Schwerpunkte setzen und über diese unterschiedlichen Schwerpunkte streiten. Aber eines sage ich auch: Was wir hier beschließen und in den nächsten Jahren leisten müssen, ist nicht in erster Linie eine Einnahmenfrage. Es geht nicht ohne zusätzliche Einnahmen. Da sind wir uns alle sicher. Wer das durchrechnet, der weiß das.
Lieber Kollege Lars Harms, das haben Sie zu Recht gesagt: Wir hatten auch in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer steigende Einnahmen. Wir hatten auch entsprechende Reformen, die uns erhebliche Zusatzmittel gebracht haben. Daran hat es in der Vergangenheit in diesem Haus nicht gemangelt. Die Verschuldung ist dadurch entstanden, dass wir immer neue Ausgaben hatten und mehr ausgegeben haben, als wir gleichzeitig an neuen Einnahmen generiert haben. Was dem Land nicht gefehlt hat, sind neue Rezepte für Einnahmen; die müssten wir in bestimmten Bereichen auch weiter haben. Ohne das geht es nicht. Aber was wir zum ersten Mal als Philosophie begreifen müssen, ist, dass es nicht immer nur geht, Ausgaben zu erhöhen, sondern dass wir Ausgaben - auch manche lieb gewordene Ausgabe - kritisch hinterfragen müssen.
Ich sage Ihnen das: Wir werden uns als Regierung daran gewöhnen müssen - das trifft dann immer eher die Regierenden -, dass draußen Menschen stehen, die davon betroffen sind. Manchesmal sagen wir, das sei zu Unrecht, manchmal sagen Sie, das sei zu Unrecht. So wird das Spiel sein. Aber zu glauben, wir könnten wirklich sparen, ohne Menschen in diesem Lande auch wehzutun, wird ein Irrglaube sein. Darum wird das ein anstrengender Weg für alle - ich sage das ganz bewusst -, für jeden, der in diesem Land regiert. Ich will nur, dass das Bewusstsein für die historische Tragweite des heutigen Beschlusses vorhanden ist. Ich darf mich ganz herzlich für die konstruktive Zusammenarbeit auf dem Weg hierhin, aber auch für die heute sehr konstruktive Debatte bedanken.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe in der Kommunikationstheorie gelernt, dass derjenige, der eine Botschaft sendet, auch verantwortlich dafür ist, dass sie ankommt. Ich bin schon etwas verwundert, wie das, was ich gesagt habe, tatsächlich aufgenommen worden ist. Dafür muss ich mich dann entschuldigen.
Es geht mir in keiner Weise darum, dass wir das Land jetzt weiter verschulden. Das ist nicht die Argumentation, die wir machen, sondern wir sagen: Um aus dieser Schuldenfalle herauszukommen, können wir im Land relativ wenig tun.
Wir können auf der Einnahmenseite nicht ausreichend Geld generieren, um aus dieser Schuldenfalle zu entrinnen. Das ist das Entscheidende. Es kann nur - das haben auch die Kollegen von der SPD und den Grünen gesagt - funktionieren über eine vernünftige Bundespolitik.
Ich habe auf die Situation zwischen 1999 und 2005 verwiesen. Diese hatte eben zur Folge, dass wir keine Einnahmengewinne hatten, sondern dass wir eine Delle hatten und erst 2005 wieder das Steuerniveau von 1999 erreicht haben. Jetzt kommt das Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Frau Spoorendonk, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen. Die jetzigen Einbrüche nach der Mai-Steuerschätzung sind zu zwei Drittel auf dieses Wachstumsbeschleunigungsgesetz zurückzuführen. Herr Wiegard sagt, in Schleswig-Holstein ein bisschen weniger. Sei’s drum! Es ist also eine hausgemachte Politik.
Es ist auch nicht so, dass wir keine Sparvorschläge haben. Wir haben hier zum Beispiel den Vorschlag eingebracht - das war ein Antrag von mir -, den Flughafen Kiel-Holtenau abzuwickeln. Wir werden selbstverständlich im Rahmen der Haushaltsberatungen den einen oder anderen Sparvorschlag machen.
