Thorsten Fürter
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Last Statements
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich danke dem Ministerium für den Bericht. Er macht deutlich, dass es noch viel zu tun gibt. Ein Alleingang in Sachen Glücksspiel bedeutet zwingend auch einen Alleingang in Sachen Bekämpfung der Geldwäsche.
Das Wort „Geldwäsche“ hört sich zunächst einmal harmlos an. Dahinter steckt aber ein knallhartes transnational organisiertes Verbrechen. Wir sollten verhindern, dass sich dieses in Deutschland ansiedelt. Wiederholt haben wir in diesem Haus gehört, dass die Polizei in Schleswig-Holstein aus dem letzten Loch pfeift. Wenn wir dann auch noch zur Pilgerstätte des Glücksspiels werden, wird die Kriminalität wie ein Rattenschwanz folgen. Dann folgen Identitätsdiebstahl über Kreditkarten, Phishing von Kontodaten, der Einsatz von Trojanern sowie organisierter Betrug und Geldwäsche.
Ja, gern.
- Es ist so, dass organisiertes Glücksspiel im Internet Kriminalität nach sich zieht, die dann bekämpft werden muss. Natürlich führt das zu Kriminalität, genauso wie ein Angebot von Banken im Internet auch Kriminalität nach sich zieht, die dann bekämpft werden muss, und zwar von der hiesigen Polizei und der hiesigen Staatsanwaltschaft. Das ist völlig klar.
Sie wollen das Glücksspiel nach Schleswig-Holstein locken und merken gar nicht, wie durch die Hintertür die Kriminalität im Schlepptau mitkommt.
Unsere Sicherheitsinfrastruktur ist darauf nicht vorbereitet.
Es darf auf keinen Fall passieren, dass Ihr Glücksspielsonderweg auch noch zu einem Bonusprogramm für das organisierte Verbrechen wird.
Ihr Kollege von der CDU aus Sachsen-Anhalt, Rainer Robra, hat gestern bei der Unterzeichnung des Glücksspielstaatsvertrags ausdrücklich auf die Gefahren von Online-Casinos hingewiesen. Deshalb weiß ich auch nicht, was die Aufregung hier soll. Er hat gesagt: Die Manipulationsgefahr, die Gefahr von Geldwäsche und vor allem die Suchtgefahr ist hier sehr groß.
Das ist doch vollkommen klar. Ihre eigenen Leute sagen das. Deswegen verstehe ich Ihre Aufregung überhaupt nicht.
Der Bericht lässt wesentliche Fragen offen. Nennen wir beispielsweise die Staatsanwaltschaft. Wie ist sie in diesem Bereich aufgestellt? Selbstverständlich muss sich in Schleswig-Holstein in diesem Bereich ein besonderer Schwerpunkt herausbilden.
Gibt es ausreichend Personal für diese Sonderdezernate, die dann irgendwann eingerichtet werden müssen und die die besondere Verflechtung von Geldwäsche und Glücksspiel berücksichtigen?
Das Gleiche gilt für die Polizei. Woher nehmen wir das Geld für spezialisierte Ermittlungskapazitäten? Wir hören immer wieder, dass bei der Polizei bereits das Schießtraining ausgesetzt wurde. Dann sehe ich für die extrem aufwendigen Ermittlungen zur Geldwäsche in Schleswig-Holstein aber erst recht schwarz.
Ja, einen hat er noch. Gerne.
- Das hat doch überhaupt nichts mit „privat“ oder „öffentlich“ zu tun.
- Bei der Antwort bin ich dran und nicht Sie, Herr Kubicki. - Glücksspiel hat etwas mit Kriminalität zu tun, aber nicht in jedem Fall. Es gibt viele legale Glücksspiele. Glücksspiel hat aber immer auch eine gewisse Nähe zur Kriminalität. Glücksspiel wird zudem von Menschen betrieben, die etwas mit Kriminalität zu tun haben. Machen wir uns doch nichts vor. Das ist so. Das wissen wir doch. Dass Sie hier so tun, als hätte das eine mit dem anderen überhaupt nichts zu tun, ist einfach unredlich.
Bisher hat Ihnen das Glücksspiel kein Glück gebracht. Vielmehr ist das Ganze ein Trauerspiel und ein politikwissenschaftliches Musterbeispiel für misslungene Lobbypolitik. Die „Sylter Sause“ war
der unrühmliche Auftakt zu einem Gesetz, das nicht nur von schlechtem politischen Stil zeugt. Ihr ganzes Gesetz - immerhin ein Kernelement Ihrer kurzen Regierungszeit - steht auf tönernen Füßen. Wir haben es schwarz auf weiß vom Wissenschaftlichen Dienst: Die Ausgestaltung der Glücksspielabgabe ist nicht verfassungsgemäß. Herr Kubicki, als Jurist wissen Sie, was das heißt: Das Gesetz ist nichtig und ohne Rechtsbindung. Das ist ein untauglicher Versuch.
Im Jahr 2012 sollen aber trotzdem munter Lizenzen vergeben werden. Damit droht auch noch ein finanzielles Entschädigungsrisiko. Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, das kann nicht Ihr Ernst sein.
Gerne.
- Auch!
Das war mit Sicherheit eine sprachliche Unsicherheit; denn damit sagen Sie, dass jeder, der sich an einem kleinen Automaten beschäftigt, kriminell handelt. Das meinen Sie doch wohl nicht ernsthaft so.
- Das ist ein Niveau.
Natürlich gibt es auch legales Glücksspiel. Das ist doch vollkommen klar. Es gibt aber zahlreiche Berichte von internationalen Organisationen, die eine gewisse Verbindung sehen zwischen Glücksspiel und den damit verbundenen Gefahren mit Blick auf die Kriminalität. Sie tun aber so, als sei alles in bester Ordnung. Das ist nicht realistisch. Vielmehr müssen wir bedenken, dass das, was Sie hier machen, ein Problem für die Sicherheitsinfrastruktur in Schleswig-Holstein ist. Das ist einfach so.
Mit dem Beharren auf den Sonderweg hat Schleswig-Holstein die anderen Länder endgültig verprellt. Rechthaberisch spielen Sie sich auf und glauben, die einzig richtige Lösung zu kennen. So wird es nie etwas mit einer gemeinsamen Lösung. Herr Kubicki, Herr Arp, sehen Sie ein, Sie haben überreizt und sind in den Sand gefahren.
Finden wir einen gemeinsamen Ansatz mit den übrigen Ländern und dem Bund zur Bekämpfung der Geldwäsche. Schleswig-Holstein übernimmt sich gewaltig, wenn es glaubt, allein das Glücksspiel und die Geldwäsche in Schach halten zu können.
Wir werden an dieser Stelle sehr genau hinsehen. Es sollten keine Zweifel entstehen, dass die Geldwäsche billigend in Kauf genommen wird, weil Schleswig-Holstein den Reibach aus dem Glücksspiel so dringend benötigt.
Ohne eine verständliche Ausgestaltung der Aufgaben für die Glücksspielanbieter kann die Geldwäsche nicht effektiv bekämpft werden. Dafür ist es zwingend erforderlich, dass die Betreiber bezüglicher ihrer Pflichten stets auf dem aktuellen Stand sind.
Die Online-Casinos im Schwarzmarkt zu belassen, ist keine Lösung. Dabei stimmen wir Ihnen zu. Daher ist die Schaffung eines Gesetzes grundsätzlich richtig. In diesem Bereich ist der Umsatz im Laufe der Jahre immer weiter gewachsen. Wir sind für eine Regulierung, um überhaupt Ansatzpunkte für Jugendschutz und Suchtprävention zu erhalten.
Ihr Alleingang wird aber die Anbieter allesamt nach Schleswig-Holstein locken, ohne dass wir dem Problem der nachfolgenden Kriminalität und Geldwäsche gewachsen sind. Schleswig-Holstein sollte weder ein Eldorado für Glücksspiel noch für die Geldwäsche und damit für die organisierte Kriminalität werden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit großen Zielen ist der Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag gestartet. Eine grundsätzliche Systemänderung durch den Wandel von der personen- und gerätebezogenen Gebühr zu einer Haushaltsabgabe sollte die Schnüffelei der GEZ beenden und zu einem gerechteren System führen. Auch wir Grüne hielten diesen Systemwechsel für notwendig und hatten schon vor Längerem eine Mediengebühr pro Haushalt vorgeschlagen. Wir bleiben bei dieser Überzeugung. Die Grenzen zwischen Telefon, Computer und Rundfunk verwischen immer mehr. Da passt das alte Rundfunkgebührenmodell nicht mehr in die Zeit, es muss geändert werden. Deshalb haben nicht alle, aber viele grüne Landtagsfraktionen - Herr Eichstädt hat es dankenswerterweise schon einmal vorgerechnet - dem Staatsvertrag zugestimmt.
