Protocol of the Session on May 20, 2010

Frau Präsidentin! Wenn ich das eben richtig gesehen habe, dann gab es einige Unsicherheiten in der Frage, ob Ausschussüberweisung erfolgen soll oder nicht. Ich schlage vor, dass wir diese Abstimmung wiederholen.

(Zurufe)

Ich will das noch einmal klären. Ich habe in den Reden vernommen, dass Ausschussüberweisung beantragt wurde. Deshalb muss es erst eine Abstimmung über die Ausschussüberweisung geben. Diese

(Ministerin Dr. Juliane Rumpf)

Abstimmung hat es gegeben. Bei dieser Abstimmung hat es keine Mehrheit für eine Ablehnung der Ausschussberatungen gegeben.

(Beifall bei der LINKEN - Zurufe)

- Ich war bei der Gegenprobe, jetzt bin ich bei den Stimmenthaltungen. - Die Mehrheit hat sich für eine Ausschussüberweisung ausgesprochen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 30 auf:

Auch am „Europäischen Tag der Meere“ Unterstützung und Förderung für die Maritime Wirtschaft deutlich machen!

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/521

Maritime Politik umfassend verstehen!

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/561

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Anette Langner das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die maritime Branche befindet sich in der tiefsten Krise seit Jahrzehnten. Die Lage der Werften auch in Schleswig-Holstein ist mehr als angespannt. Die aktuelle Situation bei Lindenau macht dies mehr als deutlich. Davon betroffen sind auch die vielen hoch innovativen und überwiegend kleinen und mittelständischen Unternehmen im Zulieferbereich der maritimen Wirtschaft.

Wir haben immer wieder zu Recht betont, wie wichtig die maritime Wirtschaft und die mit ihr verbundene Schiffbauindustrie für unser Land sind. Diesen Bekenntnissen müssen aber Taten folgen. Deshalb will ich heute den Europäischen Tag der Meere nutzen. Sie alle wissen, dass heute dieser Tag ist. Es ist ein Armutszeugnis, dass die Landesregierung an diesem Tag keine eigene Initiative auf den Weg gebracht hat, keine Veranstaltung durchführt und keine Perspektive anbietet, um - wie in den vergangenen Jahren - an diesem Tag die Bedeutung unserer Lage zwischen den Meeren als Wirtschafts-, Innovations- und Wissenschaftsstandort deutlich zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb wollen meine Fraktion und ich diesen Tag nutzen, um die Landesregierung heute nachdrücklich aufzufordern, sich auf europäischer Ebene und bei der Bundesregierung für eine konkrete Unterstützung und Förderung der maritimen Wirtschaft einzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und von der FDP, ich freue mich besonders, dass Sie sich heute auch bemühen, maritime Politik umfassend zu verstehen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Nach wie vor sind unzureichende Finanzierungsmöglichkeiten eine der größten Schwierigkeiten der Branche. Öffentliche und private Banken beginnen, sich aus Schiffsfinanzierungen, die keine zweistelligen Renditen mehr bringen, zu verabschieden. Dies erleben wir aktuell bei Lindenau. Dass die HSH Nordbank sich aus der Finanzierung des für die Werft überlebenswichtigen Auftrages zurückziehen will, ist, gelinde gesagt, ein Skandal.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Ich bitte die Landesregierung eindringlich, die HSH Nordbank in die Pflicht zu nehmen, damit sie ihrer Rolle als Schiffsfinanzierer in und für Schleswig-Holstein gerecht wird. Ich weiß, dass im Moment schon viele Bemühungen zur Rettung von Lindenau laufen, und ich bin davon überzeugt, dass wir alle hier in diesem Hause an der Seite der Lindenauer Mitarbeiter stehen.

(Beifall bei SPD, der LINKEN und SSW)

Dass die Schifffahrtsbranche sich jetzt in der Krise am eigenen Schopf aus dem Schlamassel ziehen soll, wie der maritime Koordinator der Bundesregierung sich das vorstellt, ist wirklich zynisch. Die Landesregierung muss den Bund in die Pflicht nehmen. Der Bund muss stärker als bisher sich an den Ausfallbürgschaften beteiligen. Der maritime Koordinator hat zugesagt zu prüfen, inwieweit die KfW-Sonderprogramme besser an die Bedürfnisse der maritimen Wirtschaft angepasst werden können. Ich erwarte, dass die Landesregierung hier am Ball bleibt. Offensichtlich plant die Bundesregierung auch noch, den Handlungsspielraum der maritimen Wirtschaft weiter einzuschränken. Die Förderung der maritimen Wirtschaft soll bereits ab 2011 um 10 % gekürzt werden. Dass die Krise dann überwunden sein wird, glaubt wohl keiner ernsthaft.

Die Zukunftsund Wettbewerbsfähigkeit der Schiffbauindustrie und ihrer Zulieferer hängt von

(Vizepräsidentin Dr. Gitta Trauernicht)

ihrer Innovationsfähigkeit ab. Gerade jetzt in der Krise ist es von Bedeutung, Innovationshilfen auftragsunabhängig zu gewähren. Schleswig- Holstein hat mit der gewachsenen Verknüpfung von Wissenschaft und maritimer Wirtschaft die allerbesten Voraussetzungen dafür. Ich erwarte von der Landesregierung, dass sie sich in die Diskussion um die Neuausrichtung der nationalen LeaderSHIP-Strategie in diesem Sinne einbringt.

