Herr Kollege Dr. Habeck, ich würde mich freuen, wenn sich auch die Grünen als Mitantragsteller in dieser Frage und in dieser Weise gleich klar positionieren würden.
Der Landesregierung zu unterstellen, sie unterstütze dänische Dauerkontrollen an der Grenze, geht übrigens auch deswegen an der Sache vorbei, weil der Landesbetrieb für die A 7 in Auftragsverwaltung für den Bund handelt und die entsprechenden Bundesbehörden von Beginn an eingebunden waren. Ich finde den Umkehrschluss Ihrer Vorwürfe fast noch ein Stück bedenklicher. Liebe Kollegen von der Opposition, mit Ihren Vorwürfen unterstellen Sie unserem Nachbarland Dänemark, dass die permanenten Grenzkontrollen, über die wir heute reden, seit 2008 sozusagen von langer Hand vorbereitet wurden. Auch dies ist kein freundschaftlicher Umgang miteinander.
Sinn und Zweck dieser Anlagen soll es sein, eine effektive und vor allem sichere Stichprobenkontrolle des Zolls zu gewährleisten. „Sicher“ meint hier die Sicherheit für Zöllner und Autofahrer auf der Autobahn. Eine Diskussion über dauerhafte Grenzkontrollen hatte zu diesem Zeitpunkt - ich meine 2008 - wohl niemand in der dänischen Regierung geführt.
- Doch, doch. - Insofern ist es blanker Unsinn, der Landesregierung zu unterstellen, sie würde den verstärkten Grenzkontrollen durch die Aufstellung einer Verkehrsbeeinflussungsanlage Vorschub leisten.
Ich glaube, dieses Thema, zu dem im Grunde in der Diskussion im Mai schon alles gesagt wurde, eignet sich weder für den Wahlkampf noch dazu, die gu
ten Beziehungen zu unseren dänischen Nachbarn zu fördern. Genau das ist uns aber für die Zukunft wichtig. Es ist uns wichtig, gute Beziehungen und ein partnerschaftliches Miteinander zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark zu haben. Ich schlage vor, dass wir im Ausschuss über eine gemeinsame Fassung beraten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben erst im Mai über die geplanten Grenzkontrollen Dänemarks diskutiert. Wir sind uns fraktionsübergreifend einig gewesen, dass diese aus unserer Sicht nicht nur nicht nötig sind, sondern dass sie ein verheerendes Signal in Richtung Europa aussenden. Wir alle hier im Hohen Haus sind ohne Ausnahme zu dem übereinstimmenden Appell an Dänemark gekommen, von dem Vorhaben Abstand zu nehmen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Herr Kollege Dr. Stegner, ich bedauere, dass Sie, vielleicht aus verständlichen Gründen, weil Sie glauben, damit im Wahlkampf punkten zu können, diese Gemeinsamkeit im Hohen Haus heute aufgekündigt haben.
Das Schengener Abkommen symbolisiert den europäischen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Jugendliche wachsen heute ganz selbstverständlich mit der gewonnenen Mobilität über Staatsgrenzen hinweg auf. Dass dies nicht nur so ist, sondern dass dies auch von den Jugendlichen gelebt und gewünscht wird, zeigte ganz deutlich die Protestaktion unterschiedlicher Jugendorganisationen Schleswig-Holsteins und Dänemarks am 17. Juni dieses Jahres an der deutsch-dänischen Grenze in Kruså. Alle Jugendlichen, gleichgültig von welcher Organisation sie kamen, haben sich ohne Wenn und Aber dazu bekannt, dass sie sich ohne Grenzkontrollen bewegen wollen, dass dies für sie sehr wichtig ist und für sie zu einem gelebten Europa und zu einem Zusammenwachsen der Regionen dazugehört. Das ist das, was wir im Hinterkopf behalten müssen, wenn wir über permanente Grenzkontrollen sprechen. Ich bin froh, dass die Vielzahl der jungen Menschen deutlich gemacht hat, dass
sich die dänische Regierung mit ihrer Diskussion über permanenten Grenzkontrollen eigentlich rückwärts gewandt bewegt und nicht in die Zukunft Europas schaut.
