Protocol of the Session on October 8, 2010

Bei KIK - auch das möchte ich hinzufügen - wird es keine Einsparungen geben.

Herr Minister, gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage?

Ja. Bitte, Herr Jezewski.

Herr Minister, ich schätze das, was Sie sagen. Ich glaube Ihnen das auch. Mir geht es aber um einen anderen Punkt.

Die Diskussion dreht sich ja hier um Workplace Policy, um innerbetriebliche Strukturen, die Frauen zur Verfügung stehen, die Opfer häuslicher Gewalt sind und die deswegen oft auch mit Schwierigkeiten am Arbeitsplatz und im anderen sozialen Umfeld leben müssen.

Meine Frage lautet: Die Kolleginnen von CDU und FDP haben uns ja gesagt, dass es in Schleswig-Holstein sehr viele solcher Strukturen gibt. Können Sie, damit wir darüber Klarheit haben, irgendetwas benennen, entweder im privatwirtschaftlichen Bereich oder im Bereich der Landesregierung oder sogar des Landtags, und sagen, an welche auf häusliche Gewalt spezialisierte Beratungsstelle oder Person, die in dem Betrieb installiert ist, sich eine Frau wenden könnte?

- Ich habe bereits auf die Personalräte und auch auf die Gleichstellungsbeauftragten hingewiesen. Insofern, glaube ich, sind auch der Kontakt und die Verbindung zu den Betrieben gegeben. Im Übrigen ist das, was in den Betrieben geschieht, nicht isoliert zu sehen.

Eine ganz besondere Bedeutung kommt bei solchen Taten und Auffälligkeiten auch der Polizei zu. Die Landespolizei beschäftigt sich seit Langem mit dieser Thematik im sozialen Nahraum. Ein landeseinheitlicher Standard polizeilichen Einschreitens ist in Schleswig-Holstein per Erlass geregelt. Im Landespolizeiamt gibt es eine zentrale Ansprechstelle. Zudem gibt es acht weitere Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen. Sie sind den Polizeidi

(Minister Emil Schmalfuß)

rektionen in der Fläche zugehörig, bieten eine Erreichbarkeit für alle Hilfesuchenden und kooperieren eng mit den regionalen KIK-Koordinatoren.

Die Landespolizei, aber auch die Justiz sind für den Schutz von Frauen und Männer vor häuslicher Gewalt gut aufgestellt und erfüllen ihren Auftrag professionell. So ist diese Aufgabe in unserem Ministerium - dies ist schon gesagt worden - im Rahmen einer Landeskoordination integriert.

Aufgrund all des Genannten halte ich die Erarbeitung und Umsetzung einer weiteren Strategie für den öffentlichen Dienst, für Verbände oder Betriebe für überflüssig und auch für kontraproduktiv. Anstelle einer aufwendigen und kostenintensiven neuen Kampagne halte ich es für viel erfolgversprechender, wenn wir alle zeigen, dass wir Gewalt in jeder Beziehung nicht dulden.

(Beifall bei FDP, CDU und SSW)

Die Parole “Nur hinschauen, nicht anfassen” ist hier absolut fehl am Platz. Hier geht es um die Gesundheit und um die Würde von Menschen, und damit geht es auch um den gesellschaftlichen Frieden.

Das heißt im Klartext, meine Damen und Herren: Schauen Sie nicht weg, wenn eine Kollegin oder eine Nachbarin sichtbare Verletzungen hat und diese mit Treppenstürzen oder Ähnlichem erklärt! Zeigen Sie auch Bekannten und Freunden deutliche Grenzen auf, wenn diese äußern, dass ab und zu eine Ohrfeige nicht schaden könne! Lassen Sie solche Sätze nicht unwidersprochen stehen!

(Beifall bei FDP, CDU, SSW und des Abge- ordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Ich würde mich freuen, wenn wir im Gewaltschutz-Monat November gemeinsam auf häusliche Gewalt und deren Folgen aufmerksam machen könnten.

Meine Damen und Herren, über die Brötchentüten in Schleswig-Holstein ist heute Morgen schon umfänglich gesprochen worden. Deshalb will ich hierauf nicht mehr im Einzelnen eingehen. Ich will nur sagen, dass diese Tüten auf subtile Weise dazu auffordern, bei häuslicher Gewalt hinzuschauen, Betroffene anzusprechen und Hilfe anzubieten. Soforthilfe erhalten Gewaltbetroffene bei der Hotline des Landes. Die Nummer dieser Hotline befindet sich auf den Brötchentüten. Auch Täter häuslicher Gewalt finden die Telefonnummer von Beratungsstellen auf der Tüte.

Um Migratinnen noch besser zu erreichen, haben wir die Aktion ausgeweitet. Gemeinsam mit der

Türkischen Gemeinde Schleswig-Holstein wurde die Gemüsetütenaktion gestartet. 120.000 mehrsprachig bedruckte Gemüsetüten werden vielerorts in türischen Bäckereien und Supermärkten verteilt. Sie sollen Frauen, die im engen Umfeld Gewalt erleben, und ihre Familien ermutigen, frühzeitig Hilfe zu suchen.

