Protocol of the Session on September 16, 2011

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die beschlossene Energiewende hat zum Teil gravierende Folgen für unser Land. Die Landschaft wird sich durch diese Beschlüsse schneller verändern als in den letzten Jahren. Ich glaube, das ist allen klar. Neue Biogasanlagen, Windräder und Stromleitungen werden noch für viele Diskussionen sorgen. Ich glaube, mittlerweile ist allen klar, dass die Stromnetze für eine erfolgreiche Energiewende möglichst schnell ausgebaut werden müssen. Wir brauchen aber auch größere Speicher, da die Bedeutung der Zwischenspeicherung von Strom immer größer wird. Die Stromerzeugung wird gerade hier in Schleswig-Holstein zunehmend diskontinuierlich erfolgen. Wir brauchen deshalb weiterhin eine intensive Forschung im Bereich der Speichertechnologien.

Meine Damen und Herren, große Stromspeicher funktionieren in Deutschland bisher eigentlich nur mit Wasserkraft. Deshalb ist aus der Sicht meiner Fraktion das Pumpspeicherkraftwerk in Geesthacht momentan ein energiepolitischer Glücksfall.

Das Werk wurde 1958 eröffnet. Durch die Einführung der Oberflächenwasserentnahmeabgabe - das ist auch unstrittig - wurde es unwirtschaftlich und deswegen viel weniger genutzt; zuletzt wurde es nur noch auf ungefähr 10 % gefahren. Insofern ist es aus unserer Sicht damals ein genereller Fehler gewesen, die Oberflächenwasserentnahmeabgabe sozusagen einheitlich einzuführen. Sie haben schon gesagt, Herr Kollege Matthiessen, andere Bundesländer haben es anders gemacht. Wir korrigieren das jetzt. Wer daran schuld ist und so weiter, das haben wir alles schon gehört. Ich werde mich nicht noch einmal darauf einlassen.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Schön, Herr Matthiessen, dass Sie für mich klatschen. Das macht meinen Tag völlig rund.

(Heiterkeit)

Wir müssen deshalb für bessere wirtschaftliche Rahmenbedingungen sorgen. Wir wollen deshalb mit unserem Gesetzentwurf die Oberflächenwasserentnahmeabgabe im Bereich der Wasserkraftnutzung deutlich reduzieren, nämlich auf ein Zehntel des bisherigen Betrages. Das wird aus unserer Sicht aufkommensneutral für den Landeshaushalt sein, wenn das Pumpspeicherkraftwerk wieder voll genutzt wird. Die Wahrscheinlichkeit ist ja sehr groß. Wenn es zu einer Erweiterung kommt und auch neue Werke kommen, wird die Einnahme natürlich sogar noch steigen.

Aus meiner Sicht ist das eine sehr intelligente Lösung, um diese umweltfreundliche Speichertechnologie wieder zu nutzen. Dies muss aus unserer Sicht schnell erfolgen. Das haben wir dargestellt. Deshalb hatten wir ja auch um das schnelle Gesetzgebungsverfahren gebeten. Herr Schulze und auch die Kollegin Redmann haben das kritisiert,. Das ist auch völlig in Ordnung. Allerdings möchte ich darauf hinweisen: Wir hatten schon zu Beginn der Woche darum gebeten. Es wurde auch mit der SPDFraktion abgestimmt. Wir haben extra die Tagesordnung deswegen geändert.

Ich möchte nicht wieder Vergangenheitsbewältigung machen, aber ich habe mir durchgelesen, wie es im Jahr 2000 stattgefunden hat. Das ist auch ganz interessant, in damalige Ausschussprotokolle

(Olaf Schulze)

zu diesem Thema zu schauen. Die FDP-Fraktion und damals auch die Kollegin Sassen für die CDU wollten eine mündliche Anhörung. Das wurde abgelehnt. Es wurden sogar Anzuhörende, die die CDU für die schriftliche Anhörung vorgeschlagen hatte, von der Mehrheit im Ausschuss abgelehnt. Das muss man sich mal vor Augen führen. Das finde ich wirklich bemerkenswert. Aber gut, lassen wir es damit auf sich beruhen.