Herr Kollege Dr. Stegner, Sie sind eigentlich zu intelligent, als dass Sie aus dem Wunsch heraus, die Landesregierung mit Rechtspopulisten in Europa in Verbindung zu bringen, solche Reden halten sollten, denn ich glaube nicht, dass unsere dänischen Nachbarn sehr erfreut darüber sind, dass die Welt von hier aus an Stegners Wesen genesen soll. Wenn jemand den Rechtspopulisten in Dänemark Vorschub leistet, dann sind Sie es mit Ihrer Anmaßung, den Nachbarn vorschreiben zu wollen, wie sie ihr Leben gestalten sollen. Sie sollten daran denken, dass sich die Dänen und auch andere in Europa fragen, ob sie dauernd von deutschen Politikern hören sollen, wie sie ihr Gemeinwesen organisieren sollen.
Wenn wir uns schon auf einem so grundsätzlichen Terrain bewegen, wie es der Kollege Dr. Stegner getan hat, dann möchte ich an Folgendes erinnern: Kern liberaler Europapolitik war es immer, deutsche und europäische Interessen in Einklang zu bringen. So haben insbesondere Hans-Dietrich Genscher und Helmut Kohl es verstanden, dass Deutschland nicht gegen, sondern nur mit Europa gewinnen kann. Für uns war Europa - und ist es noch immer - identitätsstiftend. Die europäische Integration ist unumstößlich mit dem Frieden in Europa verbunden. Seit Jahrzehnten setzen sich Politik und Bürger beiderseits der Grenzen für ein Zusammenwachsen der Grenzregionen ein. Mit der Entscheidung, sich von den offenen Grenzübergängen zu verabschieden, werden all diese Bemühungen auf einen Schlag konterkariert. Europa ist dann kein Raum der Freiheit. Schengen war mehr als nur ein Symbol. Die offenen Grenzen sind ein Gewinn für die europäische Einigung.
Europa ist auch ein Raum der Sicherheit. Zur Sicherheit gehört selbstverständlich dazu, dass die Bürger Europas in ihren Rechten geschützt werden. Deswegen sieht das Schengener Abkommen in Ausnahmefällen und für eine begrenzte Zeit Grenzkontrollen vor, wenn beispielsweise die nationale Sicherheit betroffen ist. Das Abkommen sieht aber auch stichprobenartige Kontrollen des Zolls im sogenannten Grenzhinterland und an der Grenze vor. Damit es dort nicht zu Verkehrsgefährdungen kommt, können entsprechende Ver
Herr Kollege Stegner, genau dies war die Verabredung von Dänemark und Deutschland im Jahr 2008. Darf ich Sie kurz daran erinnern, wer zum Zeitpunkt der dänischen Anfrage im Jahre 2007 Innenminister des Landes Schleswig-Holstein war? Genau Sie waren es, und weder Ihnen noch Ihrem Parteifreund Wolfgang Tiefensee, dem damaligen Bundesverkehrsminister, ist anscheinend der Gedanke gekommen, dass Ampelanlagen im Autobahngrenzübergang Ellund-Frøslev, die für zeitlich begrenzte Zollkontrollen benutzt werden, nicht schengenkonform wären. Diese Kontrollen gibt es übrigens auch an der Grenze zu Polen beziehungsweise zu Tschechien.
Man darf bei allem Unmut über die Entscheidung des Folketings nicht zwei verschiedene Entscheidungen miteinander vermengen. Da sind zum einen die geplanten permanenten Kontrollen von dänischer Seite aus, die auch die Europäische Kommission für nicht begründbar erachtet. Sie behält sich vor, Klage einzureichen. Zum anderen ist es das Anliegen Dänemarks aus dem Jahr 2008, eine Verkehrsanlage am Grenzübergang an der A 7 zu errichten. Die Vereinbarung zwischen Deutschland und Dänemark gilt für stichprobenartige Kontrollen. Sollte Dänemark die Verkehrsanlagen absprachewidrig für permanente Kontrollen nutzen, wird dies sicherlich Konsequenzen haben. Wir werden hier ganz genau hinsehen, denn als liberale Europapartei können wir in einem solchen Fall das Verhalten Dänemarks nicht einfach tolerieren.
