Protocol of the Session on January 28, 2011

hörden werden dann von der neuen Regierung angewiesen, alle Genehmigungen zu versagen. Dann verstopfen die Zwischenlager, und die Atomkraftwerke müssen den Betrieb einstellen. Das ist sozusagen Ausstieg light, Ausstieg à la links. Das sagt genauso viel über Ihre Regierungsfähigkeit wie über Ihre Tauglichkeit Ihrer Bemühungen, aus dem Atomprogramm auszusteigen. Also nicht durchdacht, meine lieben LINKEN!

Punkt zwei des Antrags beschreibt die Feststellung - das hat der Vertreter der FDP schon richtig gesagt -, die kaum ein Mensch ernsthaft infrage stellen kann. Die Gefahren der Atomenergie machen vor nationalen Grenzen nicht halt. Der Umgang mit Atommüll ist weder national noch international geklärt. Beide Aussagen haben seit mindestens 40 Jahren Bestand. Die Frage stellt sich also: Wo ist die neue Botschaft? Oder: Es ist alles gesagt, nur noch nicht von der LINKEN.

Wir haben es nicht gewollt, aber es sind in Schleswig-Holstein drei Atomkraftwerke gebaut und in Betrieb gegangen. Es wird also unweigerlich zu Transporten kommen. Irgendwann wird es auch ein Endlager geben müssen.

Der Salzstock Gorleben ist aus unserer Sicht ungeeignet. CDU/CSU und FDP haben mit der Laufzeitverlängerung für 6.000 t Schwermetall für zusätzlichen Atommüll gesorgt. Das ist angesichts der ungeklärten Entsorgungsfrage unverantwortlich.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Die stillgelegten AKWs - alle werden über kurz oder lang stillgelegt - bleiben ja nicht in der Gegend stehen und strahlen vor sich hin; diese AKWs werden nach einer sicheren Einschlussphase irgendwann demontiert werden, und Tausende von Tonnen verstrahlter Beton und Stahl werden transportiert werden. Das zu ignorieren, ist bequem. Politischer Gestaltungswille sieht anders aus. Es ist nicht durchdacht, liebe LINKE. Bis alle Brennelemente endgelagert sind und alle AKWs demontiert sind, wird es Tausende von Transporte schwach, mittel und auch hoch radioaktive Materialien geben, auch durch Schleswig-Holstein.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Kommen Sie bitte zum Schluss.

(Detlef Matthiessen)

Ja. - Jede Regierung, gleich welcher Farbe, wird mit diesen finsteren Hinterlassenschaften umgehen müssen. Der Antrag der LINKEN jedoch mag gut gemeint sein, ist jedoch nicht zu Ende gedacht und daher abzulehnen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Für den SSW erteile ich nunmehr dem Herrn Kollegen Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Atomgesetz ist in Beton gegossen und schützt eher die Betreiber als die Bevölkerung. Solange Schwarz-Gelb schützend die Hand über das Atomgesetz halten, wird es keine Änderung des Gesetzes dahin gehend geben, dass die Ländern in irgendeiner Form Einfluss nehmen können. Ein aktuelles Beispiel ist die Laufzeitverlängerung, bei der das Gesetz so gestrickt wurde, dass der Bundesrat umgangen werden konnte. Das soll uns aber nicht daran hindern, uns weiter für eine Stärkung der Länderrechte im Atomgesetz einzusetzen. Wenn es nun - wie im vorliegenden Antrag - darum gehen soll, dass die Länder Einfluss auf die Genehmigung von Castor-Transporten erhalten sollen, können wir diese Forderung prinzipiell unterstützen.

Es ist ersichtlich, dass die Endlagerung von atomaren Hinterlassenschaften eine der größten und schwierigsten Aufgaben im Bereich der Abfallentsorgung ist. Es müssen lebensgefährliche Stoffe entsorgt werden, die über eine Million Jahre hinweg isoliert eingelagert werden müssen. Das ist ein unglaublicher Zeitraum, der für einen normalen Menschen in keinster Weise überschaubar ist. Politisch lässt sich daher feststellen, dass der Einstieg in die Kernenergie eine der größten, wenn nicht sogar die größte politische Fehlentscheidung in der Geschichte der Bundesrepublik war.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese Fehlentscheidung müssen Tausende und Zehntausende von Generationen ausbaden. So sehr wir dies bedauern, so steht doch fest, dass wir das Problem mit dem Atommüll haben, und wegen der Laufzeitverlängerung wird die Menge an verstrahltem Müll weiter zunehmen. Eine Lösung des

Problems in der Frage, wo wir mit dem Atommüll abbleiben sollen, ist derzeit nicht absehbar. Richtig ist, dass wir dafür ein sicheres Endlager benötigen. Eine Entsorgung des Mülls im Ausland darf es nicht geben. Richtig ist aber auch: Eine wie auch immer geartete Entscheidung für ein Endlager wird die Menschen in der jeweiligen Region besonders hart treffen. Es gibt allerdings auch keine Alternative zu einem Endlager. Hier müssen wir leider für politische Fehler vergangener Regierungen einstehen.

