Protocol of the Session on September 9, 2010

Ich warne alle Beteiligten davor zu glauben, dass das sehr zügig und sehr schnell geht. Wir werden jedenfalls die Fristen einhalten.

Ein Letztes zu Herrn Fürter. Herr Fürter, Sie gefallen mir immer besser, weil mittlerweile das Rechtsstaatsverständnis der Grünen klar geworden ist.

(Thorsten Fürter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Wir haben wenigstens eins! - Weitere Zurufe)

Es ist ein Gesinnungsrecht. Sie haben kein Rechtsstaatsverständnis, Sie haben ein Gesinnungsrecht.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP)

Sie erklären hier: Karstadt will Neuwahlen, deshalb müssten Neuwahlen durchgeführt werden. Sie erklären, das Parlament und die Regierung hätten ihre Legitimationen verloren, weil die Mehrheit der Bevölkerung ausweislich der Umfragen anderer Auffassung sei.

(Lachen bei der FDP)

Wenn wir danach gehen, Herr Fürter, dass wir nach Meinungsumfragen künftig die politische Zusammensetzung des Landtags bestimmen, brauchen wir keine Wahlen mehr.

(Beifall der Abgeordneten Cornelia Conrad [FDP])

Ich warne davor, denn dort, wo die Grünen mit regieren, gibt es auch Bevölkerungsmehrheiten, die ihre Auffassung nicht teilen, ohne dass von uns oder anderen die Legitimation der Beteiligung der Grünen an der Regierung oder im Parlament jemals infrage gestellt worden ist.

Kommen Sie bitte einmal wieder ein bisschen weiter runter. Ich habe viel Verständnis dafür, dass Sie die Gunst der Stunde politisch und polemisch nutzen, aber das Wahlrecht eignet sich dafür nicht. Das ist eine Größe, die über die Zusammensetzung des Parlaments bestimmt, die juristisch sauber durchdekliniert werden muss. Daran werden wir mit aller Gründlichkeit und Sorgfalt arbeiten.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat nun Herr Abgeordneter Fürter.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage mich nach dieser Debatte ehrlich gesagt, worüber wir eigentlich noch 9 Monate lang beraten wollen, wo doch eigentlich alle Vorschläge und Vorstellungen schon auf dem Tisch liegen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin froh darüber, dass einige Sachen hier nicht wiederholt worden sind. Herr Kubicki, eben, als ich geredet habe, haben Sie dazwischengerufen, da stehe im Urteil: voll legitimiert. Inzwischen haben Sie wahrscheinlich nachgeguckt und nichts gefunden,

(Wolfgang Kubicki)

es steht nämlich wirklich nicht drin. Das wurde nicht wiederholt.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Es wurde hier auch nicht wiederholt - auch das ist gut -¸ dass das Landesverfassungsgericht über ein rot-grünes Wahlgesetz zu befinden hatte. Es gab natürlich aus den Reihen der Grünen schon Änderungen. Da ist damals - auch mit Ihrer Unterstützung, der Unterstützung der FDP; das muss ich hier einmal lobend hervorheben - versucht worden, rechtzeitig gegenzusteuern. Das ist an den großen Parteien gescheitert, das hat also nichts mit RotGrün zu tun.

Es ist auch nicht der Vorwurf wiederholt worden, dass eine Reduzierung - was den Gesetzen der Logik widersprechen würde - der Wahlkreise, so, wie die Grünen es vorgeschlagen haben, sogar zu noch mehr Abgeordneten führen würde, als wir sie heute haben. Das ist offensichtlicher Unsinn gewesen. Es ist gut, dass diese Sachen nicht wiederholt worden sind.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt beim SSW)

Jetzt sind hier noch ein paar Dinge zu beraten. Das eine ist das Einstimmenwahlrecht, das jetzt geprüft wird. Die Leute kennen das Zweistimmenwahlrecht von der Bundestagswahl, das sind sie gewohnt, es gibt ihnen zusätzliche Auswahlmöglichkeit.

(Vereinzeltes Lachen bei CDU und FDP)

Es gibt ihnen eine zusätzliche Auswahlmöglichkeit, die ihnen jetzt genommen werden soll. Mit welchem Ziel eigentlich? - Haben Sie sich einmal die Kommunalparlamente, die Bürgerschaft von Lübeck und den Rat von Kiel, angeguckt? Da gibt es ein Einstimmenwahlrecht. Trotzdem platzen sie aus allen Nähten. Was soll die Einführung des Einstimmenwahlrechts bringen? Es leuchtet mir überhaupt nicht ein, warum Sie ausgerechnet das Einstimmenwahlrecht prüfen wollen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Zum Vorschlag von „Mehr Demokratie“, Herr Kalinka Sie preisen ihn ja ab und zu auch im Ausschuss an. Sie finden, der Vorschlag von „Mehr Demokratie“ ist ein spannendes Modell. Ich finde ihn auch spannend. Wir als Grüne haben, als wir den aufgeblähten Landtag hatten, gesagt, wir müssen jetzt schnell ein Zeichen setzen, wir müssen das

