Protocol of the Session on November 19, 2009

Es wird von dem Kollegen Rother eine Zwischenfrage gewünscht. - Ich erteile Ihnen das Wort.

Bislang haben die Grünen ja im Kommunalwahlrecht eher die Position vertreten, dass man kumulieren und panaschieren und sogar die Landräte direkt wählen sollte. Nun wollen Sie bei der Landtagswahl eigentlich das genaue Gegenteil. Was ist denn nun Ihre Linie?

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Heute so, und morgen so!)

Es gibt vordringliche Aufgaben, die hier im Parlament zu behandeln sind. Es ist richtig, wie Sie sagen, dass Grüne, wenn es um die grundlegende Modernisierung des Wahlrechts geht, häufig eine größere Offenheit haben

(Heiterkeit und Zurufe)

auch für Systeme, die demokratische Einflussnahme auf Listen ermöglichen. Ich kann Ihnen auch sagen, wieso. - Für uns Grüne ist es immer wichtig, dass sich nicht Parteibürokraten aussuchen, wie Listen zusammengesetzt sind.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen, dass die Bevölkerung die Möglichkeit hat, Einfluss zu nehmen.

(Zurufe)

Es ist aber zugleich so, dass wir hier - das schließt an das an, was ich sagte: ein versöhnliches Wort den Zustand mit dem aufgeblähten Parlament nicht in fünf Jahren wieder haben wollen. Wir legen Ihnen einen Gesetzentwurf vor, bei dem Sie es als CDU oder SPD nicht so leicht haben zu sagen: Was sind das denn für spinnernde Gedanken? Wir orientieren uns am bisherigen Wahlrecht und sagen, um diese aufgeblähten Parlamente zu vermeiden, muss die Zahl der Wahlkreise deutlich reduziert werden!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Antje Jansen [DIE LINKE])

Ich weiß, dass das gerade für die Kollegen in der CDU-Fraktion natürlich schwierig wird, denn die CDU-Fraktion setzt sich nur aus Direktkandidaten zusammen. Sie müssen sich in fünf Jahren um die Wahlkreise balgen. Ich weiß, wie schwierig es wird, dem zuzustimmen, aber ich glaube, Sie werden keine andere Wahl haben, als dies zu tun.

(Thorsten Fürter)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Fürter, Herr Kalinka hat eine Frage.

Können Sie uns vielleicht auch noch einmal erläutern, warum Sie den von Ihnen in dieser Frage so sehr gelobten Kollegen Hentschel gar nicht erst wieder aufgestellt haben?

Da zeigen sich die grundlegenden Unterschiede zwischen CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei uns wird nicht irgendwie aufgestellt, dass im Hinterzimmer Leute zusammen sitzen und sagen: Jetzt gucken wir einmal, wie wir das proporzmäßig alles gut hinbekommen, um eine Liste aufzustellen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei uns ist es vielmehr so: Menschen gehen in einen Wettstreit, versuchen zu überzeugen.

(Heiterkeit und Zurufe - Glocke der Präsi- dentin)

Der grüne Parteitag hat so entschieden. Im Übrigen weise ich darauf hin, dass es nicht so gewesen ist, dass Herr Hentschel nicht wieder aufgestellt wurde, sondern er hat in einem Verfahren, in dem es einen Losentscheid um Listenplatz vier gegeben hätte -

Herr Fürter, bleiben Sie bitte beim Thema!

(Zuruf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Er beantwortet die Frage!)

Ich würde sagen, die Frage ging ein bisschen an der Sache vorbei, aber die Beantwortung passt zur Frage.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich wollte auf den Losentscheid hinweisen, dem sich Herr Hentschel nicht gestellt hat. - Herr Kalinka, Sie haben noch eine Frage?

Herr Kollege, stimmen Sie mit mir überein, dass der jüngste Parteitag der Grünen nicht im Hinterzimmer, sondern in einem Saal stattgefunden hat?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Ja, die Parteitage finden öffentlich statt, aber die Entscheidungen werden in Hinterzimmern getroffen.