Für Schleswig-Holstein und seine Meiler gilt, dass sie derzeit als Zwischenlager für ihren Atommüll dienen. Hierfür wurde ihnen 2003 eine auf 40 Jahre befristete Genehmigung erteilt; in der Hoffnung, bis dahin endlich die Frage geklärt zu haben, wo das nationale Endlager für Atommüll sein soll. Damit wird zum Beispiel auch Brunsbüttel als Zwischenlager genutzt. Wir wissen, dass gerade der Meiler in Brunsbüttel nicht die modernen technischen Standards oder Sicherheitsstandards erfüllt. Damit hätte zum Beispiel auch ein terroristischer Anschlag oder ein Sabotageakt gegen den Meiler verheerende Folgen. Dies gilt auch für das Zwischenlager in Brunsbüttel. Daher halten wir es für unzumutbar, dass Brunsbüttel - ebenso wie andere Meiler - überhaupt als Zwischenlager genutzt werden darf.

Aus diesem Grund erachten wir es als dringend notwendig, dass die Castoren aus dem AKW Brunsbüttel entfernt werden. Eben aus diesem Grund können wir dem Antrag der Linken nicht zustimmen. Es muss weiterhin möglich sein, Atomtransporte auf schleswig-holsteinischem Gebiet durchzuführen. Der Grund dafür ist nicht, dass wir die Atomenergie befürworten, sondern dass die Anlagen leider auf einer gültigen rechtlichen Grundlage betrieben werden. Das heißt, nach geltendem Recht dürfen die Anlagen betrieben werden. Daher muss der Atomabfall auch abtransportiert werden können. Unser Ziel ist der Ausstieg aus der Atomenergie, aber nicht der Ausstieg aus dem Rechtsstaat. Daran muss man sich halten können.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Schmalfuß das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach geltendem Atomrecht werden Transporte von Kernbrennstoffen nicht von den Ländern, sondern vom Bundesamt für Strahlenschutz genehmigt, das ist bereits mehrfach gesagt worden. So sieht es ausdrücklich § 23 Abs. 1 Nr. 3 des Atomgesetzes vor. Mit dem vorliegenden Antrag wird die Landesregierung zunächst aufgefordert, sich dafür einzusetzen, den Ländern im Atomgesetz maßgeblichen Enfluss auf die Genehmigung nuklearer Transporte einzuräumen. Begründet wird diese Forderung nicht. Mir ist auch nichts darüber bekannt, dass die Genehmigungspraxis des Bundesamtes für Strahlenschutz in irgendeiner Weise zu beanstanden sei. Die zuständigen Aufsichtsbehörden in Schleswig-Holstein werden üblicherweise rechtzeitig und vollständlich über die Transportdaten informiert. Ich sehe deshalb keinen Anlass, etwas an den Zuständigkeiten ändern zu wollen.

Ich komme nun zu der Formulierung aus dem Antrag, dass der Umgang mit Atommüll weder national noch international geklärt sei. Das ist in dieser Absolutheit nicht ganz richtig, wie Sie wissen. An jedem Kernkraftstandort in Deutschland befinden sich Zwischenlager, in die abgebrannte Brennelemente nach ihrem Einsatz im Leistungsbetrieb verbracht werden. Das ist der Umgang mit Kernbrennstoffen, der in dieser Form auch gesetzlich geregelt ist. Zutreffend ist allerdings die Feststellung, dass es für Kernbrennstoffe immer noch kein nukleares Endlager gibt; in Deutschland nicht und darüber hinaus in der ganzen Welt nicht. Das ist bedauerlich. Insofern ist die Kritik für mich auch nicht ganz abwegig, wenn manche sagen, es gehe hier um Flugzeuge, für die es eine Starterlaubnis gegeben hat, ohne dass es eine Landebahn für sie gibt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Runter kommen sie alle!)

Das ist ein Zustand, der in absehbarer Zeit geändert werden muss. Wie Ihnen bekannt ist, gibt es hierzu auch Bemühungen. Dass die Bundesregierung zunächst den Standort Gorleben weiter erkundet und dass vorerst keine weiteren Standorte vorgeschlagen sind, mag man kritisieren. Soweit die Kritik aber vonseiten derjenigen kommt, die in den vergangenen zehn Jahren außer einem Gorleben-Moratorium kaum etwas vorangebracht haben, ist das für mich nicht überzeugend.

