Protocol of the Session on September 16, 2011

(Beifall beim SSW sowie vereinzelt bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Die Jobcenter und ARGEn brauchen größere eigene Entscheidungsspielräume, um individuell angepasste und auf regionale Besonderheiten zugeschnittene Eingliederungskonzepte umsetzen zu können. Nur so wird es gelingen, wirklich allen Arbeitsuchenden eine Chance auf ökonomische, soziale und kulturelle Teilhabe durch sinnvolle Beschäftigung zu geben.

(Beifall beim SSW sowie vereinzelt bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Das Wort für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Arbeit, Soziales und Gesundheit, Dr. Heiner Garg.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst einmal folgende Vorbemerkung. Erstens nehme ich dankend zur Kenntnis, dass auch Sie zur Kenntnis genommen haben, wie sich die Landesregierung in dem Beratungsprozess zur Evaluierung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente und zur sogenannten Instrumentenreform im Bundesrat eingebracht hat. Ich glaube, trotz aller Farbenspiele ist es notwendig, dass hier die Interessen Schleswig-Holsteins und die Interessen der arbeitsuchenden Menschen im Vordergrund stehen. Das ist Punkt eins.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt beim SSW)

Punkt zwei. Wer ausblendet - das sage ich ganz deutlich, denn es gab ja Ursprungsanträge, Kollege Baasch; dann folgte ein SPD-Antrag; und dann kam es zu einer Initiative von drei Oppositionsfraktionen, die das aufgegriffen hat, was im Antrag der Koalitionsfraktionen aufgelistet wurde -, dass auch der Bundeshaushalt sich auf einem Konsolidierungspfad befindet, und wer den größten Einzeletat verschont lassen will, muss schon sagen, woher es dann kommen soll. Selbstverständlich ist, dass auch aus dem größten Einzeletat ein Einsparbeitrag kommen muss. Vor diesem Hintergrund diskutieren wir heute aus meiner Sicht weniger darüber, was sozial oder vermeintlich sozial gerecht ist, sondern über die Frage, ob zukünftig Arbeitsuchenden sowohl aus dem Bereich des SGB II als auch aus dem Bereich des SGB III pro Kopf das Gleiche zur Verfügung stehen wird wie früher. Das ist für mich eine der ganz zentralen Fragen.

Es will niemand bestreiten - das haben Sie in Ihrem Beitrag auch nicht getan; der Kollege Baasch und der Kollege Andresen haben es jedenfalls nicht getan -, dass die Arbeitslosenzahlen insgesamt zurückgegangen sind. Das heißt, die spannende Messzahl wird tatsächlich sein: Was stand in der Vergangenheit pro Kopf zur Verfügung, was steht in Zukunft pro Kopf zur Verfügung?

(Flemming Meyer)

Dazu kommt die Frage: Wie wirkungsvoll sind einzelne arbeitsmarktpolitische Instrumente? Das ist etwas, was in Schleswig-Holstein schon viel früher untersucht und ausgewertet worden ist - zu Recht. Die aktiven Arbeitsmarktprogramme des Landes wurden evaluiert. Wenn ich daran denke, wie aus den Programmen ASH I bis ASH III, über ASH 2000 bis hin zum Zukunftsprogramm Arbeit tatsächlich sinnvoll Dinge zusammengeführt worden sind, um zielgerichtet und zielgenau fördern zu können, dann finde ich, ist die Bundesregierung mit einer Evaluation der arbeitsmarktpolitischen Instrumente auf dem richtigen Weg - ohne zunächst einmal über den finanziellen Rahmen zu sprechen.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Ebenso ist es richtig, Konsequenzen daraus zu ziehen. Und die Bundesregierung zieht Konsequenzen, die die Landesregierung im Übrigen auch unterstützt.

Es soll mit der Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente die Arbeitsmarktpolitik noch stärker als bislang auf die Vermittlung von Arbeitsuchenden in den ersten Arbeitsmarkt ausgerichtet werden. Ich sage: Diese Anstrengung lohnt sich nicht nur, sondern das ist eine Investition in die Zukunft, weil wir in Zukunft jede Fachkraft brauchen werden, um unseren Wohlstand und unsere Innovationsfähigkeit zu halten. Deswegen ist es auch richtig, dass dezentrale Entscheidungskompetenzen für den Einsatz der aktiven Arbeitsmarktförderung gezielt gestärkt und erweitert werden.

Ich sage aber auch dazu: Wenn ich die neuesten Meldungen der Wirtschaftsforschungsinstitute lese und mir die Berechnung der BA anschaue, ist es richtig, sich darüber Sorgen zu machen, wie die Bundesagentur für Arbeit in den kommenden drei bis vier Jahren finanziell möglicherweise ausgestattet sein wird. Auch das wird bei den weitergehenden Beratungen aus meiner Sicht eine Rolle spielen müssen.

