(Beifall bei der LINKEN - Christopher Vogt [FDP]: Dass Sie es nicht mit der Verfassung haben, wissen wir ja! - Zuruf des Abgeordne- ten Wolfgang Kubicki [FDP])
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Trotz aller frohlockenden Botschaften und trotz des Redebeitrags des Kollegen Kubicki muss ich noch ein paar Worte über vorgestern und vorvorgestern verlieren.
In den letzten Wochen haben sich sowohl die Uni Lübeck mit Lehrenden und Studierenden als auch die Wirtschaft, die ganze Region, der Bund und die Hochschulen weltweit dafür starkgemacht, die Medizinstudiengänge an der Universität Lübeck zu erhalten.
Das geschah nicht nur, weil die Medizin beim deutschlandweiten Ranking der Studiengänge ganz oben steht, sondern vor allem aufgrund der herausragenden Bedeutung dieses Studiengangs für den Hochschulstandort Schleswig-Holstein insgesamt.
Für den SSW sage ich, dass uns gestern bei der Meldung, dass der Medizinstudiengang in Lübeck gerettet wurde, ein Stein vom Herzen fiel. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass der Bund über eine veränderte Finanzierung des Kieler Instituts für Meereskunde so viel Geld in das Land pumpt, wie die Landesregierung in Lübeck sparen wollte, sodass dieser Studiengang in Lübeck nicht geschlossen werden muss.
Allerdings - das muss ich ebenfalls sagen - ist unsere Freude auch ein bisschen getrübt. Es darf nicht darüber hinweggegangen werden, dass die Landesregierung zumindest öffentlich von ihrem Sparvorschlag nicht abgerückt ist.
Der Inhalt dieses Sparvorschlags war: Medizin weg, 24 Millionen € gespart. Das war das, was in der Öffentlichkeit im Raum stand. Das war das, wogegen in Lübeck und der ganzen Region und auch in ganz Schleswig-Holstein demonstriert wurde.
Ich frage mich, ob es überhaupt notwendig war, so viel Porzellan in der Hochschullandschaft zu zerschlagen. So viel Böses, so viel Lüge und so viel
Dummheit habe er noch nie gehört, so wird der Lübecker Pastor Bernd Schwarze nach seinem Gottesdienst zu der geplanten Schließung des Medizinstudiengangs im „Spiegel“ am 5. Juli zitiert. Ich denke, er hat recht.
Was die Landesregierung mit ihrem Sparvorschlag betreffend die Uni Lübeck angerichtet hat, ist schwer zu begreifen. Auch der Landesrechnungshof hat in diesem Schauspiel eine tragische Rolle gespielt. Er hat bereits im letzten Jahr darauf hingewiesen, dass eine Reduzierung der Zahl der Medizinstudienplätze in Lübeck allein keinen Sparbeitrag erbringe, sondern damit auch eine Verkleinerung des UK S-H einhergehen müsse. Die Anzahl der Medizinstudienplätze richtet sich nämlich nach der Bettenanzahl im UK S-H. Wenn das Kapazitätsrecht deutschlandweit nicht geändert und auch das UK S-H nicht verkleinert würde, hätte es nach einer Schließung in Lübeck die gleiche Anzahl von Studienplätzen an einem Standort geben müssen, und zwar in Kiel. Der Landesrechnungshof hat das ist in seinen Bemerkungen 2009 nachzulesen darauf hingewiesen, dass dieser Zusammenhang gegeben ist. Anschließend ist der Präsident des Landesrechnungshofs in der Haushaltsstrukturkommission mit seinen Argumenten anscheinend nicht durchgekommen. Jedenfalls hat die Haushaltsstrukturkommission vorgeschlagen, den Medizinstudiengang in Lübeck zu schließen. Das ist, wie ich denke, ein Widerspruch, der noch aufgelöst werden muss.
Sämtliche inhaltlichen Argumente werden bei der jetzigen Lösung aufgrund der Maßnahme des Bundes natürlich erst einmal nicht weiter thematisiert. Sie müssen aber weiter thematisiert werden. Das ist dann Aufgabe des zuständigen Ausschusses. Dies soll unsere Freude über Frau Schavan und ihr kluges Handeln aber nicht schmälern. Es wäre für Schleswig-Holstein und diejenigen, die in den letzten Wochen für die Hochschulen des Landes gekämpft haben, wichtig, dass die offenen Fragen beantwortet werden. Ich wünsche mir natürlich, dass das Engagement, das Abgeordnete aus der Region an den Tag gelegt haben, um die Schließung des Medizinstudiengangs in Lübeck zu verhindern, auf alle Abgeordneten - auch auf diejenigen aus dem nördlichen Landesteil - abfärbt,
denn die Schließung des wirtschaftswissenschaftlichen Studiengangs in Flensburg ist noch nicht vom Tisch. Für den Erhalt der grenzüberschrei
tenden Studiengänge gibt es ebenso wichtige Gründe. Auch für den Hochschulstandort Flensburg wird an einem Konzept gearbeitet, lieber Herr Kollege Kubicki. Ich werde ganz einfach nicht akzeptieren, dass mit zweierlei Maß gemessen wird.
