Protocol of the Session on May 20, 2010

Das Resultat ist eine Verschlechterung bei der Medizinerausbildung. In Gießen und Marburg sind seit dem Verkauf doppelt so viel Studierende pro Arzt als im Bundesschnitt. Herr de Jager, Sie haben gesagt, Sie wollen keine Denkverbote. Darum geht es nicht. Wenn Sie aber einmal mit dem Denken anfangen könnten und nicht das hessische Beispiel nachahmten, dann wäre das ein Fortschritt.

(Zurufe)

Wir können uns nicht über eine drohende medizinische Unterversorgung beklagen und gleichzeitig die Medizinerausbildung in unserem Land verschlechtern. Neben der Meeresforschung gehört die Medizin zu unseren wenigen erstligareifen Disziplinen in Schleswig-Holstein. Wo bleibt Ihr Bekenntnis zu Schleswig-Holstein als Standort für Spitzenmedizin und Gesundheit?

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei Björn Engholm und Heide Simonis galt das Gesundheitsland Schleswig-Holstein noch etwas im durchaus aussichtsreichen Wettbewerb mit dem teureren Hamburg und um Patienten von Skandinavien bis in die arabische Welt.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU])

Wir sagen zu der Privatisierung des UK S-H als SPD-Fraktion Nein. Ob Ihnen das gefällt und ob Sie hier dazwischenrufen, ist mir völlig schnurz. Wir werden Ihnen bei diesem Thema genauso einheizen wie bei Ihrer Zerstörungspolitik bei Kitas, Schulen und Sparkassen. Das verspreche ich Ihnen. Hier werden Sie sich noch umgucken.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von CDU und FDP)

An die Kollegen der CDU sage ich: Vielleicht denken Sie, weil Sie keine Abgeordneten aus Kiel und Lübeck haben, Sie könnten diese Anti-Stadt-Politik, die wir aus dem Landesentwicklungsplan kennen, einfach machen. Ich sage Ihnen: Das UK S-H ist nicht nur für Kiel und Lübeck wichtig, sondern für das gesamte Land Schleswig-Holstein, weil es die Maximalversorgung bei uns ist. Deshalb werden wir das nicht zulassen.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich noch einmal auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zurückkommen! Es sind einige hier, und es hören uns auch einige zu. Im Tarifvertrag wurde festgeschrieben, dass bis 2015 über eine Privatisierung nicht entschieden werden darf. Trotzdem haben Sie schon alles in der Schublade, um die Bieterverfahren eröffnen zu können. Herr de Jager, es ist nicht entscheidend, dass Sie das unterschrieben haben. Sie sollten sich daran halten, was Sie unterschrieben haben. Das ist der Punkt, um den es hier geht.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

In einem derart sensiblen Bereich der Pflege, Betreuung und Heilung die Mitarbeiter demotivieren zu wollen, ist auch für die Patienten nicht gut.

In das Verfahren im Zusammenhang mit der Wäscherei und der Firma Berendsen will ich mich nicht einmischen. Ich will aber sagen: Daran hängen 120 Arbeitsplätze. Das Problem liegt darin, dass Sie die Sanierung des UK S-H durch die Sub

(Dr. Ralf Stegner)

ventionierung von Dumpinglöhnen unterstützen wollen, weil Sie gegen faire Mindestlöhne sind. Die sogenannten christlichen Gewerkschaften sind Lohndrückervereine. Wir brauchen einen gesetzlichen Mindestlohn, dann geht es voran, dann haben wir nicht solche Probleme.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Ernsthaft zu glauben, dass wir die Sanierung öffentlicher Kassen dadurch hinkriegen, dass wir immer schlechtere Löhne bezahlen und die Situation für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verschlechtern, ist typisch neoliberal. Hier führt Sie die FDP durch die Manage. Dass Sie so etwas mitmachen, ist eine Schande für die Volkspartei der CDU.

(Beifall bei der SPD)

Von einem Industriellem, nämlich Alfred Krupp, stammt der Satz: Der Zweck der Arbeit soll das Gemeinwohl sein.

(Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Der würde sich im Grabe umdrehen!)

Wie sehr sollte das eigentlich für die Arbeit einer Landesregierung gelten? - Ich fordere Sie als Regierungsfraktionen auf, dem Ausverkauf des UK S-H einen Riegel vorzuschieben und dafür zu sorgen, dass Ausschreibungen für Unternehmen des Landes nicht für Dumpinglöhne sorgen, dass Sanierungen nicht auf dem Rücken der Beschäftigten und unter deren Ausspielung gegeneinander stattfinden. Liebe Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus, ich bitte Sie: Setzen Sie heute ein Stoppsignal für die Ideologie „Privat vor Staat“! Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Für die Fraktion DIE LINKE hat die Frau Abgeordnete Antje Jansen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Den Beschäftigten des UK S-H ist einmal versprochen worden, bis zum Jahre 2015 werde man über Teilprivatisierung - die sind schon schlimm genug nicht hinausgehen. Diese Zusicherung sollte den Beschäftigten die Zustimmung zu Verschlechterungen in ihren Arbeitsbedingungen und in ihren Einkommen erleichtern.

