Es ist schwer umzurechnen, was die „Herdprämie“ in Euro für Schleswig-Holstein bedeuten würde. Wir haben es mit verschiedenen Rechenwegen probiert. Die Summen betragen immer zwischen 35 Millionen und 80 Millionen € jährlich. Ich nehme einmal 50 Millionen €. Wenn wir 50 Millionen € hätten, könnten wir in der frühkindlichen Bildung in diesem Land wirklich einige Probleme lösen.
Der Länderklausel-Vorschlag zu CCS hätte hier einmal Sinn: Da kann die CSU ihr zöpfisches Familienbild in Bayern pflegen, und wir hätten die Freiheit, mit dem Geld, das offensichtlich da ist, gute Dinge für die Bildung zu tun.
Was mich und meine Fraktion aber am meisten empört, ist vor allem die Leichtfertigkeit, mit der im Bund wieder einmal über 2 Milliarden, 4 Milliarden oder 6 Milliarden € entschieden wird. Am Tag, als dieser Beschluss gefasst wurde, ließ sich Finanzminister Wiegard in einer schleswig-holsteinischen Sonntagszeitung mit folgendem Satz zitieren:
„Zusätzliche Ausgaben von heute sind die Zinsbelastungen von morgen. … Mit diesem Wahnsinn müssen wir endlich aufhören.“
Mitnichten ist das Geld übrig. Es ist alles schuldenfinanziert. Nachdem wir uns in diesem Haus Debatten über Kleinstbeträge geliefert haben, sind einfach diese Verschwendung von Steuergeldern und das soziale Auseinanderklaffen der Schere abzulehnen. Deshalb diese Aktuelle Stunde. Ich hoffe auf klare Bekenntnisse vonseiten der CDU und der FDP, dass wir diesen Unsinn in Schleswig-Holstein nicht mittragen wollen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Lieben Kolleginnen und Kollegen! Worüber wir heute reden, ist ein Rettungsschirm für die siechende Koalition in Berlin, für jeden ein bisschen was: für die CSU das Fernhaltegeld, für die FDP eine Steuersenkung und für die CDU ein bisschen was in anderen Bereichen, was Sie „Einstieg in Steuerentlastungen“ nennen.
Das ist aber nicht etwa gute Sozialpolitik, wie der Ministerpräsident sagt, und auch nicht mehr Steuergerechtigkeit, wie der Vorsitzende der FDP-Fraktion sagt. Nein, es ist finanzpolitisch verantwortungslos und sozialpolitisch eine Frechheit.
Das ist das, was wir haben. Lassen Sie mich das an Beispielen deutlich machen. Bei der Steuerpolitik statt dafür zu sorgen, dass wir investieren und konsolidieren können, handeln Sie nach dem Motto: Wenn wir die Steuern runterschreiben, wird es mit dem Wachstum etwas werden.
(Christopher Vogt [FDP]: Da kennen Sie sich ja aus! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Da sind Sie ja der Richtige! - Zuruf des Abgeordne- ten Dr. Christian von Boetticher [CDU])
40 % der Arbeitnehmer zahlen überhaupt gar keine Steuern. Das mit dem Existenzminimum ist nicht etwa eine Wohltat von Ihnen, sondern es ist schlichtweg Verfassungsgebot, dass das geschieht, wenn der Bericht zum Existenzminimum vorliegen wird.
- Das kommt dann schon, das muss man sowieso tun. Bei den 170 Milliarden €, die wir bei der Einkommensteuer haben, ist der Ausstieg aus der kalten Progression, wie Sie es nennen, ein verdammt langer Ausstieg. Dann etwas zu machen, bei dem Experten darüber streiten, ob ein normaler Arbeitnehmer davon mit mehr oder weniger als 1 € pro Monat davon profitiert, nennen Sie Einstieg in Steuergerechtigkeit? - In welcher Welt leben Sie eigentlich? Das muss ich Sie wirklich fragen.
Dann schmeißen Sie 2 Milliarden € für diese „Fernhalteprämie“ raus. Ich frage Sie einmal ganz ehrlich: Wen wollen Sie eigentlich fernhalten? Die Kinder, die es dringend nötig haben, von der Betreuung, oder die Frauen vom Arbeitsmarkt?
