Protocol of the Session on October 8, 2010

Ich habe vorhin gesagt, dass es in den Ländern mit Liberalisierung nicht besser ist, im Zweifel sogar schlimmer. Das Beispiel Großbritannien habe ich genannt. Wir stehen vor der Frage, welches Instrument wir wählen, um diejenigen, die insbesondere im Bereich des illegalen Glücksspiels großen Suchtgefahren ausgesetzt sind, in unser System zu holen und die Suchtprävention zu verbessern. Darum geht es.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Hinsichtlich des Aspekts der Einnahmen - Dollarzeichen! - geht es zurzeit am wenigsten um die Frage, wie wir Mehreinnahmen erzielen können. Wir haben vielmehr die Frage zu beantworten, was wir tun können, damit uns die Einnahmen nicht weiter wegbrechen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Wenn man die von CDU und FDP gezogene Konsequenz nicht akzeptiert, sondern die andere logische Folgerung aus dem Gerichtsurteil zieht, dann wird es eine massive Verschärfung des Werbeverbots geben. Das führt zu sinkenden Einnahmen. Dieser Punkt muss erwähnt werden, wenn wir über die Förderung von Vereinen und Verbänden reden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Frau Abgeordnete, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Heinemann zu?

Frau Kollegin Monika Heinold, ist Ihnen bekannt, dass die Zahl der Glücksspieler aus dem Bereich der Spielbanken seit Inkrafttreten des Vertrags zurückgegangen ist und sich nach wie vor die größte Zahl der Glücksspieler aus den Spielhallen - die liberalisiert sind - rekrutiert?

- Das ist mir bekannt. Deshalb habe ich in meiner Rede vorhin sehr kritische Worte zu den Spielhallen gefunden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Lars Harms)

Ein Letztes zu dem Aspekt der Sportförderung: Ich weiß nicht, ob Vertreter der SPD mit dem Präsidenten des Landessportverbandes gesprochen haben; wir haben mit ihm gesprochen. Der Landessportverband vertritt in dieser Frage eine differenzierte, abgewogene Meinung. Er hat zum einen hohes Interesse an der Sicherung der Einnahmen für den Sport. Zum anderen plädiert er für klare Regelungen bei der Vergabe von Konzessionen beziehungsweise der Liberalisierung. Darüber mit dem Landessportverband zu diskutieren, ist doch das Entscheidende. Beispiel Sportwette: Natürlich wettet man auf das Ergebnis und nicht darauf, dass in der dritten Minute die Hose heruntergelassen wird.

(Heiterkeit bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, CDU und FDP)

Das alles können wir dann zum ersten Mal klar regeln. In dem jetzigen - illegalen - Markt ist das nicht möglich, und die Leute werden ins Verderben geführt. Deshalb bitte ich noch einmal darum, Sachargumente anzuführen und differenziert zu diskutieren. Dann finden wir hoffentlich eine gemeinsame Position.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Frau Abgeordnete, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Ralf Stegner zu?

Liebe Frau Kollegin Heinold, haben Sie, wenn Sie mit dem Präsidenten des Landessportverbandes gesprochen haben, bemerkt, dass er nicht gefordert hat, dieses Modell einzuführen, sondern dass - nur für den Fall, dass es sich wider Erwarten durchsetzt - selbstverständlich mit Regeln konzessioniert werden soll, oder habe ich das missverstanden?

- Das ist jetzt ein bisschen schwierig; denn man erzählt nicht alles, was man miteinander besprochen hat. Aber ich stimme Ihnen natürlich zu, dass es nicht der Landessportverband war, der die Liberalisierung gefordert hat; gefordert haben das CDU und FDP, die ein entsprechendes Modell entwickelt haben. Der Landessportverband hat zum Ausdruck gebraucht, dass er das Modell nicht rundweg ablehnt, etwa weil es Teufelswerk sei, sondern er hat für eine differenzierte Beschäftigung mit dem Mo

dell plädiert, weil es für den Sport insgesamt möglicherweise sogar zu einer Verbesserung führt. Das nehme ich nüchtern zur Kenntnis.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Bevor ich der Landesregierung das Wort erteile, bitte ich - mit Blick auf die Uhr und die Zeitplanung - die Parlamentarischen Geschäftsführer, sich zu verständigen, wie wir mit den Tagesordnungspunkten 22 und 36 umgehen, deren Behandlung vor der Mittagspause vorgesehen ist. Das Ergebnis bitte ich dem Sitzungspräsidium mitzuteilen.