schnell ändern. Damit Sie auch ein bisschen auf uns zugehen können, haben wir uns im klassischen Rahmen bewegt und da die Stellschrauben verändert, damit Sie dazu die Hand heben können. Wenn es in den Reihen der CDU ganz neue, revolutionäre Wahlideen gibt, dann bringen Sie sie doch in das Verfahren ein, wenn das die Position der CDU ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kalinka, ich habe aber den Eindruck, Sie stehen mit dieser Position in der CDU ziemlich allein da.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Landesregierung hat jetzt Herr Innenminister Schlie.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktionen von SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen mit ihrem Antrag eine schnellstmögliche Neuwahl des Landtags, spätestens Ende des Jahres 2011, erreichen. Die vom Landesverfassungsgericht vorgegebenen Fristen sollen nicht ausgeschöpft werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Demgegenüber fordern die Fraktionen von CDU und FDP eine zügige, aber auch gründliche Beratung des neuen Wahlgesetzes und eine zügige Festlegung des Wahltermins durch die Landesregierung, nachdem der Wahlkreisausschuss die Wahlkreise festgelegt hat.

Das Landesverfassungsgericht sagt hierzu - ich zitiere wörtlich -:

„…die Legislaturperiode ist deshalb auf den 30. September 2012 mit der Auflage zu beschränken, unverzüglich ein verfassungskonformes Landeswahlgesetz zu verabschieden.“

Die Legislaturperiode ist deshalb auf den 30. September 2012 zu beschränken!

Eine Bewertung der Rechtsgrundlage, wenn es denn eine gibt, auf der das Urteil des Landesverfassungsgerichts die Verkürzung der Wahlperiode vorsieht, nehme ich ausdrücklich nicht vor. Das Landesverfassungsgericht hat in seinem Urteil die Fristen für die Gesetzesänderung und für die Neuwahlen des Landtags zwar als „späteste“ Termine bezeichnet, diese aber nicht ohne hinreichenden

(Thorsten Fürter)

Grund genannt. Gerade unter Hinweis auf den bereits eingebrachten Gesetzesantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, auf den auch der vorliegende Dringlichkeitsantrag Bezug nimmt, gerade mit Bezug auf diesen schon in der Beratung befindlichen Antrag, hat das Bundesverfassungsgericht die Frist für die Gesetzesänderung bis spätestens zum 31. Mai 2011 für angemessen und ausreichend gehalten.

Die bis zum 30. September 2012 für die Neuwahl des Landtags bemessene Frist hat das Gericht unter Berücksichtigung der noch zu erfolgen habenden Wahlkreiseinteilung und auch für die sonstigen erforderlichen Wahlvorbereitungen als - ich zitiere wörtlich - „notwendig“, aber auch - wörtlich - „ausreichend“ erachtet.

Der zentrale Punkt für die Änderung des Wahlrechts wird - darin sind wir uns offensichtlich dann doch irgendwie alle einig - die Frage des Umfangs der Reduzierung der Landtagswahlkreise sein. Wenngleich Herr Abgeordneter Fürter, das Verfassungsgericht andere Parameter nennt, die ebenfalls zu prüfen sind. Dazu - ich empfehle, das nachzulesen - gehört auch der Hinweis auf das Einstimmenwahlrecht. Ich sage das nur, damit nicht hinten runter fällt, was das Landesverfassungsgericht alles für Anmerkungen gemacht hat. Hierzu bedarf es noch einer sehr eingehenden Diskussion, denn eine isolierte Verständigung nur auf die künftige Zahl der Wahlkreise ohne intensive Betrachtung und Abwägung der damit zusammenhängenden Aspekte und Wirkungen greifen hier zu kurz.

(Unruhe)

- Ich wollte Ihre Unterhaltung nicht stören.

(Beifall bei der FDP)

Schließlich hat das Landesverfassungsgericht verschiedene Normen des Landeswahlgesetzes in ihrem Zusammenspiel für verfassungswidrig erklärt.

Mit gutem Grund gibt das Wahlrecht auch Rahmenbedingungen vor, die bei der späteren Wahlkreiseinteilung zu beachten sind. Diese sind selbstverständlich schon bei der Gesetzesänderung von Bedeutung. Es geht nämlich schlicht darum - bitte bedenken Sie das; ich bin auch Abgeordneter und werde in dieser Funktion mitwirken; lassen Sie uns das gemeinsam bedenken -, wie groß die künftigen Wahlkreise werden sollen, wie die Landesteile möglichst angemessen verteilt werden und insbesondere darum, inwieweit künftig Landeswahlkreisgrenzen und Ämtergrenzen durchschnitten werden

müssen. Das hat nämlich auf die anschließend durchzuführende Wahl Auswirkungen.

Der letzte Punkt ist vor allem für die Parteien hinsichtlich ihrer Untergliederungen, ihrer Delegierten und der Aufstellung ihrer Bewerberinnen und Bewerber zur Landtagswahl durchaus von Bedeutung.

(Zuruf)