Protocol of the Session on August 25, 2011

Eine Frage drängt sich sofort auf. Ich frage Sie, Frau Ministerin Rumpf: Warum kann das Ministerium keine Auskunft über die Nutzungsart der Moorböden in Schleswig-Holstein geben?

Ich bedanke mich ebenfalls für den Bericht, den Sie hier vorab gegeben haben. Aber auch in diesem Bericht konnten Sie diese Frage nicht beantworten. Sie konnten keine Zahlen zum Umbruch von Dauergrünland auf Moorböden nennen. Ist Ihnen diese Auskunft tatsächlich nicht möglich? Sind diese Daten und Zahlen nicht herleitbar? Die Datengrundlagen müssten Ihnen doch vorliegen. - Ich würde mich freuen, eine Antwort auf diese Fragen im Fachausschuss zu hören.

Grundsätzlich sind wir für Regelungen, die zu einem Umbruch von Grünland auf Moorstandorten führen. Die vielfältige Bedeutung von Grünland auf Moorstandorte wie Arten-, Gewässer-, Boden- und nicht zuletzt Klimaschutz sprechen in diesem Fall einfach für sich.

Allerdings müssen wir nicht nur über mögliche ordnungsrechtliche Regelungen debattieren, sondern auch darüber, wie sich das Land Schleswig-Holstein für eine konsequente Umsteuerung der EUAgrarpolitik in diesem Punkt einsetzen kann und wird. Nur so können wir eine nachhaltige Landwirtschaft entwickeln, gleichzeitig das Moor schützen und dem Klimawandel entgegensteuern.

Ich freue mich auf eine angeregte Debatte im Ausschuss und hoffe, ich werde bei diesem Thema sehr viel lernen, solange ich meine Kollegin noch unterstütze, damit ich noch mehr zum Thema Umbruch der Moore argumentieren und mit Ihnen allen zusammen gleichberechtigt debattieren kann.

(Beifall bei der LINKEN sowie vereinzelt bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für den SSW hat nun Herr Abgeordneter Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Moorlandschaften waren in Schleswig-Holstein immer schon ein prägender Landschaftsteil. Doch durch Trockenlegung, Torfabbau oder die land- und forstwirtschaftliche Nutzung haben viele unserer Moore ihren ursprünglichen Charakter weitestgehend verloren, und manche sind als solche nicht mehr erkennbar.

(Carsten-Peter Brodersen)

Moore sind äußerst sensible Biotope, die aufgrund ihrer Beschaffenheit Lebensraum für seltene und gefährdete Pflanzen- und Tierarten darstellen. In Schleswig-Holstein sind rund 15 % der Moorbodenflächen als FFH-Gebiete geschützt. Das macht deutlich, dass man erkannt hat, dass es wichtig ist, diese Lebensräume zu schützen. Moore sind überdies auch Bestandteil der Nationalen Biodiversitätsstrategie.

Aber nicht nur aus naturschutzfachlicher Sicht ist der Schutz der Moore von immenser Bedeutung. Die Zerstörung der Moore wirkt sich negativ auf den Klimawandel aus. Als Folge der Entwässerung kommt der Torf mit Sauerstoff in Berührung. Die organische Substanz wird allmählich abgebaut. Dabei wird der darin gespeicherte Kohlenstoff freigesetzt. So kommen aus entwässerten Niedermooren in Schleswig-Holstein rund 6 % der CO2-Emissionen. Es ist wichtig, die Moore zu vitalisieren und zu neuem Wachstum anzuregen, damit sie wieder in die Höhe und Breite wachsen und somit weiter als CO2-Speicher wirken.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bereits seit 2002 hat Schleswig-Holstein ein eigenes Niedermoorprogramm, mit dem der Flächenerwerb und die Vernässung im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie geregelt werden. Da sich Hochmoore im Gegensatz zu Niedermooren anders entwickeln und ihr Aufbau anders gestaltet ist, zählen sie zu den empfindlicheren und extrem gefährdeten Moorlebensräumen. Was dort einmal zerstört wurde, lässt sich, wenn überhaupt, nur mühsam wieder revitalisieren. Aus diesem Grund wurde in 2008 zusätzlich das Hochmoorprogramm initiiert.