(Beifall bei FDP und CDU)

Die Bundesregierung hat zugesichert, dass in Gorleben ergebnisoffen weiter erkundet wird. Ich finde es sehr wichtig, dass Minister Röttgen angekündigt hat, dass bei der Expertenauswahl und bei der Ausarbeitung des weiteren Programms in Gorleben auch Bürgergruppen beteiligt werden sollen.

Herr Minister -

Lassen Sie mich bitte den Satz zu Ende sagen. Nur durch Transparenz und durch die Beteiligung von Bürgergruppen wird man auch Vertrauen gewinnen können.

(Beifall bei FDP und CDU)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Matthiessen?

Ja, gern.

Herr Minister, Sie sprachen nur die Aussetzung der Untersuchungen in Gorleben an. Sind Ihnen die Arbeiten und die Ergebnisse des Arbeitskreises AkEnd unter Rot-Grün bekannt? - Sind die Ergebnisse des AkEnd für Sie richtungweisend? - Ja oder Nein?

- Nein, sie sind nicht richtungweisend. Es ist nichts dabei herausgekommen, und ich denke, wir werden weiter schauen müssen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich will noch eines dazu sagen: Wo auch immer das Endlager eines Tages entstehen wird; es steht jetzt schon fest, dass die abgebrannten Brennelemente aus den Zwischenlagern dorthin transportiert werden müssen. Wollen Sie das per Atomgesetz verbieten? - Wollen Sie das Zwischenlager also für immer behalten? - Das kann ich mir nicht vorstellen. So viel zur Entsorgung.

Ich komme nun zu der Versorgung der Kernkraftwerke mit neuen Brennstoffen. Man mag zur Verlängerung der Restlaufzeiten stehen, wie man

will. Respektieren muss man das Atomgesetz aber so, wie man die anderen Gesetze auch respektieren muss. Wenn also ein Kraftwerksbetreiber über eine gültige Betriebsgenehmigung verfügt, dann kann man nicht durch das gleiche Atomgesetz, auf dem diese Genehmigung beruht, ein Verbot des Transports neuer Elemente verfügen. Das wäre so, als würde die Straßenverkehrsbehörde die Betriebserlaubnis für ein Kraftfahrzeug erteilen, gleichzeitig aber dem Halter verbieten, zu tanken. Ein solches Vorgehen wäre widersprüchlich und würde vor Gericht nicht bestehen.

Meine Damen und Herren, mein Fazit lautet: Wer eine gesetzliche Regelung ändern will, der muss hierfür inhaltlich und rechtlich geeignete Vorschläge machen. Das ist bei diesem Antrag nicht der Fall.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir abschließend noch einige richtigstellende Worte zur heutigen Berichterstattung der „Lübecker Nachrichten“. Die Zeitung behauptet fälschlicherweise, dass ich in der Landtagsdebatte über die Berechtigung zum Leistungsbetrieb für das Kernkraftwerk Brunsbüttel am Mittwoch die Möglichkeit der Übertragung der Restlaufzeit von Brunsbüttel auf den Reaktor Krümmel ausdrücklich angeregt habe. Diese Darstellung ist falsch.

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Jens-Christian Magnussen [CDU] und Tho- mas Rother [SPD])

Wie Sie sich erinnern, habe ich im Zusammenhang mit Brunsbüttel generell die Möglichkeit der Kernkraftwerkbetreiber, Strommengen älterer Anlagen auf jüngere Anlagen zu übertragen, angesprochen. Damit habe ich in die Diskussion eingegriffen, das Kernkraftwerk Brunsbüttel nicht wieder in Betrieb zu nehmen. Der Name Krümmel ist dabei von mir in keiner Weise erwähnt worden. Es kommen mehrere Atomkraftwerke in Betracht. Meine Rede ist in vollem Wortlaut als Pressemitteilung verteilt worden. Ich finde es bedauerlich, dass die „Lübecker Nachrichten“ im Fall dieser Berichterstattung ihrer journalistischen Sorgfaltspflicht gerade bei einem so sensiblen Thema nicht nachkommen. Die Menschen im Land haben ein Recht auf korrekte Information.

(Beifall bei FDP und CDU)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht, wir kommen zur Abstimmung.

Es ist Abstimmung in der Sache beantragt worden. Ich lasse über den Antrag Drucksache 17/1092 in der Sache abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag bei Gegenstimmen der LINKEN mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren, wir kommen zu den Tagesordnungspunkten ohne Aussprache.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 36 auf:

Erhalt des Landesförderzentrums Sprache in Wentorf

Antrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/1182

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Wortmeldungen zur Begründung sehe ich auch nicht. Ich schlage vor, den Antrag Drucksache 17/1182 dem Bildungsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag einstimmig überwiesen worden.

Ich rufe als Nächstes den Tagesordnungspunkt 38 auf:

Für eine humanitäre Menschenrechtsund Flüchtlingspolitik