Im August sagte Herr Albig im „Schleswig-Holstein-Magazin“: Wir brauchen kein Denkmalschutzgesetz; das können die Kreise besser selbst machen.
Der Kollege Müller sagt in der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs, die Kreise seien dazu gar nicht in der Lage.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie müssen dringend klären, was Herr Albig und was die SPD will.
Wahrscheinlich hat Ihr Wahlprogramm deshalb nur 27 Seiten, weil Sie mehr Gemeinsamkeiten nicht finden.
Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht kann ich mit ein paar praktischen Beispielen eine Anschauung liefern, warum dieses Gesetz absolut notwendig ist.
- Ja, das kann ich. Ich habe als Rechtsanwalt ein bisschen Erfahrung vom praktischen Leben; die fehlt Ihnen, Herr Stegner. Das weiß ich. Das müssen Sie nicht immer wieder vorführen.
In Ostholstein wollen wir Windkraftanlagen, wir wollen mehr Windkraftanlagen. Herr Habeck, auch Ihre Partei möchte das gern. Wir streiten darüber, wie viel Windeignungsflächen wir brauchen. Wir haben aber in Ostholstein viele Gutsbetriebe. Nun passiert Folgendes: Da weist eine Gemeinde eine entsprechende Fläche aus, anschließend kommt der Denkmalschützer und geht auf jedes Gut und guckt, ob man von dem Gut aus irgendein Windrad sehen kann. Das liegt daran, dass wir im Augenblick im Gesetz einen Umgebungsschutz haben, der heißt: so weit das Auge reicht. Das heißt, ich darf von den
ostholsteinischen Gütern nicht ein einziges Windrad am Horizont sehen. Das ist im Augenblick Gesetzeslage. Wenn wir das beibehalten, zerstört das unsere Pläne für den Windkraftausbau gerade an der Ostküste ganz erheblich. Darum brauchen wir in diesem Bereich eine Änderung.
Ich will Ihnen noch ein Beispiel nennen, in dem das zu grotesken Ergebnissen geführt hat. Ein Landwirt in Rendsburg-Eckernförde will seinen Hühnerstall vergrößern. Es gibt einen Scoping-Termin, zu dem unter anderem aus der Umweltbehörde, aus dem Archäologischen Landesamt alle möglichen Experten kommen. Am Ende wird dem Landwirt gesagt, er möge den Unterlagen bitte noch eine Karte beifügen, in der die Hünengräber der Umgebung kartografiert werden. Da fragt sich der Landwirt: Was haben die Hünengräber der Umgebung mit meinem Erweiterungsbau zu tun? Auch dort wirkt der Umgebungsschutz. Da geht man nämlich auf das Hünengrab und guckt, ob man vom Hünengrab aus irgendein Gebäude in der Umgebung sehen kann. Da fragt sich der Landwirt natürlich: Es geht doch um Hühner und nicht um „Hünen“, und was hat der „Hüne“ davon, denn der ist lange tot und sieht den Stall ohnehin nicht?
Darum sage ich ganz deutlich: Die Idee eines Umgebungsschutzes, so weit das Auge reicht, ist von der Rechtsprechung aus unserem Gesetz entwickelt worden. Sie geht viel zu weit. Wir merken das allenthalben in diesem Land. Wenn man das ein Stück präzisiert und zurückschraubt, um Investitionen schneller Raum zu geben oder Windkraftanlagen zu fördern und die entsprechenden Eignungsflächen auszuweisen, kann das doch auch in Ihrem Sinne nicht falsch sein. Insofern hätte es gut getan, Sie hätten sich ein bisschen mehr mit den Einzelheiten dieses Gesetzes beschäftigt, als hier einfach nur billige Polemik zu üben.
