Ich möchte aber auch etwas zum Antrag von CDU und FDP sagen. Ich finde, Sie haben sich hingesetzt und inhaltlich gute Gedanken gemacht. Diesen Antrag finde ich auch gut. Die Frage ist, warum diese Gegensätze aufgemacht werden. Wir brauchen doch beides. Wir brauchen auf der einen Seite in Schleswig-Holstein fast jeden Tag als Tag des Meeres. Wenn wir uns hinsetzen und sagen, dass wir das an einem Tag besonders brauchen, dann ist es doch auch kein Problem, wenn wir sagen, dass wir eine bessere Verkehrspolitik und eine bessere Investition und Innovation für unsere Werften wollen. Vielleicht wäre es klug, diesen Antrag noch einmal in den Wirtschaftsausschuss zu überweisen und uns hinzusetzen und mit der geballten Kraft des Parlaments für die Zukunft unserer Werften zu streiten und uns nicht im Klein-Klein zu verzetteln. Ich finde das eine intelligente Lösung. Vielleicht kommen wir am Ende des Tages noch zu dieser Einsicht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Beide vorliegenden Anträge zum Europäischen Tag der Meere enthalten durchaus sinnvolle Anregungen, an beiden haben wir aber auch Kritik. Von daher würden auch wir eine Ausschussüberweisung durchaus begrüßen.
Auch DIE LINKE möchte die maritime Wirtschaft in Schleswig-Holstein stärken und die Schifffahrt umweltverträglicher gestalten. Werften in Schleswig-Holstein dürfen nicht pleitegehen, weil sie von den Banken im Stich gelassen werden. Dafür ist die Kieler Werft Lindenau - sie wurde schon genannt - ein aktuelles Beispiel. Volle Auftragsbücher und zaudernde Banken haben Lindenau jetzt doch in die Insolvenz getrieben. Und nicht einmal die mit Milliarden subventionierte HSH Nordbank will einspringen. Jetzt muss die Landesregierung einspringen und Anteile der notleidenden Werft übernehmen oder ihr Kredite geben.
Sonst wird nach der Wirtschaftskrise - dann, wenn die Wirtschaft wieder wächst - kein ziviler Schiffbau in Schleswig-Holstein mehr übrig sein. Wir sehen es als dramatisch an, dass bei HDW bald nur
noch U-Boote gebaut werden sollen. DIE LINKE will einen anderen Weg gehen. Wir lehnen den Bau von U-Booten ab. Wir lehnen es ab, dass aus Kiel Kriegsschiffe in alle Welt exportiert werden.
Wir wollen, dass in Schleswig-Holstein an neuen und umweltfreundlichen Schiffen geforscht wird. Wir wollen, dass auf Werften in Schleswig-Holstein moderne, zivile Schiffe gebaut werden.
Auch im Bereich der On- und Offshore-Windkraft besteht in Schleswig-Holstein für Werften ein großes unerschlossenes Feld
sowohl beim Bau von Spezialschiffen für die Wartung und den Aufbau von Windparks als auch beim Bau der Windräder direkt. Wir sehen da riesiges Entwicklungspotenzial für die Werften in Schleswig-Holstein.
Zur maritimen Wirtschaft gehören auch die Häfen in Schleswig-Holstein. Die Häfen in SchleswigHolstein und darüber hinaus müssen dringend miteinander kooperieren. Wenn sie alle für sich arbeiten, gewinnt keiner. DIE LINKE will, dass ein bundesweites Hafenkonzept ausgearbeitet wird, in dem sich jeder Hafen mit seinen Stärken profilieren kann. Wenn alle Häfen wie bisher in Konkurrenz zueinander stehen, verlieren alle.
Die Fehmarnbelt-Querung ist ein Beispiel dafür, wie es ebenfalls nicht geht. Wer die maritime Wirtschaft stärken will, darf nicht mit unsinnigen MegaProjekten Arbeitsplätzen bei Fährlinien und Häfen zerstören.
Auch der Bau des Elbtunnels bei Glückstadt geht in diese Richtung. DIE LINKE lehnt den Bau von Straßengroßprojekten ab. Sie sind wirtschafts- und umweltpolitisch ein Irrweg.
Maritime Wirtschaft im Sinne des Europäischen Tages der Meere ist auch der Tourismussektor. DIE LINKE will nachhaltigen, umweltschonenden Tourismus stärken. Auch dabei schaden die genannten Großprojekte aus Beton.