Für die Landesregierung erteile ich dem Herrn Innenminister Klaus Schlie das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Es ist fast ein historischer Tag; denn ich könnte den Vortrag meines Redetextes eigentlich einsparen, da ich zu fast 100 % Frau Kollegin Heinold und Herrn Kollegen Fürter zustimme.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und Bei- fall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aber da das Beispiel mit der heruntergelassenen Hose gekommen ist, will ich trotzdem meinen Beitrag leisten.

(Lebhafte Heiterkeit)

- Das Beispiel hat Frau Kollegin Heinold gebracht.

Den Glücksspielstaatsvertrag gibt es seit Anfang 2008. Bereits zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens kündigte Ministerpräsident Carstensen an, das Glücksspielrecht gemeinsam mit den anderen Ländern weiterzuentwickeln. Folgerichtig fand das Thema wegen seiner herausragenden Bedeutung und der deutlichen Mängel der bisherigen Regelung - auch Eingang in unseren Koalitionsvertrag. Inzwischen haben die Landtagsfraktionen von CDU und FDP ein Konzept für einen neuen, weiterentwickelten Glücksspielstaatsvertrag erarbeitet und bereits im Sommer - unter breiter bundesweiter medialer Beachtung - der Öffentlichkeit vorgestellt. Herr Dr. Stegner, ich empfehle Ihnen übrigens nachzulesen was der Deutsche Olympische Sportbund dazu gesagt hat.

Wir haben die Auswirkungen des bestehenden Glücksspielstaatsvertrags genau beobachtet und

(Monika Heinold)

analysiert. Folgendes ist festzustellen: Die Bevölkerung wünscht die Teilnahme an kontrollierten Glücksspielen, an Lotterien, Casinospielen und auch Sportwetten. Das ist auch in dieser Debatte deutlich geworden. Viele Angebote, speziell für die Jüngeren, zum Beispiel über das Internet, stehen jedoch legal nicht zur Verfügung.

Die Folgen des Staatsvertrags sind erheblich: deutliche Umsatzrückgänge bei den Lotterieanbietern beziehungsweise den Annahmestellen; deutlich weniger Mittel, die das Land dem Breitensport oder anderen Zwecken zuführen kann; ein Ausweichen der Bürger auf noch nicht zugelassene Internetangebote - ohne jede Kontrolle, ohne jeden Einfluss auf die Bekämpfung der Spielsucht. Daher wollen wir den jetzigen Glückspielstaatsvertrag ändern und begrüßen ausdrücklich die im Antrag von CDU und FDP dargelegten Grundsätze zur Neuordnung.

Was wir jedoch nicht wollen, ist - um das klar zu sagen - die Abschaffung des Lottomonopols, im Gegensatz zu Herrn Heinemann, der ja das Lottomonopol abschaffen und dafür eine Monopolisierung der Glücksspielhallen haben will. - Das müssen Sie noch einmal mit Ihrem Fraktionsvorsitzenden klären.

Wir müssen das Lottospiel weiter staatlich kontrollieren, die Begründung für das Lottomonopol allerdings ändern. Das ist doch das Entscheidende. Das Monopol muss bleiben, nicht um die Spielsucht zu verhindern, sondern um Manipulationen beim Lotto zu verhindern. Eines ist doch völlig klar: Die fadenscheinige Begründung, die in den letzten Jahren immer wieder aufrechterhalten worden ist, das Monopol müsse es geben, um Spielsucht zu verhindern, ist in sich zusammengebrochen. Das wusste übrigens fast jeder, der sich selber gegenüber ehrlich war.

