Herr Präsident, Ihr Anliegen in allen Ehren, aber diese Art Wandel geht in die falsche Richtung. Er geht einige Jahrzehnte zurück. Er geht in die 80er. Arroganz der Macht, kann ich nur sagen.
Die Zeiten der Gestaltung, selbstverständlich mit Oppositionsgespräch, wie sie Ihre Vorgängerinnen mit Ihnen pflegten, Herr Minister, sind vorbei. Da der Minister auch keine Runden Tische einrichtet, wie schon bei den Hebammen oder der Hospizbewegung oder der Palliativmedizin, werden wir als SPD-Fraktion weiterhin die Runden Tische einrichten, werden wir in unseren Fraktionssälen die Kompetenz versammeln. Wir nehmen unsere Rolle als Volksvertreter ernst. Wir werden die Psychiatrieplanung weiter vorantreiben und die neuen Anregungen aufgreifen.
Von CDU und FDP erwarten die betroffenen Menschen in unserem Land nicht mehr viel. Im Ausschuss schweigen Sie zu sechs Monaten Wartezeit auf Psychotherapie. Sie schweigen zu den jetzt notwendigen Anpassungen an die UN-Behindertenrechtskonvention. Sie schweigen zu Zielaussagen für offene Hilfen, Personenzentrierung, Gemeindenähe und kreisübergreifende Koordinierung. Sie schweigen zu der Verantwortung des Landes beim Übergang von Maßregelvollzug und Forensik in das komplementäre Hilfesystem. Sie schweigen zu Änderungen in den Sozialgesetzbüchern II, V, VII, IX und XI, die Anpassungen erforderlich machen.
Sie schweigen zur zunehmend desolaten Situation der gerontopsychiatrischen Versorgung. Sie schweigen zu geforderten verbindlichen Leitlinien und Rahmenbedingungen der Entwicklung der psychiatrischen Versorgung in Schleswig-Holstein.
Bis zum 6. Mai 2012 werden wir den Dialog auch in der Psychiatrieplanung jedenfalls weit vorangebracht haben.
Ich komme zum Schluss. - Nicht nur die Menschen mit psychischen Belastungen, Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen erwarten neue Rahmen und Lösungen. Wir Sozialdemokraten nehmen unseren Auftrag ernst, Herr Präsident - versprochen!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geschätzter Herr Kollege Heinemann, die von Ihnen vorgetragene Kritik an der nicht ausführlich geführten Debatte im Sozialausschuss nehme ich so zur Kenntnis. Ich möchte aber Ihren Vorwurf, die Regierungsfraktionen bügelten Oppositionsanträge einfach ab, so nicht im Raum stehen lassen. Ich gebe zu: In der Sitzung war ich auch ein wenig überrascht, dass wir so schnell zum Abstimmungsverfahren kamen, ohne dass vom Antragsteller eine weitergehende Debatte forciert worden ist.
Wenn ich mich recht entsinne, kam dieser Hinweis auf Abstimmung in der Sache auch von der linken Seite, vom Vorsitzenden aus gesehen. Aber das ist, wie gesagt, eine Frage der Wahrnehmung.
Was mich, ehrlich gesagt, jetzt ärgert, ist, dass Sie jetzt hier im Plenum darüber lamentieren. Das ist weder der Sache dienlich noch interessiert es die Öffentlichkeit. Im Gegenteil, es führt genau zu der Politikverdrossenheit, die meine Kollegin BrandHückstädt gestern hier ausgeführt hat.
Meine Damen und Herren, als Liberale ist es für mich aber selbstverständlich, den Ball des Kollegen Heinemann aufzunehmen. Ich erkläre gern hier an dieser Stelle, warum wir dem Antrag der SPD, Drucksache 17/894, nicht zustimmen können. Aus
unserer Sicht ist der Antrag der SPD geprägt von der Vorstellung: der Staat kann alles, macht alles, muss alles, und er kann auch alles kontrollieren. Er widerspricht damit der in weiten Bereichen praktizierten Philosophie der Selbstbestimmung, der Selbstverantwortung der Hilfeanbieter, dem Wechselspiel zwischen Kostenträgern und Leistungserbringern.
