Protocol of the Session on January 27, 2011

Zum Schluss möchte ich auf die im Gesetz enthaltenen Regeln zur Tariftreue eingehen. Wer lediglich die Einhaltung von Tarifverträgen fordert, akzeptiert Dumpinglöhne. DIE LINKE will ein Tariftreue- und Vergabegesetz, das soziale und ökologische Vorgaben macht. Die öffentliche Hand hat eine Vorbildfunktion. Nur eine Mindestlohnregelung im Vergaberecht kann gewährleisten, dass Dumpinglöhne zumindest bei öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen sind.

(Beifall des Abgeordneten Ulrich Schippels [DIE LINKE])

Die öffentliche Hand sollte Dumpingtarifverträge mit Pseudogewerkschaften nicht akzeptieren.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kubicki?

Sehr verehrter Herr Kollege Thoroe, wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist die Diskussion um das Mittelstandsförderungsgesetz mit Tariftreue für DIE LINKE eine Herzensangelegenheit. Halten Sie es für angemessen, dass sich angesichts dieses Themas ein Mitglied Ihrer Fraktion, Frau Jansen, unentschuldigt in der Lübecker Bürgerschaft herumtreibt?

- Soweit ich informiert bin, hat sie sich schriftlich abgemeldet. Das wurde hier ja auch so durchgesagt.

Damit ist die Frage beantwortet.

Die öffentliche Hand sollte Dumpingtarifverträge mit Pseudogewerkschaften nicht akzeptieren. Auch Dumpinglöhne wie zum Beispiel 6,53 € netto im Wach- und Sicherheitsgewerbe zu akzeptieren, ist ein Armutszeugnis für die öffentliche Hand. Kein Mensch, der Vollzeit arbeitet, sollte darauf angewiesen sein, zusätzliches Geld beim Amt beantragen zu müssen.

DIE LINKE lehnt das sogenannte Mittelstandsförderungsgesetz ab. Der Verscherbelung öffentlichen Eigentums stemmen wir uns entgegen und kämpfen für die Rekommunalisierung von Stadtwerken, Energienetzen, Einrichtungen des Gesundheitssektors und des ÖPNV.

(Christopher Vogt [FDP]: Jawohl!)

DIE LINKE wird sich im Landtag und darüber hinaus für den Verbleib der Daseinsvorsorge in öffentlicher Hand einsetzen.

Außerdem wird DIE LINKE keine Löhne einfach so hinnehmen, die nicht zum Leben reichen und für einen Mindestlohn von mindestens 10 € streiten.

(Beifall des Abgeordneten Ulrich Schippels [DIE LINKE] - Christopher Vogt [FDP]: Sehr gut!)

Für die Fraktion des SSW hat nun der Herr Abgeordnete Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Betrachtet man den vorgelegten Gesetzentwurf und vergleicht diesen mit dem bisher gültigen Gesetz, so kann man feststellen, dass sich von der Menge her nicht viel geändert hat. Wir haben weiterhin eine Ansammlung von Paragrafen, die noch einmal verdeutlichen sollen, auf welche Art und Weise ein Land seine kleinen und mittelständischen Unternehmen fördern kann. Im Gegensatz zum bisherigen Gesetz, das in einigen Bereichen auch abschließende Aufzählungen enthielt, werden jetzt durch Worte wie „insbesondere“ diese abschließenden Aufzählungen aufgeweicht und praktisch der Regierung allein überlassen, was sie fördern will.

Wenn die Landtagsfraktionen nicht den Mut haben, in den Ausschussberatungen genaue politische Vorgaben zu machen, was gefördert werden soll, haben wir einen Unendlichkatalog. Dann können wir uns viele Paragrafen in diesem Gesetz sparen und ein

(Björn Thoroe)

fach schreiben: „Das Land fördert den Mittelstand. Näheres regelt die Landesregierung.“ Ich hoffe nicht, dass die regierungstragenden Fraktionen es so weit kommen lassen.

