Herr Kollege Tietze, wie kommen Sie eigentlich darauf, dass das, was Sie eben beschrieben haben, nun alles in Gefahr gerät?
- Das ist doch logisch. Die Verbände werden die Plätze abbauen. Das ist doch klar. Die Verbände werden die Plätze abbauen, und ich sage Ihnen als Nordfriese: Als Erstes werden die Orte darunter leiden, die vielleicht jetzt noch - ich will einmal Pellworm nennen - durch das Freiwillige Ökologische Jahr Wattführungen stattfinden lassen können. Diese Plätze werden abgebaut. Der ländliche Raum wird darunter leiden. Die Qualität des ländlichen Raums wird darunter leiden. Da müssen Sie sich sehr gut überlegen, ob Sie das tatsächlich mit Ihrer Politik vereinbaren können.
Herr Kollege Tietze, Sie sprechen Wattführungen an. Glauben Sie allen Ernstes, dass die in Gefahr sind? Nichts gegen die Wichtigkeit des Freiwilligen Ökologischen Jahres. Ist Ihnen bekannt, dass es bereits ehrenamtliche Wattführer gab, bevor es das Freiwillige Ökologische Jahr gab?
- Frau Sassen, Sie und ich kennen die Region sehr gut, und Sie wissen genau, wie die Verbände händeringend nach Freiwilligen suchen. Es geht hier auch um ein Stück Anerkennungs- und Wertschätzungskultur. Dass Sie als erste Botschaft diese Anerkennungs- und Wertschöpfungskultur einreißen, indem Sie dieses infrage stellen, das halte ich für eine falsche Politik. Wir haben an der Westküste über diese Politik den Kopf geschüttelt.
Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Herrn Abgeordneten Lars Harms von der SSW-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte etwas in Erinnerung rufen, was die Kollegin Fritzen vorhin gesagt hat. Sie hat nämlich etwas Bedeutendes gesagt. Sie hat gesagt: Wir verschließen uns keinen vernünftigen Überprüfungen und Einsparvorschlägen, solange sie berechtigt sind.
Dass der Landesrechnungshof das Ganze überprüft, ist eine Selbstverständlichkeit. Dass man sich das anguckt und sagt, was davon umgesetzt werden kann, ist auch in Ordnung. Er darf es politisch aber nicht hinterfragen. Politisch haben wir beschlossen: Wir wollen 150 Stellen haben, wir wollen sie finanzieren. Und dabei bleibt es.
Man muss sich natürlich in der Umsetzung angucken, ob man justieren kann. Das ist auch okay. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dabei nicht eine halbe Million € herauskommen wird. Da werden sicherlich ein paar Groschen herauskommen, aber sicherlich nicht diese Riesensumme. Deswegen liegt die Vermutung nahe, dass richtig etwas weggekürzt werden soll.
Dazu möchte ich Folgendes sagen: Frau Rumpf, unsere Ministerin für diesen Bereich, hat im Finanzausschuss ganz deutlich gesagt, sie möchte die 150 Stellen erhalten. Ich habe extra nachgefragt, weil ich es noch einmal hören wollte. Das nehme ich erst einmal so hin und sage: Okay, das ist eine politische Aussage. Das heißt, ich will diese Stellen erhalten. Dann stellt sich die Frage: Wie komme ich zu dieser riesigen Einsparsumme, und wo soll sie herkommen? Sie kann nicht von dem Geld stammen, das man den Leuten auszahlt, weil das wenig genug ist. Es kann auch nicht von den Sachkosten kommen, weil da auch nicht so fürchterlich viel ist. Es scheint dann die Verwaltung zu sein.
Wenn ich mir die Verwaltungskosten angucke und sage, das ist zu hoch, das kürze ich auf das Niveau des Bundesdurchschnitts runter, muss ich auch nachfragen: Wer soll dann die Verwaltungsleistungen erbringen, und wer bekommt sie bezahlt? Dann gehen sie vielleicht nicht mehr an die Trägerverbände, sondern an irgendeine Gesellschaft, die das macht. Oder ich verlagere das ins Ministerium zurück. Dann mag eine solche Kürzung auch berechtigt sein. Aber um das zu bewerten, muss ich es vorher wissen. Solange diese Entscheidung nicht gefallen ist, muss ich davon ausgehen, dass die
Verbände die Leistungen erbringen sollen. Dann muss ich sie auch finanziell in die Lage dazu versetzen. Dann muss das Geld so bleiben, wie es ist.
