Frau Heinold, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass in dem Haushaltsentwurf, den die Fraktion DIE LINKE vorgelegt hat, genau das, was jetzt an verminderten Zinsausgaben in der mittelfristigen Finanzplanung steht, vorhergesehen war?
- Herr Schippels, ich wäre keine gute Parlamentarierin, wenn ich nicht zur Kenntnis nähme, was Sie vorgelegt haben.
Meine Damen und Herren, die für 2020 geplanten Personalkosten sind um 90 Millionen € gestiegen. Auch das kann Herr Kubicki bestimmt erklären. Die erwarteten Steuereinnahmen - das wurde gesagt - sind erhöht worden. Welch wundersame Veränderungen von einem Jahr zum anderen!
Wie die tatsächliche Entwicklung sein wird, steht in den Sternen, das ist schwer abzuschätzen. Denn niemand weiß, wie sich die globale Wirtschaftsund Finanzmarktkrise auswirkt, ob sich die Märkte stabilisieren. Nur Herr Koch, optimistisch, wie er immer ist, sagt: Schaut doch einmal in unsere mittelfristige Finanzplanung, eigentlich ist die Finanzkrise schon vorbei. Herr Koch, ich hoffe, Sie behalten recht.
Herr Finanzminister, es gibt immer wieder die These, die Banken hätten mit all dem eigentlich nichts zu tun, wenn wir sparsam gewirtschaftet hätten, hätten wir kein Problem. Auch dies ist eine abstruse These. Wenn man allein die Dividende der HSH Nordbank nähme, die wir hätten, wenn es die Fi
nanzmarktkrise nicht gegeben hätte, wenn es die gnadenlosen und verantwortlichen Spekulationen nicht gegeben hätte, dann wären wir in der Einnahmesituation des Landes weiter. Insofern haben uns die Banken natürlich Geld gekostet.
Es ist auch nicht klar, welche neuen Bundesgesetze, welche europäischen Verpflichtungen auf das Land zukommen, für die wir zahlen müssen. Wer mag darauf wetten, dass Bundeskanzlerin Merkel den liberalen Steuersenkungswahn abwendet?
Wer kann sagen, ob sich die Bundesregierung auf das von Ihnen, Herr Finanzminister, verfolgte sinnvolle Ansinnen der Bund-Länder-Anleihen einlässt? Gut wäre es, aber auch hier wissen wir nicht, wie es kommt. Dennoch ist die mittelfristige Finanzplanung mit all ihren Unsicherheiten natürlich das Gerüst, an dem wir uns orientieren müssen.
Konkret wird es werden, wenn die Landesregierung dem Stabilitätsrat Mitte Oktober ihr Sanierungsprogramm übermittelt. Finanzminister Wiegard wird wahrscheinlich schon jetzt wissen, welche unangenehmen Botschaften im Sparpaket stecken. Denn vor ein, zwei Wochen hat er das Wort der „charakterlosen Schuldenpolitik“ erfunden.
Herr Wiegard, ich glaube, Sie machen das, um ein bisschen vorzubeugen, damit Sie bei all dem, was auf das Land zukommt, schon einmal sagen können: Die Verantwortung tragen andere, da sind die charakterlosen Ganoven, ich, Herr Wiegard, bin der Retter des Landes.
Herr Finanzminister, Sie sind bereits seit sechs Jahren Finanzminister. Tun Sie doch nicht so, als hätten Sie das Ruder gerade erst übernommen!
Sie haben in den ersten Jahren Ihrer Regierungsverantwortung zugelassen, dass der Landeshaushalt mit unverantwortlichen neuen Schulden und neuen Programmen aufgebläht wurde.
Ich erinnere an den Schleswig-Holstein-Fonds und all die Projekte von Wirtschaftsminister Austermann, die zurzeit pleitegehen, die wir alle unfertig vor der Tür haben und die das Land viel Geld gekostet haben. Alles hat Finanzminister Wiegard abgesegnet.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, des Abgeordneten Lars Harms [SSW] und vereinzelt bei der SPD - Christopher Vogt [FDP]: Das kommt ja echt von der Richti- gen!)
Frau Kollegin Heinold, ich weiß, dass Sie das wissen, weil Sie ja eine Abgeordnete sind, die wenig vergisst. Können Sie vielleicht noch einmal bestätigen, dass wir 2005 einen Haushalt übernommen haben, der seinerzeit mit einer Nettoneuverschuldung von 550 Millionen € gerechnet hat und wo anschließend bei den Koalitionsverhandlungen deutlich wurde, dass es zusätzlich zu den 550 Millionen € noch eine Deckungslücke von 940 Millionen € gab? Können Sie mir bitte noch sagen weil ich manchmal etwas vergesse -, wer damals für den vorgelegten Haushalt verantwortlich war?