Das ist nicht konservativ, das ist reaktionär, was Sie da machen. Das muss man Ihnen klipp und klar sagen.
Da wäre es schon besser gewesen, Sie hätten es wenigstens nur zum Fenster hinausgeworfen. Aber Sie tun auch noch das Gegenteil von dem, was vernünftig ist.
Dann kommt das dolle Verkehrspaket. Da hatten wir seinerzeit die Summen im Konjunkturpaket II, als die SPD noch mit Herrn Tiefensee an der Regierung war. Und was machen Sie? - Sie lassen sich dafür loben, dass Sie einen Teil davon jetzt doch machen, was Sie vorher aufgegeben hatten - beim Kanal nicht einmal vollständig. In Berlin hört man, dass uns das bei der A 20 wieder abgezogen wird.
Der vierte Punkt ist: Die Pflege ist ein finanz- und sozialpolitischer Scheinriese. Mit 0,1 % mehr Beitrag wollen Sie etwas für Demenzkranke tun. Wen wollen Sie damit im Land verkohlen?
Was Sie wirklich machen, ist Pflege-Riester, wovon nur die Versicherungsbranche etwas hat, und eine Zwei-Klassen-Pflege, durch den Sie den Unfug aus der Gesundheitsreform auch noch in die Pflegereform übertragen. Das ist das, was Sie hier tun. Das ist sozialpolitisch völlig verkehrt. Wir lehnen das ab!
Was wir feststellen müssen, ist: Deutschland braucht nicht mehr Fehlanreize, sondern wir brauchen finanziell handlungsfähige Länder und Kommunen. Wir brauchen eine ausreichende Kinderbetreuung. Wir brauchen ausreichende Infrastrukturinvestitionen, und wir brauchen vernünftig ausgestaltete Sozialversicherungen.
Sie machen es leider so: Die CDU plagiiert bei uns momentan ganz viel - bei Atom, bei Mindestlohn, bei NPD-Verbot. Plagiieren Sie doch einmal richtig bei der Finanz- und Sozialpolitik! Das wäre ein Schritt in die richtige Richtung.
Das, was Sie hier vorschlagen, ist unseriös, unsolide und zeigt den beklagenswerten Zustand Ihrer Koalition. Dass Sie sich überhaupt noch auf irgendetwas einigen können, ist die Sensation. Wenn man aber darauf guckt, was Sie da machen, stockt einem wirklich der Atem wegen so viel handwerklichem Unsinn und wegen so viel - ich sage es einmal - sozialem Unverstand. Das muss ich wirklich sagen.
Was Sie da haben, ist ein Rettungsschirm für die Koalition. Den sollten wir im Bundesrat ablehnen. Der gehört auf den Müllhaufen der Geschichte, das muss nicht in Schönberg sein. Wohin auch immer, auf irgendeinen Müllhaufen gehört er jedenfalls. Es ist unsinnig. Wir werden das ablehnen. Die Bevölkerung weiß, was sie davon zu halten hat.
Das Wort erteile ich jetzt dem Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion, Herrn Abgeordneten Johannes Callsen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt fünf gute Botschaften von der Koalition in Berlin. Wir stärken den Arbeitsmarkt für ausländische Hochqualifizierte, wir erweitern die Leistungen der Pflegeversicherung - und zwar gerade für die Demenzkranken und ihre Angehörigen, die ein schweres Schicksal haben; wir unterstützen sie -,
wir führen ein Betreuungsgeld für Kinder unter drei Jahre ein und stärken damit die Wahlfreiheit für die Familien, ob sie ihre Kinder zu Hause erziehen oder in die Kita geben wollen,
und es gibt 1 Milliarde € mehr für den Verkehrsbereich. Schleswig-Holstein profitiert davon beim Neubau der Schleuse in Brunsbüttel.
Diese Entscheidungen kommen den Menschen in Schleswig-Holstein zugute, sie bringen unser Land voran. Und deshalb unterstützen wir sie.
Der Opposition fällt einmal wieder nichts Besseres ein, als zu sagen: Blockade im Bundesrat! Das finde ich beschämend.