Protocol of the Session on November 18, 2011

Wir haben eine Enquetekommission. Lassen Sie uns die Arbeit der Enquetekommission gemeinsam bewerten. Am Ende haben wir dann ein Resümee. Ich finde, dann kann man sich zu gegebener Zeit über vieles unterhalten.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für einen weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Robert Habeck für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ehrlich gesagt, ich bin fast schon ein bisschen verzweifelt über den Verlauf der Debatte, und zwar nicht nur dieser Debatte, sondern über den Verlauf der Debatte über eine norddeutsche Kooperation, die wir seit zwei Jahren führen oder eben nicht führen. Es ist doch nicht so, dass wir zu viel Zusammenarbeit in Norddeutschland haben, sondern wir haben viel zu wenig. Es ist auch nicht so, dass wir zu viele

(Dr. Christian von Boetticher)

Ideen haben, wie wir zu dieser Zusammenarbeit kommen, sondern wir haben zu wenige Ideen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun liegen mal ein, zwei Ideen auf dem Tisch, und was passiert? - Wieder nur - Frau Kollegin Spoorendonk, Sie haben es gesagt - der Kleingärtnerblick. Das machen wir hier in diesem Parlament seit einer Stunde. Wir gucken nur nach unten, und die FDP geriert sich als beleidigte Leberwurst, weil sie nicht gefragt wurde.

Es geht doch darum, in die Gänge zu kommen und tatsächlich einmal eine Idee zu bekommen, wie sich der Norden in einer komplizierter werdenden Welt, in einem gemeinsamen Europa aufstellt. Das geht nur gemeinsam, und diese Gemeinsamkeit muss doch irgendwie hergestellt werden. Wenn es einmal konkrete Vorschläge gibt, sollten wir über diese Vorschläge reden, und wir sollten uns hier nicht in formalen Dingen verhaken.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kubicki zu.

Guten Morgen, lieber Herr Kollege Dr. Habeck.

- Guten Morgen, Herr Kubicki.

Haben Sie für sich selbst eine Antwort auf die Frage gefunden, warum bei den drängenden Problemen, die Sie, wie ich finde, zutreffend beschreiben, auf Hamburger Seite nichts Vergleichbares geschieht, warum es dort keine Enquetekommission zur norddeutschen Zusammenarbeit gegeben hat, warum es dort keine Vorschläge zur Verfassungsänderung gibt, warum es dort keine Bemühungen gibt, zu einer intensiveren Zusammenarbeit zu kommen? Haben Sie auf diese Frage eine Antwort gefunden?

- Ja, ich persönlich habe da zwei Antworten. Die möchte ich aber nicht wiederholen, weil mein Verhältnis zu Olaf Scholz schon ein bisschen gelitten hat.

(Heiterkeit und Beifall)

Aber Herr Kubicki, das Problem ist nicht, was ich über Hamburg denke, sondern das Problem ist, wie wir uns gegenüber Hamburg aufstellen. Da ist Mut und Nachvornegehen notwendig. Das Treiben von Hamburg ist besser als zu sagen, die wollen sowieso nicht, man denkt sich Schimpfwörter aus und legt die Hände zusammen. Das kann es auch nicht sein. Also Mut zur Debatte!

Frau Kollegin Brand-Hückstädt, es würde mich freuen, wenn Sie mutig bei der Enquete mitarbeiten würden. Die Enquetekommission - das muss man einfach sagen - hat darunter gelitten - ich war drei, vier oder fünf Mal dabei -, dass wir nicht über eine Zusammenarbeit geredet haben, sondern teilweise über die Blockade der Zusammenarbeit. Es gibt keine gemeinsame Zielvorstellung für SchleswigHolstein, wie wir in einer komplizierteren Welt vorankommen wollen. Über die Wege kann man sich streiten. Darüber, ob es einen Nordstaat geben soll, kann man streiten. Aber für mich ist unstreitig, dass wir enger zusammenarbeiten müssen, dass es keinen Sinn macht, auf Schleswig-Holstein zu gucken und auf Hamburg zu gucken und dann die Probleme gegeneinander auszuspielen. Das müsste doch objektiv möglich sein. Reden Sie doch einmal mit Ihren gefühlten Verbündeten der Wirtschaft! Die schlagen die Hände über die Haltung zusammen, die hier von den regierungstragenden Fraktionen seit einem Jahr an den Tag gelegt wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Es ist längst nicht mehr so, dass Sie da irgendein Verständnis oder eine Solidarität finden. Das ist schon alles vorbei. Reden Sie mal mit den Leuten im Hamburger Umland!

