Neben den von Innenminister Breitner aufgeführten Argumenten ist ein Zweckentfremdungsverbot doch vor allem eines, nämlich ein massiver Eingriff in die Eigentumsrechte. Das können und werden wir als FDP-Fraktion nicht unterstützen.
- Herr Kollege Breyer, ich lasse jetzt keine Zwischenfrage zu, sondern möchte meine Gedanken vollständig zu Ende führen. Sie hatten ja bereits zehn Minuten Zeit, Ihre Gedanken hier auszubreiten.
Wir müssen uns die Frage stellen, welches die Bedingungen dafür sind, dass wir in bestimmten Gebieten zu bezahlbarem Wohnraum zurückkehren. Es gibt ja mittlerweile Stellungnahmen des Mieterbundes und Wohnungsunternehmen, die darauf hinweisen, dass beispielsweise die Zurverfügungstellung von bezahlbarem Bauland durch die Kommunen eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass Wohnraumangebote geschaffen werden können.
Herr Kollege Tietze, ich bin jetzt einmal ein bisschen ketzerisch, was meine Freunde auf Sylt angeht. Wenn die Sylter Hochhäuser zulassen würden, was natürlich die touristische Attraktion der Insel nicht mehr in die Höhe schrauben würde -
- Ich will das ja nicht. Aber wenn Sie bezahlbaren Wohnraum wollen, dann sollten Sie sich einmal anschauen, was die in Manhattan in den USA machen.
- Ja! Das kennen Sie nicht. Dort erhalten Unternehmen, die in ihren Gebäuden zu 25 % bezahlbaren Wohnraum anbieten, schnellere Baugenehmigungen und logischerweise auch die Möglichkeit, höher zu bauen. Im Anschluss wird der Wohnraum zwischen denjenigen, die den Wohnungsbedarf haben, verlost, weil die Nachfrage extrem hoch ist.
Sie sagen, Sie wollten auf Sylt in bestimmter Art und Weise bauen - das akzeptiere ich -, zugleich erklären Sie aber, wir bräuchten bezahlbaren Wohnraum, den man auf andere Art und Weise beschaffen müsse. Man kann ja Sylt nicht unendlich ausdehnen, außer man baut in die Höhe.
- Frau Erdmann, es wäre schön, Sie würden sich mit dieser Thematik beschäftigen. Es geht hier nämlich um die Frage, wie man bezahlbaren Wohnraum in Gebieten schaffen kann, in denen der Grundstücksmarkt nicht unendlich vergrößert werden kann. Das ist die spannende Frage. Das errei
Durch eine Zweckentfremdungsverordnung bekommen Sie nämlich keinen neuen Wohnraum, den wir dringend brauchen.
Ich habe in meiner Rede im August 2013 bereits ausgeführt, dass ich ein Zweckentfremdungsverbot für Tourismusgebiete sehr kritisch sehe. Die PIRATEN haben mit diesem Gesetzentwurf, soweit ich das Anliegen der PIRATEN verstanden habe, insbesondere die Wohnraumsituation auf der Insel Sylt im Visier.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bleibe bei meiner Einschätzung, dass ein Zweckentfremdungsverbot weder sachdienlich noch angemessen ist, um eine Erleichterung für den in einigen Teilen Schleswig-Holsteins angespannten Wohnungsmarkt zu erreichen. Vollkommen unabhängig davon, ob die PIRATEN nun einen Antrag oder einen eigenen Gesetzentwurf einbringen: Neuen Wohnraum, mehr Angebot auf dem Wohnungsmarkt schafft man mit Anreizen und nicht durch Regulierungen und Verbote.