Wenn Beschäftigte eines Unternehmens in solche Verschlechterungen einwilligen, dann tun sie das nicht ohne Not, sondern in der Hoffnung, dass die eigenen Arbeitsplätze erhalten bleiben. Das ist eine bittere Einwilligung, die immer zu Ungunsten der Beschäftigten ausgeht, wie man jetzt ja sieht. Und die Aussagen unseres Wirtschaftsministers bestätigen das ja. Es kommt dazu, dass die sogenannten Sanierer die schwarze Null im Jahresabschluss verfehlt haben. Der Chefsanierer des UK S-H, Herr Schleifer, muss eben noch ein Defizit in Höhe von 33 Millionen € präsentieren, verursacht durch katastrophale Fehler des Managements und überflüssige Berateraufträge.

(Beifall bei der LINKEN)

Wer muss diese Defizite ausbaden? Natürlich die Beschäftigten. Weil es aber eine Vereinbarung gibt, die betriebliche Kündigungen verhindern, wird mit schwarzen Listen in diesen Kliniken gearbeitet, werden ältere und nicht genehme Mitarbeiter systematisch aus dem Unternehmen gedrängt. Das ist ein Skandal.

Nun stellt sich heraus, es waren alles nichts als leere Versprechungen. Man hat die Belegschaft an der Nase herumgeführt. Die Gegenleistung für die Zugeständnisse der Belegschaften ist insgesamt nichts mehr wert.

Die Absicht, das UK S-H zu privatisieren, tritt den Beitrag der Beschäftigten zur Sanierung und Stabilisierung, damit das UK S-H ein Klinikum in öffentlicher Hand bleibt, mit Füßen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wie will die Landesregierung den Beschäftigten das denn jetzt erklären? Wollen Sie den Beschäftigten, Herr Wirtschaftsminister, sagen: „Vielen Dank, dass Sie verzichtet haben, vielen Dank, dass Sie die Attraktivität des UK S-H jetzt für einen potenziellen Käufer kräftig erhöht haben“? So, meine Damen und Herren, geht man mit Menschen und mit seinen Versprechungen nicht um.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Fraktion DIE LINKE lehnt Privatisierungen entschieden ab. Wir wollen, dass das UK S-H im Besitz der öffentlichen Hand bleibt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein Verkauf des UK S-H geht über die Interessen der ausreichenden und qualifizierten Patientenversorgung ebenso zynisch hinweg wie über die Interessen der Beschäftigten. Und mehr als das. Wenn Sie das Klinikum oder selbst nur den Lübecker

(Dr. Ralf Stegner)

Teil des Klinikums verkaufen, dann setzen Sie in der Tat die Zukunft der Medizinerausbildung in Lübeck leichtfertig aufs Spiel.

Lübeck und seine Universität leben von der Zusammenarbeit des Klinikums, der Universitätsinstitute und der Medizintechnik-Unternehmen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten in wachsender Zahl in Lübeck angesiedelt haben. Gerade jetzt macht sich Lübeck Hoffnungen auf die Ansiedlung eines Fraunhofer-Instituts für Marine Biotechnologie.

Meine Damen und Herren in der Regierungskoalition, Sie machen sich gerade daran, eine der besten Medizinischen Universitäten Deutschlands zur Disposition zu stellen. Wie wollen Sie den Bürgern erklären, dass Sie einem weltweit bedeutenden Medizintechnik-Standort in ihrem eigenen Bundesland das Wasser abgraben und damit Arbeitsplätze aufs Spiel setzen?

Diese Privatisierung wäre ein Schlag gegen die Mitarbeiter des Klinikums, wäre der Tod des Forschungsstandorts Lübeck, ein Desaster für die hier angesiedelten Technologieunternehmen und damit ein Angriff auf die Lebensbedingungen der Stadt Lübeck.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein Krankenhaus gehört für uns zur Daseinsvorsorge für die Stadt, für die Patienten und natürlich für die Beschäftigten, und es muss auch erhalten bleiben. Privatisierungspolitik, wie Sie sie jetzt hier anstreben, ist keine Erfolgsgeschichte. Immer hinterlässt Privatisierung - da haben wir schon genügend Erfahrung in Lübeck gemacht - verbrannte Erde und Schäden.

(Beifall bei der LINKEN)

Und Sie sind natürlich, wie heute hier von SPD und Grünen benannt, die typischen Folgen einer neoliberalen Wirtschaftspolitik, die hier im Land und im Bund betrieben wird. Das wird DIE LINKE hier im Landtag nicht mittragen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Beschäftigten des UK S-H werden am 25. Mai in Lübeck gegen den Verkauf ihrer Arbeitsplätze zu einer Demonstration und Kundgebung auf die Straße gehen. Ich hoffe, Sie schließen sich hier im Hohen Hause diesem Protest an. Wir setzen uns für den Erhalt der öffentlichen Trägerschaft des UK S-H ein und damit natürlich auch für die Sicherung der Universität Lübeck mit ihrer Medizinerausbildung.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Fraktion der CDU hat Herr Abgeordneter Daniel Günther das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben drei sehr unterschiedliche Themen, die wir hier heute miteinander besprechen. Aber das verbindende Element ist das Uni-Klinikum Schleswig-Holstein. Wir als CDU-Fraktion begrüßen es, dass wir uns über dieses wichtige Thema hier im Landtag austauschen können. Denn das UK S-H - das ist der einzige Punkt, wo ich mit dem Kollegen Stegner einer Meinung bei seiner Rede war;

(Zurufe von der CDU: Oh!)