Mir ist es wichtig, deutlich zu machen, dass der gestrige Tag Fragen aufgeworfen hat, auch Fragen, die mit Parlamentsverständnis zu tun haben. Dabei ging es um transparente Entscheidungswege und um die Notwendigkeit von Transparenz.
In der vergangenen Woche habe ich in Lübeck ein lang dauerndes Gespräch mit Studierenden geführt. Diese sagten, sie hätten den Eindruck gehabt, als hätte man es mit einer Glaswand zu tun. Argumente seien nicht ausgetauscht worden. Die Argumente seien nicht angekommen. Sie seien nicht aufgegriffen worden, und es habe überhaupt keinen Dialog gegeben.
Dieses Gefühl, das nur zu Frustrationen geführt hat, steht nach wie vor im Raum. Wenn man schon über Monate hinweg verhandelt hat, dann hätte man verbal abrüsten müssen. Dann hätte man nicht allein auf die Haushaltsstrukturkommission verweisen dürfen. Jetzt liegen die Empfehlungen auf dem Tisch, und diese können auch durch andere gute Empfehlungen ersetzt werden. Das war nicht der Tenor der vergangenen Monate.
- Nein, das wurde so nicht gesagt. Wenn der Wissenschaftsminister sagt, man könne die Sahne von der Torte abschaben oder zwei sektorale Schnitte machen, dann sind wir bei dem Scherbenhaufen, mit dem wir es heute noch zu tun haben.
Deshalb kann ich sagen, dass ich mich zwar freue, mehr aber auch nicht; denn ein Schaden ist angerichtet worden. Natürlich möchte ich auch die Kollegen loben, die sich in den Fraktionen für Lübeck starkgemacht haben. Ich hoffe, dass jeder von uns daraus gelernt hat, wie wichtig es ist, dass man nicht einfach abnickt, was gesagt wird, sondern sagt: Nein, wir müssen etwas tun. - Jetzt bin ich wieder beim Hochschulstandort Flensburg. Ich werde jeden danach beurteilen, dass hier nicht mit zweierlei Maß gemessen wird.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Anke Spoorendonk, ich wiederhole das gern noch einmal, weil ich bei der Pressekonferenz dabei war, bei der die Ergebnisse der Haushaltsstrukturkommission vorgelegt worden sind. Sowohl der Kollege von Boetticher als auch ich haben gesagt, dass es ein Gebäude, ein Haus oder eine Mauer ist, die das Finanzvolumen, das eingespart werden muss, anhand konkreter Maßnahmen beschreibt. Das alles sind einzelne Bausteine. Man kann einen einzelnen Stein herausnehmen, muss dafür aber einen anderen Stein hineinsetzen.
Unsere Aufgabe wird es sein, zwischen dem 25. Mai und Dezember - je nach unseren politischen Prioritäten - Bausteine herauszunehmen und gleichzeitig einen anderen Baustein hineinzusetzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe als Erster mit dem AStA der Universität Lübeck gesprochen. Ich habe außerdem in Lübeck mit 350 Studierenden zweieinhalb Stunden lang gesprochen. Ferner habe ich der AStA-Vorsitzenden anlässlich der Veranstaltung in St. Petri auch noch einmal gesagt: Ich gehe davon aus, dass wir es schaffen können, aber versprechen kann ich das nicht.
Herr Stegner, wenn Sie in Lübeck dabei gewesen wären, dann hätten Sie mitbekommen, dass ich nicht davon gesprochen habe, dass die Menschen nicht verstehen, worum es geht. Vielmehr habe ich gesagt, dass manche vielleicht nicht verstehen, was es bedeutet, die Schuldenbremse einhalten zu müssen. Insofern ist das kein Mangel der Leute, die in St. Petri waren, Herr Dr. Stegner.
Dort habe ich auf die Frage, ob ich im Dezember für die Schließung der Universität Lübeck stimme, gesagt: Wenn es keine andere Finanzierung gibt, dann ja. - Deshalb bin ich so froh, dass es gelungen ist, eine andere Finanzierung darzustellen.
