Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch von mir vorab ein Dank an die Volksinitiative. Dazu wurde schon viel gesagt. Das ist der Punkt, an dem wir uns alle einig sind. Von Ihrer Seite steckt sehr viel Arbeit dahinter. Es ist wirklich sehr vorbildlich. Ohne Sie wäre das alles nicht zustande gekommen. Das muss hier nicht weiter ausgeführt werden.
Kinder sind nicht kleine Erwachsene, sondern eigenständige Individuen mit eigenen Rechten und Bedürfnissen. Diesem Grundsatz soll nun also in der Landesverfassung endlich Rechnung getragen werden. Das freut uns als Grüne sehr. Wir haben die Volksinitiative seit 2008 begleitet, Unterschriften gesammelt, Rechtsgutachten in Auftrag gegeben und gemeinsame Veranstaltungen durchgeführt - ähnlich wie einige andere Fraktionen hier im Haus.
Für uns Grüne war und ist es oberste Maxime, dass die Volksinitiative, bestehend aus Kinderschutzbund, Sozialverband und Arbeiterwohlfahrt als Vertreterinnen und Vertreter von über 30.000 Menschen - auch das wurde von anderen schon gesagt -, mit dem Gesetzentwurf einverstanden ist.
und nun explizit den Begriff „Rechte“ in Punkt drei des Entwurfs aufgenommen haben. Dies ist ein gutes Zeichen. Als Fachpolitiker und Beteiligter ist mir sehr deutlich geworden, wie schwierig die Diskussion bei Ihnen, sehr geehrte Frau Sassen, sehr geehrte Frau Klahn, intern gewesen sein muss. Es freut mich, dass sich fraktionsübergreifend die Abgeordneten durchgesetzt haben, für die es um wesentlich mehr ging als juristische Winkelzüge.
Wenn ich ehrlich sein soll, hätte man mich vor ein paar Wochen gefragt, ob ich geglaubt hätte, dass wir hier mit einem breit getragenen Gesetzentwurf stehen würden, hätte ich vermutlich den Kopf geschüttelt.
- Herr Kalinka, nichtsdestotrotz ist der vorliegende Gesetzentwurf nicht mehr als ein Kompromiss. Wir bedauern ausdrücklich, dass es uns nicht gelungen ist, die Armutsbekämpfung stärker zu gewichten.
Das Ziel der Volksinitiative war nicht nur, Kinderrechte zu stärken, in der Landesverfassung stärker zu verankern, sondern auch den Schutz vor Kinderarmut stärker zu betonen.
In dem nun vorliegenden Gesetzentwurf ist dies leider nur durch den zweiten Satz in Absatz 3 indirekt gelungen. Insofern haben wir als grüne Fraktion Sympathien für den Antrag der Linksfraktion. Allerdings müssen auch wir Ihr Verhalten kritisieren. Man kann nicht in internen Gesprächen auf der einen Seite Kompromissbereitschaft signalisieren, Frau Jansen, sich auf der anderen Seite aber keinen Meter bewegen wollen.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Abgeordneten Ursula Sassen [CDU] und vereinzelt bei der FDP).
Ich halte es auch für etwas anmaßend, dass Sie über der Volksinitiative stehen und scheinbar besser wissen, welches der richtige Weg ist.
Aus unserer Sicht ist der Kompromiss trotz aller Kritik eine Verbesserung zum Status quo. Wir sehen eine deutliche Verbesserung darin, dass sich Schleswig-Holstein in Zukunft auf Verfassungsrang zu den eigenständigen Rechten von Kindern bekennen wird. Ein fader Beigeschmack bleibt allerdings, nämlich dass wir heute im November in der „zweiten ersten Lesung“ darüber diskutieren, ob Artikel 6 a der Landesverfassung erweitert werden soll.
Vor über acht Monaten haben wir im Plenum zum ersten Mal über die Volksinitiative diskutiert. Das parlamentarische Verfahren war alles andere als vorbildlich. Einige Akteure müssen sich sicherlich die Frage gefallen lassen, ob das Verfahren nicht schneller, fairer und besser hätte verlaufen können.
Wir kommen morgen im Laufe des Tages dazu ich habe das jetzt ein bisschen abgekürzt -, sowohl draußen als auch hier drinnen ausgiebig über Sozialpolitik zu diskutieren. Deswegen will ich es an dieser Stelle sein lassen. Es geht hier nicht nur um eine Verfassungsänderung, wenn man über Armutsbekämpfung und über Rechte spricht, sondern es gehört wesentlich mehr dazu.