Wir wollen Städte nicht gegeneinander ausspielen. Wir wollen auf keinen Fall Regionen gegeneinander ausspielen. Das stünde uns wirklich schlecht zu Gesicht. Deshalb sagen wir: Auch dieser Baustein ist für die Hochschulentwicklung in SchleswigHolstein unabdingbar.
Danke schön. Sehr geehrte Frau Kollegin Spoorendonk, würden Sie freundlicherweise noch einmal zur Kenntnis nehmen, dass die Vorschläge der Haushaltsstrukturkommission nichts anderes als Bausteine waren, die jederzeit verändert werden können, wenn es alternative Finanzierungsmöglichkeiten gibt, und dass wir alle daran arbeiten - auch wir; es ist ja nicht so, dass dies statisch ist -, bestimmte Maßnahmen -
Ich halte es aber für unhöflich, mich mitten in einem Satz, der mit einer Frage endet, zu unterbrechen. - Würden Sie freundlicherweise zur Kenntnis nehmen, dass wir alle dazu aufgerufen sind, daran mitzuarbeiten, dass bestimmte Maßnahmen gar nicht erst umge
Lieber Herr Kollege, ich habe Ihre Frage auch so verstanden und werde sie entsprechend positiv aufnehmen. Ich gebe aber zu bedenken, dass es widersprüchliche Aussagen gegeben hat. Ich finde, es ist schwer hinnehmbar, dass der Wissenschaftsminister lange mit der Aussage durch die Lande zog, es müssten zwei sektorale Einschnitte vorgenommen werden, um die Hochschullandschaft in SchleswigHolstein zu retten. Damit waren Lübeck und der Hochschulstandort Flensburg gemeint. Wenn das vom Tisch ist - so beurteile ich Ihre Aussage -, dann ist es gut. Dann besteht heute wirklich Grund zur Freude, auch wenn es um den nördlichen Landesteil geht.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die letzten sechs Wochen waren für mich als Lübecker Abgeordneter wahrlich keine leichte Zeit. Meine Haltung war aber immer klar. Deshalb bin ich sehr froh und glücklich, dass die Schließung des Studiengangs Humanmedizin abgewendet wurde.
Ich finde es auch sehr gut und sehr wichtig, dass dies noch vor der Sommerpause passierte und dass wir eine klare Aussage zum Erhalt der Lübecker Uni erhalten konnten. Eine Verzögerung hätte sicherlich unabsehbare Folgen gehabt.
Als unverbesserlicher Optimist habe ich immer besonders auf das Verhandlungsgeschick meines Fraktionsvorsitzenden gesetzt, und ich wurde auch nicht enttäuscht.
Ich möchte an dieser Stelle auch sagen, dass ich auf meine Heimatstadt Lübeck sehr stolz bin. Es gab dort einen kreativen, unablässigen und intelligenten Protest aller meiner Mitbürger. Meine Hochachtung gilt besonders den Studenten, die sich uneigennützig 24 Stunden am Tag, also rund um die Uhr, engagiert haben, wobei die meisten quasi nur während ihres Studiums in Lübeck zu Gast sind und dann wieder woanders hingehen werden. Davon können wir uns alle eine Scheibe abschneiden.
Es ist für mich bemerkenswert und eine sehr schöne Erfahrung, dass sich eine ganze Stadt hinter die Lübecker Uni gestellt hat. Es gab quasi kein Auto, kein Fenster, keinen Fahnenmast ohne eine Fahne mit der Aufschrift „Lübeck kämpft für seine Uni!“. Gelb-Schwarz - damit sind jetzt nicht die Parteifarben gemeint - war überall zu sehen. Das gab mir natürlich Rückendeckung.
Ich danke auch sehr für die konstruktive Mitarbeit der Universität Lübeck. Es war keine leichte Aufgabe, in dieser etwas bedrängenden Lage ein eigenes Konzept vorzulegen. Sie hat es dennoch getan.
Ich bin sehr froh, dass wir nun zu einer Stiftungsuni kommen werden und über die Schließung der Lübecker Uni oder ihrer Teilbereiche nie mehr diskutieren werden, nicht in zwei Jahren, nicht in vier Jahren und auch nicht in 50 Jahren. Ich freue mich über diesen großartigen Erfolg.