Wir fordern umgehend ein Ende der Verhöhnung der Mütter und Väter, denen notwendige Kuren von den Krankenkassen verwehrt werden. Ich freue mich auf eine lebendige Auseinandersetzung im Ausschuss darüber.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Für den Erwachsenen in einer Familie, der für die Versorgung der Kinder zuständig ist - egal, ob Vater oder Mutter - können schon einmal 16-Stunden-Tage zusammenkommen. Ruhepausen zum Auftanken oder um eine hartnäckige Krankheit richtig auszukurieren, gibt es nicht. So können sich wie in einer Spirale gesundheitliche Störungen verstärken, vor allem dann, wenn psychische oder soziale Probleme hinzukommen.
Eine gezielte Therapie außerhalb der gewohnten Umgebung, Gespräche mit Gleichgesinnten und Angebote für die Kleinen können diese Spirale durchbrechen helfen - besser gesagt könnten, denn die Krankenkassen verweigern die Pflichtleistung für Mutter- beziehungsweise Vater-Kind-Kuren. Das Wettbewerbsstärkungsgesetz hatte 2007 die Krankenkassen ausdrücklich zur verstärkten Prävention verpflichtet und genau darum Mutter- beziehungsweise Vater-Kind-Kuren zur Pflichtleistung gemacht. Die Kuren sind nämlich durchaus kein bezahlter Urlaub, wie manchmal zu hören ist, sondern dort werden zielgerichtet für unterschiedliche Maßnahmen angewendet: Psychotherapie, psychosoziale Betreuung und nicht zuletzt medizinische Behandlung.
Die Krankenkassen ignorieren das Gesetz und lehnen fast routinemäßig die Erst-Anträge ab. Jede Krankenkasse tut das nach ihrem eigenen Belieben, sodass wir inzwischen nicht nur ein Präventionsdefizit haben, sondern darüber hinaus auch ein massives Gerechtigkeitsproblem. Das hat sogar den Bundesrechnungshof auf den Plan gerufen, der laut Pressebericht die Willkür der Kassen kritisiert hat.
Die Kassen verweigern also ihren Mitgliedern eine Pflichtleistung. Das hat Folgen, zuerst für die Familien: Sie werden zu Bittstellern gemacht. Ohne Prävention, die bei den Kuren im Vordergrund steht, potenzieren sich deren Probleme.
Die steigenden Ausgaben bei der Jugendhilfe sind hier ein alarmierender Indikator dafür, dass etwas schiefläuft. Als ehemaliger Kreistagsabgeordneter kann ich nur auf meine Erfahrungen aus den letzten Jahren im Kreistag verweisen. Jedes Jahr mussten wir feststellen, dass trotz aller Haushaltskonsolidie
rungen gerade die Kosten bei der Jugendhilfe jedes Mal immens gestiegen waren. Die Verwaltung, die in ihrem Quartalsbericht dazu immer Stellung nehmen musste, hat als Erklärung oder Begründung immer hingeschrieben: „desolate Familienzustände“. Das war die Ursache dafür. Daran wird das ganz deutlich.
Die Jugendhilfe muss einspringen, weil sich die betroffenen Familien regelrecht festgefahren haben. Ohne externe Hilfe kommen sie nicht mehr aus dieser Sackgasse heraus. Das ist nicht nur teuer, sondern für die Familie eine Belastung, die durch rechtzeitige Prävention vermeidbar gewesen wäre.
Die Verweigerungshaltung der Kassen hat aber auch Folgen für alle Institutionen, die mit den Kindern aus diesen Familien zu tun haben. Wir haben es also hier mit einem klassischen Verschiebebahnhof zu tun: Was die Kureinrichtung nicht leistet, das müssen dann die Pädagogen in den Kitas und Schulen zusätzlich leisten. Probleme werden nicht aus der Welt geschafft, bloß weil sich die Krankenkassen weigern, ihrer Pflicht nachzukommen.
Zum Schluss möchte ich auch etwas zu den Einrichtungen sagen. Seit November 2010 ist das Mutter-Kind-Kurheim der ADS in Rantum geschlossen, und es wird wahrscheinlich auch noch eine Weile geschlossen bleiben. Das Haus Remmer in Langballig ist nach monatelanger Stilllegung wieder geöffnet, hat aber eine sehr unsichere Zukunft. Im Louise-Schröder-Heim der AVO
Herr Abgeordneter Meyer, einen kleinen Augenblick bitte. Es wäre ganz freundlich, wenn auch am späten Freitagnachmittag alle Kolleginnen und Kollegen dem Kollegen Meyer und dem Thema ein bisschen mehr Aufmerksamkeit schenken würden.
Das Müttergenesungswerk verzeichnet bis zu 35 % weniger Auslastung gegenüber 2008. Bleiben die Krankenkassen bei ihrer Haltung, sieht es nicht gut aus für die Einrichtungen und die Arbeitsplätze.
Auch wenn der Landtag vielleicht nur an die Kassen appellieren kann, die staatlichen Aufsichtsgremien müssen hier umgehend tätig werden, damit die Krankenkassen ihre Verweigerungshaltung aufgeben.
Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung in der Drucksache 17/1570 dem Sozialausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? Dann ist das einstimmig so beschlossen.
Tätigkeitsbericht 2010 der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein bei dem Präsidenten des SchleswigHolsteinischen Landtags
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bericht der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein ist eine eindrucksvolle Dokumentation über das Tätigkeitsfeld der Bürgerbeauftragten. Angesichts der knappen finanziellen Mittel in Bund und Land hat sich ein kompliziertes Gesetzgebungsverfahren entwickelt, das darauf angelegt ist, diese möglichst gerecht zu verteilen. Dies bringt gerade im sozialen Bereich einen unglaublichen Bürokratismus mit sich und macht es den Anspruchsberechtigten schwer, ihre Rechte wahrzunehmen und bürokratische Hürden bei der Antragstellung zu überwinden.
Überall dort, wo es an qualifiziertem und engagiertem Personal in den zuständigen Behörden mangelt, wird man den berechtigten Ansprüchen der Bürge
rinnen und Bürger nicht gerecht. Sie werden immer noch zu oft in die Rolle der Bittsteller gedrängt und abgewiesen. Nicht alle finden den Weg und den Mut zur Eingabe bei der Bürgerbeauftragten. Dennoch ist die Eingabeflut gewachsen, vorrangig zum Themenbereich Hartz IV.
Die Bürgerbeauftragte bemängelt in diesem Zusammenhang insbesondere das Bildungspaket für Kinder, das aus ihrer Sicht ,,mit einem zusätzlichen nicht unerheblichen bürokratischen Prüf- und Abwicklungsaufwand verbunden sein wird“. Ich habe an einer Informationsveranstaltung des Kreises Nordfriesland - einem sehr fortschrittlichen Optionskreis - zu diesem Thema teilgenommen und erfahren, dass man seitens des Kreises Nordfriesland die bürokratischen Hürden für alle Beteiligten so gering wie möglich halten und Ermessensspielräume soweit wie möglich nutzen will, um die Chancen für die in Frage kommenden Kinder zu erhöhen. Nach meiner Auffassung bedarf es hier einer noch größeren Aufklärung und Kooperation, um den Personenkreis zu erreichen, für den dieses Paket gedacht ist.
Die Bürgerbeauftragte bedauert auch, dass Pflegebedürftige und ihre Angehörigen nicht überall in Schleswig-Holstein die gleiche Unterstützung erhalten und bemängelt, dass nur in den Kreisen Ostholstein, Schleswig-Flensburg, Steinburg und Stormarn Pflegestützpunkte bestehen.
- Entschuldigung, Sie bemängelt, dass dort Pflegestützpunkte fehlen. Ich bitte, das zu berichtigen. Die Bürgerbeauftragte fordert in ihrer Presseerklärung vom 31. März 2011 dazu auf, diese Lücke zu schließen.
Die Pflegestützpunkte wurden mit einer Anschubfinanzierung aus dem Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung eingerichtet. Das Land, die Pflege- und Krankenkassen und die Kreise und kreisfreien Städte beteiligen sich je zu einem Drittel an der Finanzierung, die jedoch nicht ausreicht, um flächendeckend Stützpunkte einzurichten.
Für meine Fraktion ist es wichtig, bestehende ehrenamtliche Anlaufstellen mit einzubeziehen, die das Vertrauen der Menschen genießen. Auch die Verbraucherzentrale bringt sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten ein. Sicher wird der Beratungsaufwand zunehmen, sodass wir gemeinsam mit Partnern des Gesundheitswesens nach Lösungsmöglichkeiten suchen müssen.
Im Bericht wird dargelegt, dass sich die Bürgerinnen und Bürger entweder telefonisch, schriftlich auch per E-Mail oder Fax - oder durch persönliche Vorsprache an die Bürgerbeauftragte wenden. Dabei bilden die telefonischen Eingaben nach wie vor mit 77,2 % in 2010 den Schwerpunkt. Dies lässt sicher auch Rückschlüsse auf die Dringlichkeit der Eingaben zu.
Dem Bericht ist zu entnehmen, dass 2010 3.593 neue Eingaben zu bearbeiten waren und darüber hinaus 38 unerledigte Eingaben abgeschlossen wurden. Abschließend wurden insgesamt 3.615 Eingaben bearbeitet. Das heißt, dass im Berichtszeitraum mehr als 300 Eingaben pro Monat bearbeitet wurden. - Respekt vor der Leistung.
Lediglich 282 Eingaben mussten als unzulässig zurückgewiesen werden. Das halte ich in diesem Zusammenhang für eine sehr geringe Quote. Dies bedeutet, dass also die meisten, nämlich 3.180 der erledigten zulässigen 3.333 Eingaben positiv für die Einwender abgeschlossen werden konnten. Das muss uns nachdenklich machen
und die Frage aufwerfen, ob die Mitarbeiter der entsprechenden Behörden ausreichend Sachkenntnis haben, um den Bürgerinnen und Bürgern in einer schwierigen Situation Hilfestellung zu geben.
In diesem Zusammenhang ist auch kritisch anzumerken, dass die lange Bearbeitungsdauer von Anträgen die Situation der Hilfesuchenden erschwert.
Die Bürgerbeauftragte hat mit ihrem Bericht und ihren vielen Außensprechstunden deutlich gemacht, dass ihre Arbeit für Schleswig-Holstein unverzichtbar ist. Der umfassende Bericht zeigt an vielen Einzelbeispielen, wo Nachbesserungsbedarf besteht. Er macht aber auch deutlich, wie kompliziert und für die Bürgerinnen und Bürger nicht immer nachvollziehbar die Gesetzgebung ist. Im Namen der CDUFraktion bedanke ich mich bei Frau Wille und ihrem Team für den umfassenden und aufschlussreichen Bericht sowie für das zielführende Engagement im Sinne der Petenten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, begrüßen Sie in diesem Sinne gemeinsam mit mir oben auf der Tribüne Frau Wille. - Liebe Frau Wille, seien Sie herzlich willkommen bei uns!