Mir geht es darum, zum Ausdruck zu bringen: Wenn Sie jetzt die Axt am sozialen und am kulturellen Bereich anlegen, dann werden Sie zwar die Ausgaben reduzieren, aber das wird auch immer zur Folge haben, dass Einnahmen nicht generiert werden können. Das ist das Problem. Aus diesem Teufelskreis müssen wir herauskommen. Da sind wir gern bereit zu helfen.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Sie alle kennen mich und wissen, dass ich ungern einem Streit aus dem Wege gehe. Aber ich bitte Sie um Verständnis, wenn ich auf manche Wortbeiträge nicht eingehe, weil ich glaube, dass einfach der Anlass der Verfassungsänderung, die wir heute miteinander vorhaben, es gebietet, in dem Sinne, wie Herr Kubicki das hier ausgeführt hat, vielleicht auch ein bisschen mehr die grundsätzlichen Fragen zu erörtern, als gleich wieder den Versuch zu machen, grundsätzliche Fragen durch Einzelheiten der Tagespolitik in die eine oder andere Richtung zu bewegen.
Was mich heute bewegt, ist, dass wir nach 40 Jahren endlich diesen Irrweg beenden und dass wir es schaffen, in diesem Landtag dazu eine große Zweidrittelmehrheit zustande zu bringen.
Ich muss Ihnen sagen, ich bin seit zehn Jahren in diesem Landtag, und vom ersten Tag an hat mich dieses Problem berührt und beschäftigt. Ich habe an allen Sitzungen der Föderalismuskommission teilgenommen, an der Beschlussfassung im Bundestag und an der Beschlussfassung im Bundesrat letztes Jahr. Aber heute habe ich eine Gänsehaut.
Ich glaube, dass wir es geschafft haben, die Einsicht endlich zu einer Erkenntnis wachsen zu lassen, dass es grundsätzlich nicht so geht wie seit 40 Jahren in Deutschland überall im Bund wie in allen Ländern, nirgendwo das anders zu machen und jedes Jahr neue Schulden auf die alten zu packen. Das haben sich auch Plüsch und Plum, als sie damals die Verfassungsänderung in der Großen Koalition bewirkt haben, so nicht vorgestellt. Wenn es auch ein bisschen zu lange gedauert hat, diese Erkenntnis nun in einen neuen Willen umzusetzen, so ist es doch nie zu spät, das zu tun. Dass wir das heute miteinander über Parteigrenzen und über die Streitigkeiten hinweg tun, die auch heute Ausdruck in der Diskussion gefunden haben, das bewegt mich.
Herr Habeck, wenn man über Generationen spricht: Ich habe vier Kinder mit meiner Frau zusammen und seit Kurzem auch eine Enkelin, und ich erwarte noch ein paar mehr. Ich bleibe bei dem, was mein
Leitmotiv in dieser Frage ist: Niemand, keine Regierung, kein Parlament und nicht einmal Eltern und Großeltern, hat das Recht, heute noch nicht geborene Generationen in beliebiger Höhe mit Schulden vorzubelasten, damit er sich heute einen angenehmeren Lebensstandard leisten kann.
Die Schulden in Schleswig-Holstein sind von 1990 bis 2005 um 13 Milliarden auf 23 Milliarden € gestiegen. Wir haben jetzt eine Zinsbelastung - das kann man auch im Haushalt nachlesen - von einer Milliarde Euro, die wir nur für die Vergangenheit bezahlen. Man könnte noch ein paar der impliziten Belastungen hinzunehmen. Aber bleiben wir bei dem Betrag. Wenn wir dann die Diskussion von heute Morgen aus der Aktuellen Stunde nehmen, Ekkehard Klug, dann könnten wir die 60 Millionen € über die Kita-Betreuung, über die so viel geredet wird, verfünfzehnfachen, wenn wir nicht die Schulden der Vergangenheit finanzieren müssten.
Deshalb sage ich, dass es wichtig ist, diese Erkenntnis aus diesen 40 Jahren jetzt endlich in einen neuen Willen zu packen und zu sagen: Wir müssen auf behutsame Weise und auf unterschiedlichen Wegen - das kann auch von Land zu Land unterschiedlich sein - das Ziel erreichen, dass wir aufhören, immer Neues obendrauf zu packen. Dann werden 50 Jahre um sein, seit mit diesem Unsinn begonnen wurde. Aber wenn es dann nach 50 Jahren so weit ist, dass dann Schluss ist, dann ist das ja auch gut.
Dann müssen wir in der Tat das tun, was wir jetzt auch gerne mitgetan hätten - Sie wissen, der Vorschlag kam aus Schleswig-Holstein -: Nicht nur eine Nullneuverschuldung zu verabreden, sondern gleich auch den Abbau der alten Schulden mit zu verabreden.