Wir kommen hier heute zu einem anderen Ergebnis. Das ist nun mal im Föderalismus so. Das haben wir bei diversen anderen Themen immer mal wieder, dass verschiedene Landtagsfraktionen unterschiedliche Positionen zu politischen Fragestellungen haben, auch hier in der Medienpolitik. Sonst könnte man den Föderalismus abschaffen, wenn man sagt, alle Fraktionen müssen immer und überall einheitlich abstimmen. Deshalb ist es auch erlaubt, dass wir hier zu anderen Ergebnissen kommen.
Neben der verlässlichen Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks - das war das große Ziel - gab es auch noch ein Nebenziel. Wir wollten die Schnüffelei der GEZ beenden. Durch einen Wechsel von der geräteabhängigen Rundfunkgebühr zur Haushaltsabgabe sollten weniger Daten als zuvor erhoben werden. Aber genau das wird jetzt nicht passieren. Anstatt dass die GEZ auf die Daten der Meldeämter zurückgreift und so die Haushalte ermittelt, darf sie auch bei nicht öffentlichen Stellen Daten erheben. Konkret heißt dies, dass die GEZ künftig - das ist die problematischste Regelung - auch Vermieter befragen kann, wer der Mieter oder die Mieterin einer Wohnung ist und sogar, welche Menschen dort sonst noch wohnen. Durch diese Auskunftspflicht der Vermieter werden diese in die zweifelhafte Rolle der Denunzianten gedrängt. Statt beim Datenschutz einen Schritt nach vorn zu gehen, geht es jetzt zwei Schritte zurück. Da können wir Grüne in Schleswig-Holstein nicht mitmachen.
Künftig können also Vermieter in regelmäßigen Abständen Post von der GEZ bekommen. Es droht, ganz nebenbei, auch eine gewisse Aufblähung der Bürokratie. So ist es auch logisch, dass die GEZ ihre Mitarbeiterzahl kräftig erhöhen wird. Für die Umstellung werden nicht, wie erhofft, Stellen abgebaut, sondern erst einmal aufgebaut. Insgesamt sind es 400, die zu den 1.150 hinzukommen sollen. Ob diese dann wieder abgebaut werden und zusätzliche Stellen wegfallen, ist zweifelhaft. Die GEZ hat selbst in der Anhörung bei uns im Ausschuss erklärt, dass sie langfristig 80 % des bisherigen Personalbestandes erhalten will. 80 % - die Zahl muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Das zeigt, dass ein wesentlicher Teil der Reform in diesem ersten Anlauf, der ja heute hier beschlossen werden wird, nicht erreicht worden ist.
Kein Wunder, wird doch neben der bestehenden Meldebehördenstruktur quasi die GEZ zu einer zweiten Art von Meldebehörde, die im Wesentlichen dieselben Daten erhebt, mit geringstufigen Abweichungen. Das hätte man vereinheitlichen können. Thilo Weichert, unser Datenschutzbeauftragter, hat gesagt, das wäre auch okay gewesen. Was wir jetzt haben, ist ein bürokratisches Monstrum sondergleichen.
Hier drängt sich für uns Grüne die Frage auf, ob der Staatsvertrag nicht zugleich ein Vertrag zur Rettung der GEZ sein soll.
Wir haben das eben in der Fraktion besprochen. Wir wollen hier jetzt nicht zusätzliche Schärfe reinbringen, und es geht auch nicht um Häme in Richtung FDP. Aber wir können noch einmal unterstreichen, dass das, was der Kollege Wolfgang Kubicki damals gesagt hat, von uns geteilt wird: Es bestünden erhebliche Zweifel am Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Die GEZ würde zu einer Supermeldebehörde, und der Vertrag sei aus datenschutzrechtlichen Gründen abzulehnen. Ich spare mir jetzt einen Teil der weiteren Rede. Ich will nur sagen: Wenn man in Zukunft Häme vermeiden will, dann muss man vielleicht bei Äußerungen auch das weitere Verfahren immer mit bedenken.
Das war jetzt sehr freundlich, Herr Kubicki. Nehmen Sie das auch einmal an, kurz vor Weihnachten!
Am Gesetzentwurf hat sich nichts geändert. Deswegen gilt die Bewertung, die damals abgegeben wurde, fort. Wir haben es selbst in der Hand. Wenn Schleswig-Holstein den Gesetzentwurf ablehnt, tritt der Staatsvertrag insgesamt nicht in Kraft. Das ist richtig. Es wäre dann Aufgabe der Ministerpräsidenten, aus einer eigentlich guten Idee auch einen guten Staatsvertrag zu machen, damit der öffentlich-rechtliche Rundfunk, den wir stärken wollen, eine gute Finanzausstattung erhält.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Wochenende haben die ersten Massendemonstrationen in Russland seit gut 20 Jahren stattgefunden. Sie haben Medwedew veranlasst, die Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Durchführung der Wahl noch einmal überprüfen zu lassen. Anfang dieses Jahres - wir erinnern uns wurde ganz Nordafrika von den Aufständen in Tunesien angesteckt. Wie ein Lauffeuer führten diese Demonstrationen zu ersten entscheidenden Veränderungen.
Das führt uns eindringlich vor Augen, dass die Versammlung von fundamentaler Bedeutung in einer Demokratie ist. Sie kann das letzte verbleibende Mittel oder auch der erste Schritt in die Freiheit sein. In Deutschland sind zum Beispiel die Montagsdemonstrationen in der ehemaligen DDR oder die Anti-AKW-Bewegung hervorragende Beispiele für die politische Kraft, die von Versammlungen ausgehen kann.
Versammlungen sind das Mittel jedes einzelnen Menschen, sich Gehör für seine Meinung zu verschaffen. Aufgabe von uns als Gesetzgeber muss es sein, diesem Wunsch nach Partizipation den größtmöglichen Raum zu lassen. Wie soll es sonst gehen? - Bürgerinnen und Bürger können keine Leitartikel schreiben, Pressemitteilungen verfassen oder wie wir Anträge in Parlamente einbringen. Die Freiheit der Presse ist uns zu Recht heilig, ebenso die Freiheit dieses Parlaments. Das Gleiche sollte nach unserer Auffassung für die Versammlung gelten, für die Bürgerinnen und Bürger, die sich friedlich versammeln.
Dementsprechend muss ein Versammlungsgesetz aus grüner Sicht so freiheitlich wie möglich sein, und dies ohne Einbußen an der Friedlichkeit der Versammlung. Unfriedlichen Versammlungen rede ich hier nicht das Wort. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein. Aber um entsprechenden Einwür
fen zuvorzukommen, betone ich es noch einmal ausdrücklich.
Schon lange besteht Kritik in Schleswig-Holstein an dem bisher fortgeltenden Bundesversammlungsgesetz. Man kann darüber streiten, ob es rechtstechnisch richtig war, den Ländern die Gesetzgebungszuständigkeit für das Versammlungsgesetz zu geben. Nun ist es aber so - das war ursprünglich keine grüne Idee -, und wir sollten diese Herausforderung als Parlament auch selbstbewusst annehmen. Das geltende Recht - da werden Sie mir zustimmen - ist an vielen Stellen jedenfalls nicht nur unbestimmt, unvollständig, weil es die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts nicht aufnimmt, zum Beispiel zu Spontanversammlungen und zu dem, was im Zusammenhang mit dem Frankfurter Flughafen entschieden wurde, zu Versammlungen auf Privatgeländen. Es atmet außerdem den Geist einer vergangenen Zeit. Die Beschränkung der Versammlung steht im Vordergrund dieses Gesetzes. Wir wollen dem mit unserem Gesetzentwurf einen bewussten Paradigmenwechsel entgegensetzen und die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt des Versammlungsrechts in SchleswigHolstein stellen.
Wir wollen hiermit eine sachliche Debatte über ein neues Versammlungsgesetz anstoßen, das den Herausforderungen und der politischen Kultur des 21. Jahrhunderts zeitgemäß ist. Ich hoffe, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, dass wir von Ihnen neben Kritik an einzelnen Normen, die sicherlich in Ordnung ist, auch konstruktive Vorschläge hören, wie wir gemeinsam ein gutes Versammlungsrecht für Schleswig-Holstein hinbekommen. Ich bin Realist. Am Ende dieses Prozesses wird kein Versammlungsgesetz stehen, das zu hundert Prozent dem entspricht, das wir Ihnen als Grüne vorschlagen. Aber ich werde Ihnen versprechen, dass wir als Grüne dafür kämpfen werden, dass wir ein Gesetz bekommen, das die Freiheitlichkeit der Versammlung an entscheidenden Punkten stärkt.
Ich hebe zwei Beispiele besonders heraus:
Das Erste ist das Miteinander von Polizei und Demonstranten. Wir wollen ein friedliches Miteinander der Polizei und Demonstranten. Dafür ist wesentlich, dass ein Gebot konstruktiver Kooperation zwischen beiden Seiten festgeschrieben und im Gesetz verankert wird. Wir wollen auch die Konfliktmanagerinnen und Konfliktmanager im Gesetz als mildestes Mittel der Polizei verankern, das helfen soll, dass die Freiheit so wenig wie möglich beein
trächtigt wird. Denn es ist gut, wenn die Landesregierung jetzt quasi im Vorgriff auf das neue Gesetz schon daran arbeitet, Konfliktmanagerinnen und Konfliktmanager als Instrument in die Versammlung einzuführen, auch in Schleswig-Holstein Konfliktmanager auszubilden. Ich finde, wir können das auch so ins Gesetz schreiben.