Handlungsbedarf besteht im Hinblick auf die Frage, in welcher Form zukünftig Glücksspiele angeboten werden und ob nicht Sportwetten und eventuell andere Glücksspiele durch lizensierte Anbieter ermöglicht werden sollen. Denn faktisch haben diese Anbieter ihren Platz, laufen doch 95 % aller Sportwetten an den bislang staatlich kontrollierten Sportwettenangeboten von Oddset und Toto vorbei. Damit entgehen nicht nur den Ländern Einnahmen, sondern es fehlt auch die Möglichkeit, einheitliche Regelungen zum Spielerschutz zu implementieren. Warum dürfen die Angebote von Lotto und anderen Soziallotterien nicht über das Internet vermittelt oder spezifisch beworben werden?

(Beifall des Abgeordneten Hans-Jörn Arp [CDU])

Warum sollen nicht Spieler ihre Tippscheine auch über das Internet abgeben können, wenn Aspekte des Spieler-, des Jugend- und des Minderjährigenschutzes dabei gewahrt bleiben? Hier gilt es, neue Verfahren zu finden, immer mit dem Ziel, das Interesse der Bevölkerung zurück zu legalen und staatlich konzessionierten Angeboten zu führen. Deswegen sprechen wir uns für ein differenziertes Modell aus, ein duales Modell mit Lottomonopol und privaten Anbietern zum Beispiel bei Sportwetten.

Wir wollen damit klare Perspektiven für einen kontrollierten Glücksspielmarkt aufzeigen, rechtliches Chaos beseitigen und eine solide Basis für Einnahmen des Landeshaushalts schaffen, aus denen heraus sich weiterhin gesellschaftlich wichtige Aufgaben finanzieren lassen können. Ich als Sportminister begrüße das außerordentlich und freue mich darüber, dass immer mehr Bundesländer bereit sind, diesen Weg mitzugehen. Ich freue mich ebenfalls darüber, dass es gelingen wird, auf dieser Basis auch der Erfüllung der Forderung - die Sie, Frau Abgeordnete Heinold, wie ich finde, zu Recht aufgestellt haben -, dass es das Ziel sein muss, auf dieser Basis wieder einen neuen Staatsvertrag auszuarbeiten - näher zu kommen.

(Beifall bei CDU, FDP und der Abgeordne- ten Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist Abstimmung in der Sache beantragt. Ich schlage Ihnen vor, den vorliegenden Änderungsantrag Drucksache 17/941 zu einem selbstständigen Antrag zu erklären und alternativ abzustimmen.

(Wortmeldung der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Bitte, Frau Heinold.

Frau Präsidentin! Ich widerspreche einer alternativen Abstimmung, weil wir dann keine Stimme abgeben könnten.

(Minister Klaus Schlie)

Dann stimmen wir zunächst über den Änderungsantrag und dann gegebenenfalls über den Ursprungsantrag ab.

Ich stelle nun den Änderungsantrag von CDU und FDP, Drucksache 17/941, zur Abstimmung und bitte um das Handzeichen. Wer ist für diesen Änderungsantrag? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD, der Fraktion DIE LINKE und der SSW-Fraktion bei Enthaltung der Abgeordneten von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN angenommen.

Jetzt lasse ich über den Ursprungsantrag der SPD, Drucksache 17/885, in der so geänderten Fassung abstimmen. Wer diesem Antrag in geänderter Fassung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Der Antrag Drucksache 17/885 ist durch den Antrag in der Drucksache 17/941 geänderten Fassung mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD, der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion des SSW bei Enthaltung der Abgeordneten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen worden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Parlamentarischen Geschäftsführer haben sich darauf verständigt, dass wir die Tagesordnungspunkte 22 und 36 in dieser Reihenfolge heute Nachmittag nach dem gesetzten Tagesordnungspunkt 20 aufrufen werden.