Anke, wir arbeiten an verschiedenen Baustellen, auch was die Universität Flensburg angeht. Schauen wir uns einmal die Situation vor der Entscheidung der Haushaltsstrukturkommission an, als die Universität nicht mit der Fachhochschule gesprochen hat. Wie blind ist das denn eigentlich? Erst danach war man bereit, darüber zu reden, ob es eine Bologna-Universität werden soll. Erst danach
Das zeigt doch, dass es notwendig ist, durch bestimmte Entscheidungen Prozesse in Gang zu setzen, an deren Ende ein anderes Ergebnis steht als das, das wir vorher vorgeschlagen haben. Daran arbeiten wir nach wie vor, auch mit Ihrer und eurer Hilfe. Ich bin sicher, dass wir den einen oder anderen Vorschlag - das werden wir noch erörtern, wenn der Haushaltsplanentwurf zugeleitet worden ist -, den BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sinnvollerweise eingebracht haben, werden verwenden können, um Maßnahmen nicht ergreifen zu müssen, die die Haushaltsstrukturkommission vorgeschlagen hat, um das Finanzvolumen darstellen zu können.
Bei aller Liebe: Das parlamentarische Verfahren beginnt mit der Zuleitung des Haushaltsplanentwurfs. Mit der Zuleitung des Haushaltsplanentwurfs werden Alternativen dargestellt werden müssen. Herr Kollege Stegner wird sich dabei nicht dahinter verstecken können, dass im Jahr 2015 die Vermögensteuer eingeführt werden wird. Er wird konkret sagen müssen, was im Jahr 2012 und bei der mittelfristigen Finanzplanung passieren soll; denn das ist die Vertragsgrundlage gegenüber dem Bund, damit wir jedes Jahr 80 Millionen € Konsolidierungshilfe erhalten. Wenn wir das nicht einhalten, bekommen wir das Geld nicht.
Ministerpräsident Carstensen hat gestern auf die Frage, ob Schleswig-Holstein jemals im Bundesrat weiteren Maßnahmen zustimmen werde, die zu Einnahmeverlusten Schleswig-Holsteins führen könnten, ausdrücklich gesagt: Definitiv nein, weil wir das aus eigener Kraft nicht mehr kompensieren können und weil wir unsere Konsolidierungsschritte einhalten müssen.
- Ihr Problem ist, dass Sie nicht nur von Parlamentarismus und Demokratie, sondern auch von Geschehensabläufen wenig verstehen. Deshalb hat es in der Vergangenheit, als Gerhard Schröder regiert hat, im Bundesrat eine andere Mehrheit, aber trotzdem häufig eine Zustimmung des Bundesrats gegeben. Einige, die ein bisschen etwas davon verstehen, wissen, was ich meine.
- Sie verstehen das auch nicht. Das Manko von Schleswig-Holstein bestand in der Vergangenheit darin, dass regelmäßig zugestimmt worden ist, während andere Länder Infrastruktur bekommen
Das Wort für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Jost de Jager.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch die Landesregierung bewertet das Ergebnis des gestrigen Tages als eine gute Nachricht, sogar als eine sehr gute Nachricht für die Stadt Lübeck und die Region sowie für das Land Schleswig-Holstein, was aber nicht im Vordergrund steht. Das ist natürlich auch ein gute Nachricht für eine Föderalismusdiskussion, die wir in Deutschland führen werden.
Natürlich herrscht auch bei der Landesregierung und bei allen Beteiligten Erleichterung darüber, dass es gelingen konnte, die Medizinerausbildung in Lübeck weiterführen zu können. Es herrschte aber auch Erleichterung bei all denjenigen, die in den vergangenen Wochen aktiv daran beteiligt waren, dass für dieses Problem eine gute Lösung gefunden worden ist.
Möglich geworden ist diese Lösung durch eine Kompensation des Bundes in Höhe von 25 Millionen € pro Jahr, und zwar dauerhaft an anderer Stelle. Diese andere Stelle ist zunächst einmal das IFM-GEOMAR. Dieses soll vom Leibniz-Schlüssel, wobei ein Finanzierungsanteil des Landes von 37,5 % besteht, in den Helmholtz-Schlüssel gebracht werden, wo der Landesanteil bei 10 % liegt. Das entspricht einer jährlichen Belastung des Bundes in Höhe von 12 Millionen € und einer zusätzlichen Belastung in Höhe von 9 Millionen € für das Land. Damit einher geht, dass uns der Bund die Baukosten für den Erweiterungsbau abnimmt. Damit einher geht auch der Landesanteil für ein neues Forschungsschiff.
Das alles macht aber nicht die jährliche Zuweisung von 25 Millionen € aus. Auch darüber haben wir gestern mit Frau Schavan gesprochen. Derzeit wird eine Fachgruppe bestehend aus Vertretern des Bundesforschungsministeriums und des Kieler Wissenschaftsministeriums eingerichtet, die sowohl die Modalitäten dieser Übertragung als auch weitere Projekte, bei denen wir entlastet werden können, tatsächlich benennen und definieren soll.
Das ist ein Ergebnis, das natürlich wegen der Bereitschaft von Frau Schavan zustande gekommen ist, sich an einer solchen Lösung zu beteiligen. Ich möchte mich an dieser Stelle dafür bei Frau Schavan ausdrücklich auch persönlich bedanken.
Eben in der Debatte hat die Frage eine Rolle gespielt, ob sich Protest lohnt. Das will ich auch in Wertschätzung der Kollegen, die dabei heute angesprochen worden sind, nicht definitiv beantworten. Ich möchte aber sagen, dass das, was gestern zustande gekommen ist, nicht in allererster Linie wegen des Protestes oder der Äußerungen einzelner Abgeordneter zustande gekommen ist, sondern dass es das Ergebnis eines Diskussionsprozesses war, der tatsächlich im vergangenen Dezember im Kanzleramt begonnen worden ist. Dieser Diskussionsprozess hat mehrere Ergebnisse gehabt. Das eine Ergebnis ist, dass sich die quotalen Anteile zwischen Bund und Ländern bei dem 10-%-Ziel, was noch nicht verabschiedet worden ist, aber diskutiert wird, verändert haben. Ein weiteres Ergebnis, das aber erst in den letzten Wochen zustande gekommen ist, ist das Ergebnis, das wir in puncto Lübeck jetzt erzielt haben.
Dabei ging es nicht um die Frage - was hier unterstellt worden ist -, dass die Landesregierung die Uni oder eine Region in Geiselhaft genommen oder als Pokereinsatz eingesetzt hätte, sondern es geht darum, dass eine solche Lösung erst dann zustande kommt, wenn es tatsächlich auch konkrete Sparmaßnahmen gibt.
Ich werde an anderer Stelle noch einmal darauf zurückkommen, was dieses Ergebnis von gestern auch bedeutet.
Ich möchte Ihnen aber zunächst noch weiter vorstellen, wie das Ergebnis aussieht. Das Ergebnis bedeutet, dass die Zahl der Medizin-Studienplätze in Schleswig-Holstein in der vereinbarten Form erhalten bleibt. Das bedeutet aber auch, dass wir jetzt noch weitere Diskussionen führen werden. Frau Schavan hat selbst, auch in dem, was sie uns mitgeteilt hat, darauf hingewiesen, dass es notwendig ist, zu Einsparungen im Bereich der Universität Lübeck zu kommen, aber auch zu einer Einnahmeverbesserung im Bereich der Universität Lübeck. Auch diesen Strang werden wir weiter verfolgen.
Aus diesem Grund wird das Wissenschaftsministerium zusammen mit den beiden beteiligten Universitäten Lübeck und Kiel bis September 2010 - das ist mit ihnen verabredet - ein Konzept „Hoch
schulmedizin 2020“ auf den Weg bringen, das im November vom Wissenschaftsrat begutachtet werden soll. Das Ziel ist - das meine ich wirklich ernst -, dass wir mit diesem neuen Finanzierungsschlüssel, mit dieser neuen Finanzierungsmöglichkeit, die wir durch den Bund haben, dazu kommen, dass wir die Hochschulmedizin in Schleswig-Holstein so strukturieren und organisieren, dass wir bei weiteren Haushaltsdiskussionen nicht ständig irgendwelche Teile infrage stellen müssen.
Aus diesem Grund nehmen wir den Vorschlag auf das ist bereits auch schon in der Koalitionsvereinbarung hinterlegt gewesen -, die Universität Lübeck in eine Stiftungsuniversität umzuwandeln. Ich schätze einmal, die Landesregierung wird das am Dienstag beschließen, wenn sie dem Votum folgt, das dort eingebracht wird. Sie wird ein Stiftungsgesetz auf den Weg bringen, das diese Umwandlung tatsächlich vorsieht.
Ich glaube übrigens auch, dass im Zusammenhang mit diesem Stiftungsgesetz noch eine interessante Diskussion kommen kann. Diejenigen, die nicht nur die Überschriften in den „Lübecker Nachrichten“ lesen, sondern auch das Konzept der Universität Lübeck gelesen haben, wissen, dass deren Modell einer Stiftungsuniversität mit dem Konzept von Studienbeiträgen verbunden wurde. Wir wollen einmal sehen, wie groß die Einigkeit hier im Landtag in solchen Fragen tatsächlich ist. Insofern, bei aller Einigkeit, die wir in Teilen ja haben und über die ich mich auch freue, freue ich mich genauso auf weitere Diskussionen, die wir in dem Zusammenhang über das Stiftungsmodell haben werden.
Das tue ich nicht. - Ich sage an gleicher Stelle und mit gleicher Deutlichkeit: Unsere Vorstellungen das werden wir auch mit den beiden Universitäten besprechen - sind auch, dass die Umwandlung in eine Stiftung bedeutet, dass es Zustifter gibt. Das ist das, was die Universität in den Raum gestellt hat. Ich glaube, dass es Zustifter geben wird. Ich selber werde auch daran beteiligt
Kontakt zu solchen Zustiftern herzustellen. Aber ich warne Neugierige: Es ist fraglich, welche Summen dabei zustande kommen und für welchen Bereich sie am Ende dann auch zustande kommen. Aber der Weg in eine Stiftungs-Uni soll tatsächlich gegangen werden.
Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas sagen, was über die rein schleswig-holsteinische Betrachtung hinausgeht. Das Signal des gestrigen Tages ist ein positives für Lübeck wie für Schleswig-Holstein. Das habe ich schon gesagt. Aber es ist auch ein vielschichtiges. Dieses Signal zeigt nämlich gleichzeitig, dass wir die Wissenschaftslandschaft in Schleswig-Holstein, die wir haben, nur durch die Hilfe Dritter aufrechterhalten können. Wir würden sie aus eigener Kraft nicht aufrechterhalten können. Das ist ein Signal, das weit über diesen Tag hinausreicht. Wir werden nicht in der Lage sein, dauerhaft allein die Exzellenz, die wir im Land haben, auch tatsächlich aus dem Land heraus zu finanzieren.
Darüber sind wir uns einig. Insofern begrüße ich die Bereitschaft von Frau Schavan, sich gegen die Gepflogenheiten und trotz des Konfliktpotenzials im Hinblick auf andere Bundesländer mit einer zusätzlichen Finanzierung hier in Schleswig-Holstein zu beteiligen. Denn das Signal ist, dass der Bund bereit ist, zusätzliche Aufgaben und zusätzliche Ausgaben in Bereich Wissenschaft und Forschung zu übernehmen. Ich halte das für richtig.
(Beifall bei CDU und FDP sowie der Abge- ordneten Anke Spoorendonk [SSW], Dr. Ro- bert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Wortmeldung des Abgeordne- ten Peter Eichstädt [SPD])