Neben diesem Versuch der Landesregierung, das Parlament auszubremsen, kommt in diesem Gesetzentwurf ein Wiedergänger in neuem Gewand daher. Immer noch, wenn auch mit einer anderen Formulierung, ist der Vorrang zur privaten Leistungserbringung in § 4 festgelegt.

(Beifall der Abgeordneten Johannes Callsen [CDU] und Wolfgang Kubicki [FDP])

Ich hatte schon in der Debatte zum Mittelstandsförderungsgesetz von 2003 darauf hingewiesen, dass es nicht Selbstzweck sein kann, dass Private für öffentliche Einrichtungen tätig werden müssen und dass, wie in § 1 festgelegt, kontinuierlich Privatisierungsmöglichkeiten überprüft werden sollen.

(Beifall bei der LINKEN und des Abgeord- neten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Für uns gilt der Grundsatz: Öffentliche Aufgaben müssen durch den Staat erbracht werden. Nur, wenn die freie Wirtschaft dies zweckmäßiger und wirtschaftlicher kann, kann man über eine Privatisierung nachdenken. Im Gesetz ist es aber genau andersherum, erst die Privaten und für den teuren Rest soll dann die öffentliche Hand dastehen. Wir glauben, dass dies der völlig falsche Weg ist.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abgeord- neten Dr. Ralf Stegner [SPD] und Thorsten Fürter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir haben im Jahr 2003 trotz dieser Bedenken dem damaligen Gesetz - wie alle anderen Fraktionen damals - zustimmen können, weil insbesondere die Einhaltung des Tariftreuegesetzes ausdrücklich im Mittelstandsförderungsgesetz als Kriterium aufgenommen wurde. Was jetzt geschieht, ist das genaue Gegenteil. Die Landesregierung schraubt die Tariftreue auf das minimale Maß herunter und halbiert dann noch das Strafmaß bei möglichen Sanktionen.

Wäre man unseren Vorschlägen zur Neugestaltung des Tariftreuegesetzes im vergangenen Jahr gefolgt, wäre für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch für unsere Unternehmen mehr drin gewesen. Zu unserem Gesetzentwurf zur Tariftreue wurde eine große Anhörung durchgeführt, und die Landesregierung war weder bereit, die Ergebnisse der Anhörung überhaupt zur Kenntnis zu nehmen, noch die Empfehlungen der Anzuhörenden umzusetzen.

Aber das alte Sprichwort: „Nichts ist so schlecht, als dass es nicht noch schlechter gehen könnte“, gilt auch hier. Das Gesetz gilt nämlich nach § 2 nur für Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten. Das heißt, für Unternehmen über dieser Grenze gilt noch nicht einmal die im Gesetz formulierte MiniTariftreue. Gleiches gilt für KMU, die zu mehr als 25 % größeren Unternehmen gehören. Da bleiben dann nicht mehr viele Unternehmen über. Aber dafür haben wir dann ein Mehr an Bürokratie, weil wir bei jedem Auftrag als öffentliche Hand nun prüfen müssen, ob der Auftragnehmer ein Unternehmen oberhalb oder unterhalb dieser Grenze ist. Dieses Problem haben wir im Übrigen auch beim grünen Gesetzentwurf. Bewerber für ein und denselben Auftrag müssen dann mal eine Tariftreueerklärung vorweisen und bei Nichteinhaltung Sanktionen befürchten, und mal eben nicht, weil sie so groß sind, dass sie von diesem Gesetz nicht erfasst sind. Das nennt man nun wohl schleswig-holsteinisches Regierungs-Gaga.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Aber immerhin, Kontinuität gibt es auch. Der inhaltlich völlig sinnlose § 13 bleibt bestehen. Dort steht, dass wir auf der Grundlage des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit die Schwarzarbeit bekämpfen. Wir halten also ein Bundesgesetz ein. Das ist schön zu wissen, aber man muss es nicht wirklich in ein Gesetz reinschreiben. Die Novellierung hätte man gut dafür nutzen können, das Gesetz auf das Wesentliche zu beschränken und handwerkliche Fehler wie die eben beschriebenen zu unterlassen.

