Protocol of the Session on November 17, 2011

(Beifall bei FDP und CDU)

Herr Dr. Dolgner, Sie haben die Möglichkeit zu einer Zwischenfrage.

Herr Kollege Kubicki, ich bin ja immer bereit zu lernen. Können Sie sich noch an Ihre Pressemitteilung vom 11. November 2004 erinnern, was Sie dort vorgeworfen haben, mit welchen Vergleichen, und welchen Ausblick Sie auf die kommenden Wahlen bezüglich der damaligen Landesregierung zum Thema letzte Bundeswehrkonversion geworfen haben? Würden Sie das für einen sozialdemokratischen Stil halten?

- Herr Kollege Dr. Dolgner, ich muss zugestehen, obwohl ich das ungern tue, ich kann mich definitiv nicht daran erinnern, was in der Presseerklärung der FDP am 11. November 2004 gestanden hat.

(Lachen bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe)

Aber unabhängig von dieser Frage, sind es nicht ausgerechnet immer Sozialdemokraten, die uns erklären, dass wir nicht sozusagen in der Vergangenheit wühlen sollen, um auf Versäumnisse hinzuweisen, sondern dass es darum geht, die Zukunft zu gestalten?

(Beifall bei FDP und CDU)

Unter diesem Aspekt frage ich Sie mal, was Ihre Frage eigentlich zu bedeuten hat.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Herr Präsident, sofort. Darf ich darauf hinweisen, dass es, wenn Sie damals gesagt haben, das sei falsch gewesen, heute nicht für sich in Anspruch nehmen können, dass es jetzt richtig ist, wenn Sie es machen?

Herr Dr. Dolgner!

Herr Kollege Kubicki, sind Sie denn bereit, Ihren eben gehaltenen Redebeitrag ein wenig mit Ihrem da

(Wolfgang Kubicki)

maligen abzugleichen und ihn daraufhin abzuchecken, was in Ihrem Redebeitrag denn sozialdemokratisch war? Eine kleine Anmerkung: Ich habe 2004 diesem Parlament noch nicht angehört. Daran können Sie sich vielleicht erinnern.

Herr Dr. Dolgner, ich bin wirkllich begeistert, dass Sie sich an mir orientieren, was ich 2004 gemacht habe.

(Heiterkeit bei FDP und CDU)

Aber gehen Sie mal davon aus - das sage ich mal ganz allgemein -, dass ich trotz meines hohen Alters noch lernfähig bin. Das würde ich Ihnen auch empfehlen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte in diesem Zusammenhang gern zitieren - Herr Kollege Dr. Dolgner, wenn Sie schon historische Anleihen nehmen -, was die von mir sehr geschätzte Ministerpräsidentin Heide Simonis am 24. Januar 2001 vor dem Landtag gesagt hat.

(Olaf Schulze [SPD]: Jetzt doch das Alte?)

- Nein. Ist es bei Ihnen schon verpönt, wenn ich jetzt Sozialdemokraten zitiere und sage, sie hatten recht? Das ist ja ganz merkwürdig. Ich will sagen, Heide Simonis hatte recht, als sie am 24. Januar 2001 vor dem Landtag sagte:

„Ich glaube, das sich die Reduzierung von Standorten nicht für parteitaktisches Gezänk eignet.“

Wenn Sie sagen, dass Sie das nicht mittragen können, Herr Dr. Dolgner, habe ich echte Schwierigkeiten, mit Ihnen weiter zu kommunizieren.

(Beifall bei FDP und CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Frage, die wir uns also zu stellen haben, lautet: Wie können wir mit den Entscheidungen, auf die wir nur begrenzt Einfluss nehmen können, jetzt umgehen? Wie können wir aus den Einschnitten neue Chancen für Schleswig-Holstein und die betroffenen Standortregionen generieren? Vor diesem Hintergrund bin ich froh darüber, dass die Landesregierung schnell mit dem „Aktionsplan Konversion“ jedenfalls erste Lösungsansätze präsentieren konnte. Ich begrüße es außerordentlich, dass in Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Ministerien ein breiter Fächer von Maßnahmen dargestellt werden konnte, der die

landesseitigen Möglichkeiten klar und bündig zusammenstellt. Aus diesem Grund ist der „Aktionsplan Konversion“ ein richtiger und wichtiger Schritt, allerdings auch nur ein erster. Die von der Entscheidung am 26. Oktober betroffenen Kommunen brauchen jetzt jede erdenkliche Unterstützung.

(Beifall bei FDP und CDU)

Diese kann allerdings nicht nur vom Land kommen - die begrenzten finanziellen Mittel des Landes sind ja bekannt -, sondern muss ebenso vom Bund kommen. Darüber sind wir uns sicherlich einig. Auch das - das wissen wir doch - kann keine dauerhafte Subventionierung sein.

Ein Ziel der Reduzierung der Truppenstärke war doch, auch auf Bundesebene zu Einsparungen in diesem Bereich zu kommen, übrigens etwas, was Sozialdemokraten und Grüne, wenn ich mich richtig erinnere, regelmäßig gefordert haben, nämlich den Wehretat nicht zu erhöhen, sondern zusammenzustreichen. Daraus folgt dann auch in gewisser Konsequenz etwas für die Standorte.