Herr Dr. Stegner, ich sage an dieser Stelle zur Frage der Europarechtswidrigkeit auch: Hier sind nicht Sie berufen, sondern die dafür zuständigen Institutionen der Europäischen Kommission, auf die wir uns verlassen sollten, notfalls auch auf den Europäischen Gerichtshof. Wir sind eine Rechtsstaatpartei, und das schließt Maßnahmen, wie Sie sie in Ihrem Antrag fordern, schlicht und ergreifend aus.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, SPD und Grüne fordern in ihrem Antrag die Landesregierung auf, die bereits erteilte Genehmigung zurückzunehmen. Davor können wir nur warnen. Es ist nicht unser Verständnis davon, wie man mit Nachbarn und Freunden umzugehen hat. Wir haben bisher immer ein gutes Verhältnis zu unseren dänischen Nachbarn gehabt und sind ihnen freundschaftlich ver
bunden. So soll es auch bleiben. Es wäre ein fataler Affront gegen Dänemark, wenn wir ohne einen direkten Nachweis der Vertragsbrüchigkeit die Vereinbarung über die Bundsregierung aufkündigen würden. Kollege Stegner, es hat schon seinen Sinn, dass man beim Abschluss von Verträgen dem Vertragspartner vertraut und erst dann von einem Vertrag zurücktritt, wenn die Grundlage nicht mehr gegeben ist; wenn wir feststellen können, dass die Grundlage nicht mehr gegeben ist, und dies nicht nur - wie Sie es in Ihrer Rede getan haben - befürchten.
Allerdings muss eine freundschaftliche Beziehung auch kritische und besorgte Worte aushalten. Genau das tun wir mit unserem Antrag. Wir wollen im Gegensatz zu SPD und Grünen das Verhältnis zu Dänemark nicht dauerhaft beschädigen, sondern unser Unverständnis klar ausdrücken.
Die europaweite Diskussion über das Schengener Abkommen ist auch Ausdruck dessen, die Frage zu stellen: Quo vadis Europa? - Es ist für alle ersichtlich: Die Lage in Europa ist ernst. Die wirtschaftlichen und finanzpolitischen Turbulenzen strahlen in alle anderen Politikfelder hinein und bringen den Integrationsprozess der Union ins Stocken. Das Projekt Europa ist unter Beschuss. Der Angriff auf den Euro ist allgegenwärtig. Maßnahmen müssen ergriffen werden, um unsere gemeinsame Währung zu stabilisieren. Ein Auseinanderbrechen der Eurozone darf es nicht geben. Die gemeinsame Währung ist neben dem grenzfreien Schengen-Raum eine der größten Errungenschaften in Europa.
Aber auch der Raum der Freiheit ist unter Beschuss. Dänische Rechtspopulisten greifen unsere Freizügigkeit an. Gemeinsam haben wir unsere Kritik geäußert, gemeinsam müssen wir weiter für die unbeschränkte Reisefreiheit kämpfen; genauso wie wir gemeinsam für den Erhalt des Euro kämpfen müssen und kämpfen wollen. Kollege Stegner, wir wollen dies aber nicht durch Belehrungen und Besserwissereien gegenüber unseren europäischen Partnern, sondern durch Gespräche, Verständigung und Diskussion. Das müssten Sie eigentlich am besten wissen.
