Protocol of the Session on September 15, 2011

Denn niemand möchte mit so törichtem Gerede Dinge herbeireden, wie das führende Liberale tun und auch der Landesvorsitzende der FDP tut. Ich habe das vorhin ja zitiert.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist unglaub- lich, wie Sie agieren!)

Zweitens. Es ist Folgendes fälschlich behauptet worden: Weder der Kollege Habeck noch ich haben gesagt, wir wüssten den Königsweg, auf dem man die Krise lösen kann. Wir haben aber sehr wohl auf das Instrumentarium hingewiesen. Ich finde es sehr nett, dass die Kollegin Spoorendonk gesagt hat, sie sei bereit, diesen Teil zumindest per Enthaltung zu begleiten. Die Debatte hat nämlich gezeigt, dass wir mehr an gemeinsamer Politik in Europa brauchen und dass das der Weg ist. Der Weg ist nicht zu behaupten, wir brauchten nur die Schrauben eng genug anzuziehen und den Griechen zu sagen, was sie zu tun haben, und dann wird das schon werden. Wir müssen ernsthaft so miteinander reden, dass sich die Lage nicht verschlechtert und dass wir gemeinsam zum Fortschritt kommen. Das sollten wir ohne deutsche Arroganz tun. Bei der einen oder anderen Bemerkung, die hier gekommen ist, ist mir manchmal ein bisschen viel Selbstbespiegelung dabei.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich zum Abstimmungsverhalten der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten hier im Hause sagen: Neben unserem eigenen Antrag, dem wir natürlich zustimmen, stimmen wir auch dem grünen Antrag zu - wenn er ein selbstständiger Antrag werden sollte -, weil er in die ähnliche Richtung geht.

Der Antrag von CDU und FDP ist allerdings überhaupt nicht auf der Höhe der Zeit. Er sagt eigentlich nur: „Wir machen weiter so wie bisher“, und: „Alles ist in Ordnung“. Das ist ein bisschen dünn, intellektuell dürftig. Wir werden dagegen stimmen.

(Bernd Voß)

(Vereinzelter Beifall bei der SPD - Wolfgang Kubicki [FDP]: Machen Sie eine Mitglieder- befragung zu dieser Frage!)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Tobias Koch von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte war in Teilen durchaus unterhaltsam. Ob es uns damit wirklich gelungen ist, einen Beitrag zur Lösung des Problems zu liefern, bezweifle ich.

(Zurufe von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN: Jetzt kommt es!)

Der Kollege Stegner konstruiert in bewährter Weise sein eigenes Weltbild mit bekannten Feindbildern, das nun leider mit der Realität wenig zu tun hat. Man gewinnt zunehmend den Eindruck, dass Sie sich einen Redenschreiber mit der LINKEN teilen.

Kollege Habeck hatte einen durchaus richtigen Grundansatz, verstrickte sich dann aber ein bisschen in Detailfragen. Geordnete Insolvenz nein, Haircut ja, aber dann geordnet. Bis zum Weltökonomen müssen Sie noch ein bisschen nacharbeiten.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Wir müssen uns fragen, ob wir als Landtag uns damit begnügen, ob es unserem Anspruch genügt, den Berliner Chor mit solchen Debattenbeiträgen zu bereichern, ob das das Ergebnis der heutigen Debatte sein soll oder ob wir uns das alte Motto zu eigen machen: „Global denken und lokal handeln“ und darüber abstimmen, was wir selber dazu beitragen können, diese Krise zu lösen. Das ist die Intention unseres Antrags. Denn verantwortliche Finanzpolitik für ein starkes Europa beginnt vor Ort.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich will es zumindest so erklären, dass es vielleicht die Grünen verstehen. Das ist genau wie beim Klimaschutz. Wir werden das Weltklima auch nicht dadurch retten, dass wir in Schleswig-Holstein erneuerbare Energien ausbauen. Aber wir sind die Treiber,

(Vereinzelter Beifall bei der CDU - Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Vertreiber!)

die Vorbilder, die eine solche Bewegung anstoßen. Genauso ist es mit verantwortungsvoller Finanzpolitik. Wir in Deutschland und in Schleswig-Holstein waren die Ersten, die eine Schuldenbremse eingeführt haben. Jetzt ziehen Italien und Spanien nach. Wir machen vor, wie man einen Haushalt verantwortlich konsolidiert.

(Zurufe von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN - Glocke der Präsi- dentin)

Auch unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten ist es den Menschen in Griechenland, in Spanien und in Italien besser zu vermitteln, wenn jetzt bei ihnen Kürzungen vorgenommen werden, wenn sie sehen, dass die Menschen auch in Deutschland von Kürzungen und Streichungen in den Haushalten betroffen sind.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Heinold?

Ja, sehr gerne.

Frau Heinold, Sie haben das Wort. - Ich bitte insgesamt um etwas mehr Ruhe.

Herr Kollege Koch, haben Sie es genauso wie ich in Erinnerung, dass die Schuldenbremse erst ins Grundgesetz geschrieben wurde mit Gültigkeit für alle Länder und dass sie auch für Schleswig-Holstein gegolten hätte, wenn Schleswig-Holstein gar nichts in die Verfassung aufgenommen hätte, dass also nicht Schleswig-Holstein Vorbild für die Schuldenbremse für die Welt ist, sondern der Beschluss des Bundestages?

(Ingrid Brand-Hückstädt [FDP]: Das hat er nicht gesagt!)

Ich bewundere immer wieder Ihr Fachwissen. Deshalb formulierte ich, dass wir in Deutschland und in Schleswig-Holstein Vorbild waren. Genau in dieser Reihenfolge!

(Beifall bei CDU und FDP)

Nachzulesen im Protokoll!

(Dr. Ralf Stegner)

Herr Kollege Koch, es gibt das Begehren einer weiteren Zwischenfrage. Lassen Sie diese zu?

Die lasse ich zu.

Dann hat Herr Schippels das Wort.

Danke, Herr Koch. - Habe ich Sie eben richtig verstanden, dass Sie der Ansicht sind, wenn wir bei uns im Sozialbereich kürzen, wird es für die Griechen leichter zu ertragen, dass bei ihnen im Sozialbereich gekürzt wird?

Vielen Dank für diese Frage, Herr Kollege Schippels. Ich beantworte zunächst eine andere.

(Heiterkeit)

Sie hatten nach den Beiträgen der Finanzpolitiker gefragt. Da würde ich Ihnen gern sagen wollen, das Wort heißt Eurobond, mit „d“ am Ende, englisch für Wertpapier, hat nichts mit Kassenbon oder Bonbon zu tun.

(Heiterkeit und Beifall bei CDU und FDP)

Ich glaube schon, dass es für die Gerechtigkeitsdebatte in Europa durchaus Signalwirkung hat, wenn wir überall deutlich machen: Wir als Deutsche konsolidieren auch. Wir sind nicht die Besserwisser in Europa, die allen vorschreiben, was sie machen sollen. Wir haben unsere eigenen Haushaltsprobleme, und die lösen wir auch. Wir muten unseren Bürgern auch Kürzungen zu. Ich glaube, das kann schon ein Beitrag dazu sein, schwierige Entscheidungen in anderen Ländern besser vertreten zu können.

(Beifall bei CDU und FDP)

Trotz aller unterschiedlicher Auffassungen in der Sache, die hier heute deutlich geworden sind, glaube ich, dass unser Antrag nicht die Lösung aller Probleme ist, aber einen Weg aufzeigt, den wir als Schleswig-Holsteinische gehen können. Das sollte eigentlich durchaus Konsens in diesem Haus sein. Das muss doch die Botschaft sein, dass wir selber die Staatsverschuldungskrise anerkennen, nicht die Augen davor verschließen und sie schlichtweg leugnen, wie der Kollege Stegner das getan hat.

Den Ansatz bietet unser Antrag, unser Beitrag zur Lösung der Krise in Europa.

(Wortmeldung der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

- Ich wäre am Ende meiner Rednerzeit, aber -

(Heiterkeit)

Sie wären also bereit, eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Spoorendonk zuzulassen, entnehme ich Ihrer Gestik. - Frau Spoorendonk!

Vielen Dank Frau Präsidentin. - Lieber Herr Kollege Koch, stimmen Sie mir zu, dass man bei dem Antrag von CDU und FDP den Eindruck bekommen könnte, dass es sehr viel um das eigene Schulterklopfen geht und nicht so sehr um Griechenland?

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt bei der SPD - Christo- pher Vogt [FDP]: Das liegt Ihnen fern!)

Frau Kollegin, in dieser Analyse stimme ich Ihnen nicht zu. Ich habe es Ihnen gerade schon unter vier Augen gesagt. Ich habe vorhin bei Ihrer Rede sogar klatschen können, weil Sie es ähnlich formuliert und auf Schuldenbremse und auf Verantwortung für Staatshaushalte hingewiesen haben. Genau das machen wir mit unserem Antrag. Die Logik Ihres Abstimmungsverhaltens hat sich mir nicht erschlossen. Sie haben sich in Ihrer Argumentation vehement gegen den SPD-Antrag und die dort erhobene Forderung nach Eurobonds ausgesprochen. Da enthalten Sie sich jetzt.

Bei dem Antrag, mit dem Sie bei Ihrer Rede inhaltlich eng zusammen waren, nämlich mit unserem Antrag, Bekenntnis zur Schuldenbremse, zur Haushaltskonsolidierung, sagen Sie Nein. Es tut mir leid: Ihre Analyse teile ich mitnichten.

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Das verstehe, wer will! - Peter Eichstädt [SPD]: Welche Frage haben Sie eben beantwortet?)