaum bekannt. Das bedeutet eine Spitzenposition unter den Westländern. Das liegt im Wesentlichen an der hohen Bruttokaltmiete der wohngeldfähigen Mieten. Wir liegen da auf Platz vier im Bundesgebiet hinter den Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen, und unter den Flächenländern nur noch hinter BadenWürttemberg. Es fehlt in Schleswig-Holstein also an bezahlbarem Wohnraum für Otto und Erna Normalverbraucher.

In der Diskussion gehen auch Sondersituationen unter, wie ich sie aus meinem Wahlkreis, Eckernförde, kenne. Frau Midyatli, wir haben dort ja gemeinsam - - Wo sitzt sie überhaupt?

(Jette Waldinger-Thiering [SSW]: Sie ist ge- rade hinausgegangen!)

- Ach so. - Wir haben dort ja gemeinsam wohnungswirtschaftliche Veranstaltungen durchgeführt. Es ist ein verdammt teures Pflaster. Du warst ja auch dabei.

(Jette Waldinger-Thiering [SSW]: Genau!)

Wir müssen feststellen, dass Menschen, die nicht so viel „auf der Naht“ haben, in Eckernförde keinen Wohnraum mehr finden. Das taucht nirgends auf. Nicht überall, aber zunehmend ist eine solche Verknappung in den Gebieten mit angespannter Lage zu beobachten.

Wie Herr Lehnert ausgeführt hat, müssen die Zahlen stimmen. Das finde ich auch. Wir brauchen eine aktuelle Beobachtung des Wohnungsmarktes, um uns ein Bild von der Lage zu machen. Frau Midyatli hat ausgeführt, dass sich die Betrachtung des studentischen Wohnens nicht auf die Holtenauer Straße in Kiel beschränken sollte. Das ist natürlich richtig. Insofern finde ich auch, dass wir in der Diskussion mit aktuellen Zahlen arbeiten sollten.

Die PIRATEN adressieren mit Ihrem Vorschlag für ein Wohnraumsicherungsgesetz also ein wichtiges politisches Handlungsfeld. Die Vorschläge sind allerdings aus unserer Sicht bürokratisch und keineswegs ausreichend.

Liebe PIRATEN, es muss allerdings auch niemand zum Jagen getragen werden.

(Lachen Dr. Patrick Breyer [PIRATEN])

Die Landesregierung hat im Januar 2013 die Offensive für bezahlbaren Wohnraum gestartet. Die Landesregierung nimmt dabei viel Geld in die Hand. Für 2013 und 2014 standen und stehen 180 Millionen € zur Verfügung. Damit könnten über 1.500 preiswerte Wohnungen gefördert werden, Wohnungen, die wir dringend brauchen. Bauen, bauen, bauen ist also aus meiner Sicht die erste Priorität in dieser Debatte.

Für uns Grüne ist klar: Wohnen ist nicht ausschließlich eine Frage von Geld und Markt. Der Staat hat da eine Daseinsvorsorgepflicht. Annehmbare Wohnungen zu angemessenen Bedingungen dürfen nicht dem Preisdruck eines angespannten Immobilienmarktes geopfert werden. Wir wollen keine ökonomische Verdrängung von einkom

menschwachen Bevölkerungsgruppen; die sogenannte Gentrifizierung muss verhindert werden. Wir wollen keine Ferienwohnungen in Innenstädten, wenn dort bezahlbarer Wohnraum fehlt.

Minister Breitner arbeitet an einem Wohnraumsicherungsgesetz. Das ist auch den PIRATEN bekannt. Wir wollen die Vorschläge der PIRATEN und auch der anderen Fraktionen gern einbeziehen. Zweckentfremdung ist aber nicht das einzige Problem. Bei der Sicherung von Wohnraum müssen weitere Fragen beantwortet werden. Der Gesetzentwurf der PIRATEN greift zu kurz. Wir müssen umfassender an das Thema herangehen.

So hat der Mieterbund zum Beispiel ein Wohnraumerhaltungsgesetz gefordert. Auch die dort gemachten Vorschläge sind sehr beachtenswert. Daher lohnt sich eine Diskussion im Ausschuss. Wir wollen den Gesetzentwurf federführend in den Ausschuss für Inneres und Recht und mitberatend in den Wirtschaftsausschuss überweisen.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Zum Abschluss lassen Sie mich an die Weisheit des Grundgesetzes erinnern. In Artikel 14 Abs. 2 heißt es:

„Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Für die FDP-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende Abgeordneter Wolfgang Kubicki das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor fast einem Jahr, nämlich am 22. August 2013, haben wir zusammen über das sogenannte Zweckentfremdungsverbot gesprochen. Der damalige Antrag der PIRATEN „Bezahlbaren Wohnraum durch ein Zweckentfremdungsverbot sichern“, Drucksache 18/899, wurde dann im Innen- und Rechtsausschuss behandelt. Wie im Allgemeinen üblich wurde eine schriftliche Anhörung durchge

führt und abschließend eine Abstimmung über die Anträge vollzogen. Im Ergebnis bleibt festzuhalten: Es gab im Ausschuss für den Antrag keine Mehrheit. Meine Fraktion hat ihn im Übrigen auch nicht unterstützt.

Uns wundert natürlich nicht, dass die PIRATEN aus dem damaligen Antrag einen Gesetzentwurf gemacht haben. Das ist ihr gutes Recht. Aber ändern wird das an der Grundeinstellung meiner Fraktion zum Zweckentfremdungsverbot nichts.

Mittlerweile wurde durch Innenminister Breitner eine andere wohnungsmarktpolitische Forderung der Piratenfraktion aufgegriffen. Eine neue Kappungsgrenzenverordnung soll im Herbst dieses Jahres in Kraft treten. Das Ergebnis der Untersuchung des Wohnungsmarktes in Schleswig-Holstein spricht eigentlich für sich selbst. So fallen nun zwölf der 48 untersuchten Gemeinden in Schleswig-Holstein unter die Kappungsgrenzenverordnung. Davon haben im Übrigen immerhin die Hälfte, also sechs Gemeinden, die erforderliche Punktzahl durch die Summe der untersuchten Indikatoren erreicht. Der Kollege Lehnert hat darauf bereits hingewiesen. Doch bei insgesamt 1.110 Gemeinden im Land müssen wir uns die Frage stellen: Herrscht hier überhaupt ein Regelungsbedarf, wenn objektiv nur 0,5 % der Gemeinden in Schleswig-Holstein betroffen sind?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Plenardebatte am 22. August 2013 hat Innenminister Breitner zum Zweckentfremdungsverbot eindeutig Stellung bezogen und die Sachlage sehr gut auf den Punkt gebracht, wie ich finde. Ich zitiere:

„Das Zweckentfremdungsverbot mit Genehmigungsvorbehalt ist ein sperriges Instrument mit hohem Verwaltungsaufwand, insbesondere für die Kommunen. Für die Landesregierung hat aus diesen Gründen die Prüfung einer Zweckentfremdungsverordnung derzeit keine Priorität. Wir brauchen keine generellen Lösungen für Probleme, die es im Land nur punktuell gibt.“

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Recht hat er, finde ich.