Weil Sie beschlossen haben, im Ausschuss auch Experten zu diesem Punkt, wie diese Instrumentenreform weiterentwickelt werden kann, anzuhören, will ich an dieser Stelle gar nicht weiter vorgreifen. Ich will nur sagen, dass die Landesregierung das Verfahren weiterhin kritisch begleiten wird, und zwar anhand der Punkte, die die Koalitionsfraktionen in ihrem Antrag präzise benannt haben.

Ich meine schon, dass wir ein berechtigtes Interesse und auch ein berechtigtes volkswirtschaftliches In

teresse daran haben, dass wir genügend - wie die vergangene, etwas lautere Debatte gezeigt hat Pflegekräfte haben. Wenn ich an die Rede der Kollegin Strehlau erinnern darf, hat sie nicht nur gesagt, dass wir Pflegekräfte brauchen, sondern auch, was für ein Potenzial für den Einzelnen im Pflegeberuf im Zweifel steckt. Deshalb halte ich vorübergehend die weitere Finanzierung des dritten Ausbildungsjahres durch die BA für richtig. Nur dann muss man die BA natürlich auch in die Lage versetzen, dass sie das weiter finanzieren kann. Insofern wünsche ich Ihnen eine spannende Anhörung zu diesem Thema im Ausschuss. Es lohnt sich, weil es tatsächlich um unsere Zukunft geht.

Bitte vergessen Sie am Ende bei allem Einsatz nicht - den die Landesregierung auch weiterhin unterstützen wird, Kollege Baasch -, dass es wirklich nur oppositionell wäre zu sagen: Es darf finanziell nicht gestrichen werden. Achten Sie mehr darauf, was in Zukunft pro Kopf und Teilnehmer übrig bleibt. Das muss ausreichen, um eine wirkungsvolle, aktive Arbeitsmarktpolitik betreiben zu können.

(Beifall bei FDP, CDU und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Antrag in der Drucksache 17/1771 sowie die Änderungsanträge in den Drucksachen 17/1821 (neu - 2. Fassung) und 17/1833 als selbstständige Anträge federführend dem Sozialausschuss und mitberatend dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 6 und 7 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Erhebung einer Abgabe auf die Entnahme von Wasser aus oberirdischen Gewässern des Landes Schleswig-Holstein

Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/1777

(Minister Dr. Heiner Garg)

b) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Oberflächenwasserabgabegesetzes

Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/1779

Bericht und Beschlussempfehlung des Umweltund Agrarausschusses Drucksache 17/1817

Ich erteile dem Berichterstatter des Umwelt- und Agrarausschusses, dem Vorsitzenden, Herrn Abgeordneten Klaus Klinckhamer, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aus zeitökonomischen Gründen verweise ich auf die Vorlage.

(Beifall)

Ich danke dem Berichterstatter für die Berichterstattung.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen.

Vielen Dank, Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach dem beschlossenen Ausstieg aus der Atomenergie müssen die erneuerbaren Energien zügig ausgebaut werden. Da besteht Einigkeit hier im Hause. Schleswig-Holstein hat das Potenzial, innerhalb von zehn Jahren das Dreifache seines eigenen Stromverbrauchs durch erneuerbare Energien zu erzeugen. Um möglichst jede erneuerbare Kilowattstunde zu nutzen, muss der Strom verbraucht, in andere Regionen abgeführt oder gespeichert werden können.

Die Energiezukunft braucht großräumige Vernetzung wie zum Beispiel mit dem Nord.Link-Kabel von Norwegen nach Brunsbüttel, durch neue 380-kV-Trassen in Schleswig-Holstein oder Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungskabel in den Süden zu den Verbrauchszentren in Deutschland. Wir brauchen intelligente Netze mit Echtzeit-Informationen über die Strompreise für Verbraucher und Erzeuger. Wir brauchen zunehmend Stromspei

cher für die fluktuierenden Leistungen von Wind und Sonne. Deshalb ist es notwendig, das Oberflächenwassergesetz zu novellieren, um einen wirtschaftlichen Betrieb von Pumpspeicherkraftwerken zu gewährleisten.

Unseren Gesetzentwurf haben wir Grüne fristgerecht am 2. September 2011 eingereicht, wie wir das auch öffentlich angekündigt haben. Wir haben Betreiber vor Ort besucht und dort Gespräche geführt. Wir haben die wirtschaftlichen Auswirkungen mit unserer Kleinen Anfrage, Drucksache 17/1659, erfragt, und vor diesem Hintergrund kommen wir zu dem Ergebnis, dass die Abgabe nach dem OWAG für die Wasserkraftnutzung abgesenkt werden muss. CDU und FDP haben unmittelbar danach auch einen ähnlichen Gesetzentwurf vorgelegt. Wir sind uns also einig und sehen diesen Änderungsbedarf.