Zudem werden wir in vielen Haushalten Nachbarschafts-Flyer “Gewalt in meinem Umfeld - was kann ich tun?” verteilen, damit bei häuslicher Gewalt in der Nachbarschaft gehandelt und Hilfe geholt wird.

(Beifall bei FDP, CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Slogan und Hilfeangebote werden in acht Sprachen aufgedruckt und erreichen so auch Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund.

Ich werde am 22. November in Geesthacht wieder Brötchen- und Gemüsetüten an Bäckerei- und Supermarktkunden verteilen. Das habe ich im letzten Jahr auch schon getan.

(Beifall bei FDP, CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich wiederhole es: Ich habe es im letzten Jahr auch schon getan. Ich lade Sie herzlich ein: Machen Sie mit, und unterstützen Sie die Aktion gegen häusliche Gewalt!

(Beifall bei FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 17/884 dem Innen- und Rechtsausschuss und dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? Eine Ausschussüberweisung wurde mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Es ist beantragt worden, die Punkte 1 und 2 getrennt zur Abstimmung zu stellen.

(Zuruf)

- Das Ergebnis ist festgestellt worden.

Wir kommen zur Abstimmung in der Sache über den vorliegenden Antrag. Wer Punkt 1 des Antrags der Fraktion DIE LINKE seine Zustimmung geben

(Minister Emil Schmalfuß)

möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, dass die Nummer 2 im Antrag der Fraktion DIE LINKE mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW abgelehnt worden ist.

Ich stelle Punkt 2 des vorliegenden Antrags der Fraktion DIE LINKE zur Abstimmung. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? Damit ist der Punkt 2 des Antrags der Fraktion DIE LINKE mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE abgelehnt worden.

(Silke Hinrichsen [SSW]: SSW Enthaltung!)

- Entschuldigung, die SSW-Fraktion hat sich enthalten.

Damit schließe ich diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf:

Neufassung des Glücksspielstaatsvertrages

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/885

Grundsätze zur Neuordnung des Glücksspielwesens

Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/941

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Für die Fraktion der SPD erteile ich dem Herrn Abgeordneten Andreas Beran das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesem Antrag wollen wir verhindern, dass sich durch ein Aufheben des staatlichen Glücksspielmonopols das Suchtpotenzial in der Gesellschaft durch Internetwetten weiter erhöht. Suchtverhalten beim Glücksspiel führt zu Leid bei Betroffenen und deren Angehörigen, oft ist die Existenz ganzer Familien durch Spielsucht zerstört worden. Schnelles Handeln ist hier zwingend erforderlich, da die CDU- und FDP-Landtagsfraktionen den Entwurf eines Glücksspielstaatsvertrages vor

gelegt haben, in dem sie am Monopol für Lotto und Toto zwar festhalten, jedoch alle anderen Spielarten dem freien Wettbewerb überlassen wollen.

Um dies richtig in Szene zu setzen, gab es hier im Landeshaus einige Aktivitäten der Regierungsfraktionen. Zwei Prominente kamen extra nach Kiel. Der eine kam aus dem Bereich Profifußball, wo immer nach neuen potenziellen Werbeeinnahmen geschielt wird, der andere - ein ehemaliges TennisAs -, der heute unter anderem damit sein Geld verdient, dass er für Pokerspiele wirbt. Die beiden honorigen Vertreter ihrer Zunft sollten uns klarmachen, wie wichtig es ist, das Glücksspielmonopol in Deutschland aufzugeben. Der Sport bekomme dadurch mehr Einnahmen. Verschwiegen wurde auf dieser Veranstaltung, dass diese Mehreinnahmen primär für bereits finanziell starke Profisportvereine gedacht sind, beim Breitensport dagegen davon kaum etwas ankommen wird.

Das zweite Ereignis wurde uns präsentiert, als der Europäische Gerichtshof angeblich das Glücksspielmonopol gekippt haben soll. Der EuGH hat in seinem Urteil bestätigt, dass ein staatliches Glücksspielmonopol zulässig ist. Der deutsche Glückspielstaatsvertrag ist nicht infrage gestellt worden. Die Ziele des Spielerschutzes, des Jugendschutzes, der Suchtprävention oder der Eindämmung der Kriminalität sind in diesem Glückspielstaatsvertrag festgeschrieben. Der Europäische Gerichtshof hat lediglich darauf hingewiesen, dass das Glücksspielmonopol in Deutschland nicht in der aktuellen Form haltbar ist, da sich Deutschland nicht an die hierfür geltenden Regeln hält.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Ja, eben!)

Dann kam eine weitere Veranstaltung, eine Anhörung, durchgeführt von den beiden Regierungsfraktionen, nicht jedoch des Landtags - wie auch zu hören war. Angehört wurden übrigens hauptsächlich die Profiteure des Glücksspiels. Da passt es ins Bild, dass die Verantwortlichen der Anhörung nicht einmal auf die Idee gekommen sind, die Experten zum Thema Sucht im eigenen Land, zum Beispiel der Landesstelle gegen die Suchtgefahren, einzuladen.