Das Zweite ist die Stärkung der Bürgerrechte. Die Betonung der bürgerlichen Rechte ist ein wesentlicher Punkt eines modernen Versammlungsgesetzes. Dazu gehören zum Beispiel Versammlungsbeobachter, denen die unparteiliche Teilnahme an Demonstrationen erlaubt sein muss. Wir wollen auch - das wird nicht allen gefallen - die Schwelle für das Einschalten von Kameras bei Demonstrationen erheblich heraufsetzen. Auch wenn das nicht allen gefällt, sage ich klar: Auch das ist für uns etwas, wo der Grundsatz der Freiheit der Versammlung betroffen ist und wir wollen, dass die Versammlungsfreiheit so wenig wie möglich angetastet wird.
Natürlich gibt es Versammlungen, die man beschränken oder sogar verbieten muss. Wir wollen aber kein Gesetz, das Versammlungen unter Generalverdacht stellt. Wir wollen ein Gesetz, das annimmt, dass die Bürgerinnen und Bürger sich in aller Regel friedlich versammeln, wenn sie zusammenkommen, um zu demonstrieren, und es nicht missbrauchen. Wir wollen ein Gesetz, das die Demonstrationskultur in der Mitte unserer Gesellschaft stärkt. Diese Demonstrationskultur ist eine der wesentlichen Errungenschaften in unserer Demokratie.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich über diese Debatte und auch über die vielen Kritikpunkte, die zu diesem Gesetzentwurf eingebracht wurden. Herr Kollege Kalinka, jetzt gucke ich Sie an, Herr Kollege Koch ist ja lei
der nicht mehr da. Herr Kalinka? - Eins, zwei, viertel vor drei - okay, Herr Kalinka ist nicht für Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Da hier die Grundthese, dass Schleswig-Holstein in absehbarer Zeit einmal ein Versammlungsrecht braucht, nicht in Abrede gestellt wurde, würde ich mich freuen, wenn wir Parlamentarier uns verständigen könnten - ich glaube, wir werden es in dieser Legislaturperiode vermutlich nicht mehr schaffen, als Landtag ein Gesetz zu verabschieden -, zumindest eine schriftliche Anhörung zu machen. Mein Ziel ist, dass wir im Landtag ein Versammlungsgesetz verabschieden, das nicht von einer Ein- oder Zweistimmenmehrheit verabschiedet wird, sondern von einem größeren Teil.
- Ja, wenn da noch etwas kommt. Da bin ich gespannt.
Ich wollte noch einmal auf Herrn Koch eingehen, auf die Frage des Vertrauens und des Misstrauens. Die Rolle, die Sie den Grünen zuschreiben, ist natürlich etwas Wahlkampfgeplänkel und so weiter.
Wir wollen der Polizei durch unseren Gesetzentwurf eine sehr positive Rolle zur Sicherung der Versammlungsfreiheit zubilligen. Sie sehen an diversen Punkten, dass wir der Polizei sogar eine positive Rollenbeschreibung geben, wie sie die Versammlungsfreiheit stärken kann. Das ist richtig.
Zu der Frage: Muss man der Polizei immer trauen? Natürlich ist es so, dass unsere staatlichen Institutionen - das ist das Parlament, das ist die Justiz, das ist die Bundeswehr, das ist die Polizei - in der Bevölkerung und auch bei uns Grünen einen großen Vertrauensvorschuss haben. Aber ich finde ganz ehrlich, es ist keine liberale Position, sich hier immer hinzustellen und zu sagen: Bestimmte Institutionen müssen über Kritik erhaben sein.
Die Justiz, die Polizei oder irgendeine Organisation müssen sich kritische Fragen gefallen lassen. Dazu zählt die Polizei, auch wenn wir grundsätzlich bei ihr sind und sie unsere Unterstützung hat. Deswegen auch der Gesetzentwurf, der die Rolle der Polizei zur Sicherung der Versammlungsfreiheit positiv lenken möchte.
Herr Kubicki, ich glaube, in der Selbstdarstellung stehe ich Ihnen ein bisschen nach.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss haben wir das alles gehabt. Sie waren ein
Mal dabei, Herr Kubicki. Einige von uns waren häufiger dabei.
Zeugen mussten zweimal vernommen werden, es gab zwei Abschlussberichte, Sie mussten in zweifacher Hinsicht erarbeitet werden. Die Aktenbestände mussten zweimal vervielfältigt und vorgehalten werden, und so weiter. Das ist kein sinnvolles Vorgehen, das wir da an den Tag gelegt haben.
Deswegen haben die Grünen relativ schnell gesagt: Lasst uns doch versuchen, einen gemeinsamen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss hinzubekommen, weil die Thematik eine gemeinsame ist. Damals haben Sie darauf hingewiesen und gesagt, das sei eigentlich keine schlechte Idee, die rechtlichen Rahmenbedingungen seien aber nicht vorhanden. Das stimmt. Jetzt liegt ein Vorschlag auf dem Tisch, wie wir die rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen können, dass es gemeinsame Ausschüsse und gemeinsame parlamentarische Untersuchungsausschüsse gibt. Denn es gibt nicht nur die HSH Nordbank, wir haben Dataport und das Statistikamt Nord. Wir hatten auch dazu schon Ausschusssitzungen. Auch diese Sachen werden länderübergreifend gemacht. Es wird damit nicht aufhören. Ich glaube, dass es uns als Parlament gut ansteht, wenn die Exekutive in einigen Bereichen diesen Weg geht und mit anderen Ländern zusammenarbeitet, zu sagen, dass wir auch die Strukturen schaffen müssen, dass auch wir als Parlamente das gemeinsam kontrollieren können und nicht völlig hinter der Exekutive herhinken.
Wir haben einen solchen Staatsvertrag vorgeschlagen, der übrigens alle Probleme, die Sie, Herr Jezewski, angesprochen haben, regeln kann. Mir fehlt da etwas die Sympathie für Ihre Gedanken, dass alles ganz kompliziert sei. Das kriegen wir hin. Der soll mit einer Zweidrittelmehrheit im Landtag beschlossen werden. Wir hatten vorgeschlagen, dass auch die Rechte des SSW in einem solchen gemeinsamen Ausschuss berücksichtigt sind. Das garantiert eine starke Rolle des Parlaments, weil durch die Zweidrittelmehrheit gesichert ist, dass durch den Staatsvertrag, der abgeschlossen wird, nicht einseitig von Regierungsseite aus gehandelt werden kann.
Frau Brand-Hückstädt, ich lese Ihre Kritik so, dass Sie den Antrag gar nicht so schlecht finden und vielleicht Mitantragsteller geworden wären. Dann
müssen wir als Grüne uns vielleicht entschuldigen. Wir haben das anders eingeschätzt. Wir dachten, dass die Regierungsfraktionen daran kein Interesse haben. Aber uns geht es um die Sache und darum, ein modernes Parlament zu haben. Ich kann Ihnen gern versprechen, wenn wir da im weiteren Verfahren gemeinsam einbringen, dass ich im Wahlkampf nicht rumlaufen und sagen werden, das sei ursprünglich meine Idee - von Grünen und SPD - gewesen.
- Es steht ja im Protokoll, Frau Loedige, Sie werden es mir sicherlich vorhalten, wenn ich dagegen verstoße.
Ich sage aber auch: Diese Grundlinienverteidigung, die hier manchmal an den Tag gelegt wird, alles abzulehnen, was in Richtung Kooperation und verstärkter Zusammenarbeit geht, wird den Interessen der Menschen im Land nicht gerecht, und zwar weder im Süden noch im Norden des Landes.
- Noch im Osten, noch im Westen! Ich würde mir auch wünschen - was Gesetzesvorhaben angeht -, dass wir beispielsweise die nächsten Anhörungen zum Rundfunkänderungsstaatsvertrag, sei es der Siebzehnte, Achtzehnte oder Neunzehnte, nicht in fünf Ländern durchführen, sondern vielleicht zu einem gemeinsamen norddeutschen Verbund zu kommen und solche spannenden Anhörungen in einem gemeinsamen Ausschuss von norddeutschen Bundesländern zu erörtern, um dann auch ein bisschen zielgerichtet die Sachen zu diskutieren.
Herr Kollege Jezewski, wissen Sie schon, dass es jetzt im Rahmen der HSH Nordbank auch eine gemeinsame Anstalt öffentlichen Rechts gibt, an der Anteile gehalten werden, und dass das eine Anstalt ist, die länderübergreifend eingerichtet wurde?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Koch, wenn Sie seit über einem Jahr wussten, dass die Eigenkapitalanforderungen, die an die Sparkassen gestellt werden, zu einem Problem führen können, dann frage ich Sie: Warum haben Sie Ihren Einfluss, den Sie auf EU-Ebene haben, nicht geltend gemacht, um diese Belastung von den Sparkassen abzuwenden? - Das wäre Ihre Aufgabe gewesen.