Ich sage ganz deutlich: Wenn Frau Rumpf sagt: „Ich möchte das in das Ministerium zurücknehmen“ - das wäre ein Novum in einer schwarz-gelben Regierung, dass ein Ministerium Aufgaben zurücknimmt, die ausgelagert worden sind -, dann ist das okay und dann brauchen wir eine Berechnung darüber, was das bringt. Dann wird auf normalem mathematischem Weg eine Zahl herauskommen.
Letztlich ist das eine Diskussion, die mit sehr vielen Unbekannten arbeitet. Wir müssen das im Ausschuss in Ruhe beraten. Dafür brauchen wir die konkreten Überlegungen im Ministerium inklusive der entsprechenden Zahlen, um dann bewerten zu können, ob es darum geht, diese Stellen einzusparen, oder darum, neue Strukturen zu schaffen, die ökonomisch sinnvoll sind. Dem - das hat Frau Fritzen vorhin gesagt - will sich niemand verschließen. Wir wollen aber die 150 Stellen erhalten. Diese 150 Stellen sollen vom Land Schleswig-Holstein finanziert werden, nicht von Unternehmen.
Ich habe nichts dagegen, wenn Unternehmen darüber hinaus auch solche Stellen zur Verfügung stellen. Es kann aber nicht so sein, dass wir eine politische Aufgabe in die Unternehmenswelt verlagern und sagen: Das macht mal Ihr Unternehmen! Das ist nicht meine Auffassung von Politik. Politik ist Gestalten. Wir wollen das so gestalten, dass diese jungen Leute eine vernünftige Tätigkeit, die sie selbst auch weiterbringt, weiter ausüben. Und das ist eine Aufgabe des Landes.
Stellvertretend für die erkrankte Frau Ministerin Dr. Rumpf erteile ich das Wort dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herr Jost de Jager.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich voranstellen: Wir sind uns alle bewusst, welchen Wert und welche Qualität das Freiwillige
Ökologische Jahr hat. Ich stelle diesen Satz bewusst voran, weil er mir die Gelegenheit gibt, in Perspektive zu setzen und ins Verhältnis zu rücken, worüber wir hier tatsächlich reden. Wir reden hier nicht über die Streichung einer Maßnahme, sondern wir reden darüber, dass die Bezuschussung einer Maßnahme auf das bundesweite Niveau angepasst wird.
Das ist die Grundlage, über die wir heute reden. Das scheint mir nicht ganz so skandalträchtig zu sein wie einiges, was ich in den vergangenen Redebeiträgen gehört habe.
Das gilt übrigens auch für den Zeitplan. Es ist kritisiert worden, dass es am 14. eine Information gab und erst am 15. die Information der Verbände. Der tatsächliche Ablauf war, dass die Kollegin Rumpf mit diesem Thema auf der Basis des Berichts des Landesrechnungshofs in der Arbeitsgruppe „Haushaltsprüfung“ des Finanzausschusses gesessen hat, berichtet hat, was sie vorhat, und am nächsten Tag ein turnusgemäßes Gespräch mit den Verbänden hatte. Ich finde nicht, dass man einer Ministerin vorwerfen sollte, dass sie Abgeordnete informiert. Aus diesem Grund ist es absolut richtig gewesen, diesen Zeitplan so zu machen. Auch das ist kein Skandal.
Worüber wir nach der Antragslage zu reden haben, ist: Was ist eine ausreichende Finanzierung für das Freiwillige Ökologische Jahr? Oder, wie Frau Redmann in ihrem Beitrag gesagt hat: Was ist eine angemessene Finanzierung? Da muss man sich einige einzelne Punkte anschauen.
Ich möchte ein paar Beispiele nennen, was die öffentliche Finanzierung anbelangt. Mit 1,24 Millionen € pro Jahr FÖJ aus dem Landesetat, das heißt etwa mit 690 € pro Platz und Monat liegen wir im Ländervergleich in Schleswig-Holstein weit vorn. Schleswig-Holstein finanziert damit 150 FÖJ-Plätze in Schleswig-Holstein. Nordrhein-Westfalen, das gemessen an der Einwohnerzahl sechsmal größer ist, bietet ebenfalls 150 Plätze an und gibt dafür weniger als 800.000 € im Jahr an Landesmitteln aus.