- Herr Abgeordneter Carstensen, diese Frage beantworte ich Ihnen gern, wir haben das mehrfach miteinander diskutiert. Es war die rot-grüne Regierung, die verantwortlich war für eine Vorlage, die nicht durchfinanziert war. Es war die schwarz-rote Regierung, die dieses nicht Durchfinanzierte noch einmal mit 2 Millionen, 3 Millionen € versehen hat, um die Ausgaben in den nächsten Jahren besser abbauen zu können. Auch dies ist erkennbar. Wenn ich mich so gut erinnere, erinnern Sie sich vielleicht auch besonders gut an den Schleswig-HolsteinFonds, ich glaube, so 120 Millionen € jährlich, rein neu kreditfinanziert. Wenn Sie sich daran erinnern, erinnere ich mich auch gern an die Dinge, die ich zu verantworten habe.
Meine Damen und Herren, der Finanzminister lobt sich gern selbst für die Schuldenbremse, so, als hätte er das erfunden. Auch dies ist falsch, Herr Finanzminister. Sie haben in den ersten Jahren Ihrer Regierungszeit nicht die Schuldenbremse erfunden, sondern erst nachdem der Bundesgesetzgeber die
Schuldenbremse in das Grundgesetz geschrieben hatte, als sie für Schleswig-Holstein schon stand, hat auch der Landtag die Schuldenbremse beschlossen.
Herr Finanzminister, Sie wissen genauso gut wie Ihr Ministerpräsident: Wenn wir die Schuldenbremse, wie wir sie verankert haben, nicht verankert hätten, hätten Sie mit diesem Doppelhaushalt nach der alten Vorgabe die Verfassungsgrenze gerissen. Auch dies gehört zur Ehrlichkeit dazu.
Herr Wiegard, wenn wir den Blick zurück wagen Sie waren einmal Oppositionspolitiker, und Sie waren in diesen Zeiten kein Musterknabe -: Jede Sparmaßnahme wurde von Ihnen als finanzpolitischer Sprecher hart bekämpft - ob Kürzung beim Weihnachtsgeld, beim kommunalen Finanzausgleichs, beim Blindengeld, bei der Landwirtschaftskammer, bei der Einführung der Oberflächenwasserentnahmeabgabe oder bei der Zusammenlegung von Verwaltungen. Die CDU sagte stets Nein. Stattdessen wurden dicke Wunschlisten eingereicht.
Herr Wiegard, ich habe mir das noch einmal angeguckt. Das würde sich heute nicht einmal DIE LINKE trauen. Ihnen sollte die Schamesröte ins Gesicht steigen, wenn Sie sich Ihre damaligen Haushaltsanträge angucken.
Im letzten Doppelhaushalt, den Sie aus der Opposition heraus vorgelegt haben, haben Sie jedes Jahr 100 Millionen € mehr gefordert für Städtebauförderung, Wissenschaft, Wirtschaft, Straßenbau, sogar Landwirtschaft und Tourismus. - Für den Tourismus 10 Millionen € mehr!
Mein tourismuspolitischer Sprecher wird angesichts dieser Möglichkeiten von Opposition ganz neidisch.
Hinzu kamen 700 neue Lehrerstellen, mehr Geld für Studenten, innere Sicherheit und so weiter. Herr Finanzminister, ich sage Ihnen: Es war auch diese Art von verantwortungsloser Oppositionspolitik, welche uns tief in die Schuldenfalle getrieben hat.
Frau Kollegin, es besteht das Bedürfnis nach einer weiteren Zwischenfrage. Würden Sie diese zulassen?
Frau Kollegin Heinold, ich bewundere - das wissen Sie - Ihr Auftreten in finanzpolitischen Fragen. Deshalb frage ich Sie jetzt nach dem Vorwurf gegenüber der CDU-Opposition zur damaligen Zeit, sie sei in den Vorschlägen unseriös und unsolide. Wie bewerten Sie denn Vorstellungen in der heutigen Zeit, denen zufolge Schülerbeförderungskosten wieder erstattet werden sollen, denen zufolge das dritte beitragsfreie Kindergartenjahr eingeführt werden soll, wonach mehr Lehrer in das Bildungssystem sollen? Ist das dann nicht auch unsolide?