Protocol of the Session on February 23, 2011

Ich will Ihnen ganz deutlich sagen, dass ich es richtig finde, dass man zunächst versucht, dieses Problem über die Tarifpartner zu lösen. Ich appelliere nicht nur, sondern ich erwarte, dass die Tarifpartner das Problem am Ende lösen. Andernfalls kommt die Politik gar nicht darum herum, es zu lösen. Dann spielt der Vorschlag, der sich auf eine maximale Übergangszeit von drei Monate bezieht, wieder eine entscheidende Rolle.

Sie sehen, Schleswig-Holstein hat sehr wohl Einfluss. Sonst wären in dem Kompromiss ganz andere Zahlen enthalten.

(Beifall bei FDP und CDU)

Die Redezeit des Ministers wurde um zweieinhalb Minuten überschritten. Sie stehen allen Fraktionen zur Verfügung.

Ich rufe jetzt die Dreiminutenbeiträge auf. Herr Abgeordneter Heinz-Werner Jezewski hat das Wort.

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Um es vorwegzuschicken: Wenn jemand ein Gesetz verabschiedet und eine Meinung hat und sich diese Meinung innerhalb von zwei, drei, fünf oder zehn Jahren ändert, dann bezeichne ich so etwas als lernfähig und klug.

(Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Oh!)

Nur der Dumme ändert seine Meinung nicht. Wenn jemand das allerdings anderen vorwirft, bezeichne ich das nicht automatisch als dumm, sondern als politische Taktik, die viel zu leicht zu durchschauen

(Minister Dr. Heiner Garg)

ist, nicht nur hier im Haus, sondern auch in der Öffentlichkeit. Vielleicht sollte man einmal darüber nachdenken.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Vorhin haben wir hier gestanden und über CCS geredet, und von allen Oppositionsfraktionen ist anerkannt worden, dass innerhalb der Regierungsfraktionen ein Meinungsumschwung stattgefunden hat. Der wird Ihnen auch abgenommen. Wir glauben Ihnen das auch. Wir werfen Ihnen das nicht vor, sondern wir finden es richtig. Das ist ein Stück weit guter politischer Stil.

Das andere, was mir allerdings auffällt, ist, dass in dem CDU-Antrag noch ein redaktioneller Fehler ist. Dort steht, „dass auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus ausländischen Zeitarbeitsunternehmen so bezahlt werden müssen wie vergleichbare Arbeitskräfte im entleihenden Betrieb.“ Ich gehe davon aus, dass damit sicher der ausleihende Betrieb gemeint ist, weil der entleihende Betrieb ja die Leiharbeitsfirma ist, aus der alle Leiharbeiter kommen.

(Zuruf von der SPD)

Mich interessiert ein zweiter Punkt. Ich gestehe den Regierungsfraktionen auch in dieser Sache einen Meinungsumschwung zu. Hätte ich vor einem Jahr einen solchen Antrag gesehen, hätte ich gesagt: Das ist ein Aprilscherz mit falschem Datum. Jetzt ist er da. Ich würde über diesen Antrag gern weiter diskutieren, weil ich zum letzten Absatz noch eine Frage habe. Dort steht: „Außerdem spricht sich der Landtag auch für verbindliche Lohnuntergrenzen bei der Zeitarbeit aus.“ Warum bei der Zeitarbeit? Wir wären schon ein ganzes Stück weiter und könnten auch viel besser miteinander verhandeln, wenn da stehen würde: „Außerdem spricht sich der Landtag auch für verbindliche Lohnuntergrenzen … aus.“ Wenn Sie mit gutem Grund erklären können, warum bei der Zeitarbeit und nicht in anderen Branchen, dann bin ich gern bereit, mit Ihnen darüber zu diskutieren.

(Johannes Callsen [CDU]: Sie haben doch einen Antrag gestellt! - Christopher Vogt [FDP]: Wie kommen wir nur auf die Zeitar- beit?)

Für einen weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Ulrich Schippels das Wort.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Erst kommt das Original, dann das Plagiat!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich gehe jetzt gar nicht auf die Erklärung der Regierung ein, weil ich dann drei Minuten sprachlos hier stehen müsste. Das wollen wir uns allen ersparen. Ich möchte auf zwei Aspekte eingehen. Der erste ist unser Antrag. Ich möchte das Missverständnis, das leider von Herrn Baasch formuliert wurde, aus dem Weg räumen, unser Antrag sei ein fauler Kompromiss. Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben die Forderungen des DGB sogar noch ein bisschen erhöht, indem wir gesagt haben, wir wollen den Flexibilitätszuschlag von 10 %. Wir wollen auch Leiharbeit vom ersten Tag an gut bezahlen, nicht erst nach vier Wochen, nicht erst nach drei Monaten, nicht erst nach vier Monaten. Wir wollen gleichen Lohn für gleiche Arbeit, vom ersten Tag an, und den 10-prozentigen Zuschuss.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist kein fauler Kompromiss, sondern das ist ein Antrag, der diesem Haus ganz gut zu Gesicht stehen würde.