Liebe Anke Spoorendonk, rede doch auch einmal mit den Leuten im Norden darüber, dass die Gemeinsamkeit entstehen muss! Das ist doch eine normative Vorgabe. Nicht diese Verzagtheit, die wir hier haben: Es ist alles schwierig, also lassen wir es bleiben.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Brand-Hückstädt zu?

Herr Habeck, würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass

(Dr. Robert Habeck)

die FDP in jeder Sitzung der Enquetekommission mit zwei Personen anwesend war?

- Das nehme ich zur Kenntnis.

Würden Sie auch zur Kenntnis nehmen, dass wir uns dort auch zu Wort gemeldet und mitgearbeitet haben?

- Auch das nehme ich zur Kenntnis.

Würden Sie weiter zur Kenntnis nehmen, dass man, wenn man Gemeinsamkeiten mit anderen haben will, zunächst einmal Gemeinsamkeiten mit den Leuten im Parlament versuchen sollte?

- Ich nehme das alles zur Kenntnis, Frau BrandHückstädt. Aber das entbindet Sie nicht von der Antwort auf die Frage: Was will eigentlich die FDP, was will sie in der Sache?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine weitere Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Spoorendonk zu?

Mit großem Vergnügen.

Herr Kollege Habeck, ich habe eine konkrete Frage. Ich will aber vorweg sagen: Diesen Schuh mit der Verzagtheit ziehe ich mir nicht an. Das will ich deutlich sagen.

(Beifall beim SSW)

Das können wir in einer Pause weiterdiskutieren.

Ich habe eine Frage: Wenn es zutrifft, was ich gehört habe, dass man in Hamburg dabei ist, ein Förderinstitut wie die I-Bank aufzubauen, obwohl in der Enquetekommission auch diskutiert worden ist, wie gut unsere IBank aufgestellt ist, wäre es dann nicht eigentlich eine logische Folge, dass man in Hamburg sagt: Wir wollen gemeinsam mit eurer I-Bank etwas Gemeinsames aufbauen. Können Sie sich erklären, warum das überhaupt kein Thema ist?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: In Hamburg!)

- Ich halte es für falsch, was Hamburg macht. Das Aufbauen paralleler Institute halte ich für falsch. Ich halte das Vorgehen bei der HUSUM Wind für falsch. Ich halte für falsch, dass wir nicht über gemeinsame unabhängige Datenschutzämter reden. Für einen gemeinsamen Rechnungshof hätte ich viele Sympathien. Ich halte ganz viel für falsch, was nicht passiert.

Aber ich sage, dass der Weg zu dieser Gemeinsamkeit beschritten werden muss durch ein Einstehen für die Gemeinsamkeit. Ich glaube - das unterscheidet uns, liebe Anke Spoorendonk -, dass der Norden - ich wohne ja wie Sie in Flensburg - von einer Kooperation mit Hamburg profitieren würde. Das ist für mich unstrittig. Ich glaube, dass wir die Debatte über HUSUM Wind niemals gehabt hätten, wenn es eine gemeinsame Wirtschafts- oder Messeplanung gegeben hätte und Schleswig-Holsteiner und Hamburger gemeinsam darüber entschieden hätten. Das würde dann nicht passieren. Das unterscheidet uns.

Darüber, wie das Ganze endet, können wir streiten, da bin ich überhaupt nicht festgelegt. Aber dass es diese Zusammenarbeit geben muss, dass sie hergestellt werden muss und dass es dafür parlamentarische Grundlagen braucht, ist für mich unstrittig. Ich bin, so habe ich angefangen, enttäuscht über die Verzagtheit darüber, dass wir uns nicht einmal darauf einigen können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Spoorendonk zu?

Ich kann dem ja viel abgewinnen, mein Problem ist nur, wieso wir in Schleswig-Holstein jetzt davon überzeugt sein sollen, wenn wir für unsere Position überhaupt keine Partner finden. Was können wir da machen?

- Liebe Anke Spoorendonk, obwohl die FDP in Schleswig-Holstein gegen Atomkraft war und erst einmal keine Partner hatte, hat sie dies doch nicht für eine falsche Position gehalten. Man muss doch entlang der Erkenntnis versuchen, politische Konzepte aufzustellen, und darf nicht sagen, weil wir möglicherweise damit nicht durchdringen, lassen

(Dr. Robert Habeck)

wir es bleiben. Das halte ich für kleinkariertes Denken, und davon werde ich auch heute an diesem Pult nicht abrücken.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki zu?