Wie ich bereits in der Plenarberatung im November 2010 dargestellt habe, hat der Antrag des Kollegen Heinemann eher den Charakter einer Großen Anfrage. Auf mehreren Seiten wird eine Fülle von Fragen mit liebevollen Details gestellt, aber letztlich werden wenig konkrete Problemstellungen benannt. Wir kennen die Klagen über fehlende Angebote. Hinsichtlich der Anpassung psychiatrischer Praxen ist es aber wie mit dem Wetter: Es gibt ein gefühltes und ein tatsächliches. Gefühlt sind es zu wenig, und tatsächlich ist es nach der alten Planung ausreichend. Völlig undurchsichtig ist aber nach der alten Planung, ob eine Praxis in Vollzeit oder in Teilzeit geführt wird. Da in diesem Bereich viele Weibliche tätig sind, gibt es die kuriose Situation, auch im Kreis Stormarn: Theoretisch haben wir eine Überversorgung, de facto haben wir aber nur 50 %. Somit war für CDU und FDP hier durchaus Klärungsbedarf erkennbar.
Ich habe auch angemerkt, die Veränderung in der psychiatrischen Versorgung durch die Kommunalisierung sowie die angestrebte Veränderung der Bedarfsplanung mit zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang habe ich auch eine Frage zum Kosten-Nutzen-Verhältnis bei der eventuellen Umsetzung einer fünfjährigen Fortschreibung des Psychiatrieplans aufgeworden. Ich muss mich ganz deutlich gegen Bürokratisierung aussprechen. Es ist ein eklatanter Widerspruch, dem Sozialministerium einerseits einen strengen Sparkurs und Personalabbau aufzuerlegen und es zum anderen mit zusätzlichen Aufgaben zu belasten.
Meine Damen und Herren, aus der schriftlichen Anhörung war für uns erkennbar, dass eine Fortschreibung des Psychiatrieplans nicht das Instrument zur Verbesserung einer psychiatrischen Versorgung im Land ist. Ich zitiere hier beispielhaft die Krankenhausgesellschaft. Der Psychiatrieplan stellt jedoch keine verbindliche Vorgabe zur Gestaltung der vorhandenen oder neuer Versorgungsstrukturen dar. Damit ist auch die Ausgestaltung eines solchen Psychiatrieplans ein eher programmatisches Dokument. Es kann lediglich den status quo einschließlich der vorhandenen Versorgungsdefizite aufzeigen.
Auch der Städteverband erklärt: Das Land hat sich in weiten Bereichen aus der Psychiatrieplanung zurückgezogen, insbesondere mit der Kommunalisierung der Eingliederungshilfe. Der Städteverband versichert für die Städte, dass diese im Rahmen ihrer gesetzlichen Befugnisse und ihrer finanziellen Gestaltungsmöglichkeiten bereits eine regional orientierte Planung psychiatrischer Versorgungsstrukturen betreiben.
Der Landkreistag ergänzt hierzu: Es ist nicht mehr Aufgabe des Landes Schleswig-Holstein, den örtlichen Trägern der Sozialhilfe im Rahmen des Plans Vorgaben zu machen.
Nein, ich möchte den Vortrag jetzt zu Ende bringen. - Die KVSH votiert für eine sektorenübergreifende Versorgungsplanung, verweist auf ihre Bemühungen, einem Arztmangel explizit im Bereich der Psychiatrie entgegenzuwirken.
Aus unserer Sicht ist der Psychiatrieplans 2000 in seinen Grundaussagen immer noch gültig. Die Psychiatrieplanung wurde im Krankenhausbereich gerade mit dem Krankenhausplan neu verabschiedet.
Aus unserer Sicht ist das einzige Instrument, eine ausreichende Versorgung zu planen und sicherzustellen, eine angepasste Bedarfsplanung. Die schwarz-gelbe Bundesregierung führt hierzu eine Reform des Versorgungsgesetzes zum Januar 2012 durch. Sobald die Richtlinien erarbeitet sind, kann die KVSH im Rahmen der Selbstverwaltung agieren. Dazu gehört dann in erster Linie, die tatsächliche Versorgungssituation zu analysieren. Aber das ist, wie gesagt, eine Aufgabe der Selbstverwaltung.