Dann würde der Salat, den wir jetzt aufessen müssen, nicht so bitter schmecken. Ihre Antwort ist das Sparkassengesetz. Das ist der zweite Grund dafür, warum ich mich zu Wort gemeldet habe.
Sie tun jetzt so, als hätte das Sparkassengesetz, das Sie verabschiedet haben und über den grünenKlee loben, nichts, aber auch gar nichts mit einem Einstieg der HASPA zu tun. Sie müssen sich fragen, ob das so richtig ist.
Ich habe Akteneinsicht genommen. Ich will das nicht im Einzelnen ausplaudern, aber Sie können hier doch nicht ernsthaft behaupten, dass die HASPA im Regierungsverfahren nicht massiv Lobbyarbeit betrieben hat, um diesen Gesetzgebungsprozess anzuschieben. Sie können außerdem nicht in Abrede stellen, dass es ein Gesetzgebungsverfahren war, das zunächst auf Regierungsebene angeschoben wurde und in letzter Minute den Regierungsfraktionen aufs Auge gedrückt wurde, weil es der Regierung zu heiß war, für diesen Gesetzentwurf eigene Verantwortung zu übernehmen.
Ich frage mich auch, was für ein Bild des Parlamentarismus dies eigentlich ist, das Sie hier an den Tag gelegt haben, indem Sie sich für dieses Schauspiel zur Verfügung gestellt haben.
Nein. Ich bin kurz vor dem Schluss und möchte das jetzt zu Ende ausführen.
- Ich habe Akteneinsicht genommen. Das können Sie auch einmal machen. Ich glaube, Herr Kollege Rother hat auch Akteneinsicht genommen. Ich bin gespannt, was Sie dann für Behauptungen aufstellen.
Es ist eine gelbe Linie, die sich durch die Rechtspolitik der Regierung zieht - sei es beim Flüchtlingsbeauftragten, sei es beim Glücksspielgesetz, sei es beim Sparkassengesetz -, die zeigt, dass diese Regierung immer wieder daran krankt, dass immer dann, wenn sie in der Rechtspolitik von der FDP angeschoben wird, Gesetze dabei herauskommen, die Murks sind. Das ist eine gelbe Linie, die diese
Regierung relativ schnell hinter sich lassen sollte, damit wir wieder zu einer vernünftigen Rechtspolitik in Schleswig-Holstein kommen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die gute Nachricht für die Regierungsfraktionen vorab: Wir werden Ihrem Antrag zustimmen. Es ist ein richtiger Antrag. Es ist gut, dass das Beihilfeverfahren abgeschlossen wird.
Hinter dem Beihilferecht der EU steht eine sehr ordnungspolitische Erwägung - die ordnungspoliti
sche Erwägung, dass der europäische Wettbewerb nicht über Subventionen verzerrt werden soll. Das ist richtig. Es ist gut, dass die EU das prüft. Es ist auch gut, dass ein solches Verfahren, wenn es durchgeführt wird, zu einem zügigen Abschluss kommt.
Was ich mich frage, ist, warum Sie als CDU und FDP sich diesen ordnungspolitischen Erwägungen beim Thema Flughafen Lübeck so beharrlich verschließen.
Es gibt immer wieder einmal Ansätze. Der geschätzte Kollege Koch hatte es vor einigen Jahren einmal gemacht. Frau Dinges-Dierig macht es aktuell. Ich habe den Eindruck: Immer, wenn einer kommt und sich einmal vorwagt und sagt: „Wir müssen ein bisschen gucken, mit Subventionen ist es vielleicht nicht so gut, und das können wir uns auf Dauer nicht leisten“, wird der sofort zurückgepfiffen. Ich frage mich, aus welchem Grund das so ist. Ich sage Ihnen: Es wird der Tag kommen - vielleicht nicht heute, vielleicht in einem Monat, vielleicht in einem Jahr -, an dem Sie sagen, beim Thema Flughafen Lübeck haben die Grünen Recht behalten
und wir haben uns geirrt.
So einfach wird es sein.
Einige von Ihnen waren ja auch schon kurz davor. Ich zitieren den Kollegen de Jager.
Ja, ich lasse sie zu.
einfach zurückgezogen haben und uns mit diesem Lübecker Wahlkampf verschonen?
- Herr Kollege, das Problem mit den Subventionen ist doch, dass das Geld in einen Flughafen investiert wird, der ersichtlich in seiner Konzeptionierung gescheitert ist, dass das vergoldete Millionensubventionen sind,
die Lübeck oder Schleswig-Holstein irgendwann zurückzahlen muss. Das ist doch das Schlimme.
Es gibt einige von Ihnen, die haben sich diese Erkenntnis schon zu eigen gemacht. Ich zitiere aus den „Lübecker Nachrichten“:
„Wirtschaftsminister de Jager …: ‚Wir sehen mit Sorge, dass der Airport wirtschaftlich offensichtlich nicht auf die Beine kommt.’“
Das sagt der Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten.
Die Kandidatin der CDU für das Amt der Lübecker Bürgermeisterin:
„Wenn wir keinen Investor finden, dann müssen wir den Flughafen ordnungsgemäß abwickeln...“
Das sind Ihre wahlkämpfenden Kollegen in Lübeck und in Schleswig-Holstein. Ich frage mich, warum Sie heute in dieser Debatte Ihren Wahlkämpfern in dieser Art und Weise in den Rücken fallen.
Ich bitte Sie, zur Kenntnis zu nehmen, dass der Bürgerentscheid von uns nicht infrage gestellt wird. Er gilt natürlich.
Aber auch wenn eine Gemeinde durch Bürgerentscheid entscheidet, muss natürlich die Mittelverwendung daraufhin geprüft werden, ob sie wirtschaftlich angemessen ist. Deshalb werde ich beantragen, dass über Punkt 3 unseres Antrages getrennt abgestimmt wird. Das Mindeste, was Sie machen müssten, ist, uns zuzustimmen, dass wir eine Sonderprüfung durch den Landesrechnungshof brauchen, damit diese Frage wirtschaftlich durchleuchtet wird. Da können Sie als CDU und FDP kaum sagen, dass Sie einen solchen Weg nicht mitgehen.
Ja, gern.
Oder geht es nicht vielmehr um den Antrag, den Sie gestellt haben, der da heißt: Lückenlose Aufklärung der Beihilfen an Ryanair. Hier geht es nicht um die Frage der Zukunft des Flughafens, sondern es geht nur um die Frage der Beihilfe. Es wäre schön, wenn Sie sich darauf konzentrieren würden, auch in Ihrem Beitrag. Meine Frage war also: Habe ich das falsch verstanden?
- Nein. Es geht darum, dass das Land Mittel in der Hand hat, die Mittelverwendung durch die Kommunen zu überprüfen, durch die Kommunalaufsicht und durch den Landesrechnungshof. Im Moment stecken alle den Kopf in den Sand. Ich sage: Das ist keine verantwortungsvolle Politik.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Koch, ich finde es interessant, dass Sie sagen, Grüne und LINKE stellen die Arbeit der Polizei infrage. Es ist schön, dass bei der FDP noch alte Feindbilder intakt sind. Ich kann Ihnen sagen, dass die Grünen die Arbeit der Polizei selbstverständlich nicht infrage stellen, sondern sie sehr schätzen.
Orientiert an rechtsstaatlichen Grundsätzen sind wir froh über das Bild, das die Polizei in SchleswigHolstein bietet. Dass Sie uns unterstellen, wir sähen das irgendwie anders, ist nicht lauter.
Wir unterstützen Sie auch, soweit Sie Gutes leistet. Zur Beschränkung auf die Kernaufgaben, zu der wir als Grüne gute Vorschläge gemacht haben - ich nenne hier die Beispiele Polizeiorchester und Poli
zeishow, denen Sie zum Teil auch nach langem Zögern gefolgt sind - sage ich: Das sind Vorschläge, die in der vergangenen Legislaturperiode von den Grünen gekommen sind und jetzt umgesetzt werden. Das ist richtig. Dafür werden wir Sie nicht kritisieren. Wir kritisieren Sie höchstens dafür, dass es manchmal ein bisschen zu lange gedauert hat, diese Sachen zu machen.
Wir erkennen auch an, dass zur Schließung der strategischen Lücke etwas Richtiges geplant ist. Die strategische Lücke beläuft sich auf 160 Stellen.
Strategische Lücke bedeutet, dass zur Erfüllung der Aufgaben der Polizei zu wenig Personal zur Verfügung steht. Bis zu einem gewissen Grade geht dieses Problem die Regierung an. Es gab eine Berechnung, die allerdings im allergünstigsten Fall dazu führt, dass die strategische Lücke um knapp 100 Stellen reduziert wird. Es bleibt also eine Lücke von 60 Stellen. Das heißt, die Regierung unternimmt nicht genug. Herr Innenminister Schlie, das heißt, dass Sie nicht Teil der Lösung, sondern in erster Linie Teil des Problems sind.