Wir wollen nicht, dass Nah- und Fernerholungsziele in Schleswig-Holstein zerstört werden. DIE LINKE will das Know-how der Universitäten und Fachhochschulen in Schleswig-Holstein ausbauen. Auch hier bedarf es mehr Unterstützung durch die Politik. DIE LINKE erwartet allerdings von der Landesregierung keine Förderung der maritimen Wirtschaft. Die bisherige Politik lässt eher Ignoranz oder Schlimmeres erwarten.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Entwicklung der integrierten Meerespolitik in der Europäischen Union hat Schleswig-Holstein über viele Jahre eine Vorreiterrolle übernommen. Sowohl auf Bundes- wie auf EUEbene hat sich Schleswig-Holstein in den gesamten Prozessverlauf eingebracht, ihn mitgesteuert und auch vorangebracht. Diese ambitionierten Schritte hat der SSW selbstverständlich stets konstruktiv begleitet und natürlich auch begrüßt.
Es ist unbestritten, dass dieser integrative Ansatz in der Meerespolitik nur Erfolg haben wird, wenn er breite gesellschaftliche Unterstützung auch gerade hier im Land findet. Soll heißen: Die Verzahnung der unterschiedlichen Politikfelder - weg vom sektoralen Denken - ist notwendig und erfordert weiterhin sehr viel politische Arbeit.
Damit wären wir beim vorliegenden Antrag der SPD. Ich teile die Kritik der SPD darüber, dass die Landesregierung in diesem Jahr darauf verzichtet hat, Veranstaltungen zum „Europäischen Tag der Meere“ durchzuführen. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass noch im letzten Jahr Ministerpräsident Carstensen, der damalige Wissenschaftsminister Dr. Biel und der Maritime Koordinator Professor Herzig hier im Landeshaus eine ganztägige Veranstaltung zur Landesinitiative „Zukunft Meer“ am 20. Mai eröffnet haben. Mit lobenden Worten wurde auf die zentrale Rolle der Meere hingewiesen,
und es wurde deutlich gemacht, dass Meere und Ozeane ungeahnte wirtschaftliche, wissenschaftliche und technologische Möglichkeiten bieten. Ziel der dazugehörigen Ausstellung war, die Vielfältigkeit der maritimen Aufgaben und ihre intensiven Vernetzungen sichtbar zu machen.
Wer aber glaubt, dass dies heute nicht mehr zutrifft, der irrt. Es ist weiterhin wichtig, den „Europäischen Tag der Meere“ dafür zu nutzen, um auf die Bedeutung der Meere und Ozeane für die Menschen aufmerksam zu machen. Auch das liegt im Interesse des Landes Schleswig-Holstein.
Zwar findet der deutsche Beitrag zum europaweiten Tag der Meere in diesem Jahr in Cuxhaven statt, aber es hätte uns gut zu Gesicht gestanden, diesen Tag ebenfalls zu begehen. Das wäre auch eine Werbung für unsere Standorte gewesen.
In Schleswig-Holstein sind rund 50.000 Menschen im maritimen Bereich beschäftigt. Die derzeit sehr angespannte Situation im Bereich der maritimen Wirtschaft hat bereits deutliche Spuren hinterlassen. Auch wenn gestern zu lesen war, dass die Nordunternehmen vergleichsweise gut dastehen, kämpft die Branche insgesamt weiterhin gegen die tiefgreifenden Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise. Auftrags- und Umsatzeinbrüche fordern ihren Tribut.
Zwar wurden vonseiten der Bundesregierung im Rahmen der Konjunkturpakete Kreditprogramme und Bürgschaftsrahmen auf den Weg gebracht, aber immer noch verzeichnet die Branche einen Abschwung.
Wenn die maritime Wirtschaft weiterhin eine Zukunftsbranche mit hohem Wachstums- und Beschäftigungspotenzial für Schleswig-Holstein und Deutschland sein soll, dann muss die Bundesregierung die Branche weiter mit entsprechenden Maßnahmen unterstützen. Gerade vor diesem Hintergrund wäre eine werbende Veranstaltung in unserem Land sehr nützlich gewesen.
Die von der SPD aufgeführten Punkte zur Verbesserung der Situation tragen nach Auffassung des SSW durchaus zu einer nachhaltigen Entwicklung in der maritimen Wirtschaft bei. Das gilt natürlich
Angesichts des für die Zukunft prognostizierten Anstiegs des Verkehrsaufkommens und der daraus entstehenden Notwendigkeit, verstärkt die Güter auf See- und Wasserwege zu verlagern, bedarf es moderner Lösungen, mit denen wir auch Geld verdienen können. Die daraus wiederum resultierende Notwendigkeit, Wirtschafts- und Umweltbelange unter einen Hut zu bringen, ist mit anderen Worten unumgänglich und auch eine große Chance für uns für die Technologieentwicklung. Denn wir haben das Know-how für solche Lösungen, und das müssen wir dann natürlich auch nutzen. Nur dann wird es uns gelingen, die integrierte Meerespolitik mit Leben zu füllen und damit auch das entsprechende Geld zu verdienen.