Ein interner Disput schwächt dabei unsere eigene Position und spielt den Rechtspopulisten in die Hände. Ich sage ausdrücklich: Auch hier darf das Thema nicht zum Wahlkampf missbraucht werden. Wir müssen zeigen, dass wir Europa gemeinsam weiterentwickeln wollen und auch weiterent
wickeln können. Nur gemeinsam können wir dafür sorgen, dass verlorenes Vertrauen in Europa und in seine Institutionen wieder entsteht. Unser Bekenntnis zu Europa und zu den europäischen Werten muss klar und eindeutig sein. In diesem Sinne denke ich, wir sollten versuchen, im Ausschuss eine gemeinsame Resolution hinzubekommen, die von dem abweicht, was der Kollege Dr. Stegner heute in seiner Rede erklärt hat.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Am 10. September dieses Jahres wird in Flensburg durch eine offizielle Feier der Idstedt-Löwe durch den dänischen Prinz Joakim an die Stadt Flensburg übergeben. Der Idstedt-Löwe stand früher für den Sieg der Dänen über die Deutschen in der Schlacht bei Idstedt 1850. Als die Flensburger Ratsversammlung vor über einem Jahr mit sehr großer Mehrheit von ganz links bis sehr konservativ für die Rückkehr des Löwen votierte, waren sich alle einig. Der Löwe soll als Symbol für das inzwischen friedliche und in vielen Punkten vorbildliche Zusammenleben in der Grenzregion neu interpretiert werden.
Das Grenzland und dessen deutsch-dänische Geschichte ist voller Symbole wie der Idstedt-Löwe. Nun kann man über recycelte Kriegsdenkmäler denken, was man will. Richtig ist aber, dass die Geschichte des Grenzlandes einen sehr positiven Verlauf genommen hat.
Um so erschreckender ist die Entwicklung, die durch Regierungshandeln in Schleswig-Holstein und auch in Dänemark in letzter Zeit befördert wurde. Die Grenzkontrollen beziehungsweise die Genehmigung zum Bau von Kontrollanlagen auf schleswig-holsteinischer Seite sind dafür ein Beispiel.
Doch um die Debatte über die Grenzkontrollen zu verstehen, lohnt es sich, etwas tiefer in die dänische Politik einzusteigen. Dänemark steht kurz vor Parlamentswahlen. Und wie immer brauchen die dänischen Rechtspopulisten ein Thema, um von ihren Misserfolgen in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik abzulenken.
Was in Kopenhagen zurzeit passiert, ist ein politischer Kuhhandel. Damit die dänischen Rechtspopulisten Rentenkürzungen zustimmen, werden im Norden unseres Landes wieder Grenzkontrollen eingeführt.
So war es immer in den letzten zehn Jahren in Dänemark: Sozialkürzungen im Tausch für Fremdenfeindlichkeit.
Ich habe mehrere Jahre in Dänemark gelebt und auch im dänischen Parlament, im Folketing, gearbeitet. Ich kann Ihnen sagen, dass dies das Erfolgsrezept der Dansk Folkeparti ist. Der Einfluss von rechtspopulistischen Parteien und Bewegungen ist kein spezifisch dänisches Problem. Rechtspopulistische Tendenzen gibt es in allen europäischen Ländern. Wie komplex eine politische Analyse und die Zusammenhänge zwischen Rechtspopulismus und politischer Gewalt ist, zeigen - darauf ist auch Herr Stegner eingegangen - auch die traurigen Ereignisse vom 22. Juli dieses Jahres in Norwegen.
Aber das Hauptproblem ist nicht, dass es in Dänemark eine rechtspopulistische Partei gibt, sondern dass diese in der Frage der Grenzkontrollen viel Unterstützung aus der Bevölkerung erfährt. Es muss Aufgabe von uns allen sein, Rechtspopulismus in die Schranke zu weisen und für offene Grenzen zu streiten.
Deshalb haben wir uns vor der Sommerpause einstimmig im Landtag von den Plänen der dänischen Regierung distanziert.
Sehr geehrte Mitglieder der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion, es sind Ihre Schwesterparteien in Dänemark, die jetzt wiederholt mit den Rechtspopulisten zusammenarbeiten.