Minister Schlie, ich glaube, es wird nicht genügen, allein Beamte von einer Dienststelle in eine andere Dienststelle zu versetzen, um notdürftig Löcher zu stopfen. Vielmehr brauchen wir endlich eine Innenpolitik in Schleswig-Holstein, die den Mut hat, strukturelle Veränderungen anzugehen.
Deswegen lassen Sie uns darüber diskutieren, ob es nicht sinnvoll sein kann, die Aufgaben, die derzeit zum Kernbereich der Polizei gehören, weiter zu reduzieren.
Diskutiert werden sollten auch Möglichkeiten einer stärkeren Kostenbeteiligung. Dies gilt vor allem für Veranstaltungen, mit denen in irgendeiner Form kommerzielle Interessen verfolgt werden. Dies ist beispielsweise bei Sportveranstaltungen sowie bei kommerziellen Transporten der Fall. Bei allem, was einen kommerziellen Zweck verfolgt, womit die Leute Geld verdienen, stellt sich die Frage, ob nicht über eine stärkere Kostenbeteiligung nachgedacht werden kann, wenn die Polizei mitwirken muss, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten.
Herr Schlie, wenn Sie auf diesem Weg beherzt vorangehen würden, würden wir Ihnen dazu auch die Hand reichen.
- Nein, ich habe von der Polizei gesprochen, Herr Kubicki. Sie hören entweder nicht richtig zu, oder Sie missverstehen mich bewusst. Beides ist nicht gut.
Hinsichtlich der inneren Struktur der Polizei muss es in weitaus höherem Maße als bisher möglich sein, dass Laufbahnen verzichtbar werden. Das Land hat jetzt die Möglichkeit dazu. Wir haben die Möglichkeit, das Besoldungsrecht in die Hand zu nehmen.
Nach unserem Idealbild der Polizei entscheidet die Leistung. Wenn es um Aufgabenwahrnehmung oder Aufstieg geht, sollen die am besten geeigneten Leute ausgesucht werden. Hinderlich sein soll nicht, dass ein Bewerber zum Beispiel kein Abitur oder keinen Hochschulabschluss hat. Es gibt erste Schritte in Richtung dieses Idealbildes, die aber noch nicht weit genug gehen. Mit diesen Forderungen soll die Flexibilität des Personalkörpers erhöht werden. An solche Strukturveränderungen trauen Sie sich aber leider nicht heran, Herr Schlie.
Wir müssen also schauen, wie wir diese strategische Lücke von 60 Stellen weiter reduzieren können. Hierzu müssen wir uns die Aufgaben anschauen. Dazu habe ich bereits einiges gesagt.
Mehr Flexibilität kann sich zum Beispiel auch auf das Verhältnis von Schutzpolizei und Kriminalpolizei beziehen. Ich finde, dabei muss man über mehr Offenheit und mehr Durchlässigkeit nachdenken.
Außerdem haben wir das Problem des hohen Altersdurchschnitts bei der Polizei. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wer eigentlich den Streifendienst übernimmt. Wer macht den beschwerlichen Streifendienst, bei dem es immer wieder zu Beschimpfungen kommt? Wie können Sie es schaffen, dass im Streifendienst vor allem jüngere Leute eingesetzt werden, und zwar unabhängig davon, ob sie der Kriminalpolizei oder der Schutzpolizei angehören? Wie können wir es schaffen, dass die jüngeren Leute diesen schweren Dienst machen? Wie können wir mehr Möglichkeiten für Ältere schaffen, im Backoffice zu arbeiten?
Das alles wären Dinge, die wir angehen könnten. Wenn Sie das tun, Herr Schlie, dann reichen wir Ihnen dazu die Hand. Viel Zeit haben Sie dazu aber leider nicht mehr.
Ich komme zum Schluss.
Ich bin eigentlich schon fast am Schluss. Wenn es sein muss, dann können Sie aber auch noch eine Frage stellen, Herr Kubicki.
- Ich habe gesagt, dass wir versuchen müssen, vermehrt junge Polizeibeamte im Streifendienst einzusetzen. Ich habe außerdem gesagt, dass ich finde, dass die Durchlässigkeit von Kriminalpolizei und Schutzpolizei erhöht werden muss. Wenn Sie beides zusammenfügen, Herr Kubicki, dann sind Sie nicht ganz unklug. Ich glaube, dass wir uns diese Bereiche vorurteilsfrei anschauen müssen.
- Was gibt es denn da zu lächeln? Wir müssen uns die Strukturen anschauen. Herr Kubicki, Sie können natürlich die Position vertreten, dass Sie an den alten Strukturen festhalten wollen. Wenn wir aber an diesen alten Positionen festhalten, dann schaffen wir es nicht, die strategische Lücke bei der Polizei zu schließen. Sie können ja sagen, dass Sie das so wollen. Wir Grüne wollen aber die strategische Lücke schließen. Wir wollen, dass die Polizei ihre Kernaufgaben gut, solide und zuverlässig erledigt. Das wollen wir. Jede Struktur, die dem im Wege steht, müssen wir ändern.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Amokläufe der letzten Jahre und aktuell zuletzt in Oslo, die allesamt mit legal erworbenen Waffen begangen wurden, geben uns Anlass, erneut über die Ausgestaltung des Waffenrechts nachzudenken. Die Kontrollen und die Frage, wie Waffen aufbewahrt werden, sollten wir in diese Betrachtung einbeziehen. Daher bin ich dem SSW dankbar, dass er diese Initiative in diesen Landtag eingebracht hat. Ich vermute, dass die Ereignisse in Oslo dafür der Anlass gewesen sind.
Wir sollten uns darüber unterhalten, auch wenn die Rechtsmaterie, in der wir uns bewegen, sich überwiegend im Bereich des Bundesrechts liegt.
Dieser Punkt ist wichtig: Eine umfassende Sicherheit wird es nicht geben, diese können wir nicht garantieren. Selbst wenn wir das Waffenrecht immer weiter optimieren, können wir nicht ausschließen, dass es unter bestimmten Voraussetzungen doch zu einer Benutzung von Waffen kommt. Ich sage aber deutlich: Wir müssen immer das Bestmögliche tun. Wir müssen immer tun, was wir tun können. Die Binsenweisheit, dass wir keine absolute Sicherheit erreichen, entbindet uns also nicht von der Pflicht, stets zu überprüfen, wie wir die Sicherheit noch weiter erhöhen können.
Das darf keine Entschuldigung dafür sein, diese Nachjustierung nicht vorzunehmen. Der Umstand, dass die Bedrohung durch illegale Waffen im Rahmen der Kriminalität sehr viel größer ist als die Bedrohung, die von legalen Waffen ausgeht, ist mit Bezug auf die Frage nach der Anzahl der Menschen, die davon betroffen sind, wichtig. Das eine zu tun, bedeutet aber nicht, das andere zu lassen. Natürlich muss und wird es weiterhin die Bekämpfung von Kriminalität geben. Waffen müssen eingesammelt werden, und es muss auch Ausstiegsprogramme geben, wie sie viele Kommunen immer wieder durchführen. Das entbindet uns jedoch nicht von der Pflicht, zu gucken, was wir noch mehr tun können.
Es gibt das Phänomen, dass eine vorhandene Waffe in spontaner Wut benutzt werden kann, und zwar gar nicht unbedingt von demjenigen, der für die Waffe verantwortlich ist, sondern zum Beispiel von dessen Kindern und Verwandten oder möglicherweise auch von einem Eindringling. Das ist ein Problem. Daher hilft es auch nicht, mit dem Argument zu kommen, wir würden Jäger und Sportschützen unter Generalverdacht stellen. Selbst dann, wenn wir garantieren könnten, dass jeder Jäger und jeder Sportschütze in Schleswig-Holstein solide ist und auf seine Waffen aufpasst, bedeutet das noch nicht, dass wir nicht doch ein Problem damit haben könnten, dass jemand anderes sich dieser Waffen bemächtigt, sie benutzt und damit großes Unheil anrichtet.
Auch wenn wir die Stoßrichtung des Antrags des SSW unterstützen, sagen wir: Wir müssen uns auch die Frage der Trennung von Munition und Waffen noch einmal stellen. Herr Dr. Dolgner, Sie haben darauf hingewiesen, dass diese Trennung als Grundsatz bereits festgeschrieben ist. Für mich als Jurist ist es jedoch so: Wo ein Grundsatz ist, da ist auch schon die Ausnahme.
Es gibt immer noch ein Schlupfloch, sodass man Waffen unter bestimmten Voraussetzungen zusammen mit Munition in der Privatwohnung unterbringen kann. Das ist ein Punkt, bei dem wir meines Erachtens weitergehen und für eine zusätzliche Trennung eintreten müssen, damit in Privatwohnungen Waffen und Munition nicht mehr zusammen aufbewahrt werden.