Meine Damen und Herren, so, wie das Gesetz jetzt gefasst ist, bootet es das Parlament bei Förderentscheidungen aus, läuft weiterhin dem Privatisierungswahn hinterher und leistet dem Lohndumping Vorschub. So ein Gesetz ist mit uns definitiv nicht zu machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Lieber Kollege Kubicki, ich hoffe, dass wir schnell Neuwahlen kriegen, damit wir für den Fall, dass Sie dieses Gesetz beschließen, dieses Gesetz blitzschnell wieder ändern können.

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den

(Lars Harms)

Gesetzentwurf Drucksache 17/1159 sowie den Änderungsantrag Drucksache 17/1227 federführend an den Wirtschaftsausschuss und mitberatend an den Finanzausschuss und den Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 20 und 23 auf:

Gemeinsame Beratung:

a) Sicherheit von Kinderspielzeug weiter verbessern

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/1083

Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1201

b) Kinder vor Gefahren durch gesundheitsgefährdendes Spielzeug wirksam schützen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/1138

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Mit den Anträgen Drucksachen 17/1083 und 17/1201 jeweils zu a) wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich erteile für die Landesregierung der Ministerin für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Frau Dr. Juliane Rumpf, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die vorliegenden Anträge unterstützen meine Bestrebungen zur Verbesserung der Spielzeugsicherheit zum Wohle unserer Kinder. Die EU-Spielzeug-Richtlinie ist von den Mitgliedstaaten ab dem 20. Juli 2011 anzuwenden. Lediglich für die in dieser Richtlinie aufgeführten chemischen Vorgaben wurde bis zum 20. Juli 2013 eine Übergangsregelung geschaffen. Obwohl das Ziel

dieser Richtlinie sein sollte, das Schutzniveau für Kinderspielzeug zu verbessern, ist leider festzustellen, dass dieses Ziel in weiten Teilen nicht erreicht wurde. In der Spielzeugrichtlinie werden die besonderen Schutzbedürfnisse von Kindern nur unzureichend berücksichtigt. Artikel 46 der Richtlinie gibt uns jedoch die Möglichkeit, die Sicherheit von Kinderspielzeug besonders im Hinblick auf die chemischen Eigenschaften mit Unterstützung eines wissenschaftlichen Ausschusses deutlich zu verbessern.

Auf Vorschlag Deutschlands hat sich Ende letzten Jahres die EU-Arbeitsgruppe konstituiert, die zurzeit noch offene Fragen beantworten und die deutschen Forderungen an die chemische Sicherheit von Spielzeug einbringen soll.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich kurz auf die schwerwiegendsten Mängel der Spielzeugrichtlinie eingehen. Erstens. Die Grenzwerte für Stoffe, die Krebs erzeugen, das Erbgut verändern oder die Fortpflanzung beeinträchtigen können, dürfen sich nicht an Grenzwerten des Chemikalienrechts orientieren, sondern sind am technisch Machbaren auszurichten. Das heißt, im Spielzeug dürfen diese Stoffe nur in einer minimalen Konzentration auftreten, bei der wir mit Sicherheit sagen können, dass sie die Gesundheit von Kindern beim Spielen nicht gefährden. Das gilt nicht nur für Grenzwerte im Material selbst, sondern auch für chemische Substanzen, die von den Spielzeugen bei häufigem oder intensivem Hautkontakt auf die Kinder übertragen werden können. Diese Stoffe sollten mit den sogenannten Lebensmittelkontaktmaterialien gleichgestellt werden.

Zweitens. Die in der EU-Spielzeugrichtlinie festgelegten Grenzwerte müssen neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst werden. Nach der neuen EU-Spielzeugrichtlinie wäre für Kinder im Vergleich zu den bisherigen nationalen Standards die Aufnahme deutlich größerer Mengen an Blei, Quecksilber, Arsen und Barium zulässig. Es kann doch nicht sein, dass das Schutzniveau wider besseres Wissen abgesenkt wird.