Wie die anderen Landtagsfraktionen kann sich auch die FDP zum Beispiel vorstellen, dass der Bund den Kommunen frei werdende Bundeswehrflächen zu einem vergünstigten Preis und möglichst unbürokratisch überlassen kann. Es kann doch nicht sein, dass mit teilweise exorbitanten Preisvorstellungen, die wir schon bei der letzten Strukturreform hatten, eine Weiterentwicklung verhindert wird, weil sich für Liegenschaften kein Käufer findet und die Kommunen nicht in der Lage sind, das aus eigener Kraft zu stemmen. Das kann doch nicht sein. Hier können wir Hilfe vom Bund erwarten; denn die Kommunen und das Land haben erhebliche Vorleistungen bei den Standortentscheidungen zugunsten der Bundeswehr erbracht. Die Kommunen beispielsweise haben Infrastruktureinrichtungen vorgehalten und ausgebaut, die jetzt nicht mehr entsprechend genutzt werden können. Deshalb steht der Bund in der Verpflichtung, jedenfalls mit dieser Maßnahme der Reduzierung der Kaufpreise den Kommunen und dem Land zu helfen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Nur so können wir auch schnell eine Nachnutzung organisieren. Nur so können wir auch schnell Investoren finden, die bereit sind, sich dort zu engagieren.

Um für die Zukunft besser planen zu können, ist es außerdem dringend, hier unterstütze ich den Ministerpräsidenten ausdrücklich, und wir werden uns

(Präsident Torsten Geerdts)

auf Bundesebene auch massiv dafür einsetzen -, dass der Bund die Strukturentscheidungen mit einer konkreten zeitlichen Perspektive versieht, sprich: Für welchen Zeitpunkt kann die einzelne Kommune mit der entsprechenden Strukturmaßnahme rechnen, muss sie damit rechnen? Die zeitliche Unsicherheit ist für mich nicht nachvollziehbar. Es ist ein großes Manko bei den Entscheidungen, die der Bundesverteidigungsminister getroffen hat, dass nicht klar ist, zu welchem Zeitpunkt welche Strukturmaßnahme konkret umgesetzt wird. Die Kommunen brauchen für die Gestaltung ihrer Zukunft schlichtweg Planungssicherheit, und die muss ihnen schnellstmöglich gegeben werden.

Abgesehen davon wäre aus unserer Sicht eine Änderung des Baugesetzbuches zwingend notwendig. Viele der Standorte wurden vor Jahren im Außenbereich errichtet. Der Bund konnte dort ohne vorherige Prüfung oder Einschränkung bauen und diese Flächen nutzen. Wenn sie nun von der Kommune gekauft und einer zivilen Nachnutzung zugeführt werden sollen, unterliegen die Flächen dem Baugesetzbuch und den gesetzlichen Vorgaben der Flächen im Außenbereich. Wenn diese Einschränkungen auch in den nächsten Jahren noch weiter gelten, wird es für viele Kasernen im Außenbereich keine sinnvolle Nachnutzung geben können. Wir können es uns nicht leisten, dass Kasernen im Außenbereich schlicht und ergreifend verfallen, weil es eine weitere Nachnutzung in der baurechtlichen Vorschrift nicht gibt. Es muss deshalb eine Sonderregelung für Konversionsflächen im Außenbereich geben.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Den Kommunen muss die Chance gegeben werden, passgenaue Lösungen zu finden, die die jeweiligen Bedürfnisse vor Ort befriedigen können. Daher ist es für meine Fraktion wichtig, mit einer entsprechenden Bundesratsinitiative eine qualifizierte zivile Nachfolgenutzung der Konversionsflächen über eine baurechtliche Neuregelung zu gewährleisten.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das heißt, wir setzen uns dafür ein, dass bei bestimmten Liegenschaften der Bundeswehr im Außenbereich nun eine bauliche Nutzung für Wohnen und Gewerbe ermöglicht wird.

Strukturbrüche bieten grundsätzlich Neuanfänge, sind aber zugleich auch immer mit Anpassungskosten verbunden. Deshalb wäre es jetzt für uns handelnde Landespolitiker leicht, den Bürgerinnen und

Bürgern vor Ort in Alt Duvenstedt, in Seeth, in Ladelund, in Lütjenburg, in Boostedt und in den betroffenen anderen Regionen lediglich zu sagen: Die Struktureinschnitte treffen euch hart. Ihr habt aber die Chance für einen Neuanfang. - Es wäre leicht, dies einfach nur zu sagen, es wäre zugleich unredlich, wenn wir dabei den betroffenen Kommunen nicht nach Kräften helfen würden, denn uns muss allen klar sein, dass ein Neuanfang vor Ort nur gestaltet werden kann, wenn die Kommunen die Möglichkeiten des Handelns in die Hand bekommen Möglichkeiten, um ihre Zukunft vor Ort wieder selbst gestalten zu können. Ich rufe alle beteiligten Fraktionen dieses Hauses auf, alle Möglichkeiten, die wir im Land haben - die uns nicht auf Bundes oder europäischer Ebene versprochen werden -, jetzt genau anzuschauen, zu bündeln, damit wir den betroffenen Kommunen vor Ort helfen können, denn die haben es am schwersten.

(Beifall bei FDP, CDU und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich dem Fraktionsvorsitzenden, Herrn Abgeordneten Dr. Robert Habeck.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundeswehr wird kleiner, und das ist gut.

(Beifall der Abgeordneten Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Antje Jansen [DIE LINKE])

Die Bundeswehr verändert ihren Charakter. Das bringt uns Probleme, ist aber unabdingbar. Klar ist obwohl wir diesen Prozess bejahen -: Keiner will sich hier im Land beschubsen lassen. Deswegen ist es vernünftig und richtig, dass die Landesregierung, alle Fraktionen und alle Politiker im Land auf ihren Wegen Transparenz über die Entscheidung einfordern und die Kompensation so aufstellen, dass sie stimmt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Das große stehende Heer jedoch, das wir für den Kalten Krieg aufgerüstet haben, wird nicht mehr benötigt und schon lange nicht mehr benötigt. Es wurde schon mehrfach darauf hingewiesen, dass dies nicht die erste Konversionswelle ist, die wir

(Wolfgang Kubicki)