Ich gebe zu, dass das eine Belastung sein kann. Es wäre unredlich, das in Abrede zu stellen. Natürlich kann das für Sportschützen und Jäger eine zusätzliche Belastung sein. Ich glaube aber auch, dass die
meisten Jäger und Sportschützen, die sehr verantwortungsvoll mit ihren Waffen umgehen, das akzeptieren würden; denn sie wissen, dass sie diese Waffen für einen bestimmten Zweck benutzen. Sie benutzen sie für den Sport. Sie benutzen sie für die Ausübung der Jagd. Sie erfüllen damit auch eine gesellschaftliche oder sportliche Funktion. Ich bin davon überzeugt, dass sie diese zusätzliche Bürokratie akzeptieren würden, weil sie wissen, dass das die Sicherheit erhöht, übrigens nicht nur ihre eigene Sicherheit, sondern auch die Sicherheit der Leute, die sie umgeben. Ich glaube, das ist der richtige Weg.
Mit der Steuer, die der SSW vorschlägt, wird der Weg in die richtige Richtung gewiesen, und zwar aus zwei Gründen. Zum einen hat jede Steuer ein ordnungspolitisches Moment. Wenn die Waffe im Schrank eine jährlich zu entrichtende Steuer verursacht, dann fragt man sich natürlich schon, ob man diese Waffe wirklich braucht. Wenn jemand beispielsweise fünf oder zehn Waffen zu Hause im Schrank hat, diese aber gar nicht alle nutzt oder nicht nutzen muss und jetzt eine jährliche Steuer pro Waffe bezahlen muss, dann wird er sich natürlich fragen, ob er die Anzahl der Waffen nicht reduzieren kann. Das ist einer der Gründe dafür, weshalb die Steuer sinnvoll sein kann.
Zum anderen pfeifen die Kommunen, die diese Kontrollen übernehmen sollen, aus dem letzten Loch und benötigen unbedingt Finanzmittel. Die Waffensteuer kann ein Weg sein, um diesen finanziellen Problemen zu begegnen. Das werden wir im Innen- und Rechtsausschuss diskutieren.
Ja, mit großem Vergnügen.
hat. Die Gefahr geht doch von einer Waffe genauso aus wie von zehn Waffen.
- Es sind zwei Momente. Dies ist zum einen der Aspekt der Sicherheit. So steigt die Schwelle an für Privathaushalte, Waffen zu halten, die möglicherweise gar nicht benötigt werden. Dies betrifft zum anderen das Instrument der Finanzausstattung der Kommunen. Man muss Mittel und Wege finden, um den Kommunen die Waffenkontrolle zu ermöglichen. Dabei spielt das natürlich eine Rolle. Je mehr Waffen zur Verfügung stehen, umso größer ist natürlich der Kontrollaufwand. Es reicht nicht aus, einfach den Schrank zu öffnen und zu prüfen, ob alle Waffen da sind. Vielmehr muss genau geschaut werden, ob genau die Waffen da sind, die der Betreffende auch haben darf. Das ist mit einem erhöhten Aufwand verbunden. Deshalb ist es gerechtfertigt, dass der Besitz einer höheren Anzahl von Waffen zu einer höheren Steuerzahlung verpflichtet.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren in immer kürzeren Abständen über Fragen des Datenschutzes und der Netzpolitik. Der eine oder andere wird sich vielleicht überlegen: Müssen wir solche neuen Themen überhaupt im Landtag diskutieren? - Ich sage ganz klar: Ja, das müssen wir. Wir müssen im Landtag über netzpolitische Grundsatzfragen sprechen.
Die gestrige Debatte zum Glücksspielgesetz und über den Glücksspielstaatsvertrag, die wenn man es ehrlich sieht, auch eine Art der netzpolitischen Debatte darstellt, hat auch gezeigt dass wir durch alle Bereiche des Wirtschafts- und Soziallebens die Frage stellen müssen: Was bedeutet das Dazukommen dieses neuen Mediums Internet für die Bereiche der Politik und der Rechtspolitik?
Herr von Abercron, ich möchte es an dieser Stelle ganz deutlich sagen: Ich bin Ihnen und Frau BrandHückstädt dankbar dafür, dass Sie das Thema Facebook und die Datenschutzproblematik zur Beratung im Innen- und Rechtssausschuss angemeldet haben, dass wir diese Themen dort diskutiert haben und dass wir eine Debatte in Gang gebracht haben. Sie werden zur Kenntnis genommen haben, dass diese Debatte es ermöglicht hat, dass wir unseren Antrag, den wir ursprünglich gestellt haben, ändern, weil Sie einen Fortschritt in die Debatte hineingebracht haben.
Soziale Netzwerke im Internet sind heute einer der Orte, in denen sich die Bürgergesellschaft austauscht, diskutiert, Freundschaften schließt; schlicht lebt. Es geht um Sportvereine, um Theater, um Ju
gendgruppen, es geht aber auch um politische Initiativen wie zum Beispiel die Initiative „Tigran bleibt hier“, die sich sehr stark über das Internet, über Facebook und über soziale Netzwerke insgesamt organisiert hat. Wir wissen nicht, ob es Facebook in fünf Jahren noch geben wird. Wir wissen aber, dass es solche Räume und solche sozialen Netzwerke geben wird. Uns Grünen ist es wichtig, dass solche Räume als Räume der Freiheit und der Demokratie erhalten bleiben.
Deshalb ist im Grundsatz alles, was in die Richtung der Abschaltung oder der Einschränkung solcher Angebote geht, erst einmal kein Ziel von grüner und freiheitlicher Netzpolitik. Ich sage aber auch ganz deutlich: Freiheit setzt Selbstbestimmung voraus. Das beinhaltet die Möglichkeit, selbst entscheiden zu können, wie mit den eigenen Daten verfahren wird. In dieser Hinsicht ist gerade Facebook zurzeit kein Ort der Freiheit und der Selbstbestimmung. Deswegen sind wir dem Datenschutzbeauftragten dankbar, dass er Bewegung in die Diskussion um den Datenschutz bei Facebook gebracht hat.
Facebook hat beispielsweise zugegeben, bei Nichtmitgliedern einen Cookie zu setzen, sobald diese nur einmal die Seite von Facebook betreten haben. Der Beteuerung, dass darüber keine Profile erstellt werden, darf man nicht einfach glauben. Die Möglichkeit dazu besteht jedenfalls. Damit folgt Facebook bis zu zwei Jahre jemandem, der nicht Mitglied ist und mit Facebook vielleicht gerade nichts oder nichts mehr zu tun haben möchte. Wir erwarten von Facebook, dass gemeinsam mit der Politik und dem Datenschutzbeauftragten Lösungen entwickelt werden, die sicherstellen, dass meine Daten tatsächlich mir gehören.
Ja, klar.
- Nein, die Daten fließen noch nicht.
- Das war böse.
- Das ist mir nicht bekannt. Ich kann es aber auch nicht ausschließen. Es kann durchaus sein, dass das geschieht. Ich kann nur sagen: Bei mir kommen solche Daten jedenfalls nicht an. Von jemandem, der an Politik interessiert ist, erwarte ich, dass er ständig auf meiner Seite ist. Ich bekomme interessante Informationen über Sie über Facebook, da auch Sie bei Facebook sind. Wenn bei mir ein Profil darüber ankommen würde, welche Seiten Sie aufrufen, dann können Sie davon ausgehen, dass ich dies politisch zum Thema gemacht hätte. Bisher ist dies nicht der Fall gewesen. Ich hoffe, das bleibt auch so.
Wir wollen nicht, dass am 1. Oktober 2011 in Schleswig-Holstein Facebook-Aktivitäten von Menschen und Initiativen, aber auch von Unternehmen aus Schleswig-Holstein dichtgemacht werden. Wir wollen, dass es am Ende auch nicht zu Untersagungsverfügungen kommt, und wir wollen, dass keine Bußgelder verhängt werden.
Es gibt aber Dinge, die getan werden können. Die öffentliche Verwaltung kann mit gutem Beispiel vorangehen. Die Landesregierung und die öffentlichen Stellen sollten vormachen, wie es geht. Dadurch wird Politik nicht zum Closed-Shop. Vielmehr bedeutet eine Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten auch, dass seine Auffassung auch für den Staat gilt. Hier erst einmal gegenteilige Meinungen abzuwarten und vielleicht höher zu bewerten sowie die rechtliche Bewertung generell anzuzweifeln, unterminiert die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten und stellt seine Kompetenz infrage. Solange Facebook keine einwandfreie Lösung anbietet, muss dies ein erster Schritt sein; gerade weil der Staat sich nicht den Regeln des Marktes unterwerfen sollte.
