Auf Anregung von Schleswig-Holstein hat die 83. Gesundheitsministerkonferenz am 1. Juli 2010 in Hannover den Beschluss gefasst, zur 84. Gesundheitsministerkonferenz auf der Grundlage der unterschiedlichen Praxis und Erfahrung der Länder Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen, wie das Zulassungsverfahren gemäß § 116 b SGB V unter Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgung rechtssicherer gestaltet werden kann - ein gutes Signal an die Beteiligten!
Ungeachtet weiteren Regelungsbedarfs bei § 116 b SGB V habe ich den Eindruck gewonnen, dass sich die Entscheidungsträger in Schleswig-Holstein im Vergleich zu anderen Bundesländern sensibler verhalten und der Ruf nach einer Verbesserung der Kooperation im Bereich der ambulanten Behandlung nicht auf taube Ohren stoßen wird.
Wir werden im Ausschuss weiter darüber beraten, welche Möglichkeiten der förderlichen sektorenübergreifenden Behandlung es gibt.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kooperationen sind in der ambulanten Versorgung besonders wichtig und grundsätzlich laufend zu optimieren. Das ist ohne Zweifel so. Es ist allerdings unsere Aufgabe, diesen Prozess zu initiieren und zu begleiten. Dafür gibt es Fachausschüsse, in denen die Beteiligten zu Wort kommen.
Den Antrag der Regierungskoalition unterstützen wir dem Grunde nach, allerdings mit notwendigen Ergänzungen. Wir gehen davon aus, dass wir ein gemeinsames fraktionsübergreifendes Interesse haben, die Versorgung insgesamt aufrechtzuerhalten und systematisch zu prüfen und anzupassen.
Richtig ist, dass Kooperationen, so sie denn funktionieren sollen, nur auf Augenhöhe funktionieren können. Jedoch müssen wir uns bei der Prüfung der Sachlage - und genau darauf zielt Ihr Antrag - die Frage erlauben, wie wir diese Augenhöhe der heutigen Realität entsprechend neu justieren. Dies gilt zunächst vor allem für die Einbindung der Beteiligten aus dem stationären Bereich.
Die Kassenärztliche Vereinigung selbst hat uns Gesundheitspolitikern des Hauses in einem Gespräch gerade vor einigen Wochen ausdrücklich und freimütig eingeräumt, dass Augenhöhe mehr ist, als irgendwo die Gewichte einseitig zu verschieben, und unseren Änderungsantrag damit unterstützt.
Frau Kollegin Sassen, es geht nicht nur um die Position der KV, die Sie eben hier vertreten haben; es geht auch um die Position der anderen Beteiligten.
An Kooperationen sind sicher auch die Krankenhausgesellschaft und die Kostenträger grundsätzlich interessiert, aber es bedarf des Augenmaßes und der Objektivität in besonderer Weise. Deshalb ist hier zunächst ein Prüfauftrag der grundsätzliche Ansatz, der im Ergebnis aber weder eine alte Schieflage zementieren noch eine neue schaffen darf.
Wir wollen auch kein Babylon der Beteiligungen. Nicht jeder muss überall sektorenübergreifend mitreden und beteiligt sein, wenn es keinen Gewinn oder Effekt, sondern womöglich teure Verwirrung mit sich bringt. Auf der anderen Seite ist die Nach
vollziehung der beruflichen Gleichstellung zum Beispiel der Psychotherapeuten, die spätestens seit der faktischen Gleichstellung im Jahr 2000 an den Tisch der Beteiligten gehören, jetzt neu zu bewerten. Leider sind die zugelassenen Psychotherapeutinnen und -therapeuten, wie in der letzten Sitzung schon festgestellt, im Bericht zur ambulanten Versorgung gar nicht erst erwähnt worden.
Die Kooperationsebenen offen zu untersuchen und Vorschläge für eine geeignete Neubewertung zu entwickeln, ist für die strukturellen, fachlichen und möglicherweise gesetzlichen Initiativen Voraussetzung.