(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Lobbyisten, hoch die Tassen! Schwarz-Gelb in Kiel hat liefern lassen! - Zurufe)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe in meinem ersten Redebeitrag versucht, nicht einfach draufzuhauen. Ich habe versucht zu würdigen, dass es Änderungen im Gesetzentwurf der regierungstragenden Fraktionen gibt, Änderungen, die einiges haben abmildern können, was im Ursprungsgesetzentwurf nicht gut war. Das habe ich gewürdigt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, darauf muss ich eingehen, wir dürfen es nicht einfach akzeptieren, dass sich jemand hier hinstellt
- ja, aber der Kollege von Boetticher erst recht und so tut, als hätte er große Ahnung vom Denkmalschutz. Lieber Kollege, das haben Sie nicht.
Es gibt einen Ausgleich, und nicht zuletzt der ehrenamtlich tätige Denkmalrat leistet in SchleswigHolstein wirklich großartige Arbeit, um einen Interessenausgleich herbeizuführen. Dafür gibt es viele konkrete Beispiele.
Vorhin, als ich mich abreagieren musste, lief ich zum Kollegen Höppner, der davon mehr Ahnung als ich hat, mehr als jeder andere in diesem Raum.
Denn die Frage ist, ob es für das, was der Kollege von Boetticher anführte, überhaupt konkrete Beispiele gibt. Die gibt es nicht.
Wenn man beim archäologischen Denkmalschutz herabwürdigend von Hünengräbern hier und da und überall spricht, dann ist das albern. Gerade bei Straßenausbaumaßnahmen - A 20 - und anderen Ausbaumaßnahmen ist es notwendig sicherzustellen, dass der Denkmalschutz tätig werden kann. Das führt zu Genehmigungssicherheit, das führt letztlich auch zu Einnahmen des Landes. Darüber kann man sich mit den Denkmalschutzbehörden
Darum noch einmal: Ich wollte hier gar nicht reden. Ich war nur so aufgeregt, dass es nötig ist, noch einmal das Wort zu ergreifen.
(Anhaltender Beifall bei SSW, SPD, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN - Christopher Vogt [FDP]: So klatscht die SPD bei Stegner nie! - Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])
Ich muss mich auch wundern, dass Herr von Boetticher jetzt oberster Denkmalschützer im Land geworden ist. Ich komme noch einmal zurück zu der Anhörung, die wir hatten - sowohl die schriftliche als auch die mündliche. Interessant bei dieser Anhörung war, dass die versammelte Fachlichkeit diesen Entwurf verrissen hat. Sie würde ihn trotz dieser Veränderungen, die ich ausdrücklich würdige, verreißen. Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt ist: Der Grundfehler an diesem Gesetz ist die Bevorzugung wirtschaftlicher Belange. Es ist doch bemerkenswert, wenn wir ein Denkmalschutzgesetz machen und von „wirtschaftlicher Bevorzugung“ und „wirtschaftlichen Belangen“ reden. Ein Denkmalschutzgesetz schützt das Denkmal und nicht wirtschaftliche Belange.
Der dritte Punkt. Wenn Sie sich die Berichte der Denkmalbehörden im Land, aber auch in Lübeck, anschauen, dann werden Sie feststellen, dass die Denkmalbehörden im letzten Berichtszeitraum
keinen Prozess verloren haben. Das heißt, die Vertreter des Denkmalschutzes haben die Interessen abgewogen. Jeder, der mit Denkmalschutz zu tun hat, weiß: Es ist eine Interessenabwägung, es gibt Schwierigkeiten, es gibt unterschiedliche Auffassungen in dieser Sache. Das ist das Wesen des Denkmalschutzes, der ja öffentliche Güter oder die, die für die Öffentlichkeit wichtig sind, schützen soll. Dass es da zu Auseinandersetzungen kommt, ist ganz normal. Die gehen auch nicht weg, wenn man unbestimmte Rechtsbegriffe in ein Gesetz einführt, die in dem Sinne überhaupt noch nicht justiziabel sind. Das passiert aber mit Ihrem Gesetz.