Als Zweites sage ich: Ich habe mir den Antrag der CDU noch einmal durchlesen müssen und bin auch über den „entleihenden Betrieb“ gestolpert. Inzwischen habe ich verstanden, was Sie da machen. Sie diskutieren gar nicht das Verhältnis von Stammbelegschaft zu Leiharbeit. Das machen Sie in diesem ganzen Antrag nicht, außer, Sie würden mir das jetzt noch einmal erklären. Sie sagen einfach: Wir wollen gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Jetzt zitiere ich einmal aus Ihrem Antrag:

„Dieser gewährleistet, dass auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus ausländischen Zeitarbeitsunternehmen“

- aus ausländischen Zeitarbeitsunternehmen!

„so bezahlt werden müssen wie vergleichbare Arbeitskräfte“

- das sind ja dann auch Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter

„im entleihenden Betrieb.“

Das ist schon eine kleine Irreführung beziehungsweise sollten Sie einmal sagen, wie Sie das meinen. Mit Ihrem Änderungsantrag greifen Sie gar nicht die Problematik Leiharbeit als solche auf, sondern nur das Verhältnis ausländische Leiharbeitsfirma zu einheimischen Leiharbeitsfirmen. Ich wün

(Heinz-Werner Jezewski)

sche mir da etwas mehr Seriosität. Sie können das ja noch einmal aufklären oder richtigstellen, damit ich das auch verstehe. Bitte stellen Sie mir das noch einmal dar.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den anderen Oppositionsfraktionen, ich respektiere, dass sich auch die Positionen wandeln, manchmal nicht so schnell, wie wir es wollen, aber sie wandeln sich. Gucken Sie sich unseren Antrag noch einmal genauer an. Das ist kein fauler Kompromiss, sondern er ist eine Grundlage, auf die wir uns verständigen könnten.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf des Abge- ordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU])

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Ralf Stegner das Wort.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sozialdemokraten haben seinerzeit gemeinsam mit den Gewerkschaften gesagt, die Flexibilisierung bei Leih- und Zeitarbeit könnte ein Weg sein, erstens Produktionsspitzen überwinden zu helfen und zweitens den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Das war gemeinsame Überzeugung. Es hat sich herausgestellt, dass dabei etwas anderes herausgekommen ist, nämlich dass Unternehmen das massiv missbraucht und reguläre Beschäftigungsverhältnisse in prekäre verwandelt haben. Das war weder unsere Absicht, noch kann man das zulassen. Deswegen muss man die Gesetze ändern. Das ist der Teil, den man schlichtweg feststellen muss.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Sehr verehrter Herr Sozialminister Dr. Garg, eines muss ich schon sagen: Sie stellen sich hier hin und tun so, als habe ausgerechnet die FDP an der Seite der Gewerkschaften gestanden. Das erinnert die Öffentlichkeit ganz anders. Ihr Bundesvorsitzender Dr. Westerwelle hat formuliert, unser Standortproblem in Deutschland seien die deutschen Gewerkschaften. Das war die Position der FDP.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erinnere mich sehr genau. Damals im Vermittlungsausschuss konnte keine Schikane zu gering sein, als dass die FDP sie nicht in das Vermittlungsverfahren eingeführt hätte, was Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angeht. Wirklich keine!

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Was den Vermittlungsausschuss 2011 angeht - wir reden gerade über Hartz IV -, erinnere ich mich daran, dass Ihre Position war zu sagen, das Gesetz von Frau von der Leyen sei doch prima, man könne das einfach so beschließen. Alle Verbesserungen daran sind in dem Vermittlungsverfahren durch Sozialdemokraten und Grüne hineingekommen.

(Widerspruch bei CDU und FDP)

Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Unser zu Guttenberg ist Dr. Garg, der sich hier als Plagiat eines Gewerkschafts- und Arbeitnehmerfreundes geriert. Aber in Wirklichkeit ist das Hohn und Spott. Das wissen Sie genau. Deswegen beantworten Sie auch keine Fragen.

(Anhaltender Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Christopher Vogt [FDP]: Und Sie sind Seehofer!)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich der Frau Abgeordneten Monika Heinold das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte etwas zum Pairing sagen, weil das immer wieder Gegenstand der Debatte ist und auch der Sozialminister etwas dazu gesagt hat. Meine Fraktion hat am Anfang der Legislaturperiode ein sehr großzügiges Angebot für das Pairing für Krankheit, aber auch für notwendige Abwesenheit der Regierung, wenn Regierungsmitglieder beispielsweise im Bundesrat sind, gemacht. Wir haben das gemacht, obwohl schon am Wahltag erkennbar war, dass dieses Wahlergebnis angefochten wird, weil die Zweitstimmen nicht durch die Mehrheit im Landtag widergespiegelt werden. Trotzdem haben wir das gemacht.

Dann gab es das Urteil des Landesverfassungsgerichts, das sehr klar gesagt hat, dass dieses Parlament nicht die gewollte Mehrheit widerspiegelt und

(Ulrich Schippels)

es die Mehrheit hier nur aufgrund eines nicht verfassungskonformen Wahlgesetzes gibt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch in dieser Situation haben wir das Pairing nicht vollständig aufgekündigt, sondern wir haben gesagt: Im Krankheitsfall zählt es selbstverständlich. Auch in dieser Sitzung ist es so, dass wir uns für zwei kranke CDU-Abgeordnete - damit sie nicht herreisen müssen - wieder enthalten, sollte es bei einer Abstimmung darauf ankommen.