Ein weiteres Beispiel sind die geringen finanziellen Eigenanteile der Einsatzstellen, das heißt derjenigen, die die Plätze eigentlich anbieten. Mit 400 € jährlich pro Teilnehmer ist dies der niedrigste Satz im Ländervergleich. Diesen Betrag geben in anderen Ländern die Einsatzstellen im Monat aus.
Aus den dargelegten und unbestrittenen Tatsachen wird deutlich, dass sich Schleswig-Holstein im Vergleich zu den übrigen Ländern eine überdurchschnittlich hohe öffentliche Finanzierung des FÖJ aus Landesmitteln leistet. Vor diesem Hintergrund von nicht hinnehmbaren Kürzungen zu sprechen, wie es getan worden ist, ist weder sachlich richtig noch begründet das eine Tatsache, über die wir reden sollten.
Das FÖJ ist eine freiwillige Leistung. Es geht hier nicht - ich sage es noch einmal - um eine Streichung, sondern um eine verantwortbare Kürzung. Im Einzelnen ist eine Kürzung in zwei Schritten beabsichtigt, von derzeit ausgezahlten 1,24 Millionen € auf 800.000 €, beginnend ab dem 1. August 2010. Das war übrigens der Handlungsdruck. Es musste im Monat Januar entschieden werden, damit sich die Antragsteller von vornherein darauf einstellen können. Bei 150 Plätzen bedeutet dies eine Reduzierung des Fördersatzes linear gerechnet auf 444 € pro Platz und Monat bei derzeit 690 pro Platz und Monat.
Es bleibt also bei dem erklärten Ziel - auch das hat in einigen Beiträgen eine Rolle gespielt -, weiterhin möglichst 150 Plätze zu erhalten.
Lassen Sie mich kurz darlegen, mit welchen Maßnahmen gleichwohl das FÖJ zukunftsfähig gemacht werden kann. Die Einsatzstellen in Schleswig-Holstein sollen ihren Eigenbeitrag pro Teilnehmer von heute 400 € auf 1.000 € erhöhen, was in etwa dem bundesweiten Satz entspricht. Wir wollen, wie es in den meisten anderen Ländern üblich ist, Unternehmen und öffentliche Einrichtungen in die Finanzierung dieser Plätze einbeziehen. Die Einsatzstellen sind aufgerufen, verstärkt Sponsoren für ihre Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor Ort zu gewinnen. Auch das ist in anderen Bundesländern längst Praxis.
Für Taschengeld, Unterkunft und Verpflegung zahlt Schleswig-Holstein 416,50 € pro Monat an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und liegt damit auch hier deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Zum Vergleich: Niedersachsen zahlt 235 € im Monat. Auch dieser Vergleich sollte dem einen oder anderen zu denken geben.
Ein weiterer zusätzlicher materieller Beitrag könnte durch die Erhöhung des Anteils der sogenannten Zivi-FÖJ-Plätze in Schleswig-Holstein erreicht werden, da diese vom Bundesamt für Zivildienst höher gefördert werden als reguläre Plätze vom Bundesjugendministerium.
Meine Damen und Herren, das Landwirtschaftsministerium hat Gespräche mit den Trägern geführt. Die Träger haben übrigens versichert, dass sie gemeinsam an der Lösung mitarbeiten wollen, und sie haben versichert, dass sie die Zahl von 150 Plätzen beibehalten wollen. Was hier in Gang gesetzt worden ist, ist eine gemeinsame Anstrengung. Ich glaube, dass das ein gutes Beispiel für eine verantwortungsvolle Anpassung der Finanzierung einer Maßnahme an die Haushaltlage des Landes Schleswig-Holstein ist.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 17/128 sowie den Änderungsantrag Drucksache 17/216 dem Umwelt- und Agrarausschuss zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist so beschlossen.
Die Fraktionen sind übereingekommen, Tagesordnungspunkt 23, Gesetzlicher Vorrang für Erdkabel, ohne Aussprache aufzurufen.
- Dann ist das bei mir falsch angekommen. Das Wort hat der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion.
Herr Präsident, wir sind übereingekommen, den Antrag nicht mehr vor der Mittagspause aufzurufen, sondern ihn in die Tagesordnung einzureihen, aber natürlich an der Aussprache festzuhalten.