Meine Damen und Herren, alle anderen Aspekte, die in der Anhörung von Kammern und Verbänden vorgebracht worden sind, sind nicht mit einem Landespsychiatrieplan zu lösen. Ich bin der Meinung, darüber sollten die Akteure miteinander sprechen.
Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir nehmen das Angebot gern an. Wenn ich das gerade richtig verstanden habe, ist von der CDU-Fraktion signalisiert worden, dass weitere Gespräche durchaus möglich wären. Ich hatte das im Sozialausschuss anders verstanden. Ich hatte in Erinnerung - das können wir gern noch einmal nachgucken -, dass der Kollege Heinemann von der SPD eine zusätzliche mündliche Anhörung beantragt hatte und dass das nicht auf Zustimmung gestoßen ist. Wenn sich das geändert hat, freut mich das sehr. Dann sollten wir aber jetzt am Ende der Debatte den Antrag in den Sozialausschuss zurücküberweisen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, „Arbeiten bis der Arzt oder die Ärztin kommt“ ist zur Volkskrankheit geworden.
Danke. - Ich möchte aufgreifen, was Sie eben noch einmal zu einer weiteren Anhörung nachgefragt haben. Können Sie mir bitte erläutern, was Sie sich von einer weiteren mündlichen Anhörung anderes erwarten als das, was aus einer schriftlichen Anhörung hervorgeht?
- Kann ich gern machen; ich unterstütze das ja, was der Kollege Heinemann gesagt hat. Mir wäre sehr daran gelegen, dass der Professor Arno Deister einmal dazu eingeladen würde, damit der Sozialausschuss seine zusätzlichen Empfehlungen aus fachlicher Sicht bei der weiteren Beurteilung mitberücksichtigen kann.
Vielen Dank. Frau Kollegin Bohn, stimmen Sie mir zu, dass bei einer mündlichen Anhörung auch der Dialog der Sache dienlich ist?
- Vielen Dank für die Frage, Frau Kollegin Spoorendonk. Ich stimme dem absolut zu. Es ist genau so, wie Sie es sagen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, „Arbeiten bis der Arzt oder die Ärztin kommt“ ist zur Volkskrankheit geworden. Burnout und Depressionen haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Das gilt auch für andere psychische Erkrankungen. Die Fachleute im Gesundheitswesen sind sich einig, dass die Versorgungsstrukturen in Schleswig-Holstein dringend angepasst werden müssen. Ich zitiere Professor Dr. Arno Deister, Umdruck 17/2537: „Psychische Störungen gehören zu den Erkrankungen, die zunehmend häufiger verantwortlich sind für Arbeitsunfähigkeit, Krankenhausaufenthalte und frühzeitige Berentungen.“
Wichtig ist eine Verbindung der Qualität der Versorgung mit den verfügbaren Möglichkeiten, was zum Beispiel das Personal angeht. Diese Einschätzung wird allgemein in der Fachwelt geteilt. Daher ist die Fortschreibung des Psychiatrieplans sinnvoll und erforderlich. Aber einmal mehr verpasst die Landesregierung die Gelegenheit, wichtige gesundheitspolitische Weichen zu stellen. Das ist bedauerlich.
Wir Grünen sehen erheblichen Handlungsbedarf gerade auch in den Bereichen der Kinder- und Jugendpsychotherapie und bei gerontopsychiatrischen Patientinnen und Patienten. Den Antrag der SPD ohne Alternative abzulehnen, ist ein großer Fehler. Es zeigt einmal mehr, dass die Landesregierung nicht auf die Fachwelt hört und die Zeichen der Zeit völlig unterschätzt. Das ist bedauerlich für alle Beteiligten. Wichtig ist eine Stärkung der Prävention. Je mehr psychische Erkrankungen wir verhindern, desto besser ist es für alle Beteiligten.
Wichtig ist eine Verkürzung der Wartezeiten bis zum Beginn einer Behandlung. Je früher eine Therapie beginnt, desto besser ist das Ergebnis; auch darauf ist vorhin schon hingewiesen worden. Wichtig ist uns Grünen auch, weiter auf eine regionale Planung zu setzen. Möglichst wohnortnah, wann immer es geht ambulant vor stationär, das ist die richtige Devise.