Wir Grüne schlagen vor, die Oberflächenwasserabgabe bei der Nutzung in Pumpspeicherkraftwerken von 0,77 ct/m³ entnommenen Wassers auf rund ein Zehntel - auf 0,08 ct/m³ - abzusenken. Hier liegen wir fast gleichauf mit CDU und FDP. Der Unterschied: Die Abgabe zum Zwecke der Kühlung wird in unserem Vorschlag von 0,77 ct/m³ auf 0,95 ct/m³ moderat angehoben - mit Blick auf die Einnahmen des Landes und auch, um der Inflation, die insbesondere überproportional im Stromsektor zu finden ist, Rechnung zu tragen. Betroffen sind vorhandene und geplante große Kondensationskraftwerke, die mit mehr als der Hälfte der erzeugten Energie die Elbe aufheizen. Wir liegen dabei im Rahmen des Üblichen, vergleichen wir die Gebührenhöhe mit anderen Bundesländern.

Das geltende OWAG aus dem Jahr 2000 unterschied nicht zwischen Kondensationskraftwerken und Pumpspeicherkraftwerken bei der Wasserentnahme aus der Elbe oder anderen Oberflächengewässern. Die damalige Landesregierung befürchtete Klagen der Atomkraftwerksbetreiber auf Gleichbehandlung, falls es an anderer Stelle eine abweichende Abgabehöhe gegeben hätte. Ich habe diesen Punkt damals im Gesetzgebungsverfahren genau nachgefragt, weil mir das auch damals schon aufgefallen ist, und die Opposition damals schon entsprechende Kritik vorgetragen hat.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Nun ja, wir haben diese Auskunft von der Verwaltung bekommen. Das war vielleicht damals auch der Stand und die Sichtweise der Verwaltung. Das entsprechende Gesetz von Niedersachsen sieht zwi

(Präsident Torsten Geerdts)

schenzeitlich unterschiedliche Abgabenhöhen bei drei unterschiedlichen Wassernutzungen vor: Kühlung, Wasserkraft sowie Beregnung und übrige Nutzungen. Es ist also machbar, nach Nutzungsart zu differenzieren, deshalb handeln wir.

Mit dieser Gesetzesänderung wird zum Beispiel der Betrieb des Pumpspeicherkraftwerks Geesthacht mit seiner Kapazität von 120 MW und aller weiterer geplanter Pumpspeicherkraftwerke deutlich wirtschaftlicher. Mit unserer Gesetzesinitiative schaffen wir die Grundlage für eine neue Investition in Pumpspeicherkraftwerke in Schleswig-Holstein. Es sind uns Planungen für eine Erweiterung in Geesthacht bekannt, aber auch für einen Neubau in Lägerdorf mit zwei Kreidegruben. Auch das Projekt Quarnbek bekommt so neuen Rückenwind. Dort soll Baggergut vom Ausbau des Nord-OstseeKanals für den Aufbau eines Speichers genutzt werden. Es geht dabei um einen Gesamtaushub von 8,5 Millionen m³. Damit wird es möglich, die Verbringungskosten für den Aushub zu senken und gleichzeitig die damit verbundenen Umweltlasten im Meer - am Verbringungsort - zu senken. Wir können aber auch touristische Ziele erreichen, denken Sie nur an den aus Trümmern entstandenen Teufelsberg in Berlin, der ein beliebtes Ausflugsziel geworden ist und on top ein neues Pumpspeicherkraftwerk, das einen Beitrag für die ökologische Energiewende, für den Strommarkt der Zukunft, leistet.

Wir wollen das Aufkommen aus dem OWAG jedoch nicht mindern, sondern steigern. Wichtige Aufgaben der Umweltpolitik werden daraus finanziert. Schwarz-Gelb ist das offenbar egal, uns nicht. Die Anhebung der Gebühr für thermische Nutzung ist ökologisch mehr als gerechtfertigt und fiskalisch natürlich nur zu begrüßen. Immer wieder diskutieren wir hier über den desaströsen Zustand der Landeskasse.

(Glocke des Präsidenten)

- Ich komme zum letzten Satz, Herr Präsident.

Wegen der Schuldenbremse in Schleswig-Holstein ist es völlig unverständlich, warum Schwarz-Gelb die Einnahmesteigerung verweigert.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW)

Wir sind für eine Absenkung der Gebühr für Wasserkraftnutzung, aber auch für eine moderate Anhebung der Gebühr für die Nutzung zur Kühlung. Wir werden uns daher bei der Abstimmung des Entwurfs der Koalitionsfraktionen, der in der Aus

schussempfehlung enthalten ist, der Stimme enthalten, weil wir uns dort nicht voll wiederfinden.