Weiterhin müssen wir auf Bundesebene und auf europäischer Ebene zu Verhandlungen kommen, damit der Datenschutz bei Facebook umgesetzt wird. Der Druck aus Schleswig-Holstein durch den Datenschutzbeauftragten hat gezeigt, dass Facebook generell zu einem Dialog bereit ist. Wir haben im Ausschuss erfahren, dass Facebook für Nichtmitglieder keine spezifische IP-Adresse speichert. Dieses Beispiel zeigt, dass Facebook bereit ist, auf die Auffassung von Datenschützern in Deutschland einzugehen. Hier darf sich die Politik nicht mit windelweichen Zusagen von Facebook-Vertretern begnügen. Der charmanten Auskunft im Ausschuss müssen Taten folgen, und eine Selbstverpflichtung ohne eine zeitliche Bindung oder inhaltliche Rahmendaten ist ebenfalls nicht ausreichend. Die Debatte ist angestoßen. Sie ist bei Weitem nicht entschärft, sie fängt gerade erst an.
Lieber Kollege Jezewski, verfügen Sie über die Medienkompetenz, Cookies abzuschalten, sodass Sie gänzlich ohne Cookies surfen können?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bericht zeigt, dass der bisherige Ansatz in der Präventionsarbeit und im Strafverfahren in Bezug auf Jugendkriminalität in vielen Bereichen bereits richtig ist und gut funktioniert. Über die Jahre hat ein Umdenken in Justiz und Polizei stattgefunden, dass jugendliche Gewaltund Straftaten eine Reaktion erfordern, die den Besonderheiten der Jugendkriminalität gegenüber angemessen ist. Das Hauptaugenmerk muss auf Prävention liegen. Darüber sind wir uns wahrscheinlich gar nicht uneinig, und im Strafverfahren muss auf die individuellen Herangehensweisen Rücksicht genommen werden, mit dem Ziel einer umfassenden Sozialisierung oder, wenn die Straftat geschehen, einer umfassenden Resozialisierung.
Was mich allerdings stört, ist, dass die Landesregierung das Problem immer noch von der falschen Seite betrachtet. Da wird immer von der Bekämpfung der Jugendkriminalität gesprochen, es wird hauptsächlich auf Polizei und Justiz gesetzt, statt Institutionen wie Schule und Sozialarbeit noch stärker einzubeziehen. Es tut mir leid, ich habe schon das erste Mal, als wir das im Landtag besprochen haben, darauf hingewiesen: Nach wie vor wird mit einer militärischen Einheit für ein Konzept geworben.
Herr Minister Schlie, es würde die Debatte um die Jugendkriminalität erleichtern, wenn Sie den militärischen Kampbegriff von der Jugend-Taskforce aus der Debatte zurückzögen - daher kommt es nun einmal - und dafür einen anderen Begriff verwendeten. Dann hätten wir viele Probleme nicht.
Herr Kalinka, gestatten Sie mir eine kurze Bemerkung zu dem, was Sie eben gesagt haben. Zur Anwendbarkeit des Jugendstrafrechts bei Heranwachsenden! Sie wissen ganz genau, das ist ein Rechtsbegriff, und der Rechtsbegriff wird von Richterinnen und Richtern in Schleswig-Holstein angewandt, die darüber zu entscheiden haben, ob Entwicklungsdefizite vorliegen oder ob keine Entwicklungsdefizite vorliegen. Sie haben das eben ja ganz verhalten gemacht. Ich möchte Sie nur davor bewahren: Fangen Sie nicht an, Briefe an die Richterinnen und Richter zu schreiben, wie sie das Gesetz auszulegen haben! Das entscheiden die Richterinnen und Richter selbst. Das ist kein politisches Thema. Ändern Sie das Gesetz, aber sagen Sie den Richtern nicht, wer Jugendlicher ist und wer nicht Jugendlicher ist! Das geht so nicht.
Ich möchte das Konzept für Mehrfach- und Intensivtäter heranziehen. Natürlich ist das ein wichtiges Thema, auch für die Grünen. Es bringt nichts, die Augen davor zu verschließen: Es gibt Mehrfach- und Intensivtäter. Sie bedürfen einer besonderen Herangehensweise durch den Strafvollzug und die Gerichte und die anderen Institutionen. Man darf allerdings auch nicht vergessen, dass es - wie Sie wissen - nur eine sehr kleine Gruppe ist. Wir sollten nicht die ganze Debatte um die Jugendkriminalität ausschließlich im Hinblick auf jugendliche Intensivtäter führen, weil das eben nur ein ganz kleiner Teilaspekt von Jugendkriminalität ist.
Der Ziffernkatalog, den Sie aufgestellt haben, klingt zunächst ein bisschen als Fortschritt. Wir haben darüber schon im Innen- und Rechtsausschuss gesprochen. Ich habe da ein bisschen Bedenken. Für einzelne Taten werden Ziffern vergeben, Raubtaten, sexuelle Gewalt, gefährliche Körperverletzung, Körperverletzung, dann kriegt man da eine Nummer, zwei Punkte, drei Punkte. Ich weiß aus der juristischen Praxis, dass diese Taten häufig ganz unterschiedlich sind. Es gibt Körperverletzung und gefährliche Körperverletzung - jede Körperverletzung ist natürlich schlimm und zu vermeiden -,
es gibt ganz unterschiedliche Wertungen in diesen Geschichten.
Ich habe ein bisschen die Befürchtung, dass der Mensch irgendwann hinter einer Zahl verschwindet, wenn Sie einen solchen Katalog aufstellen, dass Sie sich gar nicht mehr den einzelnen Fall angucken und fragen, wer eigentlich Intensivtäter ist und einer besonderen Behandlung bedarf, sondern derjenige auf die 100 oder auf die 50 reduziert wird.
- Das ist kein Unsinn, tut mir leid.
Der Mensch verschwindet hinter einer solchen Nummer. Ich möchte Ihr Augenmerk darauf richten - wir haben hier über Datenschutz gesprochen -: Es sind sehr viele Ministerien beteiligt, das Innenministerium, das Ministerium für Justiz und Gleichstellung und auch andere Institutionen werden einbezogen, die auch mit diesen jugendlichen Intensivtätern umgehen müssen. Mir graut davor - ich würde mir wünschen, dass Sie etwas dazu sagen -, wenn ich daran denke, wer eigentlich alles auf die Datei Zugriff hat. Ich glaube, wir sind uns im Klaren darüber, dass es ausgesprochen schädlich wäre, wenn irgendwann irgendwelche Listen im Internet landeten, aus denen man ersehen kann, dass diese oder jene Person irgendwann im Jahr 2008 eine 23 oder 24 war.
- Das ist überhaupt nicht absurd. Es gibt, glaube ich, kaum eine Zahl, die schädlicher für das Fortkommen junger Menschen wäre, wenn sie in irgendeiner Form öffentlich würde. Das heißt, dass ich hoffe, dass Sie Ihren Datenschutz an der Stelle ausgesprochen gut im Griff haben.
- Ja, ich hoffe das.
Ich möchte auch noch eine Frage gern beantwortet haben und hoffe, dass Sie etwas dazu sagen, Herr Schlie. Es geht um jugendliche Straftäter. Warum hat das Innenministerium in diesem Bereich die Federführung? Ich kenne es aus Hamburg so, dass diese Sachen unter Federführung der Justizministerien beraten werden. Ich finde, dass die Frage, wie mit Straftaten umgegangen wird, auch und vorrangig in die Hände der Justiz gehört
und deswegen da auch das Justizministerium die Federführung haben sollte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den Reihen der FDP müssen Sie nicht so viel murmeln. Wir mussten von Ihnen auch genügend Dreiminutenbeiträge im wahrsten Sinne des Wortes ertragen. Sie können auch einmal zuhören.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will zwei Aspekte herausgreifen: Der eine Aspekt ist die Frage, auf welcher Ebene das Ganze geregelt werden soll. Sie sagten, wir würden den Föderalismus infrage stellen. Viele in unserer Fraktion, ich eingeschlossen, sind mit Herzen Föderalisten. Die Frage, auf welcher Ebene Dinge geregelt werden müssen, muss immer wieder diskutiert werden. Hier gibt es keine generelle Antwort, die besagt: immer in Schleswig-Holstein, immer in Europa oder immer in Deutschland.
In einem Punkt werden Sie mir jedoch zustimmen, nämlich in dem Punkt, dass das Onlineglücksspiel im Internet in Schleswig-Holstein zu regeln, eine schwachsinnige Idee ist. Eine solche Regelung muss zumindest in Deutschland, besser jedoch in Europa erfolgen. Ein Vorstoß in Schleswig-Holstein ist schwachsinnig. Es muss in dieser Frage eine bundeseinheitliche Regelung geben.