Eine solche Veranstaltung nicht nur in diesem Jahr, sondern auch in allen Folgejahren wäre damit auch ein Fenster für die Öffentlichkeit und für die entsprechenden Unternehmen, um zu sehen, was wir hier in Schleswig-Holstein alles leisten können, wozu wir in der Lage sind. Wir sind zu vielem in der Lage und haben viel zu zeigen. Deswegen glaube ich, dass eine solche Veranstaltung Sinn macht.
Ich sehe aber auch ein, dass der Antrag von CDU und FDP natürlich sehr viele konkrete Vorschläge im Bereich der maritimen Wirtschaft außerhalb des Themas dieses Tages - 20. Mai - beinhaltet. Deshalb glaube ich, dass der Vorschlag des Kollegen Tietze eigentlich ein sehr kluger Vorschlag ist, den Antrag in den Ausschuss zu überweisen, einfach deshalb, weil wir für den 20. Mai dieses Jahres ohnehin nichts mehr regeln können. Der ist nämlich heute. Insofern ist das zukunftsorientiert. Wenn wir es hinbekommen sollten, einen gemeinsamen Antrag oder etwas Gemeinsames zu formulieren, das dann auch der maritimen Wirtschaft in ihrer jetzigen Situation hilft, dann ist, glaube ich, sehr viel gewonnen, und dann hat das Parlament gezeigt, dass es handeln kann.
Das Wort für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Jost de Jager.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine nachhaltige Unterstützung und Förderung der maritimen Wirtschaft auf europäischer Ebene und bei der Bundesregierung, wie die SPD-Fraktion das am „Europäischen Tag der Meere“, also heute, fordert, ist für die Landesregierung das ganze Jahr über übrigens eine Selbstverständlichkeit und wird, glaube ich, auch von niemandem infrage gestellt, genauso wie von niemandem ernsthaft infrage gestellt werden kann, dass das Land Schleswig-Holstein - das meine ich jetzt gar nicht auf einzelne Regierungen bezogen oder parteipolitisch - natürlich immer einen Schwerpunkt auch auf die Meeresaktivitäten gelegt hat. Das ist hinterlegt. Jeder weiß in Brüssel, dass wir eine integrierte Meerespolitik haben. Jeder weiß, dass wir in den verschiedenen Feldern das ist ja auch ausgeführt worden - der maritimen Wirtschaft und Wissenschaft aktiv sind: neue Felder wie die Aquakultur, klassische Felder wie die Meereskunde. Sie werden nächste Woche erleben, dass die Exzellenzfähigkeit der schleswig-holsteinischen Universitäten im Bereich Meereskunde nach wie vor Bestandteil der Wissenschaftspolitik des Landes ist. Insofern ist es sehr eindeutig, dass natürlich die Landesregierung diesen integrativen Ansatz auch tatsächlich unterstützt.
Was wir darüber hinaus brauchen, und zwar nicht nur in einem allgemeinen oder integrierten Sinne, sondern in einem konkreten Sinne, ist ein nachhaltiges und zwischen der maritimen Wirtschaft sowie Bund und Ländern abgestimmtes Konzept zur Bewältigung der Krise, die sehr stark eine Schifffahrtskrise und hier bei uns natürlich auch eine Werftenkrise ist. Die maritime Wirtschaft ist in besonderer Weise betroffen. Die Landesregierung arbeitet in einem engen Kontakt vor allem mit dem Maritimen Koordinator in den Gesprächen, die schon skizziert worden sind, um die Situation zu verbessern.
Es ist bekannt, dass der Schiffbau in SchleswigHolstein derzeit vor großen Herausforderungen steht. Die Tatsache, dass die deutschen Reeder nur zu einem verschwindend kleinen Bruchteil ihre Aufträge bei deutschen Werften platzieren, ist ein deutliches Warnsignal für Deutschland als Standort der maritimen Wirtschaft. Umso mehr gilt es, dem Schiffbaustandort Deutschland und seinen Zulieferbetrieben eine Perspektive aufzuzeigen. Das meine ich auch in einem ganz konkreten Sinne.