Wir müssen in Schleswig-Holstein Motivationsanreize für die Schaffung neuen Wohnraums setzen. Diese grundsätzliche Einstellung teilen die PIRATEN offenkundig nicht, sonst hätten sie diesen Gesetzentwurf - jedenfalls so - nicht eingebracht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden den Gesetzentwurf im Innen- und Rechtsausschuss beraten. Wir werden Anhörungen dazu durchführen. Aber die grundlegende Frage, wie wir mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen können, lösen wir mit diesem Gesetzentwurf nicht. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wohnraum ist Lebensraum und damit natürlich ein sensibles Thema also. Ein Blick auf die Struktur reicht aus, um zu erkennen, dass es in Schleswig-Holstein erhebliche Unterschiede in puncto Wohnraumversorgung gibt. In vielen Ge
genden gibt es mehr Wohnraum als potenzielle Bewohner, und in anderen konzentrierten Regionen ist zur Verfügung stehender Wohnraum Mangelware. Deswegen muss kleinteilig vorgegangen werden. Wir vom SSW vertreten die Auffassung, dass die kommunale Ebene am besten entscheiden kann und auch sollte.
Die kommunale Ebene muss auch in Zukunft genügend Entscheidungsmöglichkeiten haben, vor Ort zu agieren. Sie kennt die Bedarfe der Stadt- und Dorfbewohner am besten. Wir sollten uns also noch einmal gründlich Zeit nehmen, um über den angedachten Gesetzentwurf und die Rechte und Möglichkeiten auf kommunaler Ebene zu beraten.
Die sogenannte Zweckentfremdung ist zum Beispiel kein einfacher abgrenzbarer Begriff. Das liegt daran, dass selbst das Wohnen an sich gar nicht so leicht zu definieren ist. Was verstehen wir unter dem Begriff „wohnen“? Was ist Wohnraum und was ist nicht Wohnraum? Darf Wohnraum zusammenhängend sein, wie zum Beispiel auf der Insel Sylt? Auf der Insel Sylt gibt es ja Regelungen darüber, dass man Wohnraum bekommen kann, zugleich aber auch vermietbaren Wohnraum für Touristen anbieten muss, sodass das darüber finanziert werden kann. Das ist eigentlich eine clevere Idee. Aber es gibt dann immer wieder Abgrenzungsprobleme, wenn man solche Regelungen wie die mit der Zweckentfremdung macht.
Die Kommunalpolitik hat diesbezüglich so manche Erfahrungen sammeln können. Auch die Frage nach dem Eingriff ins Eigentum stellt sich in diesem Zusammenhang - der Kollege Kubicki hat dies eben schon ausgeführt -, denn jede Reglementierung ist natürlich auch ein Eingriff in das persönliche Eigentum des Besitzers von Wohnraum. Wie weit kann und sollte man in ein solches sensibles Grundrecht eingreifen? Auch diese Frage muss man sich natürlich stellen.
Das Zweckentfremdungsverbotsgesetz, wie es in Hamburg, Berlin und Baden-Württemberg zu finden ist, ist zweifelsohne regional vernünftig. Jedoch halte ich es für wenig sinnvoll, diese Regelung auf Schleswig-Holstein überzustülpen. Denn unser Land hat zum Beispiel mit den beiden erwähnten Bundesländern Hamburg und Berlin nur wenig gemein. Der Wohnmarkt in Schleswig-Holstein unterscheidet sich erheblich von dem im hansestädtischen Nachbarland. Die Unterschiede könnten kaum größer sein. Von daher müsste man sich zu
nächst einmal die Gegebenheiten bei uns ansehen, weil sich die ganze Problematik nur schwer verallgemeinern lässt.
Wir sollten aber auch die bestehenden Instrumente genau untersuchen. Regelungen zur Wohnraumversorgung sowie zum bezahlbaren Wohnraum wie etwa die Kappungsgrenze bestehen bereits. Zusätzliche Regelungen müssen die bestehenden Regelungen ergänzen.
Von daher muss man erst einmal beraten, inwieweit ein Zweckentfremdungsverbot in die bestehenden Regelungen integriert werden kann. Vor dem Hintergrund wechselnder Bedarfe ist und bleibt es absolut sinnvoll, Maßnahmen und Zielregionen jederzeit anpassen zu können.
Sie merken schon, es ist ein Balanceakt zwischen wohnraumfördernden Regelungen und genügend Entscheidungsspielraum für die Verantwortungsträger vor Ort sowie der Wahrung des Rechtes auf Eigentum mitsamt seinen Verpflichtungen. Wir brauchen also eher flexible Strategien und weniger Gesetze.