In der umweltgerechten Weiterentwicklung von Schiffbau und Schifffahrt liegen große Potenziale für die Branche. Ein Förderprogramm zur Abwrackung oder Umrüstung alter und umweltschädlicher Schiffe und die Umsetzung des Fünf-PunkteAktionsplans „Clean Baltic Shipping“ sind hier Ansatzpunkte. Die Europäische Kommission wird den Mittelbedarf der integrierten Meerespolitik den aktuellen Anforderungen anpassen. Hier bedarf es eines abgestimmten Vorgehens der Küstenländer mit der Bundesregierung, um unsere Interessen in Brüssel zu vertreten.

Ich bedaure es in diesem Zusammenhang ganz ausdrücklich, dass das erfolgreiche Modellprojekt eines Beschäftigungspools einseitig von der Arbeitgeberseite aufgekündigt worden ist. Damit wird die Chance verspielt, in schwierigen Zeiten wertvolles Know-how in den Betrieben zu halten. Das finde ich absolut nicht nachvollziehbar.

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich sehe, welche Lobbyarbeit an Automobilstandorten geleistet wird, dann finde ich, dass unsere maritime Wirtschaft das gleiche Engagement verdient.

(Beifall bei der SPD)

Der Minister wird sicherlich später viele schöne Worte für die Aktivitäten der Landesregierung finden. Fest steht aber: Die Landesregierung bleibt im maritimen Bereich unter den Möglichkeiten unseres Landes.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Das ist schlecht für sie, aber es ist noch schlechter für Schleswig-Holstein. Deshalb bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Herrn Kollegen Hans-Jörn Arp das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist der ,,Europäische Tag der Meere“. Die Kollegin Anette Langner hat darauf hingewiesen und diesen Antrag auch initiiert. Es ist gut, dass wir darüber diskutieren. Und wenn nicht hier, wo denn sonst? Das passt zu uns, das passt zu dem Blick heraus, das passt hierher. Allerdings, Frau Kollegin Langner, springen Sie mit Ihrem Antrag zu kurz - Ihre Rede hat das auch gezeigt - und teilweise auch in die falsche Richtung.

Sie kritisierten eben auch wieder, dass die Landesregierung keinen Tag, keine Veranstaltung zum Tag des ,,Europäischen Tags der Meere“ macht. Sie wissen genau, dass so etwas Geld kostet. Wir haben gestern nun einmal beschlossen, wir wollen jetzt sparsam sein.

(Zuruf von der SPD)

Der eine Tag ist nicht entscheidend, sondern das Jahr ist entscheidend, wie Sie sich im Jahr verhalten, ob Sie sich im Jahr diesem Thema widmen und nicht an einem Tag eine Veranstaltung machen. Das allein ist nicht ausschlaggebend. Deshalb brauchen wir hier keine große Show-Veranstaltung, sondern wir messen die Landesregierung an ihren Taten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Anette Langner [SPD]: Das machen wir auch!)

Das ist wichtig, und dazu kommen wir jetzt.

Es ist die Frage: Wie setzt sich dieses Land für die Werften ein? Das ist ein sehr wichtiger und ohne Frage auch ein sehr entscheidender Fakt. Für unser Land Schleswig-Holstein, das Land zwischen den Meeren, sind natürlich die Werften sehr wichtig. Der Wirtschaftsminister wird sicherlich in seiner Rede detailliert darauf eingehen. Unsere Landesregierung - so liest man es auch in der Zeitung - steht in engem Kontakt mit der Bundesregierung und den Nachbarbundesländern im norddeutschen Raum. Beispielsweise wurde bei einem Gespräch im Bundeswirtschaftsministerium bereits im März 2010 eine Aufgabenliste zur Unterstützung der Schiffbauindustrie zusammengestellt. Ich gebe zu, wenn wir die gleiche Unterstützung, wie sie die Autoindustrie hat, bekommen können, sollten wir sie auch für uns, die Schiffbauindustrie, einfordern. Da sind wir uns einig.

(Anette Langner)

In jedem Fall steht aber schon eines fest: Die Landesregierung hat gemeinsam mit den Werften eine gute Arbeit bei der Stabilisierung der Schiffbaubranche geleistet. Gerade gestern wurde vom VSM, dem Verband für Schifffahrt und Meerestechnik, bestätigt, dass die schleswig-holsteinischen Werften besser aus der Krise oder durch die Krise gekommen sind als andere Werften in anderen Bundesländern. Dieses Verdienst gilt es auch einmal zu würdigen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Es ist nicht nur die Regierung, es sind die Förderbanken, es sind die Geldinstitute, es sind aber vor allen Dingen die Mitarbeiter der Werften, die dieses Lob verdient haben.

Trotzdem darf es auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es Fälle wie die Probleme der Lindenau-Werft immer wieder geben wird. Leider. Werftenprobleme hat es schon immer gegeben, solange es Werften in Schleswig-Holstein gibt, die wird es auch zukünftig geben. Die Landesregierung, insbesondere der Ministerpräsident und der Wirtschaftsminister, setzen sich täglich für den Erhalt und für die Fortsetzung der Beschäftigung der Mitarbeiter und für den Standort bei Lindenau ein.

Ich halte es aber für unredlich, was Sie hier eben gemacht haben und was Herr Dr. Stegner in seiner Presseerklärung gesagt hat, von dieser Stelle aus die HSH Nordbank anzugreifen und sie aufzufordern, ins Risikogeschäft zu gehen. Das können wir von hier aus nicht leisten, liebe Frau Kollegin Langner.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Das ist Aufgabe der Bank und nicht Aufgabe der Politik.