Ein zweiter Aspekt: Die Vertrauensschutzregelung, die Sie in § 48 geschrieben haben, ist nicht
1 Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung liegt als Anlage bei
schlecht. Das kann man gesetzgebungstechnisch so machen. Das zerstört in einem gewissen Aspekt den Vertrauensschutz, das stimmt, aber es ändert nichts daran, dass Sie mit dieser Frist und mit diesem Vorpreschen bei den Genehmigungen den anderen Kollegen in den Staatskanzleien und den Ministerpräsidenten die Pistole auf die Brust setzen. Sie setzen ihnen die Pistole auf die Brust, und zwar wenige Tage nachdem Sie, Herr Kubicki, sich in Sachen Rundfunkstaatsvertrag ziemlich unmöglich gemacht haben. Ihr Parteifreund Herr Garg hat den Staatsvertrag zum Rundfunkstaatsvertrag für die Landesregierung unterschrieben, und Sie kündigen dies auf. Damit verprellen Sie die Ministerpräsidenten. Jetzt kommen Sie mit dem Nächsten. Sie können doch nicht erwarten, dass diese einen Schritt auf Sie zugehen, wenn Sie ihnen in dieser Art und Weise die Pistole auf die Brust setzen und sagen: Wenn ihr nicht bis dann und dann dies abgeschlossen habt, dann erteilen wir hier Genehmigungen. Dann könnt ihr gucken, wo ihr bleibt.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als der Untersuchungsausschuss im Herbst 2009 eingesetzt wurde, haben wir in der Rede damals die Erwartung formuliert, dass sich alle Fraktionen konstruktiv und sachlich an der Aufklärung beteiligen. Um es klar zu sagen: Diese Erwartung hat sich erfüllt. Dem Dank an die Mitarbeiter, der hier schon ausgesprochen wurde, und auch an den Ausschussvorsitz kann ich mich für die Grünen nur anschließen.
Auch die HSH Nordbank war unterm Strich kooperativ und hat mehr getan, als sie rechtlich musste, um die Aufklärung zu ermöglichen. Es gibt auch Gemeinsamkeiten in dieser Ausschussarbeit, die in den gemeinsamen Feststellungen zum Ausdruck kommen. Viele Positionen, die im Ausschuss entwickelt wurden, wurden gemeinsam getragen. Das gilt zum Beispiel für die Rückkehr eines Vertreters des Hauptaktionärs in den Aufsichtsrat, solange Schleswig-Holstein an der Bank beteiligt ist.
Aber wir Grüne - da unterscheiden wir uns in der Positionierung - sagen: Das muss auch ein Mitglied der Landesregierung sein. Denn - Frau BrandHückstädt hat schon darauf hingewiesen - nach der Krise ist vor der Krise. Es kann sehr viel schneller und die heutigen Zeitungsmeldungen belegen das eigentlich schon - wieder dazu kommen, dass eine Bank, die sich immer noch im Anteilsbesitz auch Schleswig-Holsteins befindet, in eine schwierige Lage gerät. Wir sagen: Die Bedeutung, die das finanzielle Schicksal der Bank für Schleswig-Holstein hat, macht es zwingend, hier eine Person zu entsenden, die auch in politischer Verantwortung dieses Landes steht.
Wir haben das im Rahmen der Ausschussarbeit an der einen oder anderen Stelle gemerkt, als es zum Beispiel um die Frage der Auflösung des Vertrages von Herrn Nonnenmacher ging, als Herr de Jager, seinen sehr segensreichen Einfluss auf die Bank hatte, seitdem er das Geschäftsfeld von Herrn Wiegard übernommen hat. In der Kommunikationspolitik ist es immer schwierig, dass jemand die Dinge versucht zu bewegen, der nicht selbst im Aufsichtsrat sitzt und unmittelbar an den Entscheidungen beteiligt ist.
Ein weiterer Punkt, über den wir uns einig sind, ist die Steigerung des Qualitätsanspruchs bei den Landesgesellschaften. Aber auch hier sagen wir Grüne: Wir wollen auch weiterhin über verpflichtende Schulungen nachdenken, denn wenn ein Land an einer solchen Bank beteiligt ist, hat es sein eigenes finanzielles Interesse, dass eine Gesellschaft gut kontrolliert wird. Eine Art Selbstverpflichtung der Gesellschaften wird diesem Anspruch nicht gerecht.
- Eine Sekunde, dann lasse ich die Zwischenfrage zu.
Deshalb im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler von Schleswig-Holstein: Bevor jemand in ein Aufsichtsrat geht, muss er in einer Schulung auf seine Verantwortung für das Land Schleswig-Holstein vorbereitet werden.
- Das ist mir bekannt.
Das hatten Sie schon einmal gefragt. Das war mir auch schon beim letzten Mal bekannt, als Sie das gefragt haben.
Sehr gern.
- Also ich gehe davon aus - das wird zumindest in der nächsten Legislaturperiode so sein -, dass wir sehr hoch qualifizierte Vertreterinnen und Vertreter in der Landesregierung sitzen haben.
Aber natürlich ist es so, dass es spezifische Kenntnisse gibt, die man braucht, um in einem Aufsichtsrat tätig zu sein, die man im politischen Geschäft dann nicht sozusagen durch ein Studium eines Wirtschaftsstudienganges oder eines anderen Studienganges erwirbt, die aber durch eine Schulung das ist ja gerade der Ansatz - einer Person mit auf den Weg gegeben werden sollten, um sie für diese Rolle im Aufsichtsrat fit zu machen.
Ja, Herr Weber.
- Es wäre zumindest sehr gut für das Land, wenn das so wäre.
Beim Thema Trennung von den Anteilen der HSH ist es so, dass wir uns auch hier der Position von CDU, SPD und FDP anschließen. Die Rettung der HSH hat Schleswig-Holstein an den Rand seiner finanziellen Leistungsfähigkeit gebracht. Die Änderung der Rechtsform, die wir vorgenommen haben, in eine Aktiengesellschaft musste zwingend auch mit einer Änderung der Ausrichtung einhergehen. Wir mussten für Fehler bei der Ausrichtung der Bank teuer bezahlen. Für die Grünen muss ich an der Stelle natürlich auch sagen, dass wir selbstkritisch sagen, dass auch wir die Fusion und die Änderung der Ausrichtung gewollt haben und ein stückweit Mitverantwortung für das Schicksal tragen. Es ist völlig klar, dass wir uns auch zu dieser Verantwortung bekennen.
Klar ist, dass die Ausrichtung am Ende nichts mehr mit dem zu tun hatte, was man klassischerweise unter dem Geschäft einer Landesbank versteht: Flugzeuge in Spanien, Schrottimmobilienprojekte in den Vereinigten Staaten. Für solche Geschäfte sollen die Staatsbürger Schleswig-Holsteins nicht mehr geradestehen.
Wir sind zufrieden damit, offensichtlich nicht mehr von der Europäischen Kommission dazu aufgefordert zu werden, die gesamte Bank zu einem Stichtag XY oder Z veräußern zu müssen. Trotz der großen Herausforderung, die die EU-Auflagen, die nun tatsächlich Realität werden, für die Bank bedeuten, wird uns zumindest so die Möglichkeit geben, die Veräußerung der Bank werthaltig vorzunehmen.
Mit einem ist es jedenfalls jetzt schon vorbei, mit dem Glauben, man müsse eine Landesbank haben, damit man sich beizeiten das eine oder andere politische Projektchen finanzieren kann, ohne genau auf die Risiken zu schauen. Das ist das Modell WestLB. Das wird es so nicht wieder geben, nicht
in Schleswig-Holstein und auch nicht anderswo. Ich sage klar: Es ist auch nicht schade darum.
Aber an einem Punkt irrt der Ausschuss mehrheitlich. Für uns ist nach fast zwei Jahren der Ausschussarbeit klar: Die Beinahepleite der HSH Nordbank war kein Schicksalsschlag des Kapitalismus. Sie war vorhersehbar, und sie war vermeidbar. Schon vor der Lehmann-Pleite waren die Weichen vom Vorstand falsch gestellt. Der Aufsichtsrat hätte das merken und den Hebel umlegen müssen. Die Bank wurde also tatsächlich schlecht geführt und katastrophal überwacht.
Herr Waas hat im Ausschuss ausgeführt:
„Struktur und Portfolio des Kreditersatzgeschäftes waren auch aus der Ex-post-Perspektive der HSH jedenfalls bis 2006 risikoarm und brachten einen stabilen Ertrag.“
Das wurde später anders. Herr Marnette hat gesagt:
„Die Bank wurde in gewinnträchtige und internationale, aber risikoreiche Geschäfte … getrieben, von denen sie allerdings wenig verstand und auf die sie organisatorisch überhaupt nicht vorbereitet war.“
Zum Ende 2007 betrug das Kreditersatzgeschäft 30 Milliarden €, das war 15 % der Bilanzsumme, und die Papiere wurden risikoreicher. Damit war die Bank in besonderer Weise anfällig für Marktturbulenzen.
Jetzt kommen wir zu der Frage: Muss eine Bank mit Marktturbulenzen rechnen? Muss eine Bank ihr Risikocontrolling auf solche Extremsituationen einstellen? - Selbstverständlich muss sie das.
Danke, Herr Koch, Sie haben ja auch schon auf Herrn Soros hingewiesen. In seinem Buch „The crisis of global capitalism“ ist es sehr gut herausgearbeitet worden, warum ein Vertrauen in die Stabilität von Finanzmärkten extrem gefährlich ist. Das Buch schrieb er aber nicht nach der Lehmann-Pleite, sondern bereits nach der Asienkrise. Das Buch erschien im Winter 1998.
- Nein, ich lasse im Moment keine Zwischenfragen mehr zu.