Fakt ist, dass sich in puncto Wohnungsmarkt in Schleswig-Holstein etwas bewegt. Nach dem Grundsatz „Neue Wohnungen sind der beste Mieterschutz“ hat die Landesregierung in den letzten zwei Jahren vor allem eines unterstützt: Es wird gebaut, gebaut, und nochmal gebaut. So wurden fast 1.000 zusätzliche öffentlich geförderte Mietwohnungen im Hamburger Umland, über 300 im Raum Kiel und jeweils mehr als 100 neue Wohnungen in Lübeck und auf Sylt geschaffen. Den eingeschlagenen Weg halte ich für ausgesprochen gut. Hier müssen wir weitermachen, und das sollte auch unsere Priorität sein.
Wenn man sich die Probleme einmal genau anschaut, und dies nicht nur in den speziellen Regionen, die besonders stark belastet sind, sondern auch die anderen Orte, dann wird man sehen, dass man zum Beispiel in meinem Heimatort Husum riesige Probleme hat, Berufsschüler unterzubringen, weil wir dort keine kleinen Wohnungen haben, die zentrumsnah sind. Das ist für den ländlichen Raum ein haarsträubendes Problem. Wir haben zwar dezentral immer noch genügend Schulen, um die Jugendlichen ausbilden zu können; aber wir können ihnen inzwischen aber keinen Wohnraum mehr anbieten.
Insbesondere bei uns in Ostfriesland kommt noch die Schwierigkeit hinzu, dass Jugendliche einen Anspruch auf Wohnraum haben, die von den Inseln stammen und eben nicht jeden Abend wieder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückfahren kön
Wenn man sich Flensburg ansieht - Ähnliches gilt natürlich auch für Lübeck und Kiel -, erkennt man, man hat dort insbesondere Probleme, studentischen Wohnraum zu schaffen. Auch dort redet man eher über kleinere Wohnungen und nicht über die vorhandenen Drei-, Vier- oder Fünfzimmerwohnungen.
Wenn man sich dann noch den demografischen Wandel ansieht, dann stellt sich sofort auch die Frage: Was braucht ein Rentner, was brauchen alleinlebende Menschen im hohen Alter an Wohnraum? Die Antwort lautet meist: Dies sind eher auch kleinere Wohnungen. Insoweit haben wir durchaus eine besondere Verantwortung, vor allem haben wir eine politische Verantwortung. Dabei denke ich auch ein wenig an den Bund, der bei uns noch sehr viele Liegenschaften hat, die zum Teil eben nicht günstig an die Kommunen abgegeben werden, damit diese vernünftigen Wohnraum schaffen können.
Vor dem Hintergrund ist da viel, viel mehr zu tun. Ob wir dann darüber hinaus noch weitere gesetzliche Regelungen brauchen, sollten wir insbesondere mit der kommunalen Ebene im Rahmen der Ausschussberatungen beraten. Wir sind da aber sehr, sehr skeptisch. Es ist aber so, dass ein Gesetzentwurf mit der kommunalen Ebene beraten wird. Schauen wir einmal, was am Ende dabei herauskommt.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich über die konstruktive Beratung unseres Gesetzentwurfs. Ich nehme mit Respekt zur Kenntnis, dass sich SPD und Grüne einen umfassenderen Ansatz wünschen, der auch Wohnraumpflege des vorhandenen Bestands umfasst. Das ist eine durchaus respektable Position. Das Problem ist nur, dass Sie bisher überhaupt keinen von diesen beiden Ansätzen verfolgt haben.
Frau Kollegin Midyatli, wir sollten die Reihenfolge nicht durcheinanderbringen. Es war ja nicht so, dass Ihr Innenminister vorgeprescht ist und wir jetzt handeln. Es war so, dass wir bereits im letzten Jahr einen Antrag vorgelegt haben, der ein Zweckentfremdungsverbot gefordert hat. Herr Kollege Kubicki, der Antrag ist im Ausschuss nicht abgelehnt worden. Nachdem sich bis heute nichts getan hat, sind wir in Vorlage gegangen und haben einen konkreten Gesetzentwurf vorgelegt.