Es ist unsere gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Kindern soziale Teilhabe zu ermöglichen. Wenn das durch diese Debatte angefangen werden kann, begrüßen wir das. Aber wie gesagt: Es darf nicht der letzte Schritt gewesen sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, begrüßen Sie zunächst mit mir auf unserer Tribüne Mitglieder der Vereinigung der Angehörigen der Landwirtschaftsund Umweltverwaltungen Schleswig-Holstein sowie Mitglieder des CDU-Ortsverbandes Kaltenkirchen. - Seien Sie uns ganz herzlich willkommen hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Jetzt erteile ich als Nächstes für die Fraktion DIE LINKE der Frau Abgeordneten Antje Jansen das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte mich bei der Volksinitiative „Kinderrechte stärken - Armut bekämpfen“ bedanken. Sie haben hier in Schleswig-Holstein sage und schreibe 34.000 Unterschriften gesammelt. Beachtlich. Das ist ein deutliches Zeichen der Bürgerinnen und Bürger. Der Kinderschutzbund, der Sozialverband Deutschland und die Arbeiterwohlfahrt haben mit ihrer Initiative eine unverzichtbare Kampagne gestartet. Sie haben damit einen Anstoß von außen gegeben. Eigentlich wäre es die Aufgabe des Landtages gewesen, über Kinderrechte und Kinderarmut zu diskutieren und Maßnahmen zu ergreifen, um die Rechte und Ansprüche von Kindern und Ju
gendlichen, wie sie in der UN-Kinderrechtskonvention niedergelegt sind, in die Landesverfassung zu übernehmen - ohne einen Anstoß von außen.
Die Volksinitiative „Kinderrechte stärken - Armut bekämpfen“ hat immerhin erreicht, dass im Landtag inzwischen ein Gesetzentwurf vorliegt, der den Schutz von Kinderrechten als Staatsziel in die Landesverfassung schreibt. Frau Sassen und alle anderen, die uns kritisiert haben, dass wir diesen Entwurf nicht unterstützen: Wir begrüßen es natürlich, dass es hier einen solchen Entwurf gibt und dass wir darüber diskutieren.
Lassen Sie mich begründen, warum wir ihn so nicht unterstützen. Wir wollen, dass ein Gesetz verabschiedet wird, das für die betroffenen Eltern und Kinder eine Veränderung in dem Sinne bewirkt, dass sie auf die Verfassung zurückgreifen können. Es soll sich also tatsächlich etwas bewegen.
Wir sehen auch, dass dieser Gesetzentwurf einen zähen Prozess durchlaufen hat; wir haben ihn begleitet, und wir haben mitdiskutiert. Dabei hat sich die Vorlage in eine Kompromissvorlage verwandelt. Natürlich gehen auch wir Kompromisse ein. Ich sehe nicht, dass wir demokratiefeindlich sind oder kein Verständnis für Prozesse in der Demokratie haben, weil wir hier einen anderen Vorstoß machen und unsere Position einbringen. Mit einer solchen Einschätzung zerren Sie uns in eine Ecke, die unserer Begründung nicht gerecht wird.
Wir begrüßen es, dass grundsätzlich eine Einigung zustande gekommen ist - natürlich! Aber für uns ist der Kompromiss ein wenig weit gegangen. Anders formuliert: Uns geht das Ergebnis nicht weit genug.
In allen Gesprächsrunden habe ich immer gesagt: Wir wollen eine ausdrückliche Verpflichtung von Land, Kreisen und Gemeinden, Kinder vor Armut und Ausbeutung zu schützen.
Ich denke, das ist der Punkt, an dem eine weitergehende Landesverfassungsänderung gescheitert ist. Sie wollen die Kreise und die Kommunen finanziell nicht in die Verantwortung nehmen. Nach Ihren Vorstellungen sollen sie nicht verpflichtet werden, Kinderarmut zu bekämpfen beziehungsweise zu minimieren. Unser Anliegen geht dahin, Kindern und Jugendlichen nachprüfbare, einklagbare Rechtsansprüche zu schaffen und den Staat in seinen Zielen festzulegen.
Die vorgesehene neue Formulierung in der Landesverfassung ist sicherlich besser als das, was wir bisher haben. Aber die 34.000 Menschen, die für diese Volksinitiative unterschrieben haben, wollten sicherlich auch, dass sich für Kinder und Jugendliche konkret etwas ändert; sie wollten einen einklagbaren Rechtsanspruch.
Es darf nicht sein, dass sich Land, Kreise und Kommunen, wenn es um den Schutz der Rechte von Kindern und Jugendlichen geht, beispielsweise vor Armut, jederzeit damit herausreden können, es sei bitter, aber so gern sie es auch täten, so fehle doch leider der finanzielle Spielraum. Dieses Argument kennen wir aus den Diskussionen in Kreisen und Kommunen.