Das ist in diesem Durchgang nicht gelungen, aber auch der Abbau von Altschulden führt immer erst über den Flur, nämlich zunächst einmal über das Aufhören, neue Schulden draufzupacken. Insofern ist es auch da nicht zu spät.
Bei der Beratung über den neuen Länderfinanzausgleich, der in einigen Jahren sehr intensiv entbrennen wird, wie wir alle wissen, wird diese Frage eine herausragende Rolle spielen müssen. Schleswig-Holstein ist als eines der am schwersten belasteten Länder immer daran interessiert und wird es
bleiben, ganz gleich, welche Regierungskonstellation wir hier haben, an dieser Frage vorrangig mitzuwirken. Dies ist unser gemeinsames Interesse.
Das Wort hat jetzt der Oppositionsführer im Schleswig-Holsteinischen Landtag, der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Dr. Ralf Stegner.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Sozialdemokraten in diesem Haus stimmen der Verfassungsänderung in der schleswig-holsteinischen Landesverfassung zu. Wir haben das angekündigt, und wir tun das auch, weil wir Ja sagen zur Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierung und weil wir es für richtig befinden, dass das in der Landesverfassung geregelt wird und nicht im Grundgesetz und insofern die Verfassungsklage unser Haushaltsrecht wiederherstellt.
Im Übrigen hat die Frau Kollegin Herdejürgen die Gründe aufgeführt, warum wir zu dieser Verfassungsänderung Ja sagen. Ich füge aber hinzu - deswegen ist es auch nicht getan mit Reden über die historische Stunde -, dass dies in keiner Weise ein Blankoscheck ist für das, was Sie als Sparpolitik hier darstellen und als solche verkaufen wollen.
Herr Finanzminister Wiegard, es geht überhaupt nicht darum, dass wir heute angenehmer leben wollen und unseren nachfolgenden Generationen nur Schulden hinterlassen, sondern es geht darum: Sparen heißt ja, man legt etwas zurück, wenn man zu viel hat. Was Sie aber mit Ihrer sogenannten Kommission machen, ist etwas ganz anderes.
Bei den Kitas wird vor der Wahl versprochen: Wir machen die Beitragsfreiheit. Nach der Wahl wird es einkassiert, und man bietet den Kommunen und Verbänden ein schlechtes Geschäft an: Wir tun ein bisschen drauf auf die 60 Millionen, und die Eltern bezahlen das selbst.
Bei den Schulen sagen Sie: Wir wollen Schulfrieden haben. Und was macht der Bildungsminister? Innerhalb weniger Wochen bringt er Eltern, Lehrer,
Schulträger, alle, gegen sich auf, führt in die Vergangenheit, und es kostet mehr Geld und nicht weniger, und es gibt weniger Gerechtigkeit.
Herr Ministerpräsident, bei den Uniklinika haben wir vorher gesagt: Wir machen einen Sanierungsplan und einen Vertrag mit den Gewerkschaften. Was wollen Sie jetzt machen? - Sie wollen privatisieren und die Verträge brechen.
Herr Ministerpräsident, bei den Sparkassen sagen Sie: Da gibt es überhaupt kein Risiko. Was machen Sie? - Sie führen uns auf den Weg der Privatisierung.
Beim Landesentwicklungsplan gehen Sie hin und machen eine Politik gegen die Städte und zentralen Orte.
Bei Soziales und Kultur wird es einen Kahlschlag geben, und der Rasenmäher wird in Betrieb gesetzt, allerdings in Laboe natürlich mit anderer Höhe als anderswo. Wir reden nicht über einzelne Punkte, sondern wir reden darüber, wie Sie mit dem umgehen wollen, was Ihnen die Verfassung erlaubt.
Noch einmal: Wir sind sehr wohl der Meinung, dass es Ausgabenkürzungen geben muss, und wir werden dazu auch Vorschläge machen. Ich sage aber auch und stimme ausdrücklich Herrn Habeck und den anderen, die das hier gesagt haben, zu: Wir brauchen auch Einnahmenverbesserungen. Ohne die wird es nicht gehen.
Das Land ist im Bundesrat an den Steuerentscheidungen beteiligt. Was Sie bisher gemacht haben, waren Steuergeschenke für reiche Erben und Hoteliers, und die Boni für die HSH-Manager haben Sie auch wieder hochgesetzt. Das haben Sie gemacht. Das passt nicht zu einer solchen Diskussion, wenn man das macht.