Besonders bei der Einbeziehung und Verstärkung sowohl von ärztlichen wie auch von nicht ärztlichen Heilberufen ist der juristische Ballast der Vergangenheit in großen Teilen neu zu bewerten. Gerade hier herrscht dringender Handlungsbedarf. Andere Länder sind bei der Beteiligung nicht ärztlicher Serviceleistungen unter der Aufsicht oder im Auftrag von Ärztinnen und Ärzten deutlich weiter.
Lassen Sie uns gemeinsam an einer wirklich guten Lösung auf Augenhöhe mit den tatsächlich Beteiligten und für die Menschen sorgen. Unser Ergänzungsantrag soll dazu einen Beitrag leisten. Im Fachausschuss können wir gern weiter über den richtigen Weg nachdenken und die Akteure der möglichen Kooperationen auch im Gesundheitsausschuss zu Wort kommen lassen. In fünf Jahren wird es allerdings dafür zu spät sein, und Schnellschüsse können andererseits auch nach hinten losgehen. Das kennen Sie ja.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der in den letzten Tagen immer wieder hörbare Grundtenor, der § 116 b SGB V sei doch eigentlich gar nicht so schlecht, kann nur auf oberflächliche oder ideologische Betrachtung zurückgeführt werden. Die Praxis zeigt, dass der § 116 b SGB V doch unter einer Reihe von Schwächen leidet. Verantwortlich für diesen Paragrafen ist das bis 2009 von der SPD geführte Bundesgesundheitsministerium. Unter dem Vorwand, die Versorgung zu verbessern, wurden insbesondere Patienten mit
onkologischen Erkrankungen in den Kliniken versorgt. Kernziel dieser Politik war die Abschaffung der freien Facharztpraxis mit der Begründung, die doppelte Facharztstruktur sei zu kostenintensiv, wobei diese bis zur Einführung des § 116 b SGB V gar nicht bestand. Aber von Argumenten und Logik war die Gesundheitspolitik von Ulla Schmidt nicht gerade geprägt.
Zur Vermeidung teurer Parallelstrukturen ist es wichtig, eine am tatsächlichen Bedarf orientierte Planung und ein geregeltes Abstimmungsverfahren zwischen den Krankenhausplanungsbehörden und den Organen der Selbstverwaltung herzustellen.
Minister Dr. Garg hat die Probleme des Paragrafen schon öffentlich verdeutlicht. Die bestehende Vorschrift leistet nicht die gewünschte Differenzierung für die örtliche Versorgungssituation. Einerseits werden niedergelassene Ärzte einem unfairen Wettbewerb ausgesetzt. Andererseits bietet er nicht die gewünschte Flexibilität, wenn ein stärkeres Engagement der Krankenhäuser wünschenswert wäre. Die Ungleichbehandlung der Leistungen infolge dieses Paragrafen ist ein ernsthaftes Problem.
Auch der Marburger Bund teilt diese Einschätzung. Er äußert ganz deutlich, dass der § 116 b SGB V in der jetzigen Fassung eher für Konfrontation als Kooperation zwischen ambulanten und stationären Leistungserbringern sorgt, sogar den Konkurrenzkampf schürt und unnötige Rechtsstreitigkeiten hervorruft.
Selbstverständlich gibt es auch im hoch spezialisierten Bereich inzwischen immer mehr gut funktionierende und sinnvolle Kooperationen zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern. Das kann aber nicht das Ende der Fahnenstange sein.
Mit unserem Antrag soll die Kooperation zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern weiter verbessert und der Bereich der ambulanten Behandlung gestärkt werden. Es soll auf eine Präzisierung des Zulassungsverfahrens hingewirkt werden. Weitere Kooperationsmöglichkeiten zwischen den Partnern sollen geprüft werden, um eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung und ein Miteinander auf Augenhöhe zu gewährleisten.
Die Landesregierung soll unter Berücksichtigung der Versorgungssituation Vorschläge erarbeiten, wie der § 116 b SGB V passgenauer gestaltet werden kann. Wichtige Aspekte für uns sind hierbei zum einen die Gleichstellung der Qualitätsprüfung für niedergelassene Ärzte und Krankenhäuser.