(Zurufe)

- Nein, bei den Grünen nicht.

(Heiterkeit und Zurufe)

Gestatten Sie eine zusätzliche Frage? - Was halten denn die Grünen davon, wenn wir den umgekehrten Weg wählen und dieses Parlament ausschließlich über Wahlkreisabgeordnete besetzen, damit in den Wahlkreisen die Bürger näher dran sind an ihren Abgeordneten? Das ist ein englisches Modell, das ist nicht neu. Was halten die Grünen davon, wenn wir den umgekehrten Weg wählen, um mehr Demokratie zu ermöglichen nach englischem Muster? Auch das wäre eine Variante.

(Zurufe)

- Ich bin jetzt ein bisschen beim geschätzten Kollegen Kubicki. Ich habe ja gerade Überweisung an den Innen- und Rechtsausschuss beantragt. Ich glaube nicht, dass wir hier im Plenum Einzelheiten des Wahlrechts diskutieren sollten. Es wird eine zweite Lesung geben, es wird eine dritte Lesung geben, es werden Ausschussberatungen stattfinden. Bringen Sie sich in den Prozess ein! Am Ende muss ein Parlament stehen, das nicht wieder in dieser Weise aufgebläht ist, und es muss gewährleistet sein, dass zukünftige Landtage deutlich näher an der Grenze von 69 Abgeordneten sind. Das ist der Auftrag, den wir zu erfüllen haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe)

Der Abgeordnete der CDU, Herr Markus Matthießen, hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landtagswahl hatte zum Ergebnis, dass die CDU 34 und die SPD sechs von den 40 Wahlkreisen erringen konnte. Durch den Anfall von Überhangund Ausgleichsmandaten sind wir jetzt zu einer Abgeordnetenzahl - Sie sehen es alle - von 95 gekommen. Die Koalitionspartner haben sich darauf

(Thorsten Fürter)

geeinigt, das Wahlrecht so anzupassen, dass eine Überschreitung der gesetzlichen Anzahl von 69 Abgeordneten zukünftig vermieden wird.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir sind dieser Aufgabe verpflichtet und werden sie zügig angehen. Es geht hier doch nicht um eine schnelle, sondern um eine gute Lösung.

Wozu schon eine Unklarheit in der Formulierung führen kann, hat sich beim Streit über die Feststellung des Wahlergebnisses gezeigt: Bei einer vermeintlich eindeutigen Formulierung des Wahlgesetzes, die über Jahrzehnte in der gleichen Weise angewandt wurde, stellte sich aufgrund der aktuellen Stimmenverteilung heraus, dass es durchaus unterschiedliche Interpretationen gibt. Deshalb werden wir Wert auf eine sehr gründliche Diskussion legen.

(Beifall bei CDU und FDP)

In diesem Zusammenhang die über Jahrzehnte angewandte Praxis als „Totalschaden der Demokratie“ zu bezeichnen, passt für die Vergangenheit des Landtages einfach nicht in dieses Haus.

(Beifall bei CDU und FDP)

Zu berücksichtigen ist auch das laufende Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht. Nachdem bereits zwei Eilanträge bezüglich der Feststellung des Wahlergebnisses gescheitert sind, bin ich mir sicher, dass das Gericht die Zusammensetzung des Landtags in der jetzigen Form bestätigen wird.

(Beifall bei CDU und FDP)

Allerdings gehört es durchaus zu den Gepflogenheiten von Verfassungsgerichten, Hinweise für Verbesserungen zu geben. Diese werden wir dann in das entsprechende Verfahren und in die Diskussion einbringen. Was nicht passieren darf, ist Folgendes: Es darf nicht zu einem Wettbewerb kommen „Wer fordert die wenigsten Wahlkreise?“. In einem Flächenland wie Schleswig-Holstein ist die Frage der regionalen Vertretung besonders wichtig und darf nicht allein von der Entscheidung der Parteien abhängen.