Wir wollen diese Fehlentwicklung jetzt korrigieren. Wir sorgen für eine rechtssichere Lösung. Wir haben in unseren Entwurf eine Nachrüstung auf den aktuellen Stand der Technik aufgenommen, die innerhalb von fünf Jahren erfolgen soll. Dabei geht es um einen möglichst schonenden Umgang vor allen Dingen mit den Wasserlebewesen. Insofern sehen Sie, wie ökologisch verantwortlich wir unsere Gesetze machen.

Wir hoffen natürlich auch - der Kollege Markus Matthießen hat das schon angesprochen -, dass die geplante Erweiterung in Geesthacht - die Pläne sind ja schon bekannt - möglichst schnell angegangen wird. Deswegen wollen wir diesen Gesetzentwurf auch möglichst schnell durchbringen. Es wird ja geplant, die Leistungskapazität von derzeit 120 MW zu verdoppeln. Ich höre aus Geesthacht, dass sich die Kommunalpolitiker weitestgehend einig sind, dass das auch vor Ort befürwortet wird. Es gibt natürlich auch dort wieder Probleme mit Anwohnern, die das nicht besonders witzig finden, soweit ich weiß; das habe ich aus Geesthacht gehört. Aber ich glaube, das wird auch von der Kommunalpolitik unterstützt, und das begrüßen wir sehr.

Die Grünen haben ja ähnliche Pläne im Bereich der Wasserkraftnutzung wie wir. Sie sind ein bisschen teurer, haben den Betrag quasi aufgerundet. Sie haben aber bei dem Bereich Kühlung, finde ich, keine moderate Erhöhung vorgeschlagen, sondern eine relativ deutliche. Seit der Energiewende ist Brokdorf ein bisschen ihre neue Zielscheibe geworden. Das würde aus meiner Sicht für Brokdorf jährlich ungefähr 3 bis 4 Millionen € bedeuten. Moderat finde ich das nicht unbedingt. Ich sage Ihnen auch ganz deutlich: Wir machen diesen Punkt nicht mit.

Wir wollen mit unserem Gesetzentwurf einen Beitrag zu einer erfolgreichen Energiewende leisten. Es gibt mittlerweile recht unterschiedliche Auffassungen, wie ich sehe. Ich habe heute mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, wie sich Herr Steinmeier in der großen „Märkischen Oderzeitung“ ausgelassen und gesagt hat: Wir brauchen neue Kohlekraftwerke, damit die Energiewende erfolgreich ist, und

deshalb brauchen wir auch CCS. Die Länderklausel ist für ihn schädlich. Das finde ich ganz bemerkenswert. Das sollte sich auch die SPD-Fraktion mal zu Gemüte führen. Wir haben auch einige Parteifreunde in Berlin einfangen müssen. Insofern haben wir die Länderklausel durchgesetzt, und es wäre schön, wenn die SPD das auch mittragen würde.

(Beifall bei FDP und CDU)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Meine Damen und Herren, wir werden der Ausschussempfehlung selbstverständlich zustimmen. Ich kann nur alle einladen, dies auch zu tun.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort für die Fraktion DIE LINKE erteile ich dem Herrn Abgeordneten Ulrich Schippels.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Vogt, ich bin entsetzt zu hören, wie damals im Jahre 2000 die Regierung mit Ihnen umgegangen ist. Wenn wir dabei gewesen wären, wäre das nicht passiert.

(Heiterkeit)

Das kann ich Ihnen versichern.

Seit dem Jahr 2001 erhebt Schleswig-Holstein für die Wasserentnahme aus oberirdischen Gewässern eine Abgabe in Höhe von 0,77 ct/m3. Vor zehn Jahren - ich habe es gerade erwähnt - war unter diesen schrecklichen Umständen die Einführung dieser Abgabe hart umkämpft, und die FDP und die CDU stellten sich quer. Sie nannten damals die Abgabe nicht Sie, Herr Vogt, aber Ihre Kolleginnen und Kollegen - unter anderem umweltpolitisch nicht gerechtfertigt, wirtschaftspolitisch schädlich und verfassungsrechtlich fragwürdig. Da ist es mehr als verwunderlich, Herr Kollege Vogt, in welchem Tempo jetzt das neue Gesetz durch das Parlament gepeitscht werden soll, ohne Anhörung, keine angemessene Beratungszeit. Das ist auch nicht die feine Art.

(Beifall bei der LINKEN)

Es scheint Ihnen ja sehr eilig zu sein, obwohl der Gesetzentwurf auch schon ein rückwirkendes In

(Christopher Vogt)

krafttreten vorsieht. Wir hätten das Ganze auch in einer späteren Sitzung hier verabschieden können, meine ich.

Schon in diesem Sommer haben Sie in einer Pressemitteilung verlautbaren lassen, dass sich die FDP für die Abschaffung der Oberflächenwasserentnahmeabgabe für Pumpspeicherkraftwerke einsetzen werde. So einfach war es dann offensichtlich doch nicht. Schon einen Monat zuvor konnte man aus der Antwort auf eine Kleine Frage des Kollegen Matthiessen klar entnehmen, dass eine Befreiung des Pumpspeicherkraftwerkes von der Oberflächenwasserentnahmeabgabe nicht ohne Weiteres möglich ist. Es fehlt nicht nur an einem Befreiungstatbestand im Gesetz. Das bestehende Haushaltsrecht, das EU-Beihilfe- und das Wettbewerbsrecht stehen einer Befreiung entgegen. Nach Durchsicht Ihres Gesetzentwurfs ist Ihnen ja auch die Umsetzung Ihres damaligen Begehrens aus den genannten Gründen nicht gelungen. Wie so vieles in diesen Tagen der FDP einfach nicht gelingen will.

Es ist jetzt aber erst einmal grundsätzlich löblich und bemerkenswert, dass Sie erkannt haben, dass die erneuerbaren Energien und damit auch die Energiespeicherung an Bedeutung gewonnen haben. Das ist schon mal der erste Schritt in die richtige Richtung. Konsequenterweise ist der zweite Schritt nicht nur die Unterstützung dieser zukunftsträchtigen Methode der Energiespeicherung, sondern auch freie Fahrt für erneuerbare Energien. Aber die Regierung fährt hier immer noch mit angezogener Handbremse, zu zaghaft für unseren Geschmack.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, DIE LINKE steht für den schnellen und konsequenten Ausstieg aus dem fossil-atomaren Zeitalter, aus der fossil-atomaren Energieversorgung. Wir setzen auf Energieeffizienz, Energieeinsparung und erneuerbare Energien. Der Energiebedarf Schleswig-Holsteins muss so schnell wie möglich weitgehend aus diesen erneuerbaren Energien gedeckt werden.

Eine Voraussetzung für Vollversorgung aus erneuerbaren Energien ist die Entwicklung und die Schaffung von Speicherkapazitäten, darin sind wir uns ja wohl einig. Das betrifft auch die Unterstützung schon bestehender und geplanter Einrichtungen zur Speicherung von Energie aus diesen erneuerbaren Quellen. Zu diesem Zweck kann und muss das Instrument Geld beziehungsweise in diesem konkreten Fall das Instrument Oberflächenwasserentnahmeabgabe richtig eingesetzt werden.

Der Gesetzentwurf der Grünen, meine Damen und Herren, wird diesem Anspruch weit besser gerecht als der Entwurf der regierungstragenden Fraktionen. Mit Senkung der von Pumpspeicherkraftwerken zu entrichtenden Wasserentnahmeabgabe unter Anhebung der Abgabe für die Entnahme von Wasser zur Kühlung von Kraftwerken gehen die Grünen unserer Meinung nach in die richtige Richtung. Schwarz-Gelb kann das nicht ganz. Da sind noch die alten atomkraftfreundlichen Reflexe am Werk. Wo sonst immer bei jeder Ausgabe auf den Euro geguckt wird, lassen Sie sich da mal eben 3 bis 4 Millionen € entgehen. Das finden wir schon bemerkenswert.

(Beifall bei der LINKEN)

Trotz alledem und trotz der inhaltlichen Mängel des Gesetzentwurfs von Schwarz-Gelb und trotz der Irritation über das von Ihnen gewählte Verfahren stellen wir uns bei dem neuen Oberflächenwasserentnahmeabgabegesetz nicht quer, wie Sie es damals getan haben, auch wenn wir das Verfahren unmöglich finden.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort für die SSW-Fraktion erteile ich dem Kollegen Flemming Meyer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Aus fiskalischen Gründen, um die Einnahmesituation des Landes zu verbessern und um damit auch Umweltmaßnahmen zu finanzieren, wurde seinerzeit die Oberflächenwasserentnahmeabgabe eingeführt. Der SSW hat dieses Gesetz immer unterstützt. Es ging aber auch darum, eine wirtschaftliche Ungleichbehandlung auszugleichen. Betriebe, die jährlich große Mengen Wasser aus oberirdischen Gewässern entnehmen, haben gegenüber anderen Betrieben am Markt einen Vorteil, denn sie nutzen die natürlich vorhandene Ressource Wasser über den sogenannten Gemeingebrauch hinaus entgeltfrei. Im Gesetz ist auch eine soziale Komponente verankert, sodass Betriebe für die Entnahme bis zu einer Bagatellgrenze bis zu 2.500 € nicht mit der Abgabe belastet werden.

Überwiegend sind es die Betreiber der schleswigholsteinischen Kernkraftwerke,

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

(Ulrich Schippels)

die diese Abgabe zahlen müssen. Schließlich haben sie auch den weitaus größten Verbrauch. Darüber hinaus geht es darum, Sensibilität für die knappe Ressource Wasser zu entwickeln - ein nicht unerheblicher Aspekt.

Die Kleine Anfrage des Kollegen Matthiessen macht deutlich, dass ein Jahr nach der Einführung der Abgabe der Betreiber des Pumpspeicherkraftwerks in Geesthacht, Vattenfall, die Stromerzeugung durch das Wasserkraftwerk massiv zurückgefahren hat. Vattenfall erklärt hierzu, dass die Abgabe durch das OWAG die Nutzung des Pumpspeicherkraftwerks unrentabel macht. Angesichts der politischen Beschlüsse zur Energiewende kann das nicht gewollt sein. Damit konterkariert das OWAG in seiner geltenden Fassung die Nutzung der regenerativen Energie Wasserkraft.

Aus den Begründungen der vorliegenden Entwürfe wird darüber hinaus deutlich, dass die Speicherung von Energie eine immer größere Rolle einnimmt. In diesem Zusammenhang spielt das Speicherbecken in Geesthacht eine wichtige Rolle. Es gilt, die wind- und sonnenarmen Zeiten zu überbrücken, um Schwankungen umweltfreundlich auszugleichen und um die Grundlast zu sichern. Darin sind sich alle einig.

(Unruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Wort hat der Herr Abgeordnete Flemming Meyer.

Politisch unterscheiden sich die vorliegenden Entwürfe nur marginal hinsichtlich der Höhe der Abgabe für Pumpspeicherkraftwerke. Politisch ist dieser Punkt nicht umstritten.

Aus politischen Gründen können wir durchaus einer Erhöhung der Abgabe für die Nutzung zur Kühlung zustimmen, wie es im Antrag der Grünen formuliert ist.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)