Zum anderen ist zu prüfen, ob eine Aufnahme der Kassenärztlichen Vereinigung in die Krankenhausbeteiligungsrunde als unmittelbar Beteiligte sinnvoll im Sinne der Förderung der intersektoralen Zusammenarbeit ist.
Minister Dr. Garg hat am 1. Juli 2010 bereits einen entsprechenden Antrag zur Gesundheitsministerkonferenz eingebracht. Dass das Votum nicht in allen Punkten dem schleswig-holsteinischen Antrag folgte, ist bedauerlich, aber nicht entmutigend. Nach wie vor halten wir Liberalen es dringend für erforderlich, den § 116 b SGB V zu konkretisieren. Wir werden es auf Landesebene auch tun. Ich beantrage die Ausschussüberweisung.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Stellen Sie sich vor, eine Patientin erleidet einen Herzinfarkt und erhält in einer Klinik einen modernen Herzschrittmacher. Das passiert täglich in Schleswig-Holstein. Für die anstehenden Routinekontrollen macht es einen großen Unterschied, ob die Patientin auf Föhr oder in Halstenbek am Stadtrand Hamburgs lebt.
Bei den erforderlichen Schrittmacherkontrollen müssen die technischen und personellen Anforderungen an die Qualität den Standards entsprechen. Dort, wo das der Fall ist, ist der richtige Ort für die Kontrolluntersuchungen. Das kann die Schrittmacherambulanz des regionalen Krankenhauses sein. Das kann aber auch die kardiologische Facharztpraxis sein. Das ist von den regionalen Strukturen abhängig. Das ist auch richtig so. Wir Grünen wollen, dass das auch so bleibt.
Wer wie CDU und FDP eine Haushaltsstrukturkommission hat, die gerade das Medizinstudium in Lübeck einstampfen und das UK S-H privatisieren will, dem sage ich ganz deutlich: Zuerst kommt die Qualität der medizinischen Versorgung für alle Patientinnen und Patienten. Erst dann sollten wir über Wirtschaftlichkeit und über die Kooperation reden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen in unserem Flächenland Schleswig-Holstein flexible, sinnvolle und wohnortnahe Lösungen. Eine sektorenübergreifende Zusammenarbeit ist keine Frage von Schwarz-Gelb, sondern eine Frage der Vernunft.
Soweit sind wir uns einig. Deswegen sage ich: Ja, eine stärkere Kooperation von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sowie den Krankenhäusern ist gut und wichtig.
- Dazu gibt es im Übrigen schon verschiedene Möglichkeiten. In vielen Bereichen funktioniert sie auch ausgesprochen gut. Das begrüßen wir Grünen ausdrücklich.
Eine Kooperation auf Augenhöhe bedeutet aber nicht, dass sich eine Seite auf die Zehenspitzen stellt und Vorteile für sich geltend macht. Der Antrag von CDU und FDP erweckt aber leider genau diesen Eindruck. Eine Kooperation sollte auf echter Augenhöhe stattfinden. Wir teilen die Einschätzung der Kolleginnen und Kollegen. Das ist der richtige Weg. Dafür werden wir Grünen uns einsetzen.
Warum gerade die Landesregierung in diesem Zusammenhang Regelungsvorschläge machen soll, ist nicht klar. Wo genau die Regierungsfraktionen Verbesserungsbedarf für die Qualitätssicherung im Hinblick auf § 116 b des SGB V sehen, ist auch nicht klar. Eines ist allerdings klar: Besser wäre es, wenn Sie sich für die Verbesserung der Kooperation zwischen niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sowie Krankenhäusern im Großraum Lübeck einsetzen würden. Die Ärztinnen und Ärzte der Uniklinik Lübeck stimmen mit den Füßen ab, und Sie reden über die Kooperation der ambulanten Behandlung.
Wer soll Ihrer Meinung nach zukünftig die Spezialambulanzen in Lübeck besetzen und kooperieren? Das frage ich Sie. Die Patientinnen und Patienten in Lübeck haben eine Antwort verdient.