Vor dem Hintergrund der Einmaligkeit dieser gefährdeten Biotope und der hohen Klimarelevanz als Kohlenstoffspeicher ist ein umfassendes Moorschutzprogramm für Schleswig-Holstein ein wichtiges Instrument, um diese seltenen Lebensräume zu schützen. Der vorliegende Bericht macht beispielhaft deutlich, dass in den letzten Jahrzehnten Renaturierungsprojekte in zahlreichen Mooren erfolgreich umgesetzt wurden.

Es muss aber mehr getan werden als bisher, wenn unsere Moore nicht zu kleinteiligen Relikten in der Landschaft verkommen sollen. Dies ist aber nicht zum Nulltarif zu haben. Flächenerwerb, Planungen, Maßnahmen, fachliche Begleitung und Evaluation kosten Geld. Neben diversen Landes- und EU-Programmen sind wir auch auf das Engagement anderer Träger, wie zum Beispiel Kommunen, Stiftun

gen oder Vereine, angewiesen. Nur so lässt sich das Moorschutzprogramm mit Leben füllen.

Der Bericht macht aber auch deutlich, dass in Schleswig-Holstein schätzungsweise 87.000 ha Niedermoor und etwa 20.000 ha Hochmoor - das sind circa 75 % Prozent der gesamten Moorflächen - landwirtschaftlich genutzt werden. Hier sind gerade die Moorböden im Niederungsbereich wichtige Produktionsstandorte für die landwirtschaftlichen Betriebe. Damit einhergehend werden sie in der Regel entwässert, intensiv als Dauergrünland bewirtschaftet oder sogar umgebrochen. Dies führt zu tiefgreifenden Veränderungen des Bodenaufbaus und zerstört die Moore.

Die ökologischen Folgen durch den Umbruch von Grünland sind hinlänglich bekannt. Sie wurden bereits hier im Landtag debattiert. Ein Umbruch von Grünlandflächen auf Moorstandorten beschleunigt unweigerlich den Zerstörungsprozess dieser sensiblen Flächen. Wie sich dies unterbinden lässt, sollten wir im Ausschuss erörtern.

(Beifall beim SSW sowie vereinzelt bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich der Frau Abgeordneten Marlies Fritzen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich auf unseren Antrag verweisen möchte, der da lautet:

„Der Schleswig-Holsteinische Landtag fordert die Landesregierung auf, Regelungen zu treffen, die den Umbruch von Grünland auf Moorstandorten wirksam unterbinden.“

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wirksam!)

Herr Kollege von Abercron, da kommt kein einziges Mal das Wort „Naturschutzgebiet“ oder Ähnliches vor. Da steht auch nichts von Knebelung von Landwirten. Vielmehr geht es darum, Regelungen zu finden, die den Umbruch auf Moorstandorten verhindern.

Wir haben ohnehin schon ein Problem mit dem Umbruch. Sie haben darauf hingewiesen, Frau Ministerin. Wir haben ein besonderes Problem, wenn wir das auch noch in Verbindung mit dem Moorschutz sehen. Darauf, dass wir die Moore

(Flemming Meyer)

schützen wollen, haben hier alle hingewiesen. Wenn wir sehen, dass immer mehr Moorstandorte tatsächlich umgebrochen werden - was man erkennen kann -, ist dies eine probate Forderung, die sich mit dem Moorschutz beschäftigt und nicht mit der Knebelung von Landwirten.

Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Michael von Abercron?

Nein, ich gestatte jetzt keine, weil ich den Gedanken zu Ende bringen möchte. - Ich dachte eigentlich, dass wir uns mittlerweile in der gemeinsamen Diskussion um die Frage von - ich will nicht „Interessenausgleich“ sagen, weil ein Ausgleich nicht immer stattfinden kann - Interessenkonflikten und der Lösung dieser Konflikte auf einem anderen Niveau bewegen als dem, das Sie hier angesprochen haben. Sie versuchen, die ideologischen Schützengräben wieder aufzumachen, die ich nicht betreten werde.

Frau Redmann, zur Wiedervernässung! Auch von Wiedervernässung und den Problemen, die damit zusammenhängen, habe ich nicht geredet. Die sind mir sehr wohl bekannt. Ich habe nicht von Wiedervernässung geredet. Ich habe nicht davon geredet, wie man, wenn man Flächen erworben hat, mit Maßnahmen dort umgeht und versucht, nachbarschaftliche Konflikte zu lösen, sondern ich habe von Umbruchverbot auf genau diesen besonders sensiblen Standorten gesprochen.

Insofern bitte ich Sie, sich in der Ausschussberatung, für die sich offenbar alle ausgesprochen haben, auf den Antrag zu beziehen und nicht zu unterstellen, uns gehe es nicht um Naturschutz und die Überlegung, wie man Naturschutz mit landwirtschaftlichen oder anderen Interessen in Übereinstimmung bringen oder zu einem vernünftigen Nebeneinander kommen könne. Ich verwahre mich gegen solche Debatten und Unterstellungen. Ich hoffe, dass wir solche Debatten endlich beendet haben und uns auf einen konstruktiven Weg nach vorn machen und nicht immer wieder anfangen zu sagen, die Grünen seien gegen die Landwirte.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Herrn Abgeordneten Dr. von Abercron das Wort.

Frau Fritzen, da Sie meine Frage nicht zugelassen haben, muss ich Sie jetzt fragen: Wenn Sie ein zusätzliches Umbruchverbot fordern, müssen Sie auch sagen, wie das umgesetzt werden soll. Wir haben ein Umbruchverbot.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Haben wir nicht!)

Es gibt außer den Möglichkeiten, die wir jetzt haben, auf weitere Flächen zurückzugreifen, überhaupt keine Möglichkeit, als eine Schutzgebietsausweisung vorzunehmen und Verbote auszusprechen. - Dann müssen Sie mir das erklären. Wie soll das funktionieren?

(Zuruf der Abgeordneten Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir haben diverse Flächen im Rahmen des Vertragsnaturschutzes. Da können wir das tun. Bei anderen Flächen haben wir keine Möglichkeit außer der, ein klares Verbot auszusprechen. Dann müssen Sie das auch sagen. Seien Sie so ehrlich und sagen Sie: Wir wollen eine zusätzliche Schutzgebietsausweisung machen.

Die Problematik geht ja noch viel tiefer. Ein Riesenproblem wird darin bestehen zu sagen: Wie definieren wir eigentlich eine solche Moorfläche? Ist ein Anmoor ein richtiges Moor, das wir in Schutz nehmen wollen? Wollen wir den Bodentyp Moor schützen? Wollen wir die Flora und Fauna auf diesem Gebiet schützen? Oder wollen wir nur sagen, das Grünland sei zu schützen? Was wollen wir denn nun eigentlich? Darin liegt die Schwierigkeit. Ich bin sehr neugierig, was Sie uns da zu erzählen haben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Herrn Abgeordneten Matthiessen das Wort.

Frau Präsidentin! Herr Kollege von Abercron, es geht nicht um die Einführung von Verboten, sondern es geht darum, Dingen, die bereits verboten sind, zur wirksamen Umsetzung zu verhelfen. Natürlich haben wir einen Konflikt mit dem Ordnungsrecht. Ich bin sehr für Ihre sogenannten kooperativen Lösungen. Al Capone hat einmal gesagt: Ich komme aus einem Land, in dem man mit einem

(Marlies Fritzen)

Lächeln sehr viel durchsetzen kann. Ich komme aber auch aus einem Land, in dem man mit einer Pistole in der Hand und einem Lächeln noch sehr viel mehr durchsetzen kann.

(Zurufe von der CDU)

Sie verkaufen hier immer Ihre Ideologie. Ich wähle bewusst das Wort „Ideologie“, weil Sie uns das umgekehrt immer vorwerfen. Naturschutz nur mit den Menschen führt auf Eiderstedt, einem Brennpunkt der naturschutzpolitischen Auseinandersetzungen, zur Ausrottung der Trauerseeschwalbe. So ist es. Ihre sogenannten Kooperationslösungen führen dazu, dass die Moore durch Umbruch massenweise vernichtet werden. Die Methode hat die Kollegin Fritzen genannt.

Wir sprechen uns dafür aus, dass bei Prüfung von Anträgen auf Umbruch die Bodenqualitäten Eingang finden. Auf Mooren ist der Umbruch bereits heute verboten. Die Landesregierung hat aber kein gängiges exekutierbares Instrument zur Verfügung, dies tatsächlich zu verhindern.

Immer nur mit Tränen in den Augen zu sagen, wie toll die Moore sind und wie schützenswert sie sind, aber dann mit einem unscharfen Schwert für diesen Schutz zu sorgen, das machen wir Grüne nicht mit.

Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Rickers?

Nein, er erlaubt keine Zwischenfrage. - Dann erteile ich für einen weiteren Dreiminutenbeitrag zunächst